Schnittstellen zwischen Neo-Konservatismus und völkischem Nationalismus


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 1998

12 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärung
2.1. Neo-Konservatismus
2.2. Völkischer Nationalismus

3. Die ,,Neuen Rechten" als neuer Weg
3.1. Historische Ursprünge
3.2. Ideologische Grundlagen
3.3. Organisationsstrukturen und Vorgehensweisen
3.4. Ziele der ,,Neuen Rechten“
3.5. Unterschiede innerhalb der ,,Neuen Rechten“

4. Die ,,Neue Rechte" als Schnittstelle
4.1. ,,Scharnierfunktion" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus
4.2. ,,Brückenfunktion" zur linken-alternativen Szene

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

,,Gleichheit kommt in der Natur nicht vor. Jeder Mensch ist mit unterschiedlichen Anlagen und Begabungen ausgestattet. [...] Die Existenz des Menschen ist ohne Gemeinschaft undenkbar. Die natürlichen Formen der Gemeinschaft sind Familie und Nation."1

Gibt es eine Annäherung zwischen dem stigmatisierten, rechtsextremen und dem etablierten, konservativen Lager?

Innerhalb dieser Fragestellung soll untersucht werden, wie diese Annäherung, soweit sie existiert, aussieht. Ist sie ein einseitiges Phänomen oder sind beide Seiten daran beteiligt? Außerdem soll geprüft werden, ob es eine gegenseitige Einflußnahme gibt und wie diese in Erscheinung tritt, obwohl z.B. die Konservativen sogar einen indirekten Einfluß auf ihre Positionen von Seiten der Rechten in Abrede stellen.

Eine zentrale Rolle in diesem Themenbereich spielt dabei die sogenannte ,,Neue Rechte", welche seit etwa zwei Jahrzehnten in der politischen Diskussion auftaucht.

Da sie in Bezug auf die Fragestellung ein wesentlicher Bereich ist, wird das Hauptaugenmerk dieses Textes auf diesem Thema liegen. Dabei soll auf die Ideologie und ihre ideologischen Bezugsquellen, die Organisationsstrukturen und die Zielsetzung der ,,Neuen Rechten" eingegangen werden. Desweiteren soll versucht werden, ihre daraus resultierende Rolle für die rechte und die konservative Szene herauszuarbeiten.

2. Begriffsklärung

Um das Thema untersuchen zu können, soll in diesem Abschnitt versucht werden, eine Definition der Begriffe ,,Neo-Konservatismus" und ,,Völkischer Nationalismus" zu finden.

2.1. Der ,,Neo-Konservatismus"

Der ,,Neo-Konservatismus" ist als ein Teil des Konservatismus zu verstehen. So steht er in Bezug auf die Bewahrung der etablierten Werteordnung und der gesellschaftlichen Verhältnisse dem traditionellen Konservatismus sehr nahe. Er stellt das Individuum als Teil einer gegebenen Gemeinschaft dar, in der es verwurzelt ist und in die es sich einordnen muß. Allerdings betont er jedoch stärker, daß diese Gemeinschaft durch einen starken, autoritären Staat verkörpert und geschützt werden soll.2 Die hieraus resultierende Bildung von sozialen Hierarchien, insbesondere von Eliten, wird auf Grund der natürlichen Ungleichheit der Menschen als legitim betrachtet.3

Der bedeutendste Unterschied zum Konservatismus liegt in der Übernahme von liberalen Positionen in wirtschaftlich-ökonomischen Bereichen.

So genießt das Individuum im wirtschaftlichen Bereich relative Autonomie, was allerdings auch diesbezügliche Selbstverantwortung beinhaltet, wogegen es sich im kulturellen Bereich der Gemeinschaft unterzuordnen hat.4 Dies führt zu einer Einschränkung der individuellen Freiheit.

Grundsätzlich besteht bei allen Ausprägungen des Konservatismus das Problem einer eindeutigen Bestimmung der Inhalte, da sein Auftreten jeweils von seinen politischen Gegnern und deren Inhalten bestimmt wird.5

2.2. Der ,,Völkische Nationalismus"

Der ,,Völkische Nationalismus" ist als eine Weltanschauung anzusehen, welche im 19.Jahrhundert ihren Ursprung hat. Sie richtet sich vor allem gegen die Ideale der französischen Revolution von 1789 und den mit ihr einhergehenden Werten. Besonders gegen die sich bildende Idee der individuellen Freiheit, sowie dem bürgerlich-liberalen Verständnis von Nation.6

Dementgegen setzt der ,,Völkische Nationalismus" den absoluten Begriff der Volksgemeinschaft, die naturgegeben ist und auf Abstammung basiert.7

Weitere wesentliche Gesichtspunkte in dieser Ideologie sind die natürliche Ungleichheit von Menschen, sowie auch eine unterschiedliche Wertigkeit von ethnischen Gruppen. Diese Gruppen werden als eine Gefahr für die Volksgemeinschaft angesehen. Deswegen ist es erforderlich, daß sich die Nation vor äußeren und inneren Feinden schützt, was die Begründung für die Notwenigkeit eines starken, autoritären Staates liefert. Diese ,,Feinde" werden in die Rolle eines Sündenbocks gedrängt, was von der Ideologie der ,,Neuen Rechten" auf zwei Weisen ausgenutzt wird. Zum einen können gesellschaftliche Probleme auf sie abgewälzt werden, zum anderen liefert es eine Begründung zur ,,Reinhaltung der Rasse".

Aus dem Eindruck der ständigen Bedrohung der Volksgemeinschaft ergibt sich auch die Notwendigkeit der Einbindung des Individuums in oder sogar die Unterordnung unter die absolut gesetzte Nation. Aus der angenommenen Ungleichheit der Menschen resultiert außerdem die Legitimität der Bildung von Eliten und/oder Führern.8

Die gesamte Weltanschauung des ,,Völkischen Nationalismus", welche fundamentalistisch religiöse Züge trägt, bemüht sich darum einen sinngebenden Charakter zu besitzen.9 Sie ist damit als eine Art von Heilslehre anzusehen.10 Die Vorgehensweise, mit der auf dieses Ziel hingearbeitet wird, ist jedoch nicht einheitlich, sondern orientiert sich an den jeweiligen, aktuellen Gegebenheiten. Deshalb ergeben sich unterschiedliche Optionen in der Vorgehensweise (Straße, Parlamente und Kultur), welche jedoch alle das gemeinsame, ideologische Ziel verfolgen.11

Abschließend läßt sich die Ideologie des ,,Völkischen Nationalismus" auf die These: ,,Völkischer Nationalismus = Nationalismus + Rassismus" reduzieren.12

Innerhalb dieses Textes wird der ,,Völkische Nationalismus" als aktuelle Ausprägung des Rechtsextremismus verstanden.

3. Die ,,Neue Rechte" als neuer Weg

Um die Schnittstelle zwischen ,,Neo-Konservatismus" und ,,Völkischem Nationalismus" zu untersuchen, muß man den politischen und gesellschaftlichen Bereich zwischen diesen beiden Lagern betrachten. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies der ,,rechte" Bereich des etablierten Konservatismus und der modernere, nicht neonazistische Bereich des Rechtsextremismus.13

Die Gruppierung der sogenannten ,,Neuen Rechten", welche sich vor etwa drei Jahrzehnten zu entwickeln begann, spielt in dieser Materie eine wesentliche Rolle.14 Darum behandelt dieser Abschnitt die wesentlichen Aspekte der ,,Neuen Rechten".

3.1. Historische Ursprünge

Die ,,Neuen Rechten" sind aus dem stigmatisierten, rechtsextremen Lager hervorgegangen. Bei ihnen handelt es sich um eine jüngere Generation, welche ein anderes Konzept verfolgt, da der direkte Bezug der ,,Ewig Gestrigen" auf die NS-Zeit eine gesellschaftliche Akzeptanz unmöglich macht.15

Ihr wichtigster historischer Bezugspunkt und ideologisches Vorbild ist deshalb nicht das ,,3.Reich", sondern die ,,Konservative Revolution" in der Weimarer Republik.16 Diese Bewegung richtete sich gegen die bürgerlich-liberalen Werte der französischen Revolution und deren Einfluß auf die Verfassung der Weimarer Republik.

Die Idee der ,,Konservativen Revolution" verfolgte das Ziel einer revolutionären Ablösung des bestehenden liberalen Systems. An dessen Stelle sollte die naturgegebene Ordnung einer von Eliten geführten Volksgemeinschaft gesetzt werden. Wesentlich war dabei die Ablehnung eines parlamentarischen Pluralismus und dessen Ersetzung durch einen starken, autoritären Staat.

Die Positionen der ,,Neuen Rechten" stimmen weitgehend mit diesen Vorstellungen überein.17

Eine Art Mentorfunktion für die ,,Neue Rechte" in Deutschland hat die französische ,,Nouvelle Droite" gehabt, welche insbesondere durch Alain de Benoist verkörpert wird. Ihr wichtigstes Organ war die 1969 gegründete G.R.E.C.E. (Groupement de recherche et d'etudes sur la civilisation europèenne).18 Nach diesem Vorbild wurde 1980 in Kassel das ,,ThuleSeminar" gegründet, welches den Anspruch eines elitären Denkzirkels hat und sehr eng mit der ,,Nouvelle Droite" zusammenarbeitet.19

3.2. Ideologische Grundlagen

Grundlegend ist bei den ,,Neuen Rechten" eine generelle Ablehnung der drei wesentlichen, ,,gleichmacherischen" Ideologien: Liberalismus, Marxismus und Christentum.20 Jedoch liegt der Schwerpunkt heute auf der anti-liberalen Haltung, da Marxismus und Christentum in der momentanen Diskussion eine eher untergeordnete Rolle spielen. Daher leitet sich auch die starke ,,anti-amerikanisch-westliche" Haltung ab, welche durch den Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus noch verstärkt wurde.21

Die ,,Neue Rechte" richtet sich unter dem Begriff des ,,Befreiungsnationalismus" gegen die ,,negative" Beeinflussung Deutschlands durch die Vereinigten Staaten sowie die Einbindung in supranationale Organisationen (EU, NATO, etc.) und dem damit angeblich verbundenen Verlust von kultureller und nationaler Identität.22

Aus der Sicht der ,,Neuen Rechten" sieht der Liberalismus ein Volk als bloße Summe von Individuen, als Bevölkerung.23 In der Ideologie der ,,Neuen Rechten" ist der Begriff Volk bzw. Volksgemeinschaft ein um jeden Preis zu erhaltender Wert. Diese Gemeinschaft ist organisch verwurzelt und naturgegeben, so daß man in sie nicht integriert, sondern nur hineingeboren werden kann.

Zwischen den verschiedenen Nationen gibt es nach Ansicht der ,,Neuen Rechten" wesentliche Ungleichheiten, weswegen es nicht zu einer Vermischung von ,,Rassen" kommen darf, da hierdurch nationale wie kulturelle Identitäten verloren gehen würden.24 Desweiteren sehen die ,,Neuen Rechten" den Fortbestand des deutschen Volkes durch den Geburtenrückgang bei der deutschen ,,Ethnie" und den Zuzug von Ausländern gefährdet.25 Zur Untermauerung ihrer Positionen dienen den ,,Neuen Rechten" die äußerst umstrittenen und stark selektierten wissenschaftlichen Ergebnisse aus den Bereichen der Psychologie, Verhaltensforschung und Soziobiologie. So wird zum Beispiel von Irenäus Eibl-Eibesfeld dem Menschen ein angeborener Aggressions- und Dominanztrieb unterstellt und die Ablehnung alles Fremden zu einer anthropologischen Konstante erklärt. Andere renommierte Wissenschaftler stellen mittels ihrer Forschungen eine angeblich bestehende genetische Ungleichheit von Menschen und ,,Rassen" dar.26

In der Ideologie der ,,Neuen Rechten" erhalten Begriffe wie Freiheit und Menschenrecht einen vollkommen neuen Inhalt.

So wird Freiheit nicht mehr als Recht auf persönliche Entfaltung gesehen, sondern als Einbindung in ein festes System, welches nicht hinterfragt werden darf.27 Die Menschenrechte, wie auch die Würde des Menschen, werden nicht mehr als unveräußerliches Recht eines jeden angesehen, sondern müssen erst durch die Unterordnung unter eine Nation erworben werden. Es wird dabei sogar von einem ,,Mythos der Menschenrechte gesprochen.28

3.3. Organisationsstrukturen und Vorgehensweisen

Die ,,Neue Rechte" verfolgt mit ihrer Vorgehensweise mehrere Ziele. Zum einen soll auf die Entwicklung der bestehenden rechten Szene, insbesondere die der rechten Parteien, Einfluß genommen werden und zum anderen soll die öffentliche Meinung beeinflußt werden.29 Um weitgehend frei und in möglichst vielen gesellschaftlichen Bereichen wirken zu können, haben sich die ,,Neuen Rechten" eher nicht parteilich organisiert.30

Wesentlich bei ihrer Vorgehensweise ist das Erreichen der ,,Kulturellen Hegemonie", welche die Voraussetzung für das Erringen der politischen Macht ist. Dies beinhaltet eine ,,Kulturrevolution von rechts", die zentrale Begriffe in ihrem Sinne umdeuten und die gesamte Gesellschaft nach rechts verschieben soll.31

Um dieses Ziel zu erreichen versuchen die ,,Neuen Rechten" das stigmatisierte, rechte Lager zu enttabuisieren. Ein Schritt dorthin ist die Erosion der Grenzen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus.32 Außerdem treten die ,,Neuen Rechten" qualitativ anders, ,,imageverbessert" auf. Sie sind auf den ersten Blick nicht als Rechte zu erkennen, da sie nicht, wie die Rechten bisher, mit platten Parolen, Glatzen, Baseballschlägern, Springerstiefeln und ewig gestrigen Phrasen, sondern intellektueller und seriöser auftreten.33

Lange Zeit gab es für rechte Autoren keinerlei öffentliche Foren um ihre Meinung darzulegen, weswegen rechte Denkzirkel und Publikationsorgane geschaffen wurden. Diesbezüglich ist zum Beispiel die Zeitung ,,Junge Freiheit" zu erwähnen, welche inzwischen wöchentlich erscheint und eine beachtliche Auflagenstärke erreicht hat.

Die ,,Junge Freiheit" bietet rechten und konservativen Autoren ein gemeinsames Forum, was ein Indiz für die Verwischung von Grenzen zwischen stigmatisierten und etablierten Lagern ist. Ein weiterer Gesichtspunkt hierbei ist, daß die ,,Junge Freiheit" von der Seriosität der bei ihr publizierenden, konservativen Autoren profitiert.34

Eine weitere Methode der Enttabuisierung des rechten Lagers ist der Versuch des Geschichtsrevisionismus. So soll die NS-Zeit entkriminalisiert und aus dem Bewußtsein der Menschen entfernt werden. Dies soll durch eine Relativierung der Verbrechen des ,,3.Reiches" und eine vehemente Kritik an der Vergangenheitsbewältigung innerhalb der Bundesrepublik erreicht werden. Aus ihrer Sicht hat diese nämlich nur die Funktion dem ,,Deutschen Volk" eine moralische Schuld anzulasten, die dazu mißbraucht wird es politisch zu unterdrücken.

Zudem dient dies den ,,Neuen Rechten" als Begründung ihrer ,,anti-amerikanisch-westlichen" Haltung. Die moralische Schuld soll aus Sicht der Rechten auch beseitigt werden, um die Abwertung der ,,nationalen Identität" und den daraus resultierenden ,,Selbstmord des Deutschen Volkes" zu beenden.35 Allerdings argumentieren sie in diesem Themenbereich eher vorsichtig, um nicht zum rechtsextremen Lager dazugezählt zu werden.36

Der wesentliche Ansatzpunkt bei der Vorgehensweise der ,,Neuen Rechten" ist das Ausnutzen der derzeitigen Probleme innerhalb des bestehenden Systems. Diese werden dazu benutzt das System zu kritisieren und weitergehend zu beweisen, daß es sozusagen ,,tot". ist. Damit hätten sich auch Werte wie Individualismus, Feminismus, Liberalismus, Pazifismus, Humanismus, etc., welche jeweils zum Teil Grundwerte des Liberalismus, Marxismus und Christentums sind, überholt.37

Dadurch bietet sich der ,,Neuen Rechten" die Möglichkeit ihre Wertevorstellungen, wie Volksgemeinschaft, nationale und kulturelle Identität, die Unterordnung des Individuums unter eine Gemeinschaft, etc., als einzig richtige herauszustellen. Sie stellen sich damit als eine Art von Retter aus der Krise dar.38

3.4. Ziele der ,,Neuen Rechten"

Das wesentliche Ziel der ,,Neuen Rechten" ist die Errichtung eines national-homogenen Staates, in welchem sich das Individuum nur als Teil der Volksgemeinschaft versteht. Denn nach ihrer Ideologie ist die Existenz des einzelnen Menschen nur innerhalb einer organisch gegebenen Gemeinschaft möglich. Da aber eine Ungleichheit zwischen den verschiedenen Völkern besteht, darf es nicht zu einer Vermischung kommen, da diese die Gemeinschaft schwächen würde.

Außerdem muß die Nation Eliten besitzen und von diesen geführt werden, um sich vor inneren und äußeren Feinden zu schützen. Vor allem wenn es zu einem Ernstfall kommt, muß sich die Nation als wehrhaft erweisen.39

Ein Ziel der ,,Neuen Rechten" ist die Ablösung der Ideen von 1789, der allgemeinen Gültigkeit von unveräußerlichen Menschenrechten und den Idealen der `68er-Bewegung.40

Ein weiteres Ziel, zumindest eines Teils der ,,Neuen Rechten", ist die territoriale Korrektur der Grenzen Deutschlands.41 Dies ist Ausdruck eines Großmachtstrebens, welches sich auch in einer Vormachtstellung Deutschlands innerhalb Europas zeigen soll.

3.5. Unterschiede innerhalb der ,,Neuen Rechten"

Die sogenannten ,,Neuen Rechten" sind keinesfalls als homogene Gruppe zu betrachten, sondern werden in der Literatur grob in vier Strömungen unterteilt, die jedoch nicht klar voneinander abzugrenzen sind:

- Die ,,konservativ-revolutionäre" Strömung, die ihre Herkunft im konservativen Spektrum hat, wirkt vor allem auch auf das konservative Lager zurück. Hierbei sind insbesondere die Unionsparteien, die Vertriebenenverbände und die Burschenschaften zu erwähnen. Einer ihrer wichtigsten Vertreter ist Armin Mohler.
- Die ,,nationalrevolutionäre" Strömung, die sich vornehmlich am linken-alternativen Spektrum orientiert, verfolgt eine sogenannte ,,Querfrontstrategie". So orientiert sie sich auch in ihrem Sprachgebrauch an der linken Szene und inhaltlich an sozialen Fragen.
- Die ,,neovölkische" Strömung, die in Deutschland vor allem durch das ,,Thule- Seminar" repräsentiert wird, ist organisatorisch und inhaltlich stark an die ,,Nouvelle Droite" angelehnt.
- Die ,,wertkonservative" Strömung, die mit dem Beginn der Ökologiebewegung entstanden ist, wirkte im konservativen Flügel der Grünen und später vorwiegend in der Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP).42

Zwar ist sich die ,,Neue Rechte" in der Ablehnung des Multikulturalismus, wie er im allgemeinen in unserer Gesellschaft verstanden wird, einig, aber in der Frage, welche Rolle eine deutsche Nation in der Zukunft haben soll, bestehen Unterschiede.

Eine Vorstellung beruht auf der Annahme der Verschiedenartig-, aber auch Gleichwertigkeit der Völker. Damit sich die verschiedenen Kulturen der einzelnen Völker nicht vermischen, was in der Ideologie der ,,Neuen Rechten" eine Schwächung oder sogar Zerstörung der Völker bedeuten würde, muß, um den Erhalt der einzelnen Völker zu sichern, eine strikte Trennung gewährleistet sein.43

In dieser Idee des sogenannten ,,Ethno-Pluralismus" wird von einer gleichberechtigten Existenz Deutschlands neben allen anderen Völkern ausgegangen. So hat seit den `80er Jahren innerhalb der Diskussion eine Verschiebung weg von biologischen hin zu kulturellen Unterschiedsbegründungen stattgefunden.44

Eine andere Vorstellung setzt eher auf die Verschiedenwertigkeit der Völker, die kulturell und biologisch begründet wird. Deutschland wird dabei als überlegene Nation angesehen, welche die führende Rolle innerhalb Europas einnehmen soll. Über die genaue Ausprägung dieser führenden Rolle existieren allerdings verschiedene Ansichten. So zum Beispiel die einer Vermittlerrolle zwischen Ost und West, die einer ,,Großdeutschen Macht" in Europa oder die einer ,,supranationalen Ökogemeinschaft" mit Deutschland als Führer.45

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der ,,Neuen Rechten" Deutschlands und der französischen ,,Nouvelle Droite", an welche das ,,Thule-Seminar" stark angelehnt ist, ist die unterschiedliche Bewertung, sogar bis hin zur Ablehnung, von ,,Anti-Christentum" bzw. ,,neuheidnischem Germanenkult". Während die ,,Nouvelle Droite" das Christentum vehement ablehnt und es durch einen Germanenkult ersetzen will, existiert auf Seiten der deutschen ,,Neuen Rechten" eher die Bevorzugung eines katholischen Fundamentalismus.46

Ein weiterer Unterschied, der trotz der anti-marxistischen Grundeinstellung innerhalb der ,,Neuen Rechten" besteht, ist die Tatsache, daß von einigen ihrer Vertreter eine stärkere sozialistische Gewichtung gefordert wird.47

4. Die ,,Neue Rechte" als Schnittstelle

In der Literatur wird der ,,Neuen Rechten" einerseits eine ,,Scharnier-" andererseits eine ,,Brückenfunktion" zugeschrieben. Innerhalb dieses Abschnitts soll herausgestellt werden, inwieweit dies zutrifft und auf welche Weise es sich darstellt.

4.1. ,,Scharnierfunktion" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus

Ob die ,,Neue Rechte" eine ,,Scharnierfunktion" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus einnimmt, wird in der Literatur nicht eindeutig geklärt.

W. Gessenharter spricht von einer ,,Scharnierfunktion", wogegen A. Pfahl-Traughber der ,,Neuen Rechten" diese Funktion abspricht und sie als ,,Brückenspektrum" bezeichnet.

W. Gessenharter begründet den Unterschied zwischen seiner eigenen Position und der von A. Pfahl-Traughber mit dem unterschiedlichen Ansatz der Betrachtungsweise. Während A. Pfahl-Traughber die ,,Neue Rechte" nur als eine Facette des Rechtsextremismus sieht, betrachtet W. Gessenharter sie als eigenständiges Phänomen. Aus A. Pfahl-Traughbers verfassungsschutzlichem Standpunkt resultiert eine eher auf die Ideologie ausgerichtete Sichtweise, die dazu führt, die ,,Neue Rechte" nur als Teil des Rechtsextremismus zu betrachten. So ,,konstruiert" er zwei deutlich voneinander getrennte Lager, zwischen denen jedoch ein ,,Brückenspektrum" existiert.48

W. Gessenharter sieht im Gegensatz dazu die ,,Neue Rechte" als eigenständigen Bereich, welchen er als ,,Scharnier" bezeichnet. Dies erlaubt ihm wesentlichen, diesen Bereich betreffende, Fragestellungen nachzugehen.49 Er benutzt den Begriff ,,Scharnier" um zu verdeutlichen, daß die ,,Neue Rechte" etwas eigenständiges mit verbindendem Charakter ist. Das Ziel der ,,Neuen Rechten" in diesem Kontext ist es, das konservative Lager bzw. die politische Mitte nach rechts zu verschieben, das stigmatisierte, rechtsextreme Lager zu enttabuisieren und die bestehenden, klaren Grenzen zu verwischen.

4.2. ,,Brückenfunktion" zur linken-alternativen Szene

Die ,,Neue Rechte" bemüht sich nicht nur um den konservativen, sondern auch um den linken, alternativen, ökologischen Bereich. Sie verfolgt eine Strategie, die möglichst viele Ansatzpunkte für neurechte Ideen innerhalb der gesamten Gesellschaft schaffen soll.50 Dabei wird vor allem auf das gemeinsame Feindbild von ,,Neuer Rechter" und Sozialisten verwiesen, welches zum Beispiel Kapitalismus, Imperialismus, Globalisierung, etc. beinhaltet. Die Absicht dabei ist, die Argumentation innerhalb linker Kreise zu ,,nationalisieren".51

Auch existieren gemeinsame Ansatzpunkte der ,,Neuen Rechten" mit der ökologischen Szene. Hieraus resultieren personelle Verbindungen in diesem gesellschaftlichen Bereich, welche vor allem gegen Ende der `70er und Anfang der `80er Jahre Bestand hatten.52

5. Fazit

Unserer Meinung nach existiert eine Schnittstelle zwischen ,,Neo-Konservatismus" und ,,Völkischem Nationalismus". Diese Grauzone wird von der Bewegung der sogenannten ,,Neuen Rechten" ausgefüllt.

W. Gessenharter spricht dieser eine ,,Scharnierfunktion" zu. Sein Vergleich ist unserer Auffassung nach aber nicht ganz zutreffend. So handelt es sich bei der ,,Neuen Rechten" sicherlich um ein neues Phänomen, da besonders in Auftreten, Organisationsstruktur und Vorgehensweise qualitative Unterschiede zur ,,Alten Rechten" bestehen. Allerdings berücksichtigt W. Gessenharters Begriff ,,Scharnier" kaum, daß sich die Ideologie der ,,Neuen Rechten" nur unwesentlich von der des stigmatisierten Rechtsextremismus in Deutschland unterscheidet.

Auch haben die ,,Neuen Rechten" keine wirklichen Lösungsansätze oder Konzepte, sondern nur ein intellektuell verpacktes ,,Fremde raus!" und das Allheilmittel der nationalen und kulturellen Identität.

Überspitzt formuliert handelt es sich bei der Ideologie der ,,Neuen Rechten" um die ,,alten Ideen" in ,,neuer Verpackung", welches zum Ziel hat die gesellschaftliche Mitte nach rechts zu verschieben.

Daher wäre ein eventuell passenderer Begriff, für die Funktion der ,,Neuen Rechten" innerhalb der Gesellschaft, der einer ,,Angelrute", da dieser mehr ihre ideologische Verwurzelung in der rechtsextremen Szene und ihr Ziel der kulturellen Hegemonie (,,Das Heranziehen der Gesellschaft nach rechts") berücksichtigt. Allerdings können sich auch bei diesem Begriff Zuordnungsprobleme ergeben.

Für die Gesellschaft geht unserer Meinung nach von der ,,Neuen Rechten" eine latente Gefahr aus, da sie auf dem ersten Blick nicht als rechtsextremistisch zu erkennen ist. Um diesem zu begegnen, bedarf es einer fundierten, ernsthaften und offenen Auseinandersetzung mit der ,,Neuen Rechten", sowie auch mit der gesamten, rechten Szene.

Die jetzige Form des Umgangs eines Großteils der Politiker, insbesondere aus Reihen der Unionsparteien, mit dem rechtsextremen Lager beruht derzeit hauptsächlich auf dem Totschweigen des Problems und dem grundsätzlichen Fehler der Übernahme von rechten Positionen und angeblich problematischen Themenbereichen.

Daß diese, unserer Meinung nach falsche, Methode der Auseinandersetzung negative Folgen hat, wird am Beispiel der hessischen Kommunalwahl 1989 deutlich. Dort führte eine verstärkte Konzentration der CDU auf rechts-nationale Themen nicht zu einer Ab-, sondern Zunahme der Stimmen für die NPD.53

Wenn Politiker, wie zum Beispiel heute schon besonders in der CSU, rechte Positionen übernehmen, um so rechtsextremen Parteien Wähler abzunehmen, kann dies Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Die gesellschaftliche Mitte kann sich nach rechts verschieben, was den Bemühungen der ,,Neuen Rechten" direkt in die Hände spielt.

Zwar haben sich nicht unbeträchtliche Teile der Gesellschaft in ihren Ansichten nach rechts verschoben, jedoch ist diese Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten, daß sie nicht mehr rückgängig gemacht oder der Einfluß des rechten Lagers zurückgedrängt werden könnte.

Die wirksamste Bekämpfungsmethode der rechten Szene allgemein ist die Lösung der bestehenden gesellschaftlichen Probleme und endlich eine vernünftige Auseinandersetzung mit den alten wie auch den neuen Rechten.

6. Literaturverzeichnis

Gessenharter, Wolfgang: ,,Die intellektuelle Neue Rechte und die neue radikale Rechte in Deutschland": in Aus Politik und Zeitgeschichte B 9-10/98, o.O., 20.02.1998

Gress, Franz: ,,Die Neue Rechte", Wissenschaftsmagazin der J. W. Goethe-Universität, Frankfurt a. M.,1/1993

Kellershohn, Helmut (Hrsg.): ,,Das Plagiat. Der völkische Nationalismus der Jungen Freiheit", Duisburg, 1994

Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.): ,,Die Intellektualisierung der `Neuen Rechten': Die `Junge Freiheit'", Berlin, 1994

Schönekäs, Klaus: ,,Bundesrepublik Deutschland", in Franz Gress/Hans-Gerd Jaschke/Klaus Schönekäs: ,,Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa", Opladen, 1990

Weber, Iris: ,,Nation, Staat und Elite. Die Ideologie der Neuen Rechten", Köln, 1997

[...]


1 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat. Der Völkische Nationalismus der Jungen Freiheit, Duisburg, 1994, S. 20.

2 W. Gessenharter, Die intellektuelle Neue Rechte und die neue radikale Rechte in Deutschland: in Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. 9-10/98, o.O., 1998, S. 20.

3 I. Weber, Nation, Staat und Elite. Die Ideologie der Neuen Rechte, Köln, 1997, S. 93.

4 Ebd., S. 94.

5 Ebd., S. 93.

6 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat, a.a.O., S. 24.

7 Ebd., S. 27.

8 Ebd., S. 27f.

9 Ebd., S. 24.

10 Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.), Die Intellektualisierung der ,,Neuen Rechten" - Die ,,Junge Freiheit"-, Berlin, 1994, S. 44.

11 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat., a.a.O., S. 30ff.

12 Ebd., S. 24.

13 Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.), Die Intellektualisierung der ,,Neuen Rechten", a.a.O., S. 13f.

14 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 10.

15 F. Gress, Die Neue Rechte, in Wissenschaftsmagazin der J. W. Goethe-Universität, Bd. 1/93, Frankfurt a. M., 1993, S. 14f.

16 W. Gessenharter, Die intellektuelle Neue Rechte, a.a.O., S. 20 und F. Gress, Die Neue Rechte, a.a.O., S. 13f.

17 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 18f.

18 Ebd., S. 31.

19 Ebd., S. 35f.

20 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 32f.

21 F. Gress, Die Neue Rechte, a.a.O., S. 20.

22 Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.), Die Intellektualisierung der ,,Neuen Rechten", a.a.O., S. 7 und I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 52f.

23 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat., a.a.O., S. 36.

24 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 35f

25 Ebd., S. 57ff.

26 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S.25ff.

27 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat., a.a.O., S. 19f und I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 39.

28 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 33f und 45.

29 F. Gress, Die Neue Rechte, a.a.O., S. 12.

30 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 14.

31 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 87f.

32 Ebd., S. 89.

33 Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.), Die Intellektualisierung der ,,Neuen Rechten", a.a.O., S. 5.

34 Ebd., S. 54f.

35 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 69ff.

36 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat., a.a.O., S. 38.

37 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 50f.

38 Ebd., S. 9 und 61.

39 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 78.

40 Ebd., S. 54.

41 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat., a.a.O., S. 38.

42 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 10f und H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat, a.a.O., S. 32f und 46.

43 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 44.

44 Ebd., S. 44. und 65f.

45 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 81ff.

46 K. Schönekäs, Bundesrepublik Deutschland: in F. Gress/H.-G. Jaschke/K. Schönekäs,

Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa, Opladen, 1990, S. 280 und H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat, a.a.O., S. 39.

47 F. Gress, Die Neue Rechte, a.a.O., S. 17.

48 W. Gessenharter, Die intellektuelle Neue Rechte, a.a.O., S.20f.

49 Ebd., S.21.

50 I. Weber, Nation, Staat und Elite, a.a.O., S. 88.

51 H. Kellershohn (Hrsg.), Das Plagiat, a.a.O., S. 46f.

52 K. Schönekäs, Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 258. und 263f.

53 K. Schönekäs, Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 285 und S. 288.

Fin de l'extrait de 12 pages

Résumé des informations

Titre
Schnittstellen zwischen Neo-Konservatismus und völkischem Nationalismus
Note
1,7
Auteur
Année
1998
Pages
12
N° de catalogue
V98279
ISBN (ebook)
9783638967303
Taille d'un fichier
417 KB
Langue
allemand
Mots clés
Schnittstellen, Neo-Konservatismus, Nationalismus
Citation du texte
Lars Thiede (Auteur), 1998, Schnittstellen zwischen Neo-Konservatismus und völkischem Nationalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98279

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