Pädagogisch-psychologisches Wissen von Lehrenden. Relevanz der Wissensfacetten bei Umschulungsklassen einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung


Thèse de Bachelor, 2020

160 Pages, Note: 2,0

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konzeptualisierung
2.1 Theoretischer Begriffsrahmen
2.2 Aktuelle Forschungsbezüge im Bereich des PPK
2.3 Relevanz des Forschungsgegenstands und Forschungsinteresse

3. MethodischeVorgehensweise
3.1 Forschungsdesign
3.2 Ablauf der Datenerhebung
3.3 Datenauswertung
3.4 Vorstellung der Ergebnisse

4. Resümee

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

In der empirischen Bildungsforschung existiert ein Detailreichtum an erfolgreichen Kompetenzmessungen bei Schülerinnen (Blömeke et al., 2008, S. 7). So stellen Schulleistungsstudien, Vergleichsarbeiten und zentrale Abschlussprüfungen umfas­sende Daten zur Verfügung (König & Blömeke, 2009, S. 500). In den vergangenen Jahren sind jedoch auch die Lehrenden aus Schule und Erwachsenenbildung/Weiter- bildung vermehrt in den Mittelpunkt gerückt (Marx et al., 2014, S. 238). Sie stellen die zentralen Akteurinnen im Bildungssystem dar und deren Professionalisierung bildet einen bedeutenden Bestandteil bei der Optimierung von Bildungsprozessen (Voss et al., 2014, S. 184).

Für gelingende Lehr-Lernprozesse ist, neben den individuellen Voraussetzungen der Teilnehmenden, das kompetente Handeln der Lehrkräfte ein ausschlaggebendes Ele­ment (Marx et al., 2014, S. 239). Auch das Professionswissen Lehrender gilt unter anderem als wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Lehrerhandeln (Voss et al., 2014, S. 185). Es wird als Kernbereich der professionellen Kompetenz betrachtet und lässt sich, in Anlehnung an die Topologie Shulmans (1986), untergliedern in Fachwis­sen, fachdidaktisches Wissen und pädagogisch-psychologisches Wissen (PPK) (Bau­mert & Kunter, 2006, Hill, Rowan & Ball, 2005, König & Blömeke, 2009, Lipowsky, 2006, zitiert nach Voss et al., 2014, S. 185).

Neben den rein fachlichen Anforderungen im Berufsfeld, stehen Lehrende auch vor zentralen Anforderungen, welche für sämtliche Fächer relativ einheitlich sind. Um die­sen Anforderungen gerecht zu werden, wird PPK vorausgesetzt (König & Seifert, 2012, S.11). PPK ist für das Lehren, als Hauptaufgabe Lehrender, essentiell (Voss, Kunter, Seiz, Hoehne & Baumert 2014, zitiert nach Marx et al., 2014, S. 239) und für eine optimale Gestaltung von Lehr-Lernsituationen notwendig (Voss et al., 2014, S. 195). Die Forschungslage im Bereich des PPK ist jedoch noch relativ jung. Viele der Unter­suchungen beschäftigen sich mit der Entwicklung von Messinstrumenten, wodurch die Reliabilität und Validität des PPK direkt erfasst werden sollen (Voss et al., 2015, S. 212). Hingegen fehlt es an Studien zur spezifischen Bedeutsamkeit von PPK, bezüg­lich der einzelnen Facetten (ebd., S. 213).

Die vorliegende Arbeit knüpft an diese Thematik an. Sie untersucht die Relevanz der Wissensfacetten des PPK (nach Marx et al. 2014) bei der Zielgruppe der Umschü­lerinnen. Demnach lautet die Forschungsfrage für diese Arbeit: „Welche Wissensfa­cetten des pädagogisch-psychologischen Wissens sind laut Dozierenden einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung für die Zielgruppe der Umschülerinnen be­sonders relevant, um optimale Lehr- Lernsituationen zu gestalten?“ Die Wissensfacet­ten des PPK bilden den zentralen Forschungsgegenstand der Arbeit. Im theoretischen Begriffsrahmen werden diese mit ihren jeweiligen Subfacetten genauer betrachtet. Nachfolgend werden vereinzelte Studien vorgestellt, welche die Bedeutung des PPK für den Unterrichtserfolg verdeutlichen und zudem erkennen lassen, woraus die Kon- zeptualisierung der Wissensfacetten hervorgeht, an welcher sich in dieser Arbeit ori­entiert wird. Das Kapitel schließt mit der Relevanz des Forschungsgegenstandes und der Erläuterung des Forschungsinteresses ab. Der nachfolgende Gliederungspunkt „Methodische Vorgehensweise“ charakterisiert die verwendete Erhebungs- und Aus­wertungsmethode und gibt den Ablauf der Datenerhebung wieder. Zudem erfolgt die Auswertung der Daten und die anschließende Ergebnispräsentation. Für die Erhebung der Daten werden leitfadengestützte Experteninterviews mit drei Dozierenden einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung geführt. Das Datenmaterial wird mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Im abschließenden Resümee wird das Forschungsvorgehen dieser Arbeit reflektiert und ein Ausblick, hinsichtlich möglicher Optimierungsmöglichkeiten für das Weiterbildungsinstitut, gegeben.

2. Konzeptualisierung

Das folgende Kapitel erläutert die Fachtermini, welche für den theoretischen Rückbe­zug und zur Beantwortung der Forschungsfrage von Relevanz sind. Für diese Arbeit wird das mehrdimensionale Konstrukt der professionellen Kompetenz sowie das Pro­fessionswissen und dessen Zusammensetzung erklärt. Das PPK und dessen Zusam­mensetzung aus acht unterschiedlichen Facetten bildet den zentralen Gegenstand dieses Kapitels. Die Wissensbereiche „Wissen über Lernprozesse von Lernenden“, „Wissen über Lehr-Lern-Methoden und -konzepte“, „Wissen über Lernziele und deren Erreichung und Umsetzung“, „Wissen über generelle Prinzipien der Individual- und Lernprozessdiagnostik“, „Wissen über effiziente Führung von Lerngruppen“, „Wissen über Heterogenität von Lernenden und den Umgang damit“, „Wissen über Kommuni­kation und Interaktion mit den Lernenden“ sowie „Wissen über die zielführende Ge­staltung von Lernumgebungen“ setzen sich jeweils aus unterschiedlichen Subfacetten zusammen. Nachfolgend werden die einzelnen Wissensbereiche mit ihren dazugehö­rigen Subfacetten näher erläutert. Es ist jedoch anzumerken, dass nicht auf alle Sub­facetten eingegangen werden kann, da dies den vorgegebenen Umfang der Arbeit überschreiten würde. Es wird sich dementsprechend nur an den Inhalten orientiert, welche für den weiteren Verlauf der Arbeit relevant sind. Daraufhin werden drei Stu­dien vorgestellt, welche den derzeitigen Stand der Forschung im Bereich des PPK beleuchten. Abschließend wird in diesem Kapitel die Relevanz des Forschungsgegen­stands sowie das Forschungsinteresse erläutert.

2.1 Theoretischer Begriffsrahmen

Die professionelle Kompetenz Lehrender gilt als die zentrale Handlungsressource (Harms & Riese, 2018, S. 285) und notwendige Voraussetzung für erfolgreiches Un­terrichtshandeln (Voss et al., 2014, S. 185).

Der Kompetenzbegriff findet in der professionell-pädagogischen Literatur vielseitige Anwendung. Hierzu zählen sowohl Sachverhalte, theoretische Konstrukte als auch normative Zielvorstellungen. Kompetenz zeigt sich dabei im Bewältigen von Anforde­rungen in unterschiedlichen Situationen und „[...jbezieht sich sowohl auf Handlungs­vollzüge als auch auf die ihnen zugrunde liegenden mentalen Prozesse und Kapazitä­ten, zu denen Kognition, Motivation und Volition bzw. Wissen und Können gehören“ (Klieme & Hartig, 2007, S. 13). Im wissenschaftlichen Kontext verbindet sich mit dem Kompetenzbegriff die Erwartung, das oben genannte Wissen und Können ökologisch beschreiben sowie messen zu können. Im Bildungskontext wird der Blick zunächst auf die tatsächlich erreichten Lernergebnisse gelegt. Kompetenzorientierung bedeutet da­bei, Wissen und Können so zu vermitteln, dass anwendungsfähiges Wissen und ganz­heitliches Können entstehen. Dies schließt sowohl reflektierte als auch selbstregula­tive Prozesse ein (Klieme & Hartig, 2007, S.13). Im Bereich der Erwachsenenbildung wird Kompetenzentwicklung als eine Verknüpfung von wirtschaftlichen und pädagogi­schen Maßstäben, „[...] von Alltagslernen und institutionalisierter Weiterbildung, von Erfahrungswissen und wissenschaftlichem Wissen, von Kennen und Können, von Be- darfen und Bedürfnissen“ (Nuissl et al., 2002, S. 5) beschrieben. Weinert (2014) ver­steht unter Kompetenz ,,[...] die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fä­higkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fä­higkeiten um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich uns ver­antwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert, 2014, S. 27 f.).

Die professionelle Kompetenz wird als mehrdimensionales Konstrukt aufgefasst (Voss et al., 2014, S. 185). Eine bekannte Modellierung bietet das Modell (Abbildung 1) von Kunter et al. (2011). Es bildet die Grundlage für das Projekt „COACTIV“, einer Studie zur professionellen Kompetenz von Lehrkräften (Harms & Riese, 2018, S. 285). Das Modell beschreibt, auf Grundlage einer allgemeinen Handlungskompetenz nach Weinert (2001), dass sich die professionelle Kompetenz von Lehrkräften aus vier Kom­petenzaspekten zusammensetzt: aus motivationalen Orientierungen, der Fähigkeit zur Selbstregulation, Überzeugungen und Wertehaltungen sowie Professionswissen (Baumert & Kunter, 2011, S. 33). Nachfolgend wird nur das Professionswissen ge­nauer betrachtet, da dessen Zusammensetzung für den weiteren Verlauf der Arbeit von Relevanz ist.

Das Professionswissen Lehrender wird oft auch als Expertenwissen bezeichnet und gilt als Kern der Professionalität (Kunter & Pohlmann, 2009, S. 264). Es ist für die erfolgreiche Bewältigung beruflicher Anforderungen relevant (Bromme, 1992, Blömeke et al. 2010b, Baumert und Kunter 2011b, zitiert nach Marx et al., 2017, S. 166 f.). Die Unterteilung des Professionswissens und deren Einführung in den deutschsprachigen Raum durch Bromme (1992) hat sich mit Shulman (1986) weitgehend durchgesetzt. Mit Shulman wird Professionswissen dabei untergliedert in Fachwissen, fachdidakti­sches Wissen sowie allgemein pädagogisches Wissen, welches oft auch als pädago­gisch-psychologisches Wissen (PPK) bezeichnet wird (Blömeke et al., 2010a, 2010b, Baumert und Kunter 2011a, zitiert nach Marx et al., 2017, S. 167). Unter Fachwissen wird ein vertiefendes Verständnis der Inhalte des zu unterrichtenden Stoffes verstan­den. Fachdidaktisches Wissen hingegen umfasst Wissen über kognitive Anforderun­gen und wie diese mit bestimmten Lernaufgaben verbunden sind. Es gehören neben Wissensvoraussetzungen, welche beim unterrichtlichen Vorgehen zu beachten sind, auch die angemessene Ordnung von Lernaufgaben als auch Lehrstrategien dazu, wel­che die angestrebten Lernprozesse auslösen. Das Fachwissen und das fachdidakti­sche Wissen sind fachbezogen strukturiert. Das heißt, sie orientieren sich an den je­weils spezifischen Sachlogiken der Unterrichtsfächer. Um erfolgreichen Unterricht ge­währleisten zu können, müssen beide Kompetenzbereiche miteinander verknüpft sein, deklarativ sowie prozedural. Das bildungswissenschaftlich allgemein pädagogische Wissen ist hingegen fächerübergreifend und wird auch als pädagogisch-psychologi­sches Wissen bezeichnet (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 254 f.). Für das PPK gehen bislang entwickelte Konzepte davon aus, dass dieses für verschiedene Fächer und/o­der Bildungsbereiche gültig ist. Es ist demnach generisch (Marx et al, 2017, S. 167). PPK lässt sich definieren als Wissen, welches für die erfolgreiche Gestaltung und Ver­besserung von Lehr-Lernsituationen notwendig ist. Für das Lehren, als Hauptaufgabe der Lehrenden, ist es dementsprechend von besonderer Bedeutung. PPK umfasst so­wohl Wissen über Fakten und Inhalte (deklaratives Wissen), als auch Handlungsab­läufe (prozedurales Wissen) (Voss et al., 2011, S. 953). Es ist zudem erlern- und ver­mittelbar (Voss et al., 2015, S. 194). Marx et al. (2014) haben eine Unterteilung des PPK vorgenommen. Dabei wird PPK in acht Hauptfacetten (nachfolgend aufgezählt), welche sich aus jeweils 29 Subfacetten zusammensetzen, unterteilt (Marx et al., 2014, S. 246 f.).

1. Wissen über Lernprozesse von Lernenden
2. Wissen über Lehr-Lern-Methoden und-konzepte,
3. Wissen über Lernziele und deren Erreichung und Umsetzung
4. Wissen über generelle Prinzipien der Individual- und Lernprozessdiagnostik
5. Wissen über effiziente Führung von Lerngruppen
6. Wissen über Heterogenität von Lernenden und den Umgang damit
7. Wissen über Kommunikation und Interaktion mit den Lernenden
8. Wissen über die zielführende Gestaltung von Lernumgebungen

Marx et al. geben nach Voss et al. (2015) an, dass sich die Facetten auf einer überge­ordneten Ebene nochmals gliedern lassen in: Wissen über Lernen und Lernende (Fa­cette 1 und 6), Wissen über den Umgang mit der Lerngruppe als komplexes soziales Gefüge (Facette 5 und 7), Wissen über das methodische Repertoire (Facette 2, 3, 4,) sowie in Wissen über die Gestaltung von Lernumgebungen (Facette 8) (Marx et al, 2017, S. 176).

Wissen über Lernprozesse von Lernenden Die Facette umfasst Wissen über kognitive, motivationale und emotionale Prozesse sowie Wissen über Lerntheorien und deren Bedeutung für die Gestaltung von Lehr­Lernprozessen (Marx et al. 2014, S. 246).

Lehrende benötigen ein Verständnis der Lernpsychologie, um Lernende in ihren Lernprozessen bestmögliche Unterstützung bieten zu können. Das Wissen über die Psychologie des Lernens gilt als integraler Bestandteil der generell pädagogisch psy­chologischen Wissensbasis von Lehrkräften (Voss & Kunter, 2011, S. 197). Lerntheo­rien versuchen zu beschreiben und zu erklären, nach welchen Prinzipien Lernen statt­findet (Reinmann, 2013, S. 128). Lernen bezeichnet einen Erfahrungsprozess, welcher zum Aufbau relativ stabiler Dispositionen führt und Änderungen im Verhalten, Han­deln, Denken und Fühlen hervorruft (ebd.). Im Allgemeinen wird zwischen drei großen Lerntheorien unterschieden: Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus. Es können jedoch auch die Rolle der Erfahrung beim Lernen, theoretische Annahmen über das Gedächtnis oder Lernen mit verschiedenen Symbolsystemen als Theorie ge­zählt werden (Kron, 2008, S. 56 f.). Im Behaviorismus gilt Lernen als Sonderform des Verhaltens und wird als ein Vorgang verstanden, welchen es zu trainieren gilt. Bezug­nehmend auf ein bestimmtes Ziel, soll das Verhalten gesteuert und verändert werden. Lehrende nehmen bei dieser Auffassung von Lernen eine eher autoritäre Rolle ein und gestalten Situationen so, dass angestrebte Lernergebnisse eintreten und stabilisiert werden. Im Kognitivismus haben die Lernenden eine aktive Rolle, sind jedoch nicht selbstständig. Die Lehrenden bereiten Inhalte didaktisch auf, um den Informationsver­arbeitungsprozess zu erleichtern und bieten tutorielle Unterstützung (Reinmann, 2013, S. 128 f.). Im Konstruktivismus wird der menschliche Körper als System angesehen, welches nur auf bereits verarbeitete und interpretierte Informationen von außen (Au­topoiesis) reagiert. Lernen kann ebenfalls nur ermöglicht oder durch Störungen ange­regt werden (Reusser, 2006, zitiert nach Reinmann, 2013, S. 129). Lernende verarbei­ten nicht nur Informationen, sondern greifen gestaltend in ihre Umwelt ein und verän­dern diese. Lehrkräfte hingegen können Lernaktivitäten nur anregen und die Lernen­den beim Lösen komplexer Probleme unterstützen. Dies geschieht entweder direkt durch soziale Interaktion oder indirekt durch die Gestaltung von Kontexten. Lernen kann in organisierten Bildungssituationen sowohl bedeuten, sich zu informieren, neues Wissen anzueignen, Fähigkeiten zu entwickeln als auch kompetent zu werden. In An­betracht dessen lässt sich Lernen unmöglich mit nur einer dieser drei Theorien be­schreiben. Vielmehr ist anzumerken, dass jede Theorie nur gewisse Aspekte des Ler­nens in den Fokus rückt und jeweils eine spezifische Perspektive einnimmt (Reinmann, 2013, S. 129f.).

Emotionale sowie motivationale Lernvoraussetzungen gehören neben den kognitiven zu wichtigen Elementen für erfolgreiches Lernen (Behrendt & Titz, 2008, S. 130). Be­sonders die motivationalen Voraussetzungen erweisen sich als essentiell für erfolgrei­ches Lernen (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 104). Rheinberg (2006) definiert Motivation als eine „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand“ (Rheinberg, 2006b, S. 15). Anzeichen für günstige motivatio­nale Lernvoraussetzungen sind demnach die Bereitschaft, sich gewissen Lernanfor­derungen zu stellen und sich diesen gezielt und mit einer gewissen Ausdauer zu wid­men. Die Qualität des eigenen Lern- und Leistungsmotivsystems zählt zu den relevan­testen motivationalen Voraussetzungen für das erfolgreiche Lernen. Dieses Lern- und Leistungsmotivsystem lässt sich durch Erfolgsorientierung oder Misserfolgsängstlich­keit, das leistungsbezogene Selbstvertrauen beziehungsweise durch lern- und leis­tungsrelevante Selbstkonzepte beschreiben. Auch das Interesse an einer Sache sowie die intrinsische Motivation für den Lernerfolg sind von Relevanz und werden deshalb nachfolgend erklärt (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 104 f.).

Mit Krapp, Prenzel und Schiefele (1986) lässt sich Interesse als eine besondere Be­ziehung zu einem Gegenstand bezeichnen. Dieser Gegenstand kann sowohl ein Ob­jekt, ein Thema oder eine Tätigkeit sein (Krapp, Prenzel & Schiefele, 1986, zitiert nach Hasselhorn & Gold, 2013, S. 105 f). Die besondere interessenthematische Beziehung wird im subjektiven Erleben deutlich - durch die Verbindung positiver emotionaler Zu­stände während der Handlung sowie einer subjektiven Wertschätzung des Interessengegenstandes (Krapp, 2010, S. 312). Die Längsschnittstudie von Köller, Baumert und Schnabel (2001), welche Hasselhorn und Gold aufgreifen, untersucht den Zusammenhang zwischen Mathematikinteresse und den Leistungen im Matheu­nterricht von der siebten bis zur zwölften Klasse. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der leistungsförderliche Einfluss des Interesses über die Zeit verändert (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 106). „Ein höherer Grad an Selbstbestimmung lässt auch den Einfluss des Interesses auf die Regulation des eigenen Lernverhaltens ansteigen“ (ebd., S. 107).

„Die aktuelle LM1 kann als Absicht verstanden werden, bestimmte Inhalte oder Fer­tigkeiten zu lernen, um bestimmte Ziele zu erreichen“ (Schiefele, 1996, S. 51). Dabei umfassen anzustrebende Ziele zum einen mögliche Handlungskonsequenzen oder - folgen, wie zum Beispiel soziale Anerkennung. Die hier angestrebten Zielzustände lie­gen außerhalb der Handlung und es wird von extrinsischer Motivation gesprochen. Die anzustrebenden Ziele können auch Erlebenszustände erfassen, welche während der Ausführung der Handlung eintreten (zum Beispiel Anregung und Kompetenzgefühle). Diese mit einer Lernhandlung angestrebten Zielzustände liegen innerhalb der Hand­lung und es wird von intrinsischer Motivation gesprochen (Schiefele, 2008, S. 40). Wird eine Lernhandlung durchgeführt, damit positive Folgen herbeigeführt bzw. negative Folgen vermieden werden, wird von extrinsischer Lernmotivation gesprochen (Schie­fele, 1996, S. 59). Die Person führt eine Lernhandlung durch, um in späteren Leis­tungssituationen gute Leistungen erbringen zu können. Es ist hierbei anzumerken, dass gute Leistungen nicht aus bloßem Eigeninteresse angestrebt werden. Vielmehr wird eine Verbindung mit den späteren Folgen hergestellt, welche den eigentlichen Anreizwert einer Leistung darstellen (Schiefele, 2008, S. 40 f.). Schiefele gibt nach Heckhausen (1989) an, dass diese Folgen Selbstbewertung, Fremdbewertung sowie die Annäherung an Oberziele, zum Beispiel die Ausübung eines bestimmten Berufs sind (ebd., S. 41). Diese leistungsbezogene Lernmotivation zielt dementsprechend auf einen Sachverhalt, welcher außerhalb der Lernhandlung liegt, ab (ebd.).

Bei der intrinsischen Lernmotivation wird eine bestimmte Lernhandlung durchgeführt, um positive Erlebenszustände zu erlangen (Schiefele, 1996, S. 52). Diese Erlebens­zustände variieren von Individuum zu Individuum und können vielfältiger Natur sein. Besonders Gefühle der Kompetenz, der Anregung sowie der Spannung stehen hier im Vordergrund (Schiefele, 2008, S. 41). Die intrinsische Motivation kann nochmals unterschieden werden in die tätigkeitszentrierte intrinsische Lernmotivation und die ge­genstandszentrierte intrinsische Lernmotivation. Die tätigkeitszentrierte Lernmotiva­tion tritt ein, wenn Lernende unabhängig vom Lerngegenstand bestimmte Handlungs­formen, zum Beispiel Gruppenarbeiten, präferieren. Bei der gegenstandszentrierten Lernmotivation interessieren sich die Lernenden, unabhängig von der durchgeführten Tätigkeitsform, für gewisse Inhalte. Es kommt zum Erleben positiver Gefühle während des Lernens. Für das Auftreten intrinsischer Lernmotivation stellen vor allem die indi­viduellen Interessen der Lernenden eine essentielle Bedingung dar (ebd., S. 41 f.).

Auch Emotionen werden, neben der Motivation, als treibende bzw. hemmende Kräfte für Lernen und Leistung untersucht. Bei der Erklärung von Reaktionen der Lernenden auf herausfordernde Aufgaben sind sie von großer Bedeutung. Zudem sind sie rele­vant für die Auflösung, Aufrechterhaltung oder Reduzierung der Motivation (Schutz & Lanehart, 2002, S. 67 f.). Lern- und Leistungsemotionen definieren diejenigen Emoti­onen, welche Lernende in Bezug auf Situationen des Lernens sowie Leistens erfahren. Dazu zählen emotionale Reaktionen auf Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse (Stolz, Scham, Enttäuschung) sowie prospektive Gefühle (Vorfreude, Angst). Auch prozess­bezogene Emotionen (Freude, Langeweile) bezüglich des Lernvorgangs oder dessen Inhalten werden unter Lern- und Leistungsemotionen gezählt. Emotionen können da­bei als mehrdimensionale Konstrukte aufgefasst werden. Sie setzen sich aus affekti­ven, kognitiven, physiologischen und expressiven Komponenten zusammen. Unter­schiedliche Emotionen wirken sich in unterschiedlicher weise aufdas Lern- und Leis­tungsverhalten aus (Frenzei et al., 2009, S. 432 f.). Mit Pekrun und Schiefele (1996) werden drei Arten von Emotionen unterschieden: die positiven, aktivierend negativen und desaktivierend negativen (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 127). Dabei haben die positiven Emotionen (Lernfreude, leistungsbezogene Hoffnungen, Stolz) einen positi­ven Einfluss auf die intrinsische Motivation. Die aktivierend negativen Emotionen (Angst, Ärger) regen die psychische und physische Handlungsbereitschaft an. Sie kön­nen Lernprozesse jedoch auch beeinflussen, da sie die Anteile der aufgabenbezoge­nen Aufmerksamkeit vermindern. Zugleich reduzieren diese Zustände, wie Angst oder Ärger, die intrinsische Lernmotivation. Zu den desaktivierenden negativen Emotionen gehören zum Beispiel Hoffnungslosigkeit und Langeweile. Diese Emotionen verringern die intrinsische aufgabenbezogene Motivation sowie die tiefere Verarbeitung von In­formationen (ebd.). Um einen emotionsgünstigen Unterricht zu gewährleisten, sollte dieser durch klare Regeln und Ziele gekennzeichnet sein. Auch sollten Leistungsergebnisse durch die Lehrkräfte weniger in den Fokus gerückt werden. Dies lässt sich mit der ambivalenten Wirkung der Leistungsvalenz begründen (Frenzei et al., 2009, S. 434).

Wissen über Heterogenität von Lernenden und den Umgang damit Diese Facette umfasst Wissen über psychische Auffälligkeiten, Heterogenität hinsicht­lich Vorwissens und Intelligenz, verschiedene Lernstile und Lerntypen, Unterschiede zwischen Geschlechtern und kulturelle Besonderheiten, Migrationshintergrund sowie sozioökonomischen Status (Marx et al., 2014, S. 264).

Lernende einer Klasse unterscheiden sich hinsichtlich vieler Merkmale. So zum Bei­spiel hinsichtlich ihrer individuellen Biografien, strukturellen familiären Merkmale, eige­nen Persönlichkeit sowie ihres individuellen Lernpotentials (bspw. Intelligenz und Vor­wissen). Aus diesen individuellen Merkmalskonstellationen ergeben sich unterschied­liche Bedürfnisse (Vock & Gronostaj, 2017, S.17 f.).

Lernende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung haben in der Regel beson­dere Bedürfnisse, welche auch in Lehr-Lernsituationen von Relevanz sind. Auch psy­chische Belastungen und Traumatisierungen stellen einen essentiellen Anteil dar (Textor, 2015, zitiert nach Vock & Gronostaj, 2017, S. 33). Es bedarf hier einer beson­deren Förderung. Nach Vock und Gronostaj gibt die OECD (2008) drei Kategorien mit Förderbedarf an: zum einen Lernende mit Behinderungen, Lernende mit Lern- und Verhaltensschwierigkeiten sowie Lernende mit sozialen Benachteiligungen (Vock & Gronostaj, 2017, S. 33).

Es hängt von verschiedenen Eigenschaften ab, wie gut Lernende neue Lerninhalte aufnehmen und wie gut sie mit komplexen neuen Informationen in Lehr-Lernsituatio­nen zurechtkommen. Die Intelligenz2 ist dabei ein essentielles Merkmal, welches Lern­erfolge mit beeinträchtigt. Für Lernende einer Klasse sind die Intelligenzwerte breit verteilt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2016, zitiert nach Vock & Gronostaj, 2017, S. 37). Es zeigt sich, dass die Intelligenzwerte von Erwachsenen umso höher ausfallen, je länger ein Schulbesuch stattfand. Zudem ist auch bewiesen, dass sich ein kurzfristiger Rückgang von Intelligenzwerten nach den Schulferien feststellen lässt, in denen wenig geistiger Input stattfand (Ceci & Williams, 1997, zitiert nach Vock & Gronostaj, 2017, S. 38). Ein intellektuell fordernder sowie anspruchsvoller Unterricht hat Einfluss aufden Wissenszuwachs und führt zurVerbesserung der Intelligenz. De- mensprechend können neue Informationen schneller aufgenommen und verarbeitet werden (Vock & Gronostaj, 2017, S. 39).

Um zukünftige Leistungen Lernender zur prognostizieren, ist das bereits vorhandene Wissen von großer Relevanz (Helmke, 1997, zitiert nach Vock & Gronostaj, 2017, S. 39). Das Vorwissen Lernender wird vor allem durch den Unterricht geprägt und die Lernenden bauen sich über die Schuljahre hinweg ein zunehmend komplexes Wissen in den jeweiligen Fächern auf. Es fällt den Lernenden umso leichter auf einem Gebiet weiter zu lernen, desto mehr Wissen sie in diesem Themenbereich schon besitzen (Vock & Gronostaj, 2017, S. 39).

Ein guter Unterricht muss auf die Lernbedürfnisse der Lernenden angepasst sein. Dies gestaltet sich jedoch umso schwieriger, je heterogener die Lernvoraussetzungen sind. Der Unterricht muss dahingehend differenziert werden - dies bezieht sich unter anderem auf das Tempo, Niveau und Ausmaß der Unterstützung sowie Hilfestellung. Solch ein Unterricht wird auch als adaptiv bezeichnet. Die Lehrkraft passt ihren Unter­richt dabei kontinuierlich auf die Lernstände und Unterstützungsbedarfe der Lernen­den an (ebd., S. 63). Die adaptive Lehrkompetenz setzt sich aus vier Dimensionen zusammen: Sachkompetenz, diagnostische Kompetenz, didaktische Kompetenz und Klassenführungskompetenz. Vor allem die diagnostische Kompetenz einer Lehrkraft bezieht sich dabei auf die Vielfalt der Wissens- und Lernvoraussetzungen (Vorwissen, allgemeine kognitive Fähigkeiten) und der Lernverläufe der Lernenden sowie die situ­ativen Lernaspekte. Der Unterricht kann umso adaptiver gestaltet und das Lernen an­gepasst, begleitet und unterstützt werden, je zutreffender die Diagnose ist (Beck et al., 2008, S. 37 ff.). „Eine adaptive Lehrkraft ist sensibilisiert für die Wahrnehmung von Verschiedenartigkeit bei den Lernvoraussetzungen, den Lern- und Problemlöseverhal­tensweisen [...]“ (ebd., S. 38) und sollte in der Lage sein, auf Unterschiede der Ler­nenden und in Schlüsselmomenten auftretendes Nicht-Verstehen, Abschweifen oder Störungen sensibel zu realisieren und darauf mit angemessenen didaktischen Maß­nahmen zu reagieren (ebd., S. 38 f.). Beck et al. (2008) bestätigen in ihrer Studie „Adaptive Lehrkompetenz“, dass eine hohe adaptive Lehrkompetenz mit einem größe­ren Leistungszusammenwachs zusammenhängt. Auch die Unterrichtsanpassung durch die handelnde Lehrperson an die individuellen Voraussetzungen der Lernenden führt zu besseren Lernfortschritten. Besonders in Klassen mit hoher Leistungsheterogenität, zeigte sich, dass Lehrkräfte mit hoher adaptiver Lehrkompe­tenz bessere Lernfortschritte bei den Lernenden erzielen (ebd., S. 173).

Wissen über die effiziente Führung von Lerngruppen Diese Facette beinhaltet Wissen über Monitoring, Allgegenwärtigkeit in Lehr-Lernsitu­ationen, Strategien zur Intervention und Prävention bei Störungen, die Rolle und Etab­lierung von Regeln und Prozeduren und Wissen über die effektive Nutzung der Lern­zeit (Marx et al., 2014, S. 246).

„Eine effiziente Klassenführung ist kein Selbstzweck, sondern unabdingbare Voraus­setzung für die Sicherung anspruchsvollen Unterrichts, indem sie einen geordneten Rahmen für die eigentlichen Lehr- und Lernaktivitäten schafft und insbesondere die aktive Lernzeit steuert [...]“ (Helmke, 2012, S. 173). Laut Weinert (1996) ist die aktive Lernzeit die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. In dieser Zeit setzen sich Lernende mit den Unterrichtsinhalten aktiv, engagiert und konstruktiv auseinan­der. Je mehr Unterrichtszeit für die Reduzierung störender Aktivitäten aufgebracht wird, desto geringer fällt die aktive Lernzeit aus. Die Klassenführung besitzt demnach eine Schlüsselfunktion im Unterricht (Weinert, 1996c, S. 124).

Die Studie „Techniken der Klassenführung“ von Kounin (1970/1976) gilt als Meilen­stein in der Forschung zu Unterrichtsstörungen (Nolting, 2008, S. 190). So zeigen um­fangreiche Videostudien zum Mikroverhalten Lehrender und Lernender im Unterricht, dass die Störungsrate hauptsächlich durch präventive Lehrerhandlungen bestimmt wird. Die nachfolgend erklärten Dimensionen beziehen sich primär auf den lehrerge­lenkten Unterricht (ebd.). Kounin (1976) unterscheidet folgende Dimensionen effekti­ver Klassenführung: Allgegenwertigkeit und Überlappung, Reibungslosigkeit und Schwung, Aufrechterhaltung des Gruppenfokus und Programmierte Überdrußvermei­dung (Kounin, 1976, S. 85 ff.). Die Dimension Allgegenwertigkeit, auch „withitness“ genannt, bezeichnet die permanente Präsenz der Lehrkraft. Erfolgreich führende Lehr­kräfte vermitteln den Lernenden, dass sie das gesamte Unterrichtsgeschehen im Blick haben und aufkommende Störungen bremsen, bevor diese hervorkommen. Die Über­lappung, auch „overlapping“ genannt, ist Voraussetzung für die Allgegenwertigkeit. Overlapping bedeutet, dass eine Lehrkraft ihre Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge gleichzeitig richten kann. So kann sie zum Beispiel vor der Klasse referieren und ne­benbei nonverbal signalisieren, dass eine Meldung oder ein Privatgespräch zweier Personen erkannt wurde. Die Dimension Reibungslosigkeit und Schwung (auch smoothness und momentum) bezeichnet den unterbrechungsarmen Unterrichtsfluss. Unterbrechungen und Verzögerungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für aufkom­mende Unruhen während des Unterrichts und Lernaktivitäten werden gemindert (Nol­ting, 2008, S. 191). Die Studie von Doyle (1986) zeigt, dass Lehrende mit Disziplin­problemen vor der Klasse und während des Unterrichts über Störungen sprechen. Lehrende mit wenig Disziplinproblemen hingegen, richten den Fokus auf die zu bear­beitende Aufgabe und führen so zur Lernaktivität zurück (Doyle, 1986, S. 411). Die Dimension Aufrechterhaltung des Gruppenfokus bezeichnet die Aktivierung aller Ler­nenden. Erfolgreiche Lehrkräfte können die Aufmerksamkeit auch von Lernenden be­wahren, welche den Unterricht weniger motiviert und fokussiert verfolgen. Dies gelingt durch stimulierenden Anstoß, wie zum Beispiel klare Aufgaben für alle oder eine an­regende Lehrstimme. Auch ein gut verteiltes Aufrufen der Lernenden während des Unterrichts sowie positive Bekräftigungen bewirken eine kollektive Aktivierung (Nol­ting, 2008, S. 191).

Neben Kounin soll auch die Arbeitsgruppe um Evertson und Emmer (2003, 2006) genannt werden, welche den Ansatz von Kounin aus handlungstheoretischer Perspek­tive ergänzt. Lehrende gelten hier vor allem als Gestalterinnen sozialer Verhaltenser­wartungen. Es konnte nachgewiesen werden, dass aufgestellte Regelsysteme sowie Prozeduren einen positiven Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen haben. Besonders zu Beginn eines Schuljahres sollten die Verhaltenserwartungen der Lehrenden offen­gelegt und klare Regeln für das soziale Miteinander festgelegt werden (Evertson & Emmer, 1982 zitiert nach Voss & Kunter, 2011, S. 196).

Wissen über Kommunikation und Interaktion mit den Lernenden Die Facette umfasst Wissen über die Herstellung konstruktiver Dialoge und Diskussi­onen, Gruppendynamiken, Gestaltung von Rückmeldungen sowie die non-verbale Kommunikation (Marx et al., 2014, S. 247).

Unterricht findet zumeist als Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden statt. Der Begriff Lehrer-Schüler-Interaktion definiert das wechselseitige aufeinander Wirken im Wahrnehmen, Beurteilen, Kommunizieren sowie Beeinflussen von Lehrkräften und Lernenden. Bedingungsfaktoren der Interaktion sind die gesellschaftliche und familiäre Umwelt, die unterrichtliche Situation, die Persönlichkeit der Kommunizierenden sowie deren kognitive Prozesse. Der Interaktionsspielraum, welcher den Beteiligten in der jeweiligen Situation gegeben ist, muss stets berücksichtigt werden. Lehrkräfte und Ler­nende sind Individuen mit persönlichen Wünschen und individuellen Vorstellungen und zudem Mitwirkende einer Institution. Institutionen weisen den Beteiligten Rollen zu, stellen Erwartungen, welche Verhaltens- und Interaktionsvorgaben mit sich bringen und dadurch den Entscheidungsspielraum begrenzen (Hofer, 1997, S. 213f.).

Interaktion kann sowohl auf verbaler als auch auf non-verbaler Ebene stattfinden. Sie ist eine Mischform aus reziprok kontingenten und asymmetrisch kontingenten Interak­tionen. Bei der reziprok kontingenten Interaktion ist das Verhalten beider Beteiligten abhängig vom jeweiligen Gegenüber. Hängt das Verhalten eines Beteiligten weitge­hend vom Verhalten des Gegenübers ab, während das Verhalten des anderen kaum vom Verhalten des Gegenübers beeinflusst wird, wird von asymmetrisch kontingenter Interaktion gesprochen (Hofer & Haimerl, 2008, S. 223).

Eine Gruppe entsteht, wenn zwei oder mehr Menschen in Beziehung treten, intera­gieren und deren Bedürfnisse und Ziele sich gegenseitig beeinflussen. Die Gruppe verfolgt ein gemeinsames Ziel. Dieses Ziel besteht im Kontext der Weiterbildung im gemeinsamen Lernen (Sorgalla, 2015, S. 2). Sie wird als kein statisches Gebilde an­gesehen. Vielmehr entsteht, verändert und ergänzt sie sich im Laufe der Zeit. Dies wird als Gruppendynamik bezeichnet (Nuissl & Siebert, 2013, S: 124). Gruppenmit­glieder treten in Interaktion und beeinflussen sich somit gegenseitig. Die Interaktion lässtjedoch mit zunehmenderGruppengröße nach. Sind in einerGruppe mehrals 16 Personen, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass jedes Gruppemitglied mit jedem anderen interagiert. Die ideale Gruppengröße liegt bei maximal 15 Personen (Levin, 2013, S. 32). Ein weiteres Merkmal innerhalb einer Gruppe ist die Rollenverteilung. Das Modell zur Rangordnung in Gruppen des Psychoanalytikers Raoul Schindler wird oft zitiert. Es unterscheidet dabei die Rollen Leiter, Experte, Mitläufer oder einfaches Gruppenmitglied sowie einen Gegenpol zum/r Leitenden. Diese Rollen machen die Dynamik der Gruppe aus (Sorgalla, 2015, S. 3). Auch innerhalb virtueller Gruppen existiert eine Gruppendynamik. Durch die Aufhebung der orts- und zeitgebundenen Interaktionen kommt es jedoch vor, dass sich Grenzen aufzeigen lassen. Vor allem die Interkation innerhalb der Gruppe unterliegt virtuell anderen Gesetzmäßigkeiten. Das lässt sich durch das Fehlen nonverbaler Signale, wie Mimik, Gestik und Prosodie, er­klären, welche nicht wahrgenommen werden können (ebd.). Lehrkräfte übernehmen die Rolle als Leitende innerhalb der Gruppe und wirken somit auf die Gruppendynamik ein und werden zugleich von ihr beeinflusst (Nuissl & Siebert, 2013, S. 124). Zwischen den Gruppenmitgliedern besteht ein komplexes Geflecht. Es ist essentiell, dass Lehr­kräfte die Dynamik innerhalb der Gruppe bei ihrer Arbeit berücksichtigen. Erst dann kann von einem professionellen Weiterbildungsansatz gesprochen werden (Döring, 2008, S. 212). Mit Tuckman (1965) werden fünf idealtypische Phasen eines Gruppen­prozesses unterschieden: Orientierungsphase (forming), Auseinandersetzungen um Positionen und Rollen (storming), Herausbildung von Gruppennormen (norming), Phase der Arbeitsfähigkeit (performing) und Phase der Trennung (adjourning) (Tuck­man, 1965, zitiert nach Sorgalla, 2015, S. 4). In der Phase der Orientierung kommt es zum gegenseitigen Kennenlernen der Gruppenmitglieder untereinander und zur Suche der Rollen innerhalb der Gruppe. In der zweiten Phase (storming) werden Diskussio­nen um die Aufgaben- und Rollenverteilung geführt. In dieser Phase kann es zu Kon­flikten zwischen den Gruppenmitgliedern und der Lehrkraft kommen. In der dritten Phase (norming) werden gemeinsame Normen vereinbart, welche in der darauffolgen­den Phase (performing) genutzt werden, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Die Gruppe versteht sich untereinander soweit als Team. Dies ermöglicht der Lehrkraft, sich auf einzelne Gruppenmitglieder zu konzentrieren (ebd., S. 5f.).

Wissen über Lehr-Lern-Methoden und -konzeote Die Wissensfacette „Lehr-Lern-Methoden und -konzepte“ umfasst Wissen über Ar- beits- und Sozialformen und deren Kombination sowie zieladäquaten Einsatz in Lehr­Lernsituationen (Marx et al., 2014, S. 167).

In der Erwachsenenbildung spielt besonders der Bereich der methodischen Gestal­tung von Lernsituationen eine wesentliche Rolle. Lehrende sollten idealerweise bei den bereits vorhandenen Kompetenzen der Lernenden ansetzen und diese erweitern. Dadurch kommt es zu einem sachverständigen Umgang mit den Problemlagen der Lebenswelten (Terhart, 2000, S. 128). Laut Gerl (1985) haben Methoden die Aufgabe, Kontakte zwischen den beteiligten Personen und deren materieller sowie sozialer Um­welt herzustellen. Die Umwelt soll dadurch präzise, differenzierter und vollständiger wahrgenommen und begriffen werden. Das methodische Vorgehen in der Erwachse­nenbildung soll für die Lernenden Situationen schaffen, in denen sie sich mit der Wirk­lichkeit auseinandersetzen können (Gerl, 1985, S. 47). Die Methode ist bestenfalls eine Voraussetzung für aktives sowie aneignendes Lernen auf Seiten der Lernenden. Zum einen wird mit ihr der Bezug zum Gegenstand des Lernens hergestellt und auf der anderen Seite hat sie Einfluss auf die Beziehungsentwicklung der Teilnehmenden untereinander (Terhart, 2000, S. 128). Methoden gelten dabei nicht nur als ein Mittel zur Realisierung gewisser Ziele, sondern bilden die Konkretisierung einer inhaltlichen Intention ab. Die Methode vermittelt zwischen angewandten Techniken zur Erschlie­ßung einer inhaltlichen Thematik und den Lernenden (Baumgartner, 2011, S. 76).

Es kann unterschieden werden zwischen Methoden, welche vermehrt durch die Ak­tivität der Lehrenden gekennzeichnet sind (Instruktion, Darbietung) und Methoden, welche durch die Aktivität der Lernenden charakterisiert sind (Erarbeitung, Diskus­sion). Die Wahl der Methode ist von den Lernvoraussetzungen der Teilnehmenden und der Spezifik des Lernstoffes abhängig. Es ist zudem anzumerken, dass es keine guten oder schlechten Methoden gibt, sondern nur solche, welche sich im Hinblick auf ein bestimmtes Lernziel unter der Berücksichtigung der individuellen Teilnehmervo­raussetzungen und einer konkreten Kurssituation als geeignet oder nicht geeignet er­weisen (Rieken, 1980, S. 208 ff.). Die Entscheidung über die Methode ist von den aktuell wirksamen Bedingungen abhängig zu machen. Zu diesen besonderen Bedin­gungen zählen Lehrende, Lernende, Fächer und Themen, Zeiteinflüsse und Ressour­cen (Peterßen, 2009, S. 25).

Es gibt eine Vielzahl von Methoden, welche in Lehr-Lernsituationen zum Einsatz kommen können. Nachfolgend wird jedoch nur der Frontalunterricht3, beziehungs­weise darbietend-vortragende Verfahren näher erläutert, da dieser in der Weiterbil­dung zu der gängigsten Methode gehört (Terhart, 2000, S. 129). Der Frontalunterricht ist durch lehrergesteuerte Gespräche geprägt, welche durch Anschauungsmaterial un­terstützt werden und der Vermittlung fachspezifischen Orientierungswissens dienen (Flechsig, 1996, S. 97). „Frontalunterricht erweist sich als durchaus effizient, wenn es um formalen Unterricht geht, wenn Selbstverständliches schnell und in großem Um­fang erlernt werden soll [...]“ (Peterßen, 2009, S. 113). Ergebnisse der Lehr-Lernfor­schung zeigen jedoch, dass einseitig darbietende Lehrverfahren nicht zur gewünsch­ten Aktivierung und Motivierung von Teilnehmenden einer Weiterbildung führen (Gerl & Siebert 1975, zitiert nach Terhart, 2000, S. 129). Terhart gibt nach Brandenburg (1974) an, dass Methoden wie Referat oder Vortrag zwar zum kurzzeitigen Behalten von Informationen und Faktenwissen führen, jedoch kommt es dadurch nicht zur län­gerfristigen Wissensaufnahme und Verarbeitung der Informationen (Terhart, 2000, S. 130). Verfahren zur Aktivierung möglichst vieler Teilnehmer erweisen sich hingegen in der Lehr-Lernforschung als geeigneter. Teilnehmende sollen zur aktiven Beteiligung befähigt werden. Die mündlichen, schriftlichen, handelnden oder auch spielerischen Auseinandersetzungen mit dem Lerngegenstand sollen die Lernenden besser befähi­gen als reines Zuhören oder Zusehen. Folgende Methoden erweisen sich hierfür als geeignet, um dem, im Frontalunterricht vorherrschendem, passiven Verhalten derTeil- nehmenden entgegenzuwirken:

„Partnerinterview, Partnerarbeit in Einstiegs- und Kennlernphasen, verschie­dene Varianten der Kleingruppen- und Großgruppenarbeit (Plenum, rotierendes Plenum), Verfahren zur Ermittlung spontaner Einfälle (Brainstorming) sowie zur Erhebung eines Meinungsbildes überVorgehensweisen, Erwartungen, Beurtei­lungen (Blitzlicht) bis hin zu Spielmethoden (Planspiel, Rollenspiel, Kommuni­kationsspiele, gruppendynamische Spiele)“ (Terhart, 2000, S. 130).

Die Methoden müssen auf die jeweilige Lernsituation angepasst sein und können durch Methodenwechsel und geeigneten Medieneinsatz optimiert werden (ebd., S. 130 f.).

Wissen über Lernziele und deren Erreichunq/Umsetzunq Die Facette umfasst Wissen über Lernzieltaxonomien sowie Lernzielkategorien (Marx etal., 2014, S. 264).

Ein Lernziel steht am Ende eines Lernprozesses als dessen überprüfbar vorhande­nes und erwünschtes Ergebnis (Terhart, 2005, S. 111). In der Erwachsenenbildung übernimmt nicht immer der Lehrende die Formulierung des Lernziels. Auch die Ler­nenden können im Hinblick auf das selbstgesteuerte Lernen ihre Lernziele selbstfest­machen. Das Lehrziel ist, im Gegensatz zum Lernziel, von den Lehrenden vorgege­ben. Ziele müssen vorgegeben sein, da sonst die Orientierung für andere Bereiche des Lernprozesses fehlt. Lehrende können mit dem Ziel auswählen, welche Inhalte sie mit welchen Methoden vermitteln wollen und damit den Weg zum Ziel planen. Auch für die Lernenden müssen die Ziele klar erkennbar sein, da sie dadurch motiviert wer­den und in der Lage sind, selbst zu überprüfen, wie weit sie das Ziel erreicht haben. Durch eine klare und definierte Vorgabe von Lernzielen wird das Lernen transparenter und vergleichbarer (Gundermann, 2016, S. 2 ff.). Das Erreichen dieser Ziele zeigt sich in einem gewünschten und in der Vorstellung vorweggenommenen Verhalten der Ler­nenden, welches zu Beginn des Lernprozesses möglichst genau zu definieren ist. Da­bei geht es bei einem Lehrziel darum, die Komplexitätsstufe des im Lernziel ausge­drückten Verhaltens zu bestimmen, die inhaltlich passenden Momente zu benennen und das Lehrziel auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Lernenden anzupassen (Peterßen, 1982, zitiert nach Kiper, 2009, S. 140). Mit der curricularen Didaktik entstand ein Ansatz, welcher die Formulierung von Lernzielen ins Zentrum der Unterrichtsplanung stellt. Ein Curriculum muss demnach Aussagen über Lernziele, Lernorganisationen sowie Lernkontrollen enthalten. Die Formulierung von Lernzielen ist dabei ein essentieller Bestandteil der Curriculumsentwicklung. Lernziele werden nach dem Abstraktionsgrad, der Genauigkeit und der Eindeutigkeit erstellt und lassen sich unterteilen in Richtziele (allgemein gehaltene Ziele, abstrakte Zielvorstellungen), Grobziele (konkrete Ziele) und Feinziele, welche die Ziele einer Unterrichtseinheit zu­weisen und das zu beobachtende Endverhalten beschreiben sollen (Kiper, 2009, S. 141). Diese schematischen Formulierungsvorgaben sollen helfen, die Lernziele mög­lichst eindeutig zu definieren (Gundermann, 2016, S. 4).

Lernziele können auch unterschiedlichen Taxonomiestufen zugeordnet werden, wel­che der Ordnung von Lernzielen dienen. Die bekannteste Taxonomie stammt von Bloom (1972). Die Lernziele werden hier nach sechs Niveaustufen hinsichtlich zuneh­mender Komplexität des Lernens unterschieden in: Wissen, Verstehen, Anwendung, Analyse, Synthese und Bewertung (Bloom et al., 1972, S. 31). Die Aufteilung wurde zudem ergänzt um kognitive, affektive sowie psychomotorische Lernziele. Der kogni­tive Bereich schließt Lernziele ein, welche Erinnern von Wissen und die Entwicklung intellektueller Fertigkeiten und Fähigkeiten behandeln. Der affektive Bereich schließt Lernziele ein, welche Interessens-, Einstellungs- und Werteänderungen sowie die Ent­wicklung von Wertschätzungen und geeignetem Anpassungsvermögen beschreiben. Lernziele in diesem Bereich sind jedoch nicht sehr genau formuliert und es gestaltet sich als schwierig, Verhaltensweisen zu beschreiben, welche diesen Zielen entspre­chen. Für diesen Bereich sind innere Gefühle und Emotionen ebenso bedeutend wie das zu beobachtende Verhalten. Psychomotorische Lernziele beschreiben manipula­tive oder motorische Fertigkeiten (ebd., S. 20 f.). Durch die Formulierung von Lehr- und Lernzielen kommt es zur Zunahme der Zielbarkeit des Unterrichts. Es werden zu­dem Strukturierungshilfen für die Lernprozessplanung und -analyse gegeben sowie Lernleistungen erfassbar gemacht. Auch der Lernerfolg der Lernenden kann durch eine klare Zielsetzung gesteigert und Kenntnisse auf Dauer gesichert werden. Kritiker bemerken jedoch, dass ein lernzielorientierter Unterricht die Handlungsfreiheiten der Lehrenden einschränkt und die Möglichkeit zur Mitbestimmung der Lernenden mini­miert. Es sollen demnach Lernsituationen konzipiert werden, welche eine Offenheit für dieVerwendung vielfältiger Methoden mit sich bringen (Kiper, 2009, S. 142).

Wissen überqenerelle Prinzipien der Individual- und Lernprozessdiaqnostik Die Facette beinhaltet Wissen über Methoden zur Erfassung von Leistungen, Motiva­tionen, Emotionen, Persönlichkeitsmerkmalen und individuellen Besonderheiten, Wis­sen über Bezugsnormen und deren Vor- und Nachteile sowie Wissen über Grundlagen der Diagnostik (Marx et al., 2014, S. 246).

Es gehört zu den alltäglichen Aufgaben Lehrender, Leistungen zu bewerten und zu beurteilen. Dabei stellt die abschließende Benotung die bekannteste Beurteilungsauf­gabe der Lehrkräfte dar. Auch unterrichtsbegleitend sind weitere Leitungsbeurteilun­gen vorzunehmen. Sie bilden die Grundlage für die weitere Unterrichtsgestaltung und optimieren Lehr-Lernprozesse (Weinert, 2014, S. 18 ff.). So erhalten Lehrende zum Beispiel Informationen über das Erreichen der Unterrichtsziele. Lernende erhalten eine Rückmeldung über ihren aktuellen Lernstand (Voss & Kunter, 2011, S. 197).

Im amerikanischen Raum wird zwischen formatier und summativer Leistungsbeur­teilung unterschieden (Phye, 1997, zitiert nach Voss & Kunter, 2011, S. 197). Summa- tive Leistungsbeurteilungen finden am Ende von Unterrichtseinheiten statt, um den Lernerfolg der Lernenden für diese Einheiten zu ermitteln (Voss & Kunter, 2011, S. 197). „Formatives Assessment dient dagegen innerhalb der Unterrichtseinheit dazu, Informationen über aktuelle Stärken und Schwächen der Lernenden zu ermitteln, und hilft den Lehrkräften on-the-fly den Unterricht an die Bedürfnisse und Lernstände [...] anzupassen“ (Voss & Kunter, 2011, S. 197).

Als standardisierte Leistungstests lassen sich spezielle Testverfahren definieren, welche in Bezug auf Testgütekriterien (Objektivität, Zuverlässigkeit, Gültigkeit) kontrol­liert und standardisiert worden sind (Heller & Hany, 2014, S. 91) und in enger Bezie­hung zu den Inhalten des Curriculums stehen (Schrader & Helmke, 2014, S. 45). Die Lehrkraft stützt sich bei der Leistungsbeurteilung auf geeignete Informationen, welche für die Beurteilung erhoben wurden. Das können zum Beispiel Klassenarbeiten, münd­liche Prüfungen oder informelle Tests sein (ebd.).

Die daraus gewonnenen Informationen werden mit einer Norm in Beziehung gesetzt. Dadurch kommt es zum diagnostischen Urteil. Es kann zwischen drei Bezugsnormen unterschieden werden: der sozialen, individuellen und der sachlichen, auch kriteriale Bezugsnorm genannt. Bei der sozialen Bezugsnorm wird ein Vergleich mit den ande­ren Lernenden hergestellt. Die individuelle Norm vergleicht die einzelnen Lernenden mit ihren früheren Leistungen und schaut, ob sie sich verbessert oder verschlechtert haben. Die sachliche Bezugsnorm untersucht, ob ein angestrebtes Lehrziel oder Kriterium erreicht wurde. Die gewonnenen Informationen können anschließend ge­sichtet, bewertet und gewichtet werden. Zudem kann der Urteilsvorgang reflektiert werden (ebd., S. 45 f.).

Wissen über die zielführende Gestaltung von Lernumqebunqen Diese Facette umfasst Wissen über die physische, räumliche Anordnung von Lernum­gebungen, die Gestaltung von Lernmaterialien sowie die mediale Gestaltung (Marx et al., 2014, S. 247). Die Gestaltung einer optimalen Lernumgebung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse der Lernprozesse der Lernenden. Lernumgebung definiert dabei die Summe aller Faktoren, welche das Lernen beeinflussen und zur Unterstützung des Lernprozesses gestaltet werden können. Zu diesen Faktoren zählen die Lehrenden, Lehr-Lernmaterialien, informationstechnische Ausstattung sowie die Räumlichkeiten. Die Lernenden sollen in einem Lernraum die bestmöglichen Bedingungen für den Lernprozess finden (Kaiser, 2015, S. 109).

Die physische Raumgestaltung trägt mit einem nicht unerheblichen Anteil zum Lern­erfolg bei (ebd.). Hierbei gilt erst einmal der Grundsatz: „In einer Umgebung, in der ich mich wohl fühle, lerne ich besser“ (Kaiser, 2015, S. 109). In Lernräumen spielt, neben der Materialauswahl, auch die Farbgestaltung eine große Rolle. Zudem haben die Be­leuchtung und Belüftung der Räumlichkeiten einen wesentlichen Einfluss auf das Wohlbefinden der Lernenden. So ist zum Beispiel die Nutzung von Tageslicht der künstlichen Beleuchtung stets vorzuziehen (ebd.). Lernräume sollten bestimmten Qua­litätsstandards entsprechen, hinsichtlich ihrer Funktionalität und Ausstattung und je nach Zielgruppe, Thema, Lernziel und Methodik flexibel zu gestalten sein. Zudem soll­ten die Lehrenden die räumlichen Gegebenheiten in die Kursplanung einbeziehen. Dazu zählen die Größe und Gestalt des Klassenraums, die Art der Sitzmöbel und die Ausstattung mit Tafel, Flipchart oder digitalem Whiteboard. Bei der Kursplanung soll­ten die Lehrenden auch Fragen bezüglich der Raumakustik, Sicht der Lernenden vom Sitzplatz zur Tafel, Variation der Sitzordnung sowie Verbesserung der Lernat­mosphäre durch Fotos oder Poster klären (Gundermann, 2015, S. 5 f.). Verschiedene Studien im internationalen Kontext untersuchen die physischen Aspekte der gebauten Umwelt. Dabei wurden Licht, Luft, Temperatur oder Akustik in Zusammenhang mit der Optimierung von Lernprozessen untersucht und es wurde bestätigt, dass physische Raumaspekte das Lernverhalten und den Lernerfolg (zum Beispiel Konzentrationsfä­higkeit, Wohlbefinden, Aufnahmefähigkeit) beeinflussen (Blackmore et al. 2011, Choi et al. 2013, Kumar , O’Malley & Johnston 2008, Woolner et al. 2007, Higgins et al. 2005 & Schneider 2002, zitiert nach Ninnemann, 2018, S. 27). Eine Fraunhofer Studie des Instituts für Bauphysik kam zu dem Ergebnis, dass die CO2-Konzentration im Se­minarraum Einfluss auf die aktive Teilnahme der Lernenden am Unterricht hat (Grün & Urlaub, 2015, S. 6 zitiert nach Ninnemann, 2018, S. 27).

Die Lehr-Lernmaterialien müssen methodisch sowie didaktisch auf die Vorausset­zungen der Lernenden angepasst sein. Sie sollen einen handlungsorientierten Ansatz aufweisen und entsprechende Handlungskompetenzen bei den Lernenden ausbilden. Es ist zudem sinnvoll unterschiedliche Präsentationsformen (Tafel, Beamer, Arbeits­blätter etc.) zu nutzen. Der Lehrinhalt sollte so gut wie möglich visualisiert und verge­genständlicht werden, zum Beispiel in Form von Modellen. Nur so können die unter­schiedlichen Eingangskanäle der Lernenden angesprochen werden. Es ist auch da­rauf zu achten, dass das selbstgesteuerte Lernen, fernab vom Lehrbuch, durch die Nutzung des Internets, von Fachzeitschriften oder Datenblättern ermöglicht wird (Kai­ser, 2015, S. 109). Laut Ballstaedt und Schnotz (1997, 1994) sollte bei der Gestaltung der Lehrmaterialien, vor allem von Lehrtexten, auf Verständlichkeit und Lesbarkeit, Kohärenz und Sinnhaftigkeit der inhaltlichen Argumentation, Verwendung von Organi­sationshilfen sowie eine optimale Sequenzierung wert gelegt werden. Auch das Ham­burger Verständlichkeitskonzept nach Langer, Schulz von Thun und Tausch (1974) betont vier Dimensionen: sprachliche Einfachheit der kognitiven Gliederung und inhalt­lichen Ordnung, der Kürze und Prägnanz und der zusätzlichen motivationalen Stimu­lanz (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 422 f.).

2.2 Aktuelle Forschungsbezüge im Bereich des PPK

Das folgende Kapitel stellt aktuelle Forschungsbezüge des PPK vor. Es soll den Le­serinnen die Relevanz des PPK verdeutlichen und zudem erkennen lassen, aus wel­cher Untersuchung die Unterteilung des PPK in acht große Wissensfacetten hervor­geht, an welcher sich in dieser Arbeit orientiert wird. Die letzte vorgestellte Studie soll zudem verdeutlichen, dass sowohl schulische Diskurse als auch Diskurse in der Er­wachsenbildung von den gleichen Anforderungen an Lehrkräfte ausgehen.

Marx et al. (2014) gehen in ihrer Untersuchung der Frage nach, welche Facetten und Subfacetten des PPK im Kontext der Erwachsenenbildung/Weiterbildung sowie der Schule als relevant zur Gestaltung von Lehr-Lernsituationen erachtet werden und ob Experten aus beiden Bereichen die Facetten einheitlich als bildungsbereichsübergrei­fend relevant zur Gestaltung von Lehr-Lernsituationen einschätzen (Marx et al., 2014, S. 248). Hierfür wurde eine systematische Literaturrecherche mit Inhaltsanalyse rele­vanter Literaturquellen aus den Bereichen Erwachsenenbildung/Weiterbildung sowie Schule durchgeführt. Das PPK wurde in acht Facetten und 29 Subfacetten unterteilt (Marx et al., 2014, S. 238). Durch Experten aus Erwachsenbildung und Schule wurden die Subfacetten hinterfragt und gegebenenfalls ergänzt. Die Ergebnisse der Inhaltsan­alyse sowie der Expertenbefragung zeigen die bildungsbereichsübergreifende Rele­vanz des PPK auf (Marx et al., 2014, S. 238). In der durchgeführten Expertenbefra­gung wurden zudem alle Subfacetten von Experten der beiden Bildungsbereiche als bildungsbereichsübergreifend relevant eingeschätzt. Die Experten aus Erwachsenen­bildung und Schule unterschieden sich signifikant nur in einer Subfacette, „Wissen über non-verbale Kommunikation“. So schätzten Experten aus der Erwachsenenbil­dung die Subfacette stärker als bildungsbereichsübergreifend relevant für eine opti­male Gestaltung von Lehr-Lernsituationen ein. Als möglichen Erklärungsversuch da­hingehend verweisen Marx et al. auf die höhere Wichtigkeit non-verbaler Kommunika­tion in den Studiengängen der Erwachsenenbildung und Weiterbildung sowie in der Praxis (Marx et al., 2014, S. 249). Die vorliegende Arbeit greift diese acht Wissensfa­cetten nach Marx et al. (2014) auf untersucht sie hinsichtlich ihrer Relevanz.

Voss et al. (2014) untersuchen in ihrer Studie, ob PPK angehender Lehrkräfte von Bedeutung für deren späteren Unterrichtserfolg ist (Voss et al., 2014, S. 184). Daten­grundlage hierfür bildete die COACTIV-R Studie, eine Studie zum Erwerb professio­neller Kompetenz von Mathematiklehramtskandidaten während ihres Vorbereitungsdienstes. Zur Bedeutung des PPK für den Unterrichtserfolg gibt es bis­her nur wenige Forschungen. Dies ist dem bestehenden Mangel an Messinstrumenten zur direkten Erfassung des PPK geschuldet. Trotz diverser Instrumente fehlen empiri­sche Studien zur Überprüfung des Zusammenhangs des erfassten Wissens zum spä­teren Unterrichtserfolg. Dies bildet den Ansatzpunkt für nachfolgend kurz beschrie­bene Studie (ebd., S. 185). In Anlehnung an die Literatur wird ein positiver Zusammen­hang erwartet. Angehende Lehrkräfte mit einem höheren PPK sollen demnach besser in der Lage sein, Unterricht qualitätsvoll und anregend zu gestalten. In der Forschungs­literatur lässt sich eine Vielzahl dieser Merkmale den Dimensionen Klassenführung, Potential zur kognitiven Aktivierung sowie konstruktive Unterstützung zuordnen (ebd., S: 186). Die Ergebnisse der Follow-up Erhebung zeigen, dass PPK substantiell und statistisch signifikant zur Vorhersage der Unterrichtsqualität aus Sicht der Schülerin­nen beiträgt. Demnach berichten Schülerinnen von Lehrkräften, welche während des Referendariats über ein höheres PPK verfügen, von weniger Störungen im Unterricht, einem besseren Monitoring der Lehrkraft und fühlen sich zudem auch besser konstruk­tiv in ihrem Lernprozess unterstützt. Die Ergebnisse der Studie zeigen: das PPK von Lehrkräften ist bedeutsam für die von Lernenden eingeschätzte Unterrichtsgestaltung. In der Studie konnte zudem aufgezeigt werden, dass der verwendete Test zur Erfas­sung von PPK aus COACTIV-R prädikativ valide ist und mit dem Unterrichtserfolg aus Schüler*innensicht zusammenhängt. Die Schülerinnen von Lehrkräften, welche hö­here Werte im PPK Test erreichten, berichten von weniger Unterrichtsunterbrechun­gen, einem besseren Monitoring der Lehrkraft sowie einer höheren konstruktiven Un­terstützung ihrer Lernprozesse (ebd., S. 192 ff.).

Bislang gehen entwickelte Konzepte zum PPK davon aus, dass dieses allgemein ist. Das heißt, nicht spezifisch für verschiedene Fächer und/oder Bildungsbereiche (Marx et al., 2017, S. 165). Der Beitrag von Marx et al. (2017) setzt hier an und gibt erste Befunde aus dem Projekt „ThinK“ wieder. Er widmet sich der Frage nach der bildungs­bereichs- und fachübergreifenden Allgemeinheit des PPK von Lehrkräften aus den Be­reichen Schule und Erwachsenenbildung (Marx et al., 2017, S. 168). Der Untersu­chung ging eine Literaturstudie voran, welche aufzeigt, dass PPK in unterschiedlichem Ausmaß explizit oder implizit bildungsbereichsübergreifend konzeptualisiert wird. In der Erwachsenenbildung geschieht dies in der Literaturzur allgemeinen Didaktik. Der Fokus wird hier, trotz des selbstformulierten Allgemeinheitsanspruchs, auf schulische Lehr-Lernprozesse gelegt. Dies ist für die pädagogische Psychologie und die empirische Lehr-Lernforschung ebenso der Fall. Die Literaturstudie zeigt auch, dass sowohl die auf Schule bezogenen Diskurse als auch die Erwachsenenbildungsliteratur von den gleichen Anforderungen an Lehrkräfte ausgehen, wenn sich die Anforderun­gen auf das unmittelbare Lehr-Lerngeschehen im Seminar- oder Klassenraum bezie­hen lassen (ebd., S. 187 ff.).

2.3 Relevanz des Forschungsgegenstands und Forschungsinteresse

Pädagogisch-psychologisches Wissen wird als eine der drei wesentlichen Komponen­ten professioneller Kompetenz Lehrender betrachtet (Hasselhorn & Gold, 2013, S. 255). Unter professioneller Kompetenz wird dabei die Bewältigung von Anforderungen verstanden, welche für Lehrpersonen grundlegend sind. Das PPK bildet zusammen mit dem fachlichen und dem fachdidaktischen Wissen eine Topologie von Wissensbe­reichen. Bei der Bewältigung berufsbezogener Anforderungen - für Lehrende steht hier besonders das Unterrichten im Vordergrund - müssen Lehrkräfte über diese Wis­sensbereiche verfügen (Shulman, 1986, Bromme, 1992, 1997 & Kunter, 2006, 2011, zitiert nach König & Seifert, 2012, S. 10). Neben den rein fachlichen Anforderungen im Berufsfeld der Lehrenden, stehen diese auch vor zentralen Anforderungen. Diese zentralen Anforderungen sind für sämtliche Fächer relativ einheitlich (zum Beispiel die Klassenführung) und das pädagogische Wissen wird für eine erfolgreiche Bewältigung dieser vorausgesetzt (König & Seifert, 2012, S. 11).

Die Forschungslage im Bereich des pädagogischen Wissens ist noch relativ jung. Dies gilt besonders für den Versuch, Facetten der allgemeinen pädagogischen Kom­petenz reliabel sowie valide zu erfassen, als auch für die Überprüfung der tatsächli­chen Bedeutung dieser Facetten für das kompetente und erfolgreiche Handeln im Be­ruf (Baumert & Kunter, 2006, S. 485). Marx et al. (2014) haben eine Unterteilung des PPK in acht Facetten (siehe Kapitel 2.1) und jeweils dazugehörige Subfacetten vorge­nommen.

Da das PPK für verschiedene Fächer und/oder Bildungsbereiche gültig ist (Marx et al., 2017, S. 167), stellt sich der Autorin die Frage, welche Relevanz die Wissensfa­cetten, aus denen sich das PPK zusammensetzt (nach Marx et al. 2014), bei unter­schiedlichen Zielgruppen besitzen. Demnach stellen die Wissensfacetten des PPK den Forschungsgegenstand für die hier vorliegende Arbeit dar. Die Autorin absolvierte ihr Praktikum während des Studiums an einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung. Dozierende dieser Einrichtung arbeiten vorrangig mit der Zielgruppe der Umschülerinnen4. Durch ihr Praktikum konnte die Autorin bereits einen tieferen Ein­blick in die Arbeit mit der Zielgruppe gewinnen und sammelte erste Erfahrungen hin­sichtlich des Umgangs mit dieser. Durch das Praktikum wurde das Interesse der Au­torin geweckt und der Zugang zum Feld war bereits gegeben.

Die Forschungsfrage baut auf den Forschungsgegenstand auf und bringt diesen in eine differenzierte Frageform (König, 2016, S. 39). Die Forschungsfrage für diese Ar­beit lautet dementsprechend: „Welche Wissensfacetten des pädagogisch-psychologi­schen Wissens sind laut Dozierenden einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung für die Zielgruppe der Umschülerinnen besonders relevant, um optimale Lehr- Lernsitu­ationen zu gestalten?“

Mit Hilfe von Arbeitshypothesen lässt sich der Forschungsgegenstand weiter konkre­tisieren und es können zudem mögliche Antworten auf die Forschungsfrage zum Aus­druck gebracht werden (König, 2016, S. 39). Erfahrungsbasiert lassen sich folgende Hypothesen aufstellen, welche es im Verlauf der weiteren Arbeit zu belegen bzw. zu falsifizieren gilt:

- Je mehr Wissen Dozierende über die Heterogenität der Lernenden (im Hinblick auf psychische Auffälligkeiten, Intelligenz, Vorwissen...) haben, desto erfolgrei­cher können sie Lehr-Lernsituationen gestalten und bei auftretenden Proble­men intervenieren.
- Die non-verbale Kommunikation spielt eine besonders wichtige Rolle.
- Dozierende von Umschulungsklassen befürworten die Anbietung von Weiterbil- dungen/Schulungen hinsichtlich Kommunikationstrainings.

Laut König (2016) geht die Zielstellung einer Forschungsarbeit mit verschiedenen Nutzen- und Bedarfstypen einher. Für die vorliegende Arbeit kann sich auf Innova­tions- und Entwicklungsbedarfe bezogen werden, wenn die Ergebnisse dieser Un­tersuchung mit den Dozierenden und/oder der Leitung der Weiterbildungseinrich­tung besprochen werden. Dadurch kann es zu einer Optimierung der Fachlichkeit sowie zur Qualitätsentwicklung der Einrichtung kommen. Dies wiederum trägt zu einer sich fortentwickelnden Professionalisierung bei, auch im Hinblick auf die Qua­lifizierung der Dozierenden (König, 2016, S. 31 ff.).

3. MethodischeVorgehensweise

Im nachfolgenden Kapitel wird das Forschungsdesign dieser Arbeit vorgestellt. Dafür wird zu Beginn die Erhebungsmethode (leitfadengestütztes Experteninterview) erklärt und der, für das Interview verwendete, Fragenkatalog dargestellt. Danach wird der Ablauf der Datenerhebung an der Weiterbildungseinrichtung erläutert. Im Anschluss wird die Auswertungsmethode dargelegt, mit welcher die erhobenen Daten nachfol­gend ausgewertet werden. Die Ergebnisdarstellung bildet den letzten Punkt dieses Kapitels und dient der Präsentation der Ergebnisse sowie der Beantwortung der For­schungsfrage und der Überprüfung der aufgestellten Hypothesen.

3.1 Forschungsdesign

Im Verlauf eines Forschungsprozesses müssen die methodischen Grundentscheidun­gen frühzeitig festgelegt werden. Das Forschungsdesign bildet die Grundlage für die weitere Vorgehensweise und muss der Fragestellung gerecht werden, damit diese ent­sprechend bearbeitet werden kann (König, 2016, S. 42).

In der vorliegenden Arbeit soll qualitativ geforscht werden. „Qualitative Forschung will das Subjektive systematisch erfahr- und erfassbar machen“ (König, 2016, S. 43). Sie ermöglicht die Darstellung sowie Analyse von Meinungen, Sichtweisen und Einstellun­gen einzelner Personen oder Gruppen (König, 2016, S. 43). Für das Forschungsvor­haben bietet sich die qualitative Forschung an, da die Relevanz der unterschiedlichen Facetten des PPK durch subjektive Meinungen der Dozierenden begründet und näher erläutert werden soll.

Mit Hilfe von Interviews ist es möglich an, oben beschriebene, Daten wie Meinungen, Einstellungen, Erlebnisse oder Wissen der zu interviewenden Personen zu gelangen (Rechberg, 2016, S. 119). In der qualitativen Forschung können verbale Daten mittels Leitfadeninterviews erfasst werden. Bei Leitfadeninterviews sind konkrete Aussagen über einen Gegenstand Ziel der Datenerhebung (Flick, 1999, S. 114). Es gilt das Prin­zip der Offenheit, gleichwohl konzentriert sich das Gespräch auf bestimmte Fragen, welche im Vorhinein festgelegt werden. Durch das Leitfadeninterview sollen individu­elle Sichtweisen der lnterviewpartner*innen in Bezug auf den zu erforschenden Ge­genstand gewonnen werden. Mit den vorab festgelegten Fragen wird ein Dialog zwi­schen Forscherin und Interviewpartnerin hergestellt, in dem der/die Inter­viewpartnerin frei und ausführlich antworten kann. Die interviewende Person hat zu­dem die Möglichkeit, bei aufkommenden Unklarheiten, gezielt Nachfragen zu stellen. Für die Gestaltung eines Leitfadens sind vier Kriterien hilfreich: „Die Nichtbeeinflus­sung der Interviewpartner, die Spezifität der Sichtweise und Situationsdefinition aus deren Sicht, die Erfassung eines breiten Spektrums der Bedeutungen des Gegenstan­des sowie die Tiefgründigkeit und den personalen Bezugsrahmen aufseiten des Inter­viewten“ (Flick, 2016, S. 114).

Das Experteninterview stellt eine besondere Form des Leitfadeninterviews dar (Ma­yer, 2009, S. 38). „Als Experte gilt jemand, der auf einem begrenzten Gebiet über ein klares und abrufbares Wissen verfügt. Seine Ansichten gründen sich auf sichere Be­hauptungen und seine Urteile sind keine bloße Raterei oder unverbindliche Annah­men“ (Meuser& Nagel, 1997, S. 484). Sie liefern Wissen übereinen bestimmten Wirk­lichkeitsausschnitt aus der spezifischen Perspektive der zu interviewenden Person. Expertinnen verfügen über Faktenwissen, welches über deren Ausbildung und die besondere Einsicht in deren Arbeit erworben wurde und Deutungswissen, welches sie über Erfahrungen innerhalb ihrer Position erworben haben (Rechberg, 2016, S. 129). Die Dozierenden des Weiterbildungsinstituts können als Experten gesehen werden, da ihre Hauptaufgabe das Unterrichten darstellt. Dementsprechend ist davon auszu­gehen, dass sie über PPK verfügen und im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn Erfahrun­gen hinsichtlich der Relevanz der einzelnen Wissensbereiche gesammelt haben.

Um das Forschungsinteresse zu operationalisieren und das Interview steuern zu kön­nen, ist die Formulierung von Leitfragen essentiell (Gläser & Laudel, 2010, S. 111). Der Leitfaden wird aus den Ergebnissen der vorbereiteten Untersuchung erstellt und setzt sich aus den wichtigsten Problemfeldern zusammen (Rechberg, 2010, S. 125). Die für das Interview vorbereiteten Fragen decken das thematisch relevante Spektrum des Interviews und dessen Forschungsgegenstand ab. Die interviewende Person kann sich an dem erstellten Leitfaden orientieren, hat aber dennoch die Möglichkeit, von der Reihenfolge der Fragen abzuweichen und nicht zwangsläufig den exakten Wortlaut der Frage wiederzugeben. In einem Leitfaden kommen in der Regel unterschiedliche Frageformen zum Einsatz. Fragen können offen oder halbstrukturiert sein. Für den Erfolg des Interviews ist es von Nöten, dass die interviewende Person an den richtigen Stellen Nachfragen stellt, weiter in die Tiefe geht und darauf achtet, dass alle für das Thema essentiellen Fragen im Verlauf des Interviews gestellt werden. Die offenen Fra­gen geben dabei den spezifischen und persönlichen Sichtweisen der zu interviewen­den Person Raum und beeinflussen diese in ihren Antworten nicht. Halbstrukturierte Fragen (auch Sondierungsfragen) hingegen regen die zu interviewenden Personen an, über Themen und Aspekte zu sprechen, über die sie spontan nichts gesagt hätten (Flick, 2016, S. 113 ff.). Es gibt verschiedene Prinzipien, welche eine gute Formulie­rung der Fragen definieren. Nach Faulbaum et al. (2009) sollten die Fragen kurz und leicht verständlich formuliert sein und keinen suggestiven Charakter aufweisen. Zu­dem sollte auf eine angemessene Sprachwahl geachtet werden, welche der Sprache des Gegenübers gerecht wird (Faulbaum, 2009, zitiert nach Rechberg, 2016, S. 135).

Die strukturelle Ebene eines Leitfadens lässt sich anhand von vier Phasen beschrei­ben. In der Einstiegssphase werden in wenigen Sätzen verschiedene Dinge geklärt. Der/die lnterviewpartner*in wird über das geplante Forschungsvorhaben, über die Anonymisierung der Daten und die ungefähre Dauer des Interviews informiert. In der anschließenden Warm-up-Phase soll der zu interviewenden Person ein angenehmer Einstieg in das Interview und eine offene sowie vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre ermöglicht werden. Die ersten Fragen sollen dabei die Redefreiheit der zu interviewen­den Person deutlich machen. In der folgenden Hauptphase werden, die zu den rele­vanten Themenkomplexen erstellen, Hauptfragen, welche sich aus den vorausgegan­genen Recherchen ergeben haben, gestellt. Die Ausklangsphase stellt den vierten Punkt dar. Die zu interviewende Person wird aufgefordert, Anmerkungen und Ergän­zungen ihrerseits hinzuzufügen. Die interviewende Person hat die Möglichkeit das In­terview zu reflektieren und den/die lnterviewpartner*in anschließend aus der Inter­viewsituation zu entlassen (ebd., S. 136 f.).

Nachdem ein Leitfaden erstellt wurde, ist es von Vorteil einen sogenannten Pretest durchzuführen. Dieser kann helfen die formulierten Fragen auf Verständlichkeit zu prü­fen, die Übersichtlichkeit des Leitfadens und die Klarheit der Anweisungen zu kontrol­lieren. Hierfür können Mitglieder der Stichprobe befragt werden, welche im Anschluss eine Rückmeldung bezüglich aufgetretener Schwierigkeiten und möglicher Verbesse­rungsvorschläge geben können. Dies kann zu einer Optimierung des Leitfadens bei­tragen (König, 2016, S. 73).

Der Fragenkatalog (Anhang 2) des für diese Arbeit verwendeten Experteninterviews setzt sich aus fünf Themenkomplexen - Wissen über Lernen und Lernende, Wissen über den Umgang mit Lerngruppen als komplexes soziales Gefüge, Wissen über me­thodisches Vorgehen, Wissen über die Gestaltung von Lernumgebungen und einem Ausblick - zusammen. Der Fragenkatalog wurde durch vorangegangen Recherchear­beiten erstellt. Bevor diese Themenkomplexe abgehandelt werden, werden im Einstieg vorerst das Forschungsinteresse, die Beschreibung des Interviewablaufs, die ungefähre Dauer offengelegt und zudem auf die vertrauliche Handhabung sowie Ano­nymisierung der Daten hingewiesen. Der Interviewleitfaden beginnt mit zwei Einstiegs­fragen (Anhang 2, Frage 1 & 2). Diese sollen der zu interviewenden Person einen angenehmen Einstieg in das Interview ermöglichen und zu deren Redefreiheit beitra­gen. Mit diesen beiden Fragen wird zudem schon zur Thematik hingelenkt. Vor allem Frage zwei zielt direkt auf die Zielgruppe der Umschülerinnen ab. Bei der Bildung der Themenkomplexe wurde sich an der Unterteilung nach Voss et al. (2015) (siehe Kapi­tel 2.1), hinsichtlich der Facetten des PPK, orientiert. Die Fragen 3 bis 16 bilden die Hauptphase des Interviews und ergeben sich aus der vorab stattgefundenen Recher­che bezüglich der jeweiligen Facetten des PPK. Die Schlüsselfragen des ersten Kom­plexes (Anhang 2, Frage 3, 4 & 5) beinhalten Fragen zum Wissen über Lernen und Lernende und behandeln die Facetten „Wissen über Lernprozesse“ (Anhang 2, Frage 3 & 4) und „Wissen über Heterogenität der Lernenden und den Umgang damit“ (An­hang 2, Frage 5). Es werden offene Fragen gestellt, welche es der zu interviewenden Person ermöglichen, eigene Meinungen und Erfahrungen bezüglich Lerntheorien, Emotionen, Motivationen und Heterogenität der Lernenden zu äußern. Frage 4 bein­haltet zudem eine Nachfrage, welche gestellt werden soll, sofern die Frage nicht aus­führlich genug beantwortet wurde. Die Fragen 6 bis 9 beziehen sich auf Wissen über den Umgang mit Lerngruppen als komplexes soziales Gefüge. Auch hier werden wie­der offene Fragen gestellt, welche die Relevanz der Facetten „Wissen über die effizi­ente Führung von Lerngruppen“ (Anhang 2, Frage 6 & 7) und „Wissen über die Inter­aktion und Kommunikation mit Lernenden“ (Anhang 2, Frage 8 & 9) untersuchen. Die Fragen 10, 11 und 12 zum Themenkomplex „Wissen über methodisches Repertoire“ untersuchen die Relevanz der Facetten „Wissen über Lehr-Lern-Methoden und -Kon­zepte“ (Anhang 2, Frage 10), „Wissen über Lernziele und deren Erreichung“ (Anhang 2, Frage 11) und „Wissen über generelle Prinzipien der Individual- und Lernprozessdi­agnostik“ (Anhang 2, Frage 12). Die Fragen 13 und 14 untersuchen die Facette „Wis­sen über die zielführende Gestaltung von Lernumgebungen, wobei sich Frage 14 auf die Gestaltung der Lernmaterialien bezieht. Frage 15 bezieht sich nochmals explizit auf die Relevanz der Wissensfacetten. So sollen die Dozierenden hier direkt Auskunft geben, welche Facetten des PPK, die im vorherigen Verlauf des Interviews bespro­chen wurden, sie als besonders relevant einschätzen würden. Frage 16 soll untersu­chen, welches Wissen die zu interviewenden Personen ihrer Meinungen nach noch benötigen, um Unterricht optimal gestalten zu können. Diese Frage soll auf den Weiterbildungsbedarf abzielen und herausfiltern, in welchen Bereichen es womöglich wichtig wäre, Schulungen für Dozierende anzubieten. Der Abschluss des Interviews stellt die oben beschrieben Ausklangphase dar und gibt der zu interviewenden Person die Möglichkeit, Ergänzungen ihrerseits hinzuzufügen.

„Mündliche Aussagen sind flüchtig und die Erinnerung an Gespräche oft lückenhaft (Dresing & Pehl, 2015, S. 17). Die aufgenommenen Gespräche müssen in einem Tran­skript verschriftlicht werden, um sie für die anschließende Analyse zugänglich zu ma­chen. Bei der Erstellung von einfachen Transkripten liegt der Fokus vor allem auf guter Lesbarkeit und auf dem Inhalt des Gesprächs. Zudem ermöglichen sie einen schnellen Zugang zum Gesprächsinhalt (Dresing & Pehl, 2015, S. 17 ff.). Für das vorliegende Material werden Minimaltranskripte, welche den Regeln (Anhang 1) der gesprächs­analytischen Transkription 2 (Selting et al., 2009, S. 364 ff.) folgen, erstellt.

Um die bei der Datenerhebung gewonnenen Informationen interpretieren und bewer­ten zu können, müssen diese entsprechend geordnet und zusammengefasst werden (König, 2016, S. 79). Bei qualitativen Analysen werden die vorliegenden Aufzeichnun­gen in ihrer Aussagekraft und ihrem Informationsgehalt konzentriert und es erfolgt eine Reduktion auf das Wesentliche. Qualitative Analysen haben den entscheidenden Vor­teil, dass sie flexibel und fehlerfreundlich sind (ebd., S. 80). Die Auswertungsmethode für die vorliegende Arbeit stellt die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2002) dar. Mit Hilfe dieser Analyse können die Texte systematisch analysiert und das Material mit Hilfe entwickelter Kategoriensysteme bearbeitet werden (Mayring, 2002, S. 114).

Die Inhaltsanalyse sieht nicht immer gleich aus, vielmehr muss sie an das vorlie­gende Material angepasst und auf die vorliegende Fragestellung hin erstellt werden. Dies wird in einem vorab erstellten Ablaufmodell festgelegt. Ablaufmodelle definieren die einzelnen Analyseschritte und legen deren Reihenfolge fest (Mayring, 2015, S. 50 f.). Zu den Gütekriterien der qualitativen Inhaltsanalyse zählen Nachvollziehbarkeit, Triangulation und Reliabilität. Durch die Anwendung des Ablaufmodells wird die Nach­vollziehbarkeit des Verfahrens gewährleistet. Triangulation bedeutet, dass die ausge­werteten Ergebnisse mit denen anderer Studien vergleichbar sein sollen. Nach der Erstellung des Kategoriensystems sollen mehrere Kodierende, unabhängig voneinan­der, diverse Textstellen in das Kategoriensystem einordnen können. Dies wird als Re­liabilität bezeichnet (Mayring, 2000, zitiert nach Ramsenthaler, 2013, S. 25). Be­stimmte Strukturen und Aspekte sollen aus dem Material herausgefiltert werden. Die Erstellung eines Kategoriensystems, in welches jede Textstelle eingeordnet werden soll, stellt das Herzstück der Analyse dar. Durch das Kategoriensystem wird die Struk­tur des Materials fassbar gemacht. Dies erfolgt durch die Definition von Kategorien, Ankerbeispielen und Kodierregeln. Ankerbeispiele definieren konkrete Textstellen, welche prototypisch jeweils eine Kategorie beschreiben. Kodierregeln helfen dabei, Textstellen eindeutig zuzuordnen (Mayring, 2007, zitiert nach Ramsenthaler, 2013, S. 31). Es gibt drei verschiedene Verfahrensweisen, welche bei der Analyse des Materi­als Verwendung finden: Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung. Diese müssen an das jeweilige Material angepasst werden (Mayring, 2015, S. 52). Die oben beschriebene Variante definiert die Strukturierung und wird für die Analyse des für diese Arbeit vorliegenden Materials angewendet. Kategorien können sowohl deduktive als auch induktive Eigenschaften beinhalten. Werden die Kategorien logisch aus der vorangegangenen Literaturrecherche hergleitet, so sind sie deduktiv. Induktive Kate­gorien hingegen werden direkt aus dem Textmaterial gewonnen (Mayring, 2007, zitiert nach Ramsenthaler, 2013, S. 25). Da sich das PPK aus acht großen Wissensfacetten zusammensetzt, bietet sich die deduktive Kategorienbildung an. Das vorabgebildete Kategoriensystem wird anschließend top-down am Material angewendet (Ramsentha­ler, 2013, S. 29 f.).

[...]


1 Lernmotivation

2 Intelligenz ist als kontinuierliches Merkmal zu verstehen, welches in der Bevölkerung normalverteilt ist. Ver­schiedene Menschen verfügen jeweils über eine unterschiedlich hohe Intelligenz. Die Mehrheit weist dabei eine durchschnittlich ausgeprägte Intelligenz auf. Es gibt kleinere Bevölkerungsgruppen, welche eine besonders ge­ringe oder hohe Intelligenz besitzen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2016, zitiert nach Vock & Grono­staj, 2017, S. 37).

3 Weiterführende Literatur zu weiteren Methoden: „Kleines Methoden-Lexikon" von Peterßen, W. (2008) und „Taxonomie von Unterrichtsmethoden"von Baumgartner, P. (2011)

4 Umschulungen zählen zur Kategorie der formalen Lernkontexte (Schiersmann, 2007, S. 41) und bezeichnen einen Bildungsprozess, welcher zur Ausübung einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen soll (Schmidt, 1990, S. 17).

Fin de l'extrait de 160 pages

Résumé des informations

Titre
Pädagogisch-psychologisches Wissen von Lehrenden. Relevanz der Wissensfacetten bei Umschulungsklassen einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung
Université
Technical University of Chemnitz  (Professur Erwachsenenbildung/Weiterbildung)
Note
2,0
Année
2020
Pages
160
N° de catalogue
V981185
ISBN (ebook)
9783346337818
ISBN (Livre)
9783346337825
Langue
allemand
Mots clés
Pädagogik, Pädagogisch-psychologisches Wissen, Lehrende, Erwachsenenbildung, Weiterbildung
Citation du texte
Anonyme, 2020, Pädagogisch-psychologisches Wissen von Lehrenden. Relevanz der Wissensfacetten bei Umschulungsklassen einer sächsischen Weiterbildungseinrichtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/981185

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