Das Erlebnis hat in der heutigen Zeit einen bedeutenden Stellenwert. Die Sehnsucht nach der Erfüllung eigener Träume äußert sich in der Suche nach Erlebnissen. Sie ist in der Freizeit und im Tourismus besonders ausgeprägt. Es werden hohe Erwartungen an die Tourismusakteure gestellt. Erlebnisorientierung ist ein bestimmendender Faktor eines zeitgemäßen touristischen Marketings geworden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es für touristische Destinationen, über das touristische Basisangebot hinaus, entsprechende innovative Erlebnisangebote zu gestalten.
Auch Gästeführungen können um den Erlebniswert bereichert werden. Mit Hilfe von erlebnisorientierten Gästeführungen kann sich die Destination einerseits auf innovative und attraktive Weise präsentieren, andererseits den Gästen Erlebnisse vermitteln.
Da es keine Gebrauchsanweisung für Erlebnisse gibt, gilt es zu untersuchen, unter welchen Umständen Erlebnis-Gästeführungen erfolgreich sein können. Im Rahmen der Arbeit wird ein Kriterienkatalog ausgearbeitet, mit dessen Hilfe es Praktikern gelingen kann, gehaltvolle Erlebnis-Gästeführungen zu gestalten und hinsichtlich ihres Erlebnisaspektes zu bewerten. Die vorliegende Arbeit leistet somit einen Beitrag zur Optimierung des Freizeit- und Tourismusangebots.
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und methodisches Vorgehen
2. Theoretische Grundlagen der Gästeführung
2.1 Geschichtlicher Hintergrund der Reiseleitertätigkeit
2.2 Bedeutung der Gästeführung
2.5 Grundgedanken für eine erlebnisorientierte Wissensvermittlung
3. Die Erlebnisorientierung vor dem soziologischen Hintergrund
3.1 Der gesellschaftliche Wandel - von der Askese zum Genuss
3.2 Erlebnisorientierung in Freizeit und Tourismus
3.4 Erlebnisorientierte Gästeführung
4. Die psychologische Dimension des Erlebnisses
4.1 Psychologische Grundlagen des Erlebnisses
4.2 Erlebnisbereiche im Urlaub
4.3 Das Flow-Erlebis
4.4 Zusammenfassung
5. Das Erlebnis vor dem pädagogischen Hintergrund
5.1 Die Erlebnispädagogik
5.2 Das erlebnisorientierte Lernen
5.3 Die Animation
5.4 Beispiele und Ansätze erlebnisorientierter Gästeführungen
5.5 Zusammenfassung
6. Begriffsbestimmung der erlebnisorientierten Gästeführung
6.1 Inhaltliche Eingrenzung
6.2 Definition
7. Kriterien für die Gestaltung und Bewertung des Erlebnisaspektes
7.1 Didaktische Kriterien
7.2 Methodische Kriterien
7.3 Psychologische Kriterien
7.4 Räumliche Kriterien
7.5 Herausstellung zentraler Kriterien
7.6 Zusammenfassung
8. Verbindung von Theorie und Praxis
8.1 Die Beobachtung
8.2 Das Experteninterview
9. Resümee und Ausblick
10. Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einführung
Das Erlebnis hat in der heutigen Zeit einen bedeutenden Stellenwert. Das Leben zu erleben ist zu einer kollektiven Maxime der Menschen in den westlichen Industrienationen geworden. Die Lebensbedingungen erlauben ein Streben nach persönlicher Selbstverwirklichung. Ein Leben, geprägt von Arbeit und tristem Alltag, erscheint nicht lebenswert. Anscheinend ist Lebensqualität abgängig vom Erlebnisreichtum.
Die Sehnsucht nach der Erfüllung der Träume äußert sich in der Suche nach Erlebnissen. Sie ist in der Freizeit und im Tourismus besonders ausgeprägt. Es werden hohe Erwartungen an die Tourismusakteure gestellt. Aus diesem Grund muss auf der Angebotsseite eine Reaktion erfolgen. Erlebnisorientierung ist ein bestimmendender Faktor eines zeitgemäßen touristischen Marketings geworden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es für touristische Destinationen, über das touristische Basisangebot hinaus, entsprechende innovative Erlebnisangebote zu gestalten.
Auch Gästeführungen können um den Erlebniswert bereichert werden. Mit Hilfe von erlebnisorientierten Gästeführungen kann sich die Destination einerseits auf innovative und attraktive Weise präsentieren, andererseits den Gästen Erlebnisse vermitteln.
Im Rahmen der gesellschaftlichen Erlebnisorientierung wurde Kultur zu einem Erlebnisraum. Neben dem Bildungsaspekt wurde sie um den Unterhaltungsaspekt erweitert. Das Interesse an kulturtouristischen Angeboten verzeichnet einen Zuwachs. Erlebnisorientierte Gästeführungen haben die Möglichkeit darauf zu reagieren. Sie können auf intelligente und behutsame Weise Kultur erlebnisrational vermitteln. Dabei entstehen viele Vorteile für die Destination. Es entwickelt sich ein Wettbewerbsvorteil aufgrund eines Alleinstellungsmerkmals, ferner werden neue Zielgruppen angesprochen, und das Selbstbewusstsein der einheimischen Bevölkerung wird gestärkt.
Es sprechen weitere Gründe für die Notwendigkeit von Erlebnis-Gästeführungen. Neben der Befriedigung der individuellen Erlebnissuche scheinen Erlebnis-Gästeführungen, als Teil eines touristischen Angebots, einen Ausweg aus der Stagnationsphase einzuleiten. Überdies können Erlebnis-Gästeführungen einen kommunikativen Tourismus unterstützen und einen Beitrag zum informellen Lernen leisten.
Neben der individuellen Eigenverantwortlichkeit für Erlebnisse sollten deshalb Freizeit- und Tourismusmanager den Fokus darauf richten, wie die Bedürfnisse der Gäste befriedigt werden können. Angebote, die mit Erlebnissen werben, jedoch die Erwartungen nicht erfüllen, erzeugen enorme Enttäuschungen. Dies wirkt sich kontraproduktiv auf den Markt aus und kann zu einer Verschlechterung des Images und zu einem Rückgang des Gästeaufkommens führen.
Vor diesem Hintergrund ist die methodische und didaktische Planung und Gestaltung von Erlebnis-Gästeführungen von besonderer Bedeutung. Da es keine Gebrauchsanweisung für Erlebnisse gibt, gilt es zu untersuchen, unter welchen Umständen Erlebnis-Gästeführungen erfolgreich sein können.
Im Rahmen der Arbeit wird ein Kriterienkatalog ausgearbeitet, mit dessen Hilfe es Praktikern gelingen kann, methodisch und didaktisch gehaltvolle Erlebnis-Gästeführungen zu gestalten und hinsichtlich ihres Erlebnisaspektes zu bewerten. Die vorliegende Arbeit leistet somit einen Beitrag zur Optimierung des Freizeit- und Tourismusangebots.
Letztendlich soll verdeutlicht werden, dass Erlebnis-Gästeführungen, im Gegensatz zu künstlichen Erlebniswelten, Faszination in einer reellen Umwelt hervorrufen können. Meines Erachtens stellen die gegebenen Ressourcen und das kulturelle Erbe von touristischen Destinationen ein noch ungenutztes Erlebnispotenzial dar. Warum künstliche Welten schaffen, wenn mittels Didaktik und Methodik den Gästen die Augen geöffnet werden können? Eine touristische Destination kann auf entdeckende Art erkundet werden, ihre Geschichte und Alltagskultur bieten genügend Material für eine intelligente Verknüpfung von Kultur und Erlebnisorientierung.
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Die in der Einleitung skizzierte gesellschaftliche Erlebnisorientierung schafft die Ausgangslage für die Notwendigkeit von Erlebnisangeboten in Freizeit und Tourismus. Die vorliegende Arbeit fokussiert nun die Umsetzung dieser Entwicklung konkret bezogen auf die Gästeführung.
Zwar widmet sich die Wissenschaft dem Thema Erlebnis, doch sind die Erkenntnisse noch längst nicht in die Praxis vorgedrungen. Für die Konzeption von erlebnisorientierten Gästeführungen existieren so gut wie keine praxisorientierten Erkenntnisse und Vorschläge. Hingegen kann von Praktikern nicht erwartet werden, dass sie sich wissenschaftlich mit dem Erlebnisbegriff auseinandersetzen.
Ein Angebot, das nur zu Werbezwecken mit dem Erlebnisbegriff etikettiert wird, wird von den heutigen erfahrenen und anspruchsvollen Touristen schnell enttarnt. In Anbetracht der negativen Folgen versprochener, jedoch nicht erfüllter Erlebniswünsche, ist ein durchdachtes Erlebniskonzept unverzichtbar. Auch das Fehlen an einer staatlich anerkannten Ausbildung zum Gästeführer in der Bundesrepublik stellt einen weiteren Nachteil für die erfolgreiche Umsetzung von Erlebnis-Gästeführungen dar. Gästeführer sind oft Autodidakten oder werden oft nur in kurzen Seminaren in ihren Aufgabenbereich eingewiesen. Unter diesen Umständen lässt sich vermuten, dass der Erlebnisaspekt zu kurz kommt.
Folglich besteht die Notwendigkeit einer interdisziplinären Untersuchung des Erlebnisbegriffs zugunsten einer strategischen Vermittlung von Erlebnissen. Dieser Mangel formuliert die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit. Es gilt, einen theoretischen Rahmen für dieses neue Feld der Erlebnis-Gästeführung zu bieten. Eine Auswahl an wissenschaftlichen Disziplinen muss erfolgen, um dem Gegenstand näher zu kommen.
Die vorliegende Arbeit untersucht den Erlebnisbegriff und widmet sich der Fragestellung inwiefern äußere Umstände erlebnisstrategisch gestaltet werden können. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse aus dem theoretischen Teil der Arbeit werden Kriterien abgeleitet. Sie stellen für Praktiker eine Hilfestellung dar, mit denen Gästeführungen im Hinblick auf die strategische Vermittlung von Erlebnissen gestaltet werden können.
Gleichzeitig soll der theoretische Teil der Arbeit auch eine Begründung für Erlebnis-Gästeführungen liefern. Es kristallisieren sich mehrere Gründe für einen strategischen Einsatz von Erlebnissen heraus. Zusätzlich sollen eine Beobachtung einer erlebnisorientierten Führung und ein Experteninterview eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis schaffen, und zu weiteren Erkenntnissen führen.
Die Diplomarbeit wendet sich hauptsächlich an Praktiker und verhilft letztendlich zu einer Umsetzung eines aktuellen und langfristigen Trends zugunsten einer innovativen Weiterentwicklung des touristischen Angebots. Für einen Erfolg auf dem Tourismus- und Freizeitmarkt ist diese Weiterentwicklung unumgänglich.
1.2 Aufbau und methodisches Vorgehen
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in einen theoretischen (Kapitel 1 bis 5) und einen praktischen Teil (Kapitel 6 bis 8). Nachdem im 1. Kapitel die zentralen Begriffe definiert werden, zeigt das Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen der Gästeführung auf. Neben der Darstellung der Bedeutung werden didaktische und methodische Grundlagen gelegt, die einerseits als Einstieg in die Thematik der Gästeführung dienen sollen, andererseits ein Basiswissen für die späteren Kriterien schaffen.
Kapitel 3, 4 und 5 bilden das Fundament für die Gewinnung von Erkenntnissen, aus denen die Kriterien abgeleitet werden. Da die Vermittlung von Erlebnissen ein genaues Verständnis erfordert, wird das Erlebnis aus drei Blickwinkeln betrachtet, dem soziologischen, psychologischen und pädagogischen.
Zunächst wird in Kapitel 3 geklärt, welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Einflussfaktoren auf die Erlebnissuche der Menschen wirken. Darüber hinaus wird analysiert, was Erlebnisorientierung bedeutet und wie sie sich auf das heutige Leben auswirkt. Dabei wird deduktiv vorgegangen, beginnend mit der Erlebnisrationalität der Gesellschaft, des Marktes, des Tourismus und dem Teilsegment des Kulturtourismus. Schließlich werden die Erkenntnisse und gesellschaftliche Entwicklung hinsichtlich der Gästeführungen konkretisiert. Zusammengefasst liefert dieses Kapitel:
- erstens eine Betrachtung aus soziologischer Sicht, die ebenso als Einführung in das Thema der Erlebnisorientierung dient,
- zweitens Erkenntnisse, aus denen Kriterien für Erlebnis-Gästeführungen abgeleitet werden können und
- drittens einen Argumentationsstrang für eine vielschichtige Begründung für Erlebnis-Gästeführungen.
Während Kapitel 4 das Erlebnis als ein psychologisches Gebilde analysiert, wird im Kapitel 5 diskutiert, wie Erkenntnisse der Pädagogik zugunsten der Gestaltung von Gästeführungen genutzt werden können. Kapitel 6 liefert eine Definition der erlebnisorientierten Gästeführung, die sich auf die Erkenntnisse des Theorieteils stützt. In Kapitel 7 wird der Kriterienkatalog für die Planung und Gestaltung von Erlebnis-Gästeführungen präsentiert. Die Kriterien wurden aus den thematisierten Wissenschaften abgeleitet.
In Kapitel 8 erfolgt eine Verknüpfung der Theorie mit der Praxis. Dies ist notwendig, da der Gegen-stand der Arbeit, die Erlebnisvermittlung, praxisorientiert ist und nicht rein theoretisch angegangen werden sollte. Diesbezüglich erfolgt eine Beobachtung und Bewertung einer Erlebnis-Gästeführung, anhand eines Beobachtungsleitfadens, der aus den erstellten Kriterien abgeleitet wurde. Ein Experteninterview soll die Arbeit qualitativ bereichern. Erkenntnisse des theoretischen Teils sollen untermauert bzw. korrigiert werden. Es wird untersucht, ob die Kriterien Anwendung in der Praxis finden, ob neue hinzu kommen, und welches Bewusstsein hinter erlebnisorientierten Konzepten steht. Abschließend findet in Kapitel 9 ein Resümee und Ausblick statt. Es folgt eine zusammenfassende und kritische Betrachtung der Arbeit.
1.3 Begriffsdefinitionen
Zu Beginn der Arbeit werden Definitionen der zentralen Begriffe angeführt. Damit soll das Verständnis für weitere Ausführungen erleichtert werden.
1.3.1 Begriffsdefinition Erlebnis / Erleben
Es werden Definitionen geboten, die Schwerpunkte sowohl auf der psychologischen als auch touristischen Ebene setzen und somit inhaltlich einen Bezug zur Gästeführung, als touristisches Angebot, herstellen. Eine gründliche Begriffsauseinandersetzung vor psychologischem Hintergrund erfolgt jedoch in Kapitel 4.
Erlebnis ist ein „Psycho-physisches Konstrukt, das einen Beitrag zur Lebensqualität darstellt und erst durch eigene Erfahrungen in der Umwelt entsteht. Erlebnisse sind Originalbegegnungen, Aktivitäten, Genüsse, die tiefer gehen als die gängigen Konsumerfahrungen. Sie entstehen durch Einmaligkeiten, Besonderheiten, zusätzliche Werte und die Einbettung in eine besondere Umgebung" (Schroeder 2002, S. 100).
Erleben bedeutet: „gefühlsbetontes und unmittelbares Ergriffenwerden anläßlich eines Ereignisses, der Begegnung mit Menschen, äußeren Gegebenheiten und Informationen. Das E. kann nur vom einzelnen selbst beobachtet und als solches beschrieben werden. Ein E. haben zu wollen, ist ein starkes Motiv für die Teilnahme an Freizeitangeboten und für die Teilnahme vieler Freizeittätigkeiten. Dieser Wunsch wird auch als Indikation für eine Veränderung des Freizeitverhaltens im Zusammenhang mit einer Wertverschiebung gesehen“ (Fink-Kümmerly & Frey 1986, S. 69).
Erlebnisurlaub: „Beim Erlebnisurlaub sucht der Urlauber seine Erholung weniger in der Entspannung als in der Auseinandersetzung mit ungewohnten körperlichen und geistigen Anforderungen in zumeist fremder Umgebung..." (Schroeder 2002, S. 100).
Die ersten beiden aufgeführten Definitionen heben die wesentlichen Merkmale des Erlebnisses hervor, den Charakter des Besonderen und die Emotionalität. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Wunsch nach Erlebnissen eine Motivation zum aktiven Handeln impliziert. Letzte Definition verdeutlicht die Bedürfnisse eines Erlebnisurlaubers, die einen explorativen Charakter besitzen. Um in der Lage zu sein, diese innengeleiteten Ansprüche zu befriedigen, müssen sich demnach touristische Erlebnisangebote stark an der Nachfrage und den Bedürfnissen der Konsumenten orientieren.
1.3.2 Begriffsdefinition Gästeführung / Gästeführer
„Die Gästeführung ist ein geeignetes und unverzichtbares Mittel zur optimalen Präsentation des Fremdenverkehrsortes, seiner Teile oder auch einzelner Sehenswürdigkeiten. Sie bietet die Chance, zufällige Begegnungen, unzutreffende 'Blickwinkel' und Gewichtungen durch die Gäste zu vermeiden und hinsichtlich des 'Führungsgegenstandes' ein liebenswertes, vollständiges und klares (und natürlich auch wahres) Bild zu vermitteln. Gästeführungen dienen aber nicht nur der Information der Gäste, sondern sind ein wichtiger Bestandteil der Unterhaltung und der Animation“ (Deutsches Seminar für Fremdenverkehr 1993, S. 11).
„Gästeführer sind Fachkräfte in Fremdenverkehrsorten, die im Rahmen von Führungen den Ort, Teile des Ortes, die Umgebung oder auch Einzelheiten gewinnend, klar, präzise, fachkundig und freizeit-, bzw. urlaubsnah präsentieren, meist eine oder mehrere Fremdsprachen beherrschen, Führungsqualitäten, organisatorische Fähigkeiten und psychologische Kenntnisse (speziell zum Gruppenverhalten) besitzen und sich einer kontrollierten Gestik, Mimik und Sprache bedienen“ (Bartl, Schöpp und Wittpohl 1986, S. 13).
Obige Definitionen orientieren sich an der klassischen Gästeführung. Sie zielen vorwiegend auf eine Vermittlung eines vollständigen Bildes des Fremdenverkehrsortes ab, im Sinne eines Rundumschlags, sowie einer Informationsvermittlung, die zwar freizeitorientiert sein soll, jedoch die Erlebnisdimension nicht spezifisch benennt. Da es keine Literatur zur erlebnisorientierten Gästeführung gibt, und somit keine eigenständige Definition exsistiert, wird innerhalb dieser Arbeit eine Erstellung einer Definition der erlebnisorientierten Gästeführung angestrebt, die sich auf die thematisierten theoretischen Grundlagen stützt.
Die folgende Begriffsbestimmung wird herangezogen, um eine Abgrenzung zu verwandten Berufgruppen einzuleiten. „Neben dem Reiseleiter oder -begleiter begegnet der Tourist dem einheimischen Ortsführer, der für ein Objekt bzw. einen Ort zuständig ist. Während man früher ausschließlich den Begriff ‘Fremdenführer/in‘ benutzt hat, spricht man heute auch von ‘Gästeführern/innen‘. Als Gemeinsamkeit mit den Standortreiseleitern haben die Gästeführer (local guides) die Konzentration und Spezialisierung auf einen Ort; längere Reisetätigkeit entfällt im allgemeinen, dafür wird jedoch eine sehr hohe Anpassungsfähigkeit (Zielgruppenorientierung) an unterschiedliche, stets wechselnde Gruppen erwartet" (Schmeer-Sturm 1993, S. 507).
An dieser Stelle findet eine Abgrenzung zwischen dem Gästeführer (bzw. Stadtführer, local guide oder Fremdenführer) und dem Beruf des Reiseleiters (bzw. Studien- und Bildungsreiseleiters) statt. Beide Gruppen umfassen den Aufgabenbereich der Wissensvermittlung. Die Reiseleitertätigkeit ist allerdings weiter gefasst, da sie sich auf die Begleitung einer Reisegruppe während der gesamten Reisedauer bezieht. Somit muss der Reiseleiter verstärkt Betreuungs- sowie Organisationsaufgaben übernehmen. Es muss jedoch erwähnt werden, dass der Gästeführer ebenso organisatorische sowie Aufgaben der Betreuung übernimmt, allerdings in engerem Maße und auf eine kürzere Dauer bezogen.
Die Wissensvermittlung ist demnach ein übergreifendes Element, das sowohl bei der Reiseleitung als auch bei der Gästeführertätigkeit einen zentralen Aufgabenbereich darstellt. Folglich beschränkte sich die Literaturrecherche für die vorliegende Arbeit keinesfalls nur auf die Gästeführung, sondern schließt Literatur zur Reiseleitung, sowie Studienreiseleitung, mit ein.
Aus o.g. Erläuterungen ist darauf hinzuweisen, dass die ausgearbeiteten Kriterien zur Umsetzung des Erlebnisaspektes bei Gästeführungen (Kap. 7) ebenfalls auf die Reiseleitung zutreffen, insofern eine Informationsvermittlung in Form von Führungen, Rundgängen, Besichtigungen und Erkundungen stattfindet.
2. Theoretische Grundlagen der Gästeführung
Dieses Kapitel eröffnet einen Einblick in die theoretischen Grundlagen der Gästeführung[1]. Hauptsächlich befasst sich die Theorie der Gästeführung mit der Methodik und Didaktik zur Informations- und Wissensvermittlung. Diesbezüglich dient die Ausführung dazu, um zu erfahren, welche Methoden aus dem dargestellten Spektrum, speziell für eine erlebnisorientierte Wissensvermittlung, in Frage kommen.
Weitere theoretische Gesichtspunkte der Gästeführung (z.B. praktische Durchführung, rechtliche Stellung) werden im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht behandelt. Zum einen, da sie den Rahmen der Arbeit sprengen würden, zum anderen, weil der 'rote Faden' nicht eingehalten würde. Einleitend folgt der geschichtliche Hintergrund der Gästeführung und Reiseleitung.
2.1 Geschichtlicher Hintergrund der Reiseleitertätigkeit
Die folgende Zeittabelle nach Vogel (1993, S. 517 f) stellt eine Entwicklung der Reiseleitertätigkeit dar. Reiseleitung ist hier ein Überbegriff der Fremdenführung und schließt die Gästeführung ein. Im Laufe der Zeit fand eine Funktionsverschiebung und -veränderung der Reiseleitung statt, die eine inhaltliche Weiterentwicklung nach sich zog.
Freericks (1996, S. 351) ergänzt die Zeittabelle folgendermaßen:
Die Ergänzung nach Freericks (1996) zeigt eine Tendenz zu erlebnisorientierten Reiseformen speziell in Hinsicht der Kulturreise. Die organisatorischen Aufgaben der Reiseleitung/Gästeführung, wie Durchführung und Betreuung, werden um die Kenntnisse einer freizeitgemäßen und animativen Informationsvermittlung erweitert. Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich speziell mit dieser, um den Erlebnisaspekt, erweiterten Form der Gästeführung und zeigt Wege zur Umsetzung.
2.2 Bedeutung der Gästeführung
Bartl et al. (1986) räumen der Gästeführung einen hohen Stellenwert innerhalb eines touristischen Marketing-Konzeptes ein. Die Gästeführung ist ein entscheidendes Instrument für eine Präsentation einer touristischen Destination. „Wer keinen Einfluß auf die Präsentation des Ortes nimmt, darf sich über Negativa in der Präsentation, über Zufallsergebnisse oder auch mangelnde Abgrenzung zu anderen Fremdenverkehrsangeboten nicht wundern“ (Bartl et al. 1986, S. 12).
Es ergibt sich eine zweifache Bedeutung der Gästeführung. Zum einen bezieht sie sich auf den Gast, zum anderen auf den Fremdenverkehrsort. Der Gast profitiert zunächst davon, dass er den Fremdenverkehrsort und seine Charakteristika kennen lernt. Zusätzlich kann Gästeführung die Urlaubsqualität der Gäste steigern, wenn z.B. Möglichkeiten zur intensiven Auseinandersetzung mit der Destination geboten werden, die Führung zur abwechslungsreichen Freizeitgestaltung anregt, Kontakt zu anderen Gästen oder Einheimischen erleichtert, und schließlich zu einer Identifikation mit dem Urlaubsort verhilft (vgl. Bartl et al. 1986, Schmeer-Sturm 1993).
„Die vordergründigste Bedeutung der Gästeführung für den Fremdenverkehrsort ist sicherlich die Steigerung des Bekanntheitsgrades seiner Attraktionen und damit des Ortes selbst“ (Bartl et al. 1986, S. 16). Diese Wirkung impliziert u.a. eine Optimierung und Positionierung des Images, eine Korrektur von Vorurteilen, Ansprache neuer Gästeschichten, Gewinnung von Stammgästen sowie Erreichung einer höheren Kundenzufriedenheit. Die Vorteile resultieren vornehmlich aus dem direkten Kontakt zu den Kunden. Es können Mängel ausfindig gemacht und Anregungen zu Verbesserungen gewonnen werden. Der Kontakt ermöglicht darüber hinaus ein gruppenspezifisches Ansprechen der Gäste. Auf diese Weise kann speziellen Kundenwünschen und Bedürfnissen entsprochen werden (vgl. dies.).
Besondere Beachtung sollte dem Primacy-Effect geschenkt werden. Damit ist gemeint, dass die Gästeführung zu einem ersten positiven Eindruck des Fremdenverkehrsortes bei den Gästen führen kann. Der erste Eindruck spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Bildung eines Images (vgl. Bartl et al. 1986). In diesem Zusammenhang verdeutlicht Schmeer-Sturm (1993), dass der Gästeführer neben der Informationsvermittlung ein "Sympathieträger" (S. 507) ist.
Zusammenfassend spiegelt sich vor diesem Hintergrund einerseits die Bedeutung der Gästeführung in der Kundenbindung sowie der Image-Positionierung wider, andererseits zeigt sich ein Bildungsanspruch, der ein didaktisches Ziel verfolgt und den Horizont der Gäste zu erweitern versucht. Letzterem Thema widmen sich folgende Ausführungen.
2.3 Didaktische Grundlagen
Das übergeordnete Ziel der Gästeführung ist der Anspruch, ein geschlossenes Gesamtbild von der besichtigten Destination zu vermitteln. Eindrücke, die dabei bei den Teilnehmern entstehen, sollten strukturiert sein und in einem Zusammenhang zueinander stehen (vgl. Schmeer-Sturm 1996, S. 13).
Um diesem Anspruch zu genügen, bedarf es einer thematischen Gesamtkonzeption sowie einer didaktischen Planung. Die didaktische Planung enthält die Bestimmung sowie Auswahl und Anordnung der Bildungsinhalte. Die zentralen didaktischen Fragen der Gästeführung lauten: Welches übergreifende Thema wird gewählt? Welche Ziele werden verfolgt? Welche Auswahl von Besichtigungspunkten, bzw. Objekten ist dafür notwendig? Welche Wünsche und Motivationen haben die Teilnehmer? (vgl. Schmeer-Sturm 1996, S. 13) Die Antworten auf die oben genannten Fragen führen zu einer didaktischen Grundlage, auf die sich eine thematische Gesamtkonzeption einer Gästeführung stützt.
2.3.1 Die Gesamtkonzeption
Nach Schmeer-Sturm (1996) sollte sich die Gesamtkonzeption an den Führungsdenkmälern einer Destination orientieren. Günter (1991) hingegen rät dazu, sich an der Individualität und dem Charakter des Ortes zu orientieren. Abhängig von Basisaspekten der besichtigten Destination wird die thematische Gesamtkonzeption festgelegt. Basisaspekte sind zu verstehen als geographische, wirtschaftliche, politische, kulturelle und historische Merkmale, die der Destination Individualität und Profil verleihen (vgl. Günter 1991).
Grundlegend wird unterschieden zwischen Inhalten (Besichtigungsobjekte und -punkte) und Zielen (Thematik). Die ausgewählten Inhalte der Destination müssen einen beispielhaften Charakter für das Lernziel der Gästeführung besitzen. Sie müssen in eine Reihenfolge und einen zeitlichen Rahmen der Führung gebracht werden, um eine aufbauende Wissensvermittlung zu garantieren. Zusammenfassend betrachtet entsteht aus einer Fülle von einzelnen Inhalten eine zusammenhängende Gliederung (vgl. Günter 1991).
2.3.2 Richtziele
Schmeer-Sturm (1996, S. 18 f) nennt konkrete Richtziele, die zur Gesamtkonzeption einer Gästeführung führen. Sie definieren ein übergeordnetes Lernziel, aus dem sich ein Zusammenhang zwischen allen Besichtigungsobjekten ergibt. Folgende Richtziele können in Erwägung gezogen werden:
• Historische, politisch-gesellschaftlich-soziale, wirtschaftliche, religiöse, geographische Grundstrukturen kennen lernen.
• Kulturelle Hintergründe der Kunst kennen lernen.
• Sich der geschichtlich bedingten Relativität der eigenen Wertvorstellungen und Verhaltensweisen bewusst werden.
• 'Sehen lernen', Kunstwerke, geographische Erscheinungen beschreiben.
• Sich in einer fremden Stadt zurechtfinden.
• Kommunikationsbarrieren überwinden.
• Bereitschaft entwickeln, sich für eine gesunde Umwelt einzusetzen. Die Bedeutung eines umwelt- und sozialverträglichen Tourismus erkennen und sich dementsprechend verhalten.
Die Auswahl der Richtziele kann nicht willkürlich stattfinden. Jede Destination hat ihre Eigenart und erfordert eine passende Bestimmung der Richtziele. Weist eine Region beispielsweise einen Mangel an kultur- und kunsthistorischen Objekten auf, müssen Richtziele aus dem sozial- gesellschaftlichen Bereich in Betracht gezogen werden (vgl. Schmeer-Sturm 1996, S. 19).
2.3.3 Lernziele
Steht das Gesamtkonzept samt den übergeordneten Richtzielen, müssen anhand der o.g. Basisaspekte untergeordnete Aspekte und ihre Lernziele herausgearbeitet werden. Besichtigungsobjekte werden den untergeordneten Lernzielen zugeordnet. Die Objekte wiederum müssen in ihrer Eigenart jeweils auf den Gesamtzusammenhang zurück zu führen sein (vgl. Günter 1991).
Die inhaltlichen Ziele stehen in Verbindung mit den Richtzielen und schaffen eine didaktische Grundstruktur. Das heißt, dass die Besichtigungspunkte inhaltlich parallel zur thematischen Gesamtkonzeption ausgearbeitet werden müssen. Auch den Unterthemen müssen passende Objekte zugeordnet werden, um dem Publikum ein ganzheitliches Verständnis vermitteln zu können. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Besichtigungsobjekte aus verschiedenen Lebensbereichen zum Tragen kommen. Schmeer-Sturm (1996, S. 34 ff) nennt folgende Gruppen:
• Geschichte, Kunst, Kultur: z.B. Museen, Kirchen, Schlösser
• Wohnen: z.B. Bürgerhäuser, Arbeiterviertel, Bauweisen, Wohnmuseen
• Örtliches Brauchtum: z.B. Feste, Umzüge, Prozessionen, Märkte, Messen
• Bildung, Wissenschaft, Forschung: Universitäten, Akademien, Schulen, Kindergärten
• Theater- Musikleben: z.B. Freilichtbühnen, Puppenspiel, Oper, Tanz, Volkslieder
• Sportanlagen: z.B. Stadien, Arenen, Sporteinrichtungen, Schanzen
• Politik: z.B. Institutionen, Gebäude, Wahlkampf, Interessen, Sozialeinrichtungen
• Industrie, Handwerk, Handel: z.B. Fabrikanlagen, Hafen, Märkte, Industriekultur
• Land- Forstwirtschaft: z.B. Bauernhäuser, Landwirtschaftliche Betriebe, Waldlehrpfade
• Gastronomie: z.B. typische Lokale, Weinkellereien, Brauereien, lokale Speisen
• Landschaftliche Schönheiten und Besonderheiten: z.B. Aussichtpunkte, Parkanlagen, Seen
• Freizeiteinrichtungen und Amüsiergelegenheiten: z.B. Bäder, Nachtleben, Freizeitzentren
• Sprache: z.B. Dialekte, Sprichwörter, Redensarten, Literatur, Schriftsteller.
Je mehr Objekte aus verschiedenen Gruppen in eine Gästeführung eingegliedert werden, desto abwechslungsreicher wird das Programm, das nicht nur vergangenheitsorientiert gestaltet werden sollte, sondern auf die heutigen politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten Bezug nehmen sollte (ebd.).
Ähnlichkeiten, Zusammenhänge und Querverweise sollten sichtbar gemacht werden. Auf bereits Gelerntes sollte hingewiesen und darauf aufgebaut werden (vgl. Günter 1991, S. 206). Besondere Bedeutung wird dabei den Transferzielen beigemessen. Dabei kann das Gelernte auf andere Situationen und Gegebenheiten transferiert werden und stellt somit einen wichtigen Lernfaktor dar. Transferziele stammen meist aus den Grundzusammenhängen des wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und sozialen Lebens. Sie sollten deshalb bei Führungen stets betont werden (vgl. Günter 1991, S. 210).
2.4 Methodische Grundlagen
„Der Gesamtbereich der Methodik erschließt jene Bedingungen, Verfahren und Techniken, mit denen die didaktische Konzeption erfolgreich durchgeführt werden kann“ (Günter 1991, S. 211). Die Auswahl der Methoden muss auf die Ziele der didaktischen Konzeption abgestimmt sein. Generell wird unterschieden zwischen direkten und indirekten Methoden.
2.4.1 Direkte und indirekte Methoden
Die direkten Methoden sind Vorträge, Referate, Führungen im klassischen Sinn der Gästeführung. Dabei spielt der Gästeführer die zentrale und aktive Rolle. Die Teilnehmer haben eine passive, rezeptive Rolle. Sie richten ihre Aufmerksamkeit auf den Gästeführer und das Besichtigungsobjekt. Direkte Methoden besitzen den Vorteil, dass Wissen strukturiert und konzentriert den Teilnehmer erreicht. Nachteilig ist, dass Aktivität ausschließlich vom Gästeführer ausgeht, „Erfahrung und Erlebnis bleiben dabei leicht auf der Strecke" (Günter 1991, S. 216).
Bei den indirekten Methoden wird Wissen auf 'indirekte' Weise vermittelt. Die Rolle des Gästeführers gerät dabei etwas in den Hintergrund. Der Gästeführer muss Rahmenbedingungen schaffen, die das Aktivwerden der Teilnehmer ermöglichen, sowie Impulse als Anregung zur Auseinandersetzung mit der Destination geben. Formen des indirekten Vermittelns können Gespräche, Diskussionen, Arbeitsgruppen oder Spiele sein, bei denen die Teilnehmer aktiv einbezogen werden und sich selbst einbringen können. Bei Anwendung der indirekten Methoden sollte auf Ansätze der Freizeitpädagogik, Animation sowie Gesprächsführungstechniken zurückgegriffen werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer nicht das Gefühl bekommen, dass sie abgefragt werden, oder Angst bekommen, sich zu blamieren (vgl. Schmeer-Sturm 1997, S. 127; Günter 1991, S. 220). Die indirekten Methoden fordern die Kreativität, Eigenständigkeit und Aktivität der Teilnehmer. Sie sind allerdings zeitaufwendig und bedürften dennoch des stetigen Eingreifens des Gästeführers (direkte Methoden), um auf Zusammenhänge mit dem übergeordneten Lernziel hinzuweisen (vgl. Güter 1991, S. 220).
Der Gästeführer sollte versuchen, die Motivation der Teilnehmer während der gesamten Gästeführung aufrecht zu halten. Nur so können die Lernziele erreicht werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass eine Spannung herrscht, um das Interesse der Gäste stets zu wecken und zu vertiefen. Dies geschieht, indem auf den Wert und die Bedeutung von bevorstehenden Sehenswürdigkeiten hingewiesen wird. So kann sich eine Erwartungshaltung bei den Teilnehmern aufbauen. Ferner sollte die Wissensvermittlung auf einer kommunikativen Ebene stattfinden. Dabei leitet der Gästeführer Gespräche ein und fördert Diskussionen. Auf Anregungen und Wünsche der Teilnehmer kann in einem gewissen Maße eingegangen werden. Motivationsfördernd wirkt ebenfalls die Herstellung von Bezügen von der Vergangenheit zur Gegenwart. Auf diese Weise kann das Interesse der Teilnehmer neu geweckt werden (vgl. Günter 1991, S. 211 ff).
2.4.2 Methodische Prinzipien und Verfahren
Die Methodik der Gästeführung umfasst eine Vielzahl von Methodenkonzepten. Ein breites Spektrum wird im Folgenden skizziert.
Generell kann bei der Darstellung von Inhalten zwischen dem induktiven oder deduktiven Verfahren gewählt werden. Das induktive geht im Gegensatz zum deduktiven Verfahren vom Konkreten zum Allgemeinen über. Dieses Verfahren wirkt sehr motivierend, da der Teilnehmer einen Prozess des Erschließens und Erfahrens durchlebt. Das deduktive Verfahren dagegen verschafft einen Überblick und geht dann über zu einzelnen Aspekten. Die Teilnehmer erfahren damit zunächst eine Systematik. Als nachteilig stellt sich der Mangel an Dramatik heraus (vgl. Günter 1991).
Ferner wird unterschieden zwischen dem ganzheitlichen und dem exemplarischen Vorgehen. Das ganzheitliche Verfahren zielt auf die Gesamtheit und Überschaubarkeit einer Thematik. Der Gästeführer sollte dieses Verfahren anwenden, wenn überschaubare bedeutende Themen vermittelt werden sollen. Beim exemplarischen Verfahren wird ein Objekt ausgewählt, anhand dessen eine übergeordnete Thematik erläutert wird. Der Teilnehmer soll lernen, Zusammenhänge zu sehen und selbstständig Ähnlichkeiten einzuordnen und zu interpretieren. Das heißt, dass Transferziele mit diesem Vorgehen vermittelt werden. Das exemplarische Vorgehen ist von grundlegender Bedeutung für die didaktische und methodische Planung und Durchführung (vgl. Günter 1991, Schmeer-Sturm 1996).
Gästeführungen beziehen sich generell auf das Prinzip der Anschaulichkeit. „Zur Erklärung von Geschichte und abstrakten Begriffen sucht der Gästeführer nach visuellen 'Aufhängern' „...Er synchronisiert seine Informationen mit dem passenden Objekt der Anschauung" (Schmeer-Sturm 1996, S. 51). Das Gesehene wird beschrieben, eingeordnet und interpretiert. Das Beschreiben steuert die Wahrnehmung der Teilnehmer auf das Wesentliche und grenzt vom Unwichtigen ab. Bei der Einordnung wird das Objekt in einen Zusammenhang zum Thema gestellt. Ähnlichkeiten zu anderen Objekten werden sichtbar. Folglich wird das Objekt mit einem übergeordneten Lernziel in Verbindung gebracht und interpretiert.
Das Prinzip der Anschaulichkeit überschneidet sich zum Teil mit der Methode der Elementarisierung. Eine Übertragung von Wissen erfolgt an konkreten und vereinfachten Fällen. Bezüge zum Zusammenhang werden gegeben, um das Konkrete in das Gesamtbild einzuarbeiten. Bei der Elementarisierung werden das bildhafte Vorstellungsvermögen sowie die Erfahrungen der Teilnehmer angesprochen. Nebensächliches muss dabei vermieden werden, Schlüsseldaten betont und Zahlen- und Größenverhältnisse dargestellt werden (vgl. Schmeer-Sturm 1996). Der Gästeführer darf sich nicht profilieren, sonder muss sein Wissen so vermitteln, dass es von den Teilnehmern verstanden wird. Er sollte seine Methoden stets hinterfragen. Doppeldeutigkeiten, Wertungen, Verwirrungen und falsche Assoziationen müssen vermieden werden (vgl. Schmeer-Sturm 1996).
Generell sollte der Gästeführer klarmachen, wenn er an bereits Gelerntes anknüpft, auf Ähnlichkeiten, bzw. Gegensätzlichkeiten und Wiederholungen hinweisen und den Blickwinkel, aus dem das Objekt behandelt wird, darstellen. Bevorstehendes sollte bekannt gegeben werden, um einerseits zu motivieren, andererseits Bezüge herzustellen. Diese Methode erleichtert es den Teilnehmern, strukturiert zu lernen, und schafft Lernerfolge. Kombiniert mit indirekten Methoden kann das Gelernte vertieft und problematisiert werden (vgl. Günter 1991; Schmeer-Sturm 1996).
Das Prinzip der Aktivierung richtet sich auf einen Aufbau von Spannung und die Erhöhung der Aufnahmebereitschaft durch ein Aktivwerden der Teilnehmer. Schmeer-Sturm (1996) macht darauf aufmerksam, dass dies bei klassischen Gästeführungen nicht einfach ist und meistens nur auf der kommunikativen Ebene realisiert werden kann (kommunikative Führungsformen). Gefördert werden ein Tätigkeitswechsel und die Bereitschaft der Teilnehmer zur Kommunikation. Es sollte dem Gästeführer gelingen die Fremdheit und die Ängste der Teilnehmer zu überwinden und eine gelassene und offene Atmosphäre zu schaffen (vgl. Schmeer-Sturm 1996).
Der Gästeführer muss in der Lage sein, sich an unterschiedliche Gruppen anzupassen (Prinzip der Anpassung). Er sollte ihre Herkunft kennen, wissen, welche Vorkenntnisse die Teilnehmer besitzen, welche Interessen, Erwartungen und Motivationen sie haben. Ebenso wichtig ist das Erkennen und sich Einstellen auf die soziale Situation (z.B. Singles, Familien, Probleme) sowie die körperliche Kondition (bedingt durch Wetter, Alter usw.) der Teilnehmer. Abhängig davon müssen passende Methoden und der richtige Führungsstil gewählt werden, das Verhalten des Gästeführers angepasst werden und wenn möglich organisatorische Vorkehrungen getroffen werden (vgl. dies.).
Wichtig für die Anpassung an die Teilnehmer ist die äußere und innere Differenzierung. Der Gästeführer erkennt, ob Teilnehmer Strecken der Führung körperlich nicht bewältigen können, informiert sie darüber und schafft Alternativen (z.B. Warten im Cafe, während der Rest der Gruppe einen Hügel besteigt). Die innere Differenzierung bezieht sich auf unterschiedliche Interessen, die den Inhalt der Führung betreffen. Der Gästeführer kann sich innerhalb eines Vortrags an Teilnehmer mit bestimmten Interessen wenden (vgl. Schmeer-Sturm 1996).
Eine weitere Methode ist die Anwendung von Medien. Bei Gästeführungen kommen Fotographien, Fotokopien, Skizzen u.a. in Frage. Mit deren Hilfe sollen Sachverhalte veranschaulicht, das Verstehen erleichtert und motiviert werden. Die Anwendung von Medien sollte bereits in der didaktischen Planung bedacht werden (vgl. Günter 1991, Schmeer-Sturm 1996). Ähnlichen Zweck verfolgt die Methode der Quellenbefragung. Auch sie veranschaulicht das Thema und ermöglicht einen Zugang. Quellen können sprachliche, musikalische, bildliche, architektonische usw. sein. Der Gästeführer kann beispielsweise Quellen, wie Romanauszuge, Flugblätter, Zeitungsausschnitte, Tagebucheintragungen, in die Führung einbauen. (vgl. Günter 1991, Schmeer-Sturm 1996).
Das Prinzip der Rhythmisierung bezieht sich auf den zeitlichen, inhaltlichen und methodischen Bereich. Es wird darauf geachtet, Ermüdungserscheinungen vorzubeugen, sowie die Aufnahmefähigkeit der Teilnehmer zu optimieren (z.B. durch nicht zu langes Stehen, meiden von langen, komplizierten Vorträgen). Bei der inhaltlichen Rhythmisierung kommt es darauf an, dass das Programm abwechslungsreich gestaltet wird. Ebenso hat der Gästeführer die Möglichkeit, auch bei ähnlichen Besichtigungsorten jeweils andere Schwerpunkte zu setzen. Um Langeweile vorzubeugen, muss Rhythmisierung auch im methodischen Bereich geschehen (Diskussionen, Vorträge, Fragen, Suchspiele usw.) (vgl. Günter 1991, Schmeer-Sturm 1996).
Wichtig für die Wissensvermittlung ist die Strukturierung durch Begriffsbestimmung. Durch konkrete Begriffsbestimmung und Abgrenzung wird eine Möglichkeit geschaffen, Besichtigungsobjekte und Punkte zu erkennen und einordnen zu können. Neu Gelerntes kann nur sinnvoll mit bereits Gelerntem verknüpft werden, wenn Vergleiche aufgezeigt wurden, Unterschiede sichtbar gemacht, das Objekt eingeordnet und genau beschreiben wurde (vgl. dies.).
Zum Zweck einer aktiven Teilnahme der Gäste trägt die kommunikative Führung bei. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass „...sich die 'Führung' in die Rolle der 'Gesprächsleitung' begibt und Anregungen, Wahrnehmungen und Eindrücke der Teilnehmer besonders berücksichtigt. Diese können ihre Empfindungen, Gedanken und Kenntnisse mit einbringen. Das hat zur Folge, daß die Führung nicht zwischen Objekt und Adressat sondern das Objekt im Mittelpunkt steht, über das sich Teilnehmer und die Leitung unterhalten“ (Schlosser 1993, S. 107) Für eine kommunikative Führung kann sich der Gästeführer der didaktischen Frage bedienen. Fragen an die Teilnehmer zu stellen, kann sich als eine gute Methode herausstellen, um die Gruppe zu aktivieren und Impulse zu geben. Wichtig ist, dass die Teilnehmer nicht überfordert werden oder Angst vor einer Blamage haben. „Durch die didaktische Frage wird nicht vorgetäuscht, dass der Gästeführer die Antwort nicht weiß, sondern er fordert den Besucher durch die Frage - möglichst spielerisch, animativ - auf, ein Besichtigungsobjekt unter einem bestimmten Gesichtspunkt zu betrachten" (Schmeer-Sturm 1996, S. 76).
Weitere Methoden der Gästeführung sind die Darstellung gegensätzlicher Standpunkte und die Personalisierung. Diese Methoden veranschaulichen das Thema der Führung und ermöglichen ein besseres Verständnis. Mit dem Prinzip der Personalisierung versucht der Gästeführer „...einen Zeitabschnitt der Geschichte aus der Sicht einer verbürgten, einer literarischen, vielleicht sogar einer möglichen, aber erfundenen Person oder eines Personenkreises zu schildern“ (Schmeer-Sturm 1996, S. 57), wobei die Autorin jedoch vor einer übertriebenen Personalisierung warnt. Selbstverständlich ist die sachliche Richtigkeit der Führung eine Grundvoraussetzung (vgl. dies.)
2.5 Grundgedanken für eine erlebnisorientierte Wissensvermittlung
Es wurden Methoden aufgezeigt, die eine zielgerichtete Wissensvermittlung in der Gästeführung ermöglichen. Nun gilt es Überlegungen anzustellen im Hinblick auf eine spätere Auswahl an Methoden, die im Sinne einer erlebnisorientierten Wissensvermittlung wirken. In Anlehnung an Schlosser (1993) werden in der vorliegenden Arbeit, an dieser Stelle, erstmalig Grundgedanken hinsichtlich einer erlebnisstrategischen Gestaltung von Gästeführungen angeführt.
Schlosser (1993) beschäftigt sich damit, wie Wissensvermittlung bei der Reiseleitung zugunsten individueller Erlebnismomente gestaltet werden kann. Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, dass 'Erfahrungsräume' geschaffen werden müssen, in denen 'Kreativität und Rezeptivität' verbunden werden. Ferner sollten interdisziplinäre Methoden Anwendung finden, die eine „weitgehend eigenaktive, kreative Aneignung von Geschichte, Kunst, Landschaft, Sozialstrukturen, den Ausdruckformen der Menschen, Symbolen usw.“ (Schlosser 1993, S. 104) ermöglichen. Dementsprechend müssen Barrieren abgebaut und ein persönlicher Zugang zum Thema geschaffen werden. Dies kann nach Schlosser (1993) durch das Herstellen von „Bezügen zur Gegenwart bzw. zur gegenwärtigen Lebenssituationen der Teilnehmer“ (S. 104) sowie durch das Einbringen kreativer und spielerischer Elemente geschehen.
Grundlegend kommt es darauf an, dass eine „...individuelle Beziehung zum Gegenstand bzw. Landschaft, Geschichte, Kultur etc. ... aktiviert und intensiviert [wird]“ (Schlosser 1993, S. 105). Aufgrund dynamischer Gruppenprozesse soll sich ein Annährungsprozess an die Materie entwickeln, bei dem die Teilnehmer Hemmungen verlieren, Eigenaktivität entfalten und eigenständig Erfahrungen machen und so nach und nach Wissen erschließen. Gruppengespräche sollen dazu dienen, dass persönliche Empfindungen und Meinungen ausgedrückt werden, die schließlich Zusammenhänge erkennen lassen und zu einer Horizonterweiterung beitragen (vgl. dies.).
Um subjektbezogene Erfahrungen zu ermöglichen, müssen Methoden angewandt werden, die „...teil-nehmer-, handlungs-, kommunikations- und inhaltsorientiert sind“ (Schlosser 1993, S. 105). Ausschlaggebend dafür ist eine Methodenvielfalt, die Kommunikation fördert, die sowohl Unterhaltung, als auch Bildungsaspekte enthält und somit den Teilnehmern die Wahl überlässt, „...ob sie lernen, sich zerstreuen, anregen, selbstfinden und –erfahren wollen“ (dies. S. 106).
Das übergeordnete Ziel ist es eine Verknüpfung herzustellen zwischen einer „... spontanen emotionalen 'Objekt' –Erfassung ...[und] kognitiven Elementen“ (Schlosser 1993, S. 104) zugunsten individueller Erfahrungen. Die Autorin ist der Meinung, dass individuelle Erlebnismomente durch einen Wechsel zwischen Vermittlung durch einen Führer und Selbstaneignung von Informationen geschaffen werden.
Diese Grundgedanken müssen für die Erstellung des Kriterienkatalogs in Kapitel 7 Beachtung finden. Folglich müssen für eine erlebnisorientierte Wissensvermittlung speziell die Methoden ausgewählt werden, die nach Schlosser einerseits eine Selbstaneignung durch eigene, persönliche Erfahrungen zulassen, andererseits eine direkte Vermittlung durch den Gästeführer ermöglichen. Daraus ergibt sich die Bedeutung eines Wechsels zwischen indirekten und direkten Methoden.
2.6 Zusammenfassung
Dieses Kapitel zeigte, dass die Gästeführung ein wichtiges Marketinginstrument zur Präsentation touristischer Destinationen darstellt. Durch die Gästeführung entstehen Synergien zwischen dem Fremdenverkehrsort und seinen Gästen. Für beide Seiten ergeben sich positive Effekte und Vorteile.
Schon immer haben sich ortsfremde Menschen an Führer und Erklärer gewandt. Auch wenn sich im Laufe der Zeit die Schwerpunkte der Gästeführung von der Pilgerfahrt des Mittelalters über Kavaliersfahrten der Renaissance bis hin zu Erholungsreisen des 20. Jahrhunderts verschoben, bleibt das Interesse, fremde Orte, ihre Besonderheiten und die Einheimischen kennen zu lernen. In der Gegenwart liegt der Schwerpunkt auf Erlebnisreisen und Erlebnis-Gästeführungen. Wie in der Vergangenheit, als Priester und Mönche (vgl. Schmeer-Sturm 1997, S. 11) die qualifizierten 'Führer' für die Pilger waren, müssen nun Gästeführer eingesetzt werden, die über Kenntnisse der erlebnisorientierten Wissensvermittlung verfügen.
Die Theorie der Gästeführung veranschaulicht, wie Führungen erfolgreich konzipiert und durchgeführt werden. Darüber hinaus macht das Unterkapitel 2.5 deutlich, wie das Potenzial der Theorie der Gästeführung hinsichtlich einer erlebnisorientierten Wissensvermittlung ausgeschöpft werden kann.
3. Die Erlebnisorientierung vor dem soziologischen Hintergrund
Die Bedeutung des Erlebnisses rückt in unserer Gesellschaft immer mehr in den Vordergrund. Nach dem Agrar- und Industriezeitalter folgt das Erlebniszeitalter (vgl. Opaschowski 1983, S.88). Doch wie kommt es zu dieser erlebnisorientierten Gesellschaft? Wie äußert sie sich und welche Bedingungen liegen ihr zugrunde? Die Entwicklung setzt einen Wandel der gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen und einen daraus resultierenden Wertewandel voraus.
Dieses Kapitel widmet sich einer Betrachtung des Erlebnisbegriffs aus soziologischer Sicht. Dabei wird deduktiv vorgegangen. Es werden gesellschaftliche Hintergründe aufgezeigt, die zur Erlebnis-orientierung geführt haben. Dies soll einen Weg zur weiteren, tiefergehenden Betrachtung ebnen. Zunächst folgt eine Thematisierung auf gesellschaftlicher Ebene, danach folgt eine genauere Betrachtung des Tourismus. Schließlich wird die Gästeführung konkret im Zusammenhang der Erlebnisorientierung thematisiert.
3.1 Der gesellschaftliche Wandel - von der Askese zum Genuss
Vor dem gesellschaftlichen Wandel in Richtung einer erlebnisorientierten Gesellschaft waren die meisten Menschen gezwungen, das tägliche Überleben zu sichern. Noch bis in die Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges war das Leben durch harte Arbeit und Moralvorstellungen der christlichen Kirche geprägt. Durch die Armutskrise, die durch das Bevölkerungswachstum ausgelöst wurde, gehörten Existenznot, Krankheit und Tod zu den Alltagserfahrungen der Menschen (vgl. Schulze 1992). Ein starres soziales Gefüge bestimmte die gesellschaftliche Rolle des Einzelnen. Weder ließ das von Arbeit geprägte Leben der individuellen Entfaltung Raum, noch galt dies als Wunschziel der Menschen. Luxusgüter waren so gut wie unerreichbar (vgl. Wachter 2001). Im Gegensatz zur heutigen Einstellung galten „...Genussstreben und Selbstverwirklichung ... als verwerflich" (Wachter 2001, S. 75).
Der Wandel der Gesellschaft lässt sich auf den angestiegenen Wohlstand einer großen Bevölkerungsgruppe, Veränderung der Lebensmuster, den allgemein wachsenden Bildungsstand ab 1970, sowie auf den technischen Fortschritt zurückführen. Ökonomische und soziale Sicherheit breitete sich aus. Folge dieser Entwicklung war die Entstehung des breiten Mittelstandes und seiner Suche nach neuen Lebensinhalten und der Selbstverwirklichung, die ein Ausbrechen aus dem alten sozialen Gefüge voraussetzte (vgl. Wachter 2001, Schulze 1992).
Die Selbstverwirklichung des Einzelnen lässt sich vor dem Hintergrund des Phänomens der Individualisierung (vgl. Opaschowski 1995, S. 127 f) darstellen. Dies bedeutet, dass jeder Mensch für sein Schicksal selbst verantwortlich, das Leben nach eigenen Wünschen gestaltbar ist (vgl. Romeiß-Stracke 1998, S. 178). Dieses Phänomen ist in den westlichen Industrienationen zu finden. „Nicht mehr die Herkunft oder die Klassen-, Standes- oder Schichtzugehörigkeit stehen im Vordergrund, sondern das eigene Schicksal und das, was man selbst aus seinem Leben macht oder machen will" (Küblböck, 2001, S. 19).
Die Ausdehnung der Freizeit war im Zusammenhang des gesellschaftlichen Wandels eine wichtige Rahmenbedingung. Die westdeutsche Arbeitszeit sank innerhalb der letzten 40 Jahre (bis 1992) von 50 auf 38,5 Stunden. Die Freizeit an Werktagen stieg von 1,5 auf 4,1 Stunden an. Die Wochenendfreizeit stieg von 1,5 auf 2 Tage. Die Urlaubszeit verdreifachte sich sogar, von 9 auf 31 Tage. Demnach steht den Menschen immer mehr arbeitsfreie Zeit zur Verfügung, die für Freizeit und Urlaubsaktivitäten genutzt werden kann (vgl. Opaschowski 1995, passim).
Im Zuge der Freizeitausdehnung kam die „Frei-Zeit-Orientierung" (Opaschowski 1995, S. 20) zum Ausdruck. Die heutige Generation legt großen Wert auf die Freizeit und sieht sie als einen unverzichtbaren Teil der Lebensqualität (ders.). Das lässt sich darauf zurückführen, dass die Freizeit einen Spielraum für die Erfüllung eigener Träume und Sehnsüchte sowie für die Verwirklichung persönlicher Wünsche bietet. Ferner besitzt Freizeit ein Genusspotenzial[2], das Glücksempfinden ermöglicht (vgl. Opaschowski 1997a). Die zur freien Disposition stehende Freizeit förderte die Hinwendung zur hedonistisch geprägten Lebensweise. Genuss, Selbstverwirklichung und das Erlebnis werden angestrebt (vgl. Wachter 2001, S. 76).
Zunehmend geriet das Erlebnis ins Zentrum der persönlichen Wertorientierung. Erlebnisse wurden zum wichtigen Aspekt der Lebensqualität und prägen die Auffassung vom Sinn des Lebens (vgl. Schulze 1992). Den dargestellten Wandel der Gesellschaft sieht Schulze nicht nur als den „Weg von der Pauperismuskrise zur Sinnkrise" vielmehr beschreibt er ihn als einen „Weg von der Überlebensorientierung zur Erlebnisorientierung" (S. 55).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Wandel der ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen einen Wertewandel einleitete, der die Menschen individuell sowie kollektiv prägte. Werteverschiebungen definierten unter anderem die Einstellung zu Konsum, Arbeit und Freizeit. Freizeit wurde als Erlebniszeit neu bewertet. Der Hedonismus und der Individualismus sind als ausschlaggebende Wertehaltungen zu betrachten, aus denen die Erlebnisorientierung unserer Gesellschaft resultiert.
3.1.1 Die Erlebnisorientierung
Im Folgenden wird auf die Erlebnisorientierung unserer Gesellschaft näher eingegangen. In diesem Zusammenhang wird geklärt, was Erlebnisorientierung bedeutet und wie sie sich äußert.
Nach Schulze (1992) spielt die Vermehrung der Möglichkeiten, die im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Aufhebung der traditionellen gesellschaftlichen Rollen auftrat, eine wichtige Rolle zur Herauskristallisierung der Erlebnisorientierung unserer Gesellschaft. Das Individuum steht vor der täglichen Wahl, sein Leben zu gestalten, und muss aus einer Fülle von Möglichkeiten, Produkten und Dienstleistungen auswählen.
Das Angebot ist vielfältig, Marktnischen sind gefüllt. Viele Produkte sind vom Gebrauchswert so gut wie identisch. Die Wahlsituation zwingt die Menschen, eine Entscheidung zu treffen, die nicht vom Gebrauchswert eines Produktes abhängig ist, sondern sich an ästhetischen Kriterien orientiert. "Der Erlebniswert von Angeboten überspielt den Gebrauchswert und wird zum dominierenden Faktor der Kaufmotivation und der Kalkulation von Absatzchancen" (Schulze 1992, S. 59).
Die Folge der o.g. Vermehrung der Möglichkeiten war somit eine Veränderung der Handlungsmotivationen. Sichtbar werden die Handlungsmotivationen, wenn gegensätzliche Gesellschaftsformen miteinander verglichen werden. Individuen, die in einer Gesellschaft leben, die durch Knappheit und Armut gekennzeichnet ist, handeln im Allgemeinen außenorientiert: Arbeit dient dem Überleben, Nahrungsaufnahme dem Stillen von Hunger, Kleidung schützt vor Kälte bzw. Hitze (vgl. Wachter 2001, S.93 f). Unsere Gesellschaft hingegen handelt innenorientiert. Das heißt, dass Entscheidungen nach inneren Bedürfnissen getroffen werden. Das Individuum setzt sich mit seinen Wünschen und Zielen auseinander. Die innenorientierte Lebensauffassung, bei der das Subjekt im Zentrum des Denkens und Handelns steht, bezieht sich auf viele Ebenen des Lebens: Kleidung, Essen, Partnerschaft, Kinder, Wohnen, Bildung, Arbeit und vieles mehr (vgl. Schulze 1992). Wenn innenorientierte Menschen auf der Suche nach Erlebnissen sind, so suchen sie nach Gefühlen, die sich in ihnen selbst abspielen wie z.B. Liebe, Glück, Anregung (vgl. Hennings 2000, S. 60). So dient beispielsweise die tägliche Nahrungsaufnahme nicht nur dem Stillen des Hungers, vielmehr wird der kulinarische Genuss zelebriert. Durch die Innenorientierung treten Wünsche in den Vordergrund, die bei einer außenorientierten Haltung nicht existieren.
Schulze (1992) nennt ein Beispiel, das den innenorientierten Entscheidungsprozess darstellt: Selbst beim Kauf von Seife muss sich der Konsument auf „erlebnisorientierte Zusatzqualitäten" (S. 59) einlassen. Allein der Gebrauchswert einer Seife reicht nicht aus, um sich für ein Produkt zu entscheiden. Das Angebot an Seifen ist vielfältig und reicht von „...wilder Frische, cremiger Zartheit, [über] erotische Formgebung [bis hin zur] Naturbelassenheit" (ebd.). Die Notwendigkeit der Wahl zwingt den Konsumenten, sich mit seinen Bedürfnissen auseinander zu setzen. Erst, wenn er weiß, was er will, kann er sich für eine bestimmte Seife entscheiden.
Das Individuum ist demnach durch Situationen gezwungen, sich mit seinem Inneren zu beschäftigen. Daraus entsteht eine Lebensauffassung, die Schulze „Projekt des schönen Lebens" nennt. Durch den neuen Selbstbezug zu sich selbst „...achtet [der Mensch] darauf, wie er erlebt, und versucht die Umstände so zu arrangieren, dass er sie schön findet" (Schulze 1992, S. 40). Angestrebt wird das positive Gefühl durch den Erwerb oder Konsum eines Produkts.
Das Bewusstsein für diesen Prozess und darauf gerichtete Handlungen nennt Schulze Erlebnisrationalität. „Das Subjekt wird sich selbst zum Objekt, indem es Situationen zu Erlebniszwecken instrumentalisiert. Erlebnisrationalität ist der Versuch, durch Beeinflussung äußerer Bedingungen gewünschte subjektive Prozesse auszulösen. Der Mensch wird zum Manager seiner eigenen Subjektivität, zum Manipulator seines Innenlebens" (Schulze 1992, S. 40).
Die Zunahme der Erlebnisorientierung bezieht sich nicht nur auf den Konsum. Selbst der Körper wird als Erlebnismedium empfunden, und die Psyche wird mit Begriffen wie Sensibilität, „Empfindungsreichtum, Gefühlsintensität" (Schulze 1992, S. 59) versehen. Auch soziale Kontakte werden anhand von erlebnisorientierten Kriterien ausgewählt. Das familiäre Gefüge sowie Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Schicht rücken in den Hintergrund. Es bilden sich neue Gruppen, deren Zusammengehörigkeit aus einer Unsicherheit und einem Orientierungsbedarf, durch die Zunahme an Optionen, resultiert (Schulze 1992, S. 177 ff).
Zusammenfassend betrachtet lässt sich erlebnisrationales Handeln auf einen Entscheidungsdruck zurückführen, der bei einem Überangebot an Konsum - und Erlebnismöglichkeiten entsteht. Die Menschen handeln erlebnisrational, sie wählen nur die Angebote aus, die intensive, positive Emotionen vermitteln. Nützlichkeit und Funktion treten dabei in den Hintergrund. Darüber hinaus erfasst die Erlebnisorientierung alle Bereiche des Lebens, wie Partnerschaft, Elternrolle, den Beruf, die Teilnahme am politischen Leben, das Verhältnis zum eigenen Körper und zur Natur (vgl. Schulze 1992). Des weiteren hat sie Einfluss auf das Zugehörigkeitsempfinden zu sozialen Gruppen. Vor diesem Hintergrund wird eine gesellschaftliche Umorientierung sichtbar. Schulze (1992, S. 40 ff) folgert, dass das Erlebnis unter dieser Berücksichtigung keine zufällige Erscheinung mehr ist, sondern ein durch strategisches Handeln bezwecktes Ziel. In welchem Umfang sich die Erlebnisorientierung auf den Konsum sowie auf den Markt auswirkt, wird im Folgenden diskutiert.
3.1.2 Der Erlebniskonsum
Die Erlebnisorientierung einer Gesellschaft wird anhand des Konsums sichtbar. Nach Opaschowski (2002a, S. 204; 2002b, S. 236) sah sich im Jahr 2000 ein großer Teil (49 %) der Bundesbürger als Erlebniskonsument. Besonders verbreitet ist die Tendenz zum Erlebniskonsum[3] unter den jungen Menschen (68 %). Die ältere Generation hingegen zählt sich größtenteils (76 %) zur Gruppe der Versorgungskonsumenten[4].
Wie Schulze (Kap 3.1.1) spricht auch Opaschowski von der „Sehnsucht nach dem schönen Leben" (2002b, S. 236). Im Gegensatz zum Versorgungskonsum, erfüllt der Erlebniskonsum die Wünsche des schönen Lebens. Erlebniskonsumenten zeichnen sich dadurch aus, dass sie „... sich Außergewöhnliches leisten, auch wenn sie dafür gelegentlich zu viel Geld ausgeben oder gar über ihre Verhältnisse leben" (Opaschowski 2002a, S. 204). Ihre Motivation sehen sie in einem möglichst lang andauernden und unbeschwerten Genuss des Konsumierens, der im Gegensatz zum hastigen und unproblematischen Versorgungskonsum steht, der schnell erledigt sein muss (vgl. Opaschowski 2002b, S. 238).
Nach Opaschowski spielt die zunehmende Genussorientierung der Bundesbürger[5] eine wichtige Rolle für die Zunahme des Erlebniskonsums. Der Autor differenziert in diesem Zusammenhang zwischen „E-Menschen" (Erlebniskonsument) und „V-Menschen" (Versorgungskonsument). Der E-Mensch konsumiert im Gegensatz zum V-Menschen genussvoll, und möchte sein Bedürfnis nach Genüssen befriedigen. Der Genuss, als wesentliches Motiv für den Erlebniskonsum, hat inzwischen den Status erreicht, den der Gebrauchswert und die Notwendigkeit von Produkten und Dienstleistungen im Versorgungskonsum besitzen (1995, S. 130 ff).
Der Konsument lebt jedoch nicht exzessiv und stürzt von einem Erlebnis in das nächste. Vielmehr konsumiert er nach der Devise „'Erst-Genuß-dann-Verzicht'" (vgl. Opaschowski 1995, S. 132). Das bedeutet, dass zunächst viel Geld für teure Erlebnisangebote ausgegeben wird, das später an Gebrauchsgütern des Versorgungskonsums gespart wird.
Bis zum Jahr 2010 prognostiziert Opaschowski ein Ansteigen des Erlebniskonsums. Einerseits wird die Bereitschaft, immer mehr Geld für Erlebnisse auszugeben, steigen, während sich die Anzahl der Versorgungskonsumenten verringern wird (vgl. Opaschowski 2002a, S. 204; 2002b, S. 236). Andererseits wird eine stärkere Polarisierung zwischen Erlebnis- und Versorgungskonsum erkennbar sein (vgl. Opaschowski 1995, S. 141).
3.1.3 Der Erlebnismarkt
„In einer Erlebnisgesellschaft bekommt der Erlebniswert des Lebens eine außerordentliche Bedeutung und entwickelt sich gleichzeitig ein Erlebnismarkt, der massenhaft Erlebnisse inszeniert und den Wunsch nach einem schönen, interessanten, angenehmen und faszinierenden Leben verstärkt" (Opaschowski 2002b, S. 246).
Der Erlebnismarkt handelt mit ästhetisierten[6] Produkten, die auf innenorientierte Nachfrage zielen und mit Adjektiven wie z.B. schön, interessant, stilvoll, spannend, gemütlich bezeichnet werden können (vgl. Schulze 1992, S. 422). Möbel sollen beispielsweise nicht nur zweckmäßig und funktional sein, sondern auch o.g. Aspekte erfüllen. Es gibt Produkte, die werden ausschließlich innenorientiert nachgefragt, andere zeichnen sich durch eine Mischform von Außen- und Innenorientierung aus. Es bleibt nur ein kleiner Rest an, der schlicht außenorientiert nachgefragt wird (vgl. Schulze 1992, S. 428).
Schulze (1992) definiert den Erlebnismarkt als ein „...Zusammentreffen von Erlebnisnachfrage und Erlebnisangeboten..." (S. 421), und stellt die These auf, dass der Erlebnisnachfrage und dem Erlebnisangebot eine Rationalität zugrunde liegt. Dabei muss der Erlebnisanbieter sein Angebot nach der Erlebnisrationalität (Kap. 3.1.1) der Erlebniskonsumenten richten. Der Anbieter braucht demnach ein Bewusstsein für die innenorientierten Wünsche der Nachfrager. Vor diesem Hintergrund wird das Angebot nicht nur außenorientiert modernisiert, wie z.B. durch technischen Fortschritt, sondern auch auf der erlebnisrationalen Ebene (ders. S. 419).
Erlebnisnachfrager handeln innenorientiert, bezogen auf ihr Gefühlsleben. Sie können weder beschreiben, was sie wollen, welche Art von Erlebnis sie anstreben, noch können sie sicher sein, ob sie erfolgreich sein werden, ein Erlebnis zu haben. „...auf dem Erlebnismarkt bekommt man nur die Zutaten. Niemand kann jedoch auch noch die subjektive Konstruktion des Erlebnisses als alltagsästhetische Dienstleistung mitliefern“ (Schulze 1992, S. 431). Doch diese Unsicherheit und das Enttäuschungsrisiko blendet der Erlebniskonsument aus. Statt dessen folgt er einem innenorientierten Rationalitätstypus, der sich aus der Strategie[7], das passende Produkt auszuwählen, sowie dem Ziel, ein Erlebnis zu haben, bildet (ders. S. 431 ff).
Für die Erlebnisanbieter steht die Publikumswirksamkeit im Zentrum des Interesses. Um erfolgreich auf dem Erlebnismarkt zu bestehen, müssen sie sich mit dem Rationaltypus der Erlebnisnachfrager auseinandersetzen. Es bildete sich ein außenorientierter Rationalitätstypus samt eigener Strategie[8] (vgl. Schulze 1992, S. 439 ff). Aus dem Aufeinandertreffen der Strategien beider Rationalitätstypen und ihrer gegenseitiger Bestätigung entsteht ein voneinander abhängiges Zusammenspiel. Es bildet sich eine Dynamik des Erlebnismarktes aus (ders. S. 443).
Die oben genannte Rationalität der Erlebnisanbieter impliziert Marketingstrategien. Opaschowski (1995, S. 144) betrachtet erlebnisorientiertes Marketing als unverzichtbares Mittel, um Waren als Erlebnisangebote zu verkaufen und somit eine Position auf dem Erlebnismarkt zu sichern. Erlebnismarketing muss Produkte mit Emotionen beseelen, dabei sollen alle Sinne angesprochen werden. So können Produkte „emotionale Konsumerlebnisse“ (Opaschowski 1995, S. 145) schaffen. Gleichzeitig erhält das Produkt ein USP[9]. Es wird somit einmalig und individuell, und tritt aus der Masse des übersättigten Marktes hervor. Der Autor weist darauf hin, dass Erlebnismarketing mehr als die reine Befriedigung von Bedürfnissen bedeutet, vielmehr soll die Lebensqualität und -zufriedenheit gesteigert werden (ders. S. 138 ff).
Auf dieser Basis entstanden Erlebniswelten[10]. Aus Kaufhäusern wurden Erlebniseinkaufscenter und Urban Entertainment Center, Hotels wurden Themen- oder Erlebnishotels, der klassische Zoo wurde zum Erlebnispark, auch das Museum wird immer mehr zum Erlebnis für alle Sinne (vgl. Kagelmann 1998).
Alle Arten von Erlebniswelten verfolgen ein gemeinsames Ziel, sie möchten ihren Besuchern eine Gegenwelt zum Alltag bieten. In einer Phantasiewelt sollen sich die Besucher amüsieren, sollen genießen und erleben. Sorgen und Stress werden während dessen vergessen (vgl. Opaschowski 2000b, S. 47 ff). Opaschowski (2000a) sieht Parallelen zwischen Religion bzw. Kirche und den Erlebnismachern. Seiner Meinung nach versprechen beide den Menschen Glück und Lebensfreude. Vor diesem Hintergrund stellt der Autor eine berechtigte Frage: Werden Freizeit und Erlebniswelten zu „...neuen Kathedralen des 21. Jahrhunderts[,] zum Heiligtum für erlebnishungrige Menschen?“ (2000a, S. 105).
3.2 Erlebnisorientierung in Freizeit und Tourismus
Im Zuge des geschilderten Wertewandels wird die Erlebnisorientierung unserer Gesellschaft speziell in der Freizeit und im Tourismus deutlich. „Der Urlaub ... ist eine der empfindlichsten emotionalen Situationen, denen der moderne Mensch ausgesetzt ist“ (Romeiß-Stracke 1998, S. 178). In diesem Rahmen erhoffen sich Erlebnissuchende die Erfüllung ihrer Wünsche und Träume. Freizeit und Tourismus können als Erlebnis-Spielwiese der heutigen Zeit gesehen werden, müssen im Gegensatz zur Arbeit einen Raum zur Selbstverwirklichung und Befriedigung der innenorientierten Bedürfnisse bieten (vgl. Opaschowski 1995, S. 45). Für Opaschowski ist Erlebnis ein wichtiges Schlagwort der aktuellen Freizeit- und Tourismusforschung. Seiner Meinung nach hat sich ein Wandel der Tourismus- und Freizeitindustrie zur Erlebnisindustrie vollzogen (2002a, S. 242 ff; 1995, S. 23).
3.2.1 Der Tourismusmarkt im Wandel
Der Tourismusmarkt befindet sich seit den 90er Jahren in einer Krise, behaupten Tourismus- und Freizeitforscher, wie Steinecke (1997), Morasch (1998), Kagelmann (1998) und Opaschowski (2002a). Der Markt sei gesättigt, es lasse sich kein touristisches Wachstum verzeichnen. Das Überangebot verschafft den Anbietern Absatzschwierigkeiten. Aufgrund der Globalisierung geht die Nachfrage in den europäischen Destinationen zurück. Der Wettbewerb findet auf der internationalen Weltbühne statt. Zugleich hat sich das Nachfrageverhalten geändert, Konsumenten sind aufgrund ihrer zunehmenden Reiseerfahrung anspruchsvoller, kritischer und preissensibler geworden (vgl. Steinecke 1997, S. 7 ff; Steinecke 2000, S. 11 f).
In der touristischen Nachfrage lassen sich mehrere Trends mit deutlichem Bezug zum o.g. Wertewandel feststellen (vgl. Steinecke 1997). Um als Anbieter auf dem Tourismusmarkt erfolgreich zu sein, ist die Kenntnis der Trends der touristischen Nachfrage unverzichtbar. Die Trends werden im Folgenden dargestellt (vgl. Steinecke 1997, S. 9 ff):
Angesichts der Reiseerfahrung und der damit verbundenen Vergleichsmöglichkeiten sind die Ansprüche der Konsumenten gestiegen. „Der Gast empfindet die Basisleistung wie Unterkunft, Gastronomie und Unterhaltungsangebote eines Tourismusortes oder einer Tourismusregion als Selbstverständlichkeit, erwartet wird eine ergänzende Zuatzleistung mit hohem emotionalen Wert“ (ders. 1997, S. 9).
Das gesellschaftliche Phänomen der Individualisierung setzt sich in Tourismus und Freizeit fort. Konsumenten haben durch ihr Bedürfnis nach Individualität ein Verlangen nach Einzigartigkeit und Exklusivität. Des weiteren ist ihr Verhalten geprägt von Flexibilität und Kurzfristigkeit. Reiseentscheidung werden flexibel getroffen, Buchungen kurzfristig vorgenommen. Freizeit- und Urlaubsaktivitäten sowie die Reisemotive zeichnen sich durch ihre Komplexität aus. „Anstelle eines Hauptmotives ist nun ein Bündel von Reisemotiven zu beobachten, zu denen u. a. der intensive Genuß, die Erholung in der Natur, etwas Neues sehen, das sinnliche Erleben, die Gesundheit und die Zeitsouveränität zählen“ (Steinecke 1997, S. 10).
Bei der Wahl der Freizeit- und Urlaubsaktivitäten stehen mehrere Motive im Hintergrund, die sich kurzfristig ändern können. Steinecke führt diese Entwicklung auf die „...steigende Pluralität der Lebensstile...“ (Steinecke 1997, S. 11) zurück, und erkennt darin einen Wunsch des Individuums nach einem „...Ausbruch aus der Massengesellschaft...“ (ebd.). Für den Anbieter bedeutet das, dass er eine breite Angebotspalette bereitstellen muss, um Kundenbedürfnisse befriedigen zu können.
Abschließend sieht Steinecke die „Diversifizierung der Zielgruppen“ (1997, S. 11) als einen Trend. Herkömmliche Zielgruppen müssen präziser definiert werden. Für die Freizeit- und Tourismusbranche ergeben sich beispielsweise Zielgruppen, wie junge Doppelverdiener ohne Kinder (Dinks) oder die jungen Alten, für die sich entsprechende Konzepte ausarbeiten lassen.
Auch Opaschowski (2002a, S. 241 ff; 1995 S. 164 ff) ist der Meinung, dass sich das Konsumentenverhalten in Bezug auf Tourismus verändert hat. Wie Steinecke, spricht er von der Sättigung des Marktes, dem Trend zur Individualisierung und den wachsenden Ansprüchen der Touristen. „Die Reisenden hätten fast alles schon erlebt und im 21. Jahrhundert gäbe es keine touristischen Abenteuer mehr. ...Reisen sei alltäglich und der Tourismus eine Banalität geworden“ (2002a, S. 279).
Die Erlebnisorientierung scheint der Ausweg aus der Krise zu sein (vgl. Kagelmann 1998). Die Freizeit- und Tourismusbranche muss mit der Entwicklung der Gesellschaft im Hinblick auf die Suche nach Erlebnissen Schritt halten können. „Erlebnisqualität ist zunehmend gefragt, also psychologische Extras, die besondere Erlebnisse versprechen, ohne Erholung zu verhindern“ (Opaschowski 2002a, S. 275).
Folglich müssen sich die Tourismusmacher Neues einfallen lassen, um den verwöhnten Gästen etwas bieten zu können. Opaschowski (2002a) fordert in Anbetracht des „Erlebnis-Zeitalter[s]“ (S. 270) neue Urlaubskonzepte, um die gestiegenen Wünsche und Erwartungen der erlebnisorientierten Gäste erfüllen zu können. „Der Tourismus muss neue Wege gehen, ...Erlebnismarketing zum Herzstück strategischer Planung machen“ (2002a, S. 279). Erlebnisstrategien, so der Autor, „...müssen auf Highlights, variable Bausteinprogramme und Nischenmarketing setzen, Phantasie besitzen und Perfektion beherrschen...“ (2002a, S, 270).
Um auf dem Markt bestehen zu können, müssen touristische Destinationen demnach ihr Angebot auf die Erlebnisrationalität der Gäste abstimmen (vgl. Kap. 3.1.3). Was unter dem Begriff Erlebnisangebot im touristischen Sinn verstanden wird, und wie Konsumenten darauf reagieren erklärt der nächste Abschnitt.
3.2.2 Das Erlebnisangebot als notwendige Konsequenz
Wie der obige Abschnitt gezeigt hat, sind touristische Destinationen von der Erlebnisorientierung nicht ausgeschlossen. Ganz im Gegenteil, gerade der Tourismus- und Freizeitmarkt hat die Aufgabe, Erlebnisse 'am laufenden Band' zu liefern. Die ausgeprägte Erlebnissuche stellt besonders hohe Erwartungen an touristische Destinationen. Ein erlebnisorientiertes Angebot als Reaktion ist unverzichtbar. An dieser Stelle taucht die Frage auf, wie erlebnisorientierte Angebote im touristischen System einzuordnen sind. Eine Rangfolge des touristischen Angebotes ermöglicht eine systematische Einordnung von Erlebnisangeboten (vgl. Wachter 2001, S. 110 f).
Das Erlebnisangebot ist als hierarchische Spitze einer dreistufigen Angebotspyramide einzuordnen, dessen Fundament das Basisangebot, dessen zweite Stufe das Standardangebot bildet. Das Basisangebot einer touristischen Destination umfasst die „...landschaftliche Schönheit, eine intakte Natur sowie ein in Qualität und Quantität zufriedenstellendes Beherbergungs- und Gastronomieangebot“ (Wachter 2001, S. 110). Das Vorhandensein des Basisangebots wird von den Gästen als selbstverständlich gesehen. Können Destinationen die Erwartungen nicht erfüllen, ist der Gast unzufrieden. Ähnlich verhält es sich mit dem Standardangebot, zu dem eine moderne und attraktive touristische Infrastruktur sowie gute Serviceleistung zählen. Lücken im Standardangebot lösen beim Gast Enttäuschungen und Missmut aus. Eine Befriedigung der Bedürfnisse auf dieser Ebene erzeugt nicht unbedingt Zufriedenheit, eher Gleichgültigkeit. Erst das Erlebnisangebot, an der Spitze der Pyramide, ermöglicht Glücksempfinden und Unvergesslichkeit des Urlaubs. „Sind Erlebnisangebote vorhanden, bilden sie jenen Mehrwert, den sich der Tourist von seinem Urlaub erhofft. Fehlen sie, ist der Tourist zwar nicht verärgert, allerdings vermisst er jenes außergewöhnliche Element, das den Unterschied zu durchschnittlichen Angeboten ausmacht“ (Wachter 2001, S. 111).
Nach Wachter (2001, S. 111) besteht vor allem bei traditionellen touristischen Destinationen ein Mangel an Erlebnisangeboten, der zu beseitigen ist. Erlebnisangebote können einer Destination zu einem Wettbewerbsvorteil verhelfen und schaffen ein Alleinstellungsmerkmal, sofern sie authentisch sind, d.h. auf den Ressourcen der Destination basieren. Der Autor warnt jedoch vor Imitation von Erlebnis-Angeboten, da einerseits Erlebnisse nicht gewährleistet werden können, andererseits mit Verlust von Authentizität und Charakter gerechnet werden muss. Inwiefern das touristische Angebot erlebnisrational erweitert werden kann, beschreibt folgender Abschnitt.
3.2.2.1 Erlebbare Attraktionen als Fundament des Erlebnisangebots
Der Erlebnishunger der Konsumenten muss durch anziehende, interessante und erlebbare Attraktionen[11] gesättigt werden. Attraktionen stellen ein primäres Anziehungsmerkmal für Touristen dar. „Attraktionen sind der eigentliche Motor für die touristische Reiseentscheidung. Ihre Attraktivität entscheidet sehr häufig über Erfolg und Misserfolg einer touristischen Destination“ (Wachter 2001, S. 49). Sie bilden außerdem das Fundament, das für die Entstehung einer touristischen Destination ausschlaggebend ist (vgl. Wachter 2001, S. 22 ff).
Nach Wachter (2001) durchlaufen touristische Attraktionen, wie herkömmliche Produkte, einen Lebenszyklus, der aus mehreren Phasen besteht. Einer Markteinführungsphase folgt eine Wachstumsphase, die zu einer Stagnationsphase führt. Angesichts des veränderten Nachfrageverhaltens der Konsumenten verkürzt sich der Lebenszyklus von Attraktionen sogar. Mindert sich der Reiz einer Attraktion, kann es zu rückläufigen Gästezahlen kommen.
Um auf dem Markt bestehen zu können, müssen sich Destinationen dem Attraktionsmanagement widmen. „...Attraktionen [müssen regelmäßig] weiter entwickelt werden..., um deren Anziehungskraft längerfristig zu bewahren und strategisch zu nützen“ (Wachter 2001, S. 27). Zu einem erneuten Wachstum, einer Stagnationsphase folgend, kann die Erlebnisorientierung des touristischen Angebotes verhelfen. Angebote können erlebnisrational erweitert, oder durch neue Erlebnisangebote bereichert werden. Es muss eine unwiderstehliche Kaufsituation geschaffen werden, die über den üblichen Konsum hinaus die innenorientierten und mit Emotionen aufgeladenen Wünsche der Konsumenten anspricht. Dies geschieht mittels einer Inszenierung. Es werden bei den Konsumenten Bedürfnisse angesprochen, die nach Befriedigung verlangen. Ziel dieser Strategie ist die Gewinnung neuer Gästeschichten sowie eine Imageprofilierung (vgl. Wachter 2001).
Auch Steinecke (1997, S. 13 ff) ist der Meinung, dass touristische Attraktionen bzw. Produkte durch Einmaligkeit und Emotionalität eine solch starke Anziehungskraft besitzen müssen, dass Konsumenten sie begehren. Im Rahmen des Begehrenskonsums sieht der Autor ebenfalls die Inszenierung als Strategie für die Gestaltung touristischer Attraktionen und Produkte. Im folgenden Abschnitt werden Methoden und Strategien der Gestaltung von Erlebnisangeboten vorgestellt.
3.2.2.2 Inszenierung als Strategie für die Gestaltung touristischer Angebote
Die Inszenierung ist für viele Autoren (Steinecke 1997, 2000; Morasch 1998; Romeiß-Stracke 1998; Wachter 2001; Wenzel/Franck 1998; Opaschowski 2002a) das Schlüsselwort für die Gestaltung des touristischen Erlebnisangebots. „...Erlebnisse entstehen vor allem durch Inszenierung...“ (Wachter 2001, S. 111). Die Inszenierung soll eine Traumwelt und Gefühlswelt schaffen, in der „...der Teilnehmer alles real erleben, sich hineindenken, erleiden, fühlen und genießen kann...“ (Morasch 1998, S. 56).
Romeiß-Stracke (1998) sieht die Inszenierung, entgegen der Kritik sie sei etwas Künstliches, Oberflächliches und Kulissenhaftes, als ein Mittel für ein „bewusstes Gestalten“ (S. 179) zeitgemäßer Freizeit- und Tourismusangebote nach den Bedürfnissen der Konsumenten. Inszenieren bedeutet, das touristische Angebot zu revitalisieren, es bewusst und zielorientiert zu gestalten, um den Gast zu verzaubern. Neben dem Ziel zu unterhalten, kann die Inszenierung auch als Methode zur Informationsvermittlung genutzt werden (vgl. Wachter 2001). Inszenierung soll authentisch, kreativ und ehrlich sein, und muss vor allem an Ressourcen der Destination anknüpfen. Das heißt, dass durch eine standortspezifische Themenwahl ein Bezug zur Destination gegeben sein muss (vgl. Wachter 2001, Romeiß-Stracke 1998).
Steinecke (1997, S. 15 f) entwickelte das „DESIRE-Modell“ für das strategische Inszenieren von touristischen Angeboten und Attraktionen. Es umfasst mehrere Strategien des Erlebnismarketings. Als Bündel etikettiert sie der Autor als Grundprinzipien der Inszenierung:
• Design / Ästhetik attraktiv, spektakulär gestalten, für die Wahrnehmung auf dem Markt
• Emotionen / Erlebnisse vermitteln, um Kunden zu begeistern und Kundenbindung zu schaffen
• Sicherheit / Conveniece[12] schaffen, Produktsicherheit, pers. Sicherheit und Bequemlichkeit
• Individualität / Spontaneität, um die komplexen Kundenbedürfnisse zu befriedigen
• Resorts schaffen mit einem Angebotsmix aus vielfältigen Wahlmöglichkeiten
• Exklusivität / Privilegien vermitteln, den Wunsch nach Besonderem befriedigen
Im Folgenden werden grundlegende Methoden der Inszenierung vorgestellt, mit deren Hilfe touristische Angebote und Attraktionen erlebbar gemacht werden. Eine intensive und ausführliche Auseinandersetzung folgt in der Darstellung der Kriterien (Kap. 7).
Die Inszenierung von touristischen Angeboten basiert auf einem kreativen und innovativen Prozess, dem didaktische und methodische Reflexionen vorangehen. Sie impliziert die Elemente Thematisierung, Dramatisierung und Mythisierung. Der Gesamteffekt der Inszenierung ist eine Dynamisierung der Inhalte, mit dessen Hilfe touristische Attraktionen lebendig gemacht werden können (vgl. Wachter 2001, S. 171 ff).
Die Thematisierung ist ein wesentliches Merkmal für erlebnisorientierte Angebote. Auf diese Weise können Inhalte vermittelt werden, sie werden „erfassbar und erfahrbar“ (Kagelmann 1998, S. 84). Das Thema muss allerdings emotional zugänglich, einmalig und attraktiv genug sein, um das Interesse der Gäste zu wecken. Innerhalb des Themas müssen Geschichten (Storytelling) auftauchen, die den Gast auf der Gefühlsebene ansprechen und in die Geschichte einbeziehen. Dies führt zu einer Identifizierung mit der Geschichte und einem besseren Verständnis des Themas. Es darf nicht übersehen werden, welche Atmosphäre Themen in sich bergen. Atmosphären können für intensives Erleben genutzt werden (vgl. Schober 1993b). Thematisierung muss ebenso hinsichtlich der räumlichen Gestaltung umgesetzt werden. Alles in allem muss sich der Gast in einer anderen Welt wiederfinden (vgl. Kagelmann 1998, Wachter 2001).
Geschichten lassen sich mit Hilfe der Mythisierung intensiver erfahrbar machen. Dabei wird die Attraktion oder die gesamte Destination mit einem Mythos verbunden. Eine Geschichte oder Legende kann den Gast faszinieren und die Attraktion zu einem Mythos werden lassen. Mythen verschaffen ein Alleinstellungsmerkmal und bilden ein Image. „Eine strategische Mythisierung ist auch die Grundlage für den Ausbau einer Marke, die das Projekt wirklich unverwechselbar macht und eine längerfristige Profilierung und Positionierung bewirken kann“ (Wachter 2001, S. 169).
Dramaturgie kann Erlebnisse steigern. Ein Spannungsbogen sowie ein thematischer roter Faden haben zum Ziel, Gäste in den Bann zu ziehen, Langeweile zu verhindern. Durch verschiedene aufeinanderfolgende Phasen, wie Ruhe und Spannung, können Emotionen gelenkt und Erlebniswerte hervorgerufen werden. Dramaturgie bezieht sich auf die zeitliche, thematische und räumliche Ebene (vgl. Wachter 2001).
Erlebnisse können auf drei Ebenen stattfinden. Auf der visuellen, der verbalen und sinnlichen Ebene, wie z.B. durch gastronomische Genüsse. Daraus lässt sich ableiten, dass Erlebnisgestaltung vielschichtig geboten werden kann. Vor diesem Hintergrund räumt Opaschowski ein, dass bei der Gestaltung von Erlebnisangeboten einem angenehmen Ambiente, einer entspannten Atmosphäre und einer kommunikativen Animation besondere Beachtung zu schenken ist. Ein ökonomischer Nutzen dessen wäre die Verlängerung der Verweildauer der Konsumenten, eine Erhöhung der Kundenzahl und dadurch eine Steigerung des Umsatzes (vgl. Opaschowski 1995, S. 141 ff).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei der Gestaltung des touristischen Erlebnisangebots darauf ankommt, dass ein thematischer Bezug zum Standort gegeben ist. Nur wenn diese Vorraussetzung erfüllt ist, sind touristische Erlebnisangebote authentisch erfahrbar und können zu einem Verständnis der touristischen Destination des Gastes führen. „Touristische Produkte zu kulturellen Themen wirken bei der Positionierung häufig als verbindende Elemente, die innerhalb und außerhalb der Region Identität und Profil verleihen“ (Wachter 2001, S. 14).
3.3 Kulturtourismus
Nachdem im vorhergegangenen Abschnitt auf den Tourismus im Allgemeinen eingegangen wurde, wird nun speziell ein Segment thematisiert, der Kulturtourismus. Jede Destination bietet Themen und Inhalte zwecks einer erlebnisorientierten Inszenierung, die den Gast faszinieren können. Sie zählen in den meisten Fällen zu der kulturellen Identität einer Destination. Neben natürlichen Attraktivitätsfaktoren (z.B. Klima, Natur) sind künstliche Attraktivitätsfaktoren (z.B. Sehenswürdigkeiten, Veranstaltungen), sprich kulturelle Sehenswürdigkeiten einer Destination ausschlaggebend für die Entscheidung eines Reiseziels (vgl. Weber 1996).
An dieser Stelle folgt eine Begriffsbestimmung von Kultur, die als Grundlage für die weitere Darstellung dient. „Unter Kultur ist heutzutage die Gesamtheit der geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Faktoren zu verstehen, die das Wesen einer Gesellschaft oder einer gesellschaftlichen Gruppe ausmacht. Sie umfasst neben den schönen Künsten und den Geisteswissenschaften die Lebensformen, die menschlichen Grundrechte, die Wertordnungen, die Traditionen und die Glaubensformen“ (UNESCO 1986, zit. n. Wachter 2001, S. 119).
Die Definition macht deutlich, dass Kultur sich auf alle Ebenen des menschlichen Daseins bezieht. Folglich können touristische Angebote zu kulturellen Themen sehr differenziert sein. Sie können sich sowohl auf die Hochkultur, als auch Alltagskultur, (wie kulturhistorische Stätten, Traditionen, Feste und Religion, Wirtschaft und Politik der Vergangenheit sowie Gegenwart) beziehen.
Nach Wachter (2001) stellt die Kultur einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. „Kulturelle Veranstaltungen, kulturelle Denkmäler und kulturelle Eigenarten formen nach außen das Image eines Landes und wirken als wesentliche Katalysatoren für die touristische Entwicklung. Kulturbezogene touristische Angebote zählen zu den Wachstumssegmenten im internationalen Tourismus. Das touristische Interesse ist stetig im Wachsen begriffen“ (S. 118).
Nahrstedt (1996) sieht den Kulturtourismus als ein Ergebnis einer Entwicklung aus dem Massentourismus. Seiner Meinung nach vollzog sich eine Entwicklung des Kulturtourismus, die eine Qualitätssteigerung impliziert, die der Autor als kommunikativen Tourismus bezeichnet: „Nach der Phase der Erholungs- und Konsumreisen beginnt nunmehr eine Phase, in der der Mensch bei Reisen beginnt, sich selbst und sein Werk, seine Produkte und seine Kultur, aber auch seine Schäden an sich selbst und seiner Welt wiederzuentdecken. Sowohl Leistungen, als auch die Probleme und Perspektiven der Menschen werden Gegenstand des Tourismus und der Touristik. Damit wird Tourismus auch ein pädagogischer Gegenstand. Reisen heißt Lernen, nicht nur von Geschichte, sondern auch Lernen von Gegenwart und Zukunft. ... Kultur verstehe ich hier aber als Kommunikation über Sinn. Kulturtourismus führt zur Auseinandersetzung mit Sinn, wie ihn Menschen in Vergangenheit und Gegenwart entwickelt haben und künftig entwickeln könnten“ (Nahrstedt 1996, S. 11).
Mit Kulturtourismus sind nicht nur Bildungs- und Studienreisen gemeint. Kultur muss auch als ein ergänzendes und integriertes Element im Tourismus verstanden wird (vgl. Nahrstedt 1996). Dabei entscheidet jeder Tourist für sich, was als Kultur verstanden wird. Auch Dreyer (1996) lehnt eine Bestimmung von oben herab ab, und vertritt die Meinung, dass Kultur individuell empfunden wird und somit auch definiert werden soll.
3.3.1 Städtetourismus
Der Städtetourismus, als ein wesentlicher Zweig des Kulturtourismus, verzeichnet ein enormes Wachstum (vgl. Opaschowski 2002a, 1997b; Weber 1996; Dreyer 1996). Das Interesse an kulturtouristischen Angeboten zieht Gäste in Städte und Metropolen. Opaschowski (2002a, S. 257) spricht, in Anlehnung an die Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse, von einer Verdoppelung der Städtetouristen in der Bundesrepublik von 1986 (6 %) bis 1996 (12 %). Dieser Zuwachs lässt sich auf veränderte gesellschaftliche Strukturen, wie die Zunahme der Freizeit, des Wohlstands und der Bildung zurückführen (ders. S. 258).
Damit der Städtetourismus auch zukünftig im Trend liegt und weitere Zuwachsraten verzeichnen kann, muss innerhalb des Destinationsmanagements Attraktionsmanagement (vgl. Kap. 3.2.2.1) betrieben werden. In diesem Zusammenhang weist Opaschowski auf die Empfehlung des Deutschen Fremdenverkehrspräsidiums hin, dass „der Erhaltung der touristischen Attraktivität der Städte höchste Priorität [zukommen muss]“ (2002a, S. 258). Die Erhaltung bzw. Steigerung der urbanen Attraktivität lässt sich dann erreichen, wenn das klassische Angebot um Erlebnisangebote ergänzt und erweitert wird. Im Folgenden wird geklärt, welchen Einfluss Erlebnisorientierung auf Kultur hat und in Folge dessen auch auf das Segment des Kulturtourismus.
3.3.2 Erlebniswelt Kultur
Die Erlebnisrationalität der Gesellschaft hat Einflüsse auf die Betrachtungsweise von Kultur und den Kulturtourismus. Die Anschauungsweise wird von einer innenorientierten Lebensauffassung beeinflusst, die zu einem neuen Verständnis von Kultur führt. Anstelle früherer Ehrfurcht vor Kulturdenkmälern tritt ein Bedürfnis, Geschichte ganzheitlich und in Zusammenhängen zu verstehen. Es wächst das Interesse für die Alltagswelt der Vergangenheit und Einzelschicksale. Der Mensch will seine “...eigene Existenz vor einem individuellen kulturhistorischen Hintergrund verstehen, reflektieren und sucht daher nach konkreten Möglichkeiten zur Identifikation“ (Wachter 2001, S. 138).
Die Erlebnisorientierung scheint noch eine weitere Auswirkung auf das Kulturverständnis zu haben. Kultur ist nicht mehr nur der gebildeten Schicht zugänglich. Hemmungen, Barrieren und Ängste werden abgebaut und Kultur wird der breiten Bevölkerung zugänglich. Die Motivation für Kultur hat sich gewandelt: Das Interesse an Kultur leitet sich nicht mehr aus dem Wunsch nach Bildung ab. Stattdessen rücken Motive in den Vordergrund wie Unterhaltung, Geselligkeit und Erlebnis (vgl. Dreyer 1996). Kultur ist nicht mehr elitär und ernst. „Kulturlandschaft wird zum Erlebnisraum für ein breites Publikum“ (Opaschowski 1995, S. 199). Kulturangebote müssen nun Ansprüche erfüllen, um attraktiv zu sein. Es soll eine besondere Atmosphäre herrschen, sie müssen über einen Unterhaltungscharakter verfügen und eine Abwechslung vom Alltag bieten (vgl. Opaschowski 1998, S. 17 ff).
Vor dem Hintergrund der Erweiterung des kulturellen Interesses weist der Kulturtourismus ein überdurchschnittliches Wachstum auf (vgl. Opaschowski 1995, S 197; Wachter 2001, S. 14). Tourismusexperten wie Dreyer (1996) und Opaschowski (2002a, 1997b) sind der Meinung, dass Kultur und Kulturangebote ein wichtiger Standortfaktor für Städte geworden sind. Eine „urbane Attraktivität“ (Dreyer 1996, S. 25; Opaschowski 2002a, S. 256) hat positive Auswirkungen auf das Wohnumfeld und bringt tourismuswirtschaftliche Vorteile.
Im Rahmen einer Verbesserung von Umwelt- und Sozialverträglichkeit fügt Dreyer dem Erlebnis im Tourismus eine weitere Dimension hinzu. Der Autor sieht die Steigerung des individuellen Erlebens als Chance für die Entwicklung eines nachhaltigen touristischen Verhaltens, entgegenwirkend dem Abhaktourismus (1996, S. 44 f). „Durch die Kürze der Reise steigt die Gefahr, dass Sehenswürdigkeiten nur kurz angeschaut [und abgehakt], aber nicht erlebt und erfahren werden“ (Dreyer 1996, S. 44). Es sei die Aufgabe der Gästeführer und Reiseleiter, mittels ihrer pädagogischen Fähigkeiten, Gäste zum individuellen Erleben zu führen. Dreyer erkennt darin die Möglichkeit, zukünftig den Massentourismus (der den Abhaktourismus impliziert), samt seinem Ressourcenverbrauch, einzudämmen. Das Bewusstsein für das individuelle Erleben soll gestärkt werden, wobei Umwelt- und Sozialverträglichkeit zum Thema werden müssen. Dreyer fordert touristische Destinationen auf, dieses Thema aufzugreifen und umzusetzen (ders. S. 44 ff).
3.3.3 Erlebnisse als Medium für den kommunikativen Tourismus
Erlebnisse können als ein Medium für weiterführende Ziele verstanden werden. Sowohl die neue Anschauungsweise von Kultur, als auch Dreyers (1996) Ansatz zur individuellen Erlebnisförderung, zeigen inhaltliche Parallelen zum kommunikativen Tourismus nach Nahrstedt (1996) auf.
Bei beiden kommt deutlich eine zunehmende Reflexion der Kultur und des eigenen Ichs zum Ausdruck, die zu Einsichten und Verhaltensänderungen zugunsten einer Nachhaltigkeit und eines sanften Tourismus' führen kann. Der Wunsch nach ganzheitlichem Erleben und Verstehen wird hier deutlich: die Kultur einer fremden Destination erleben, ihre Geschichte und Gegenwart ganzheitlich verstehen, in sie eintauchen. Dies bildet meines Erachtens die Vorraussetzung dafür, dass Geschichte und Kultur emotional erlebt werden. Es lässt sich vermuten, dass durch den emotionalen Zugang mehr Verständnis für problematisierte Sachverhalte erzeugt werden kann als auf der Ebene der Vernunft. Zusammengenommen umfassen beide Ansätze ein Lernen auf Reisen im Sinne des kommunikativen Tourismus nach Nahrstedt.
3.4 Erlebnisorientierte Gästeführung
Aus dem gesamten vorangegangenen Teil von Kapitel 3 wird deutlich, dass das touristische Standardangebot um erlebnisorientierte Angebote ergänzt werden muss. Es sprechen viele Gründe für erlebnisorientierte Gästeführungen. Im Folgenden werden bereits thematisierte Theorien und Erkenntnisse zusammengefasst und auf die Gästeführung hin konkretisiert.
3.4.1 Zusammenfassung und Begründung erlebnisorientierter Gästeführungen
Die zunehmende Innenorientierung einschließlich der Erlebnisrationalität der Menschen aufgrund des Wertewandels wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Sie ist sogar besonders stark in Freizeit und Tourismus ausgeprägt. „Die Urlaubssituation ist emotional ungemein aufgeladen, sie ist befrachtet mit Erwartungen, Hoffnungen, Ängsten“ (Romeiß-Stracke 1998, S. 178). In Folge dessen haben sich neue Bedürfnisse entfaltet, die das touristische Nachfrageverhalten der Konsumenten verändert haben. Gleichzeitig ist eine Marktsättigung der Tourismusbranche zu verzeichnen. Um ein erneutes Wachstum hervorzurufen und auf das veränderte Nachfrageverhalten zu reagieren, bedarf es seitens der Anbieter erlebnisorientierter Angebote.
Aus dieser Zusammenfassung lässt sich schließen, dass auch die Gästeführung, als Teil des touristischen Gesamtangebots, um den Erlebniswert bereichert werden muss. Erlebnisorientierte Gästeführungen können zum einen die innenorientierten Wünsche befriedigen, zum anderen als ein Erlebnisangebot über das Standartangebot hinaus neue Gästeschichten anlocken, das Image stärken und ggf. zu ökonomischen Gewinnen verhelfen.
„Wenn traditionelle Sehenswürdigkeiten nicht um neue Erlebniswerte bereichert werden, verlieren sie schnell an touristischer Attraktivität“ (Opaschowski 2002a, S. 271). Demnach kann die erlebnisorientierte Gästeführung als Instrument des Attraktionsmanagements gesehen werden. Der Lebenszyklus von touristischen Attraktionen kann durch Erlebnisorientierung verlängert, ihre Anziehungskraft mittels Strategien, wie Inszenierung und Thematisierung, optimiert werden.
Gästeführungen bieten meiner Ansicht nach optimale Voraussetzungen, um Attraktionen um den vielzitierten Erlebniswert zu bereichern. Erlebnis-Gästeführung ist eine Art Verpackung, die touristische Sehenswürdigkeiten und Attraktionen erlebbar macht. Romeiß-Stracke umschreibt die Aufgabe von Erlebnissen im Tourismus folgendermaßen „...neue, möglichst intensive Erfahrungen mit sich selbst, mit anderen, mit gebauter und natürlicher Umwelt [zu ermöglichen]“ (1998, S. 178). Dies gilt in idealer Weise auch für Erlebnis-Gästeführungen.
Darüber hinaus funktionieren Erlebnis-Gästeführungen als ein Angebot an der Spitze der Angebotspyramide (Kap 3.2.2) in zweifacher Weise. Sie sind einerseits im touristischen System selbst als Erlebnisprodukt, bzw. Dienstleistung zu verstehen, andererseits machen sie klassische Sehenswürdigkeiten zu Erlebnisattraktionen und können evtl. einen Ausweg aus einer Stagnationsphase ihres Lebenszyklus bedeuten.
Letztendlich kann angenommen werden, dass klassische Gästeführungen, die nur darauf ausgerichtet sind, nacheinander gereihte Sehenswürdigkeiten (Abhaktourismus) zu präsentieren, nicht mehr zeitgemäß sind. Sie können den Ansprüchen der innenorientierten Touristen nicht mehr gerecht werden. Gästeführungen, die den Teilnehmer ausschließlich auf der kognitiven Ebene ansprechen, bieten ihm keine Möglichkeit, aus seiner passiven und rezeptiven Rolle herauszukommen. Mittels Erlebnisstrategien können die Teilnehmer aktiv werden und die komplexen Zusammenhänge verstehen und erleben (vgl. Wachter, S. 138).
Es wird Kritik geäußert, Erlebnisorientierung sei oberflächlich und künstlich, Erlebniswelten nur Kulisse und Volksbelustigung (vgl. Opaschowski 2000a, S. 53). Es muss differenziert werden: Erlebnisangebote in Form von Erlebnis-Gästeführungen, die sich auf natürliche Ressourcen und kulturelle Sehenswürdigkeiten beziehen, dabei kreativ und ehrlich sind, können diese Kritik widerlegen (vgl. Wachter 2001). Es werden keine künstlichen Freizeitwelten geschaffen, vielmehr gehen Kultur, Tourismus und Erlebnisrationalität eine intelligente Verbindung, in Richtung eines nachhaltigen Tourismus, ein.
Wie bereits erwähnt (Kap. 3.3.2), ist das Interesse breiter Bevölkerungsschichten an Kultur gewachsen. Vor dem Hintergrund, dass Gästeführungen in den meisten Fällen kulturelle Themen zum Inhalt haben (vgl. Schmeer-Sturm 1993, S. 156), schien es sinnvoll, dem Kulturtourismus als Segment besondere Beachtung zu schenken.
Wie bereits dargestellt, ist Kultur in der heutigen Zeit als Erlebnisraum zu verstehen, der Unterhaltung und Abwechslung bieten muss. Daraus ergibt sich eine weitere Notwendigkeit, kulturelle Attraktionen erlebnisreich zu gestalten. Erlebnisangebote in Kombination mit kulturellen Themen weisen mehrere positive Effekte auf. Erlebnis-Gästeführungen mit einem kulturellen Schwerpunkt können einerseits einer Destination Identität und Profil verleihen, so dass auf künstliche Erlebniswelten verzichtet werden kann. Andererseits können sie mit Hilfe von Didaktik und Methodik auf die veränderte Anschauungsweise und das Verständnis von Kultur (Kap. 3.3.2) eingehen.
Erlebnis-Gästeführungen können einerseits auf diese Weise das regionale Selbstbewusstsein und die kulturelle Identität stärken, sowie andererseits regionale Zusammenarbeit und die Dienstleistungskultur fördern. Ferner können sie der Destination Profil verleihen, und so den Bekanntheitsgrad erhöhen (vgl. Wachter 2001, S. 118).
Vorrausgesetzt, dass die methodische und didaktische Planung ein ganzheitliches Verständnis fördert, Reflexion des Ichs zulässt, sowie ein Bewusstsein für übergeordnete Themen, wie z.B. Umwelt- und Sozialverträglichkeit impliziert, besitzen Erlebnis-Gästeführungen das Potenzial zur Förderung von Nachhaltigkeit. Folglich kann die Erlebnis-Gästeführung, meinem Verständnis nach, in den Kontext des kommunikativen Tourismus nach Nahrstedt eingebettet werden.
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