Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen
2.1 Der Begriff „Standort“, „Standortpolitik“ und „Einzelhandel“
2.2 Ziele der Standortpolitik
3. Standortfaktoren
3.1 Standortmanagement
3.2 Instrumente der Standortwahl
4. Fallstudie Sonnentor Kräuterhandels GesmbH
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Auswahl typischer Geschäftslagen von Handelsunternehmungen
Abbildung 2: Geschäftsführer der Sonnentor Kräuterhandels GesmbH Johannes Gutmann im Interview
Abbildung 3: Sonnentor Wien Auhof
Abbildung 4: Identifikation optimaler Standorte für SonnentorFranchisepartner in der Region Wien
Abbildung 5: Ranking der Standortalternativen
Abbildung 6: Sensitivitätsanalyse Passantenfrequenz
Abbildung 7: Ranking Sonnentor und WKW
1. Einleitung
In modernen Volkswirtschaften ist Konsum verantwortlich für Zweidrittel der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, so dass die Nachfrage nach Gütern bei einer wachsenden Wirtschaft rasant ansteigt. Der Einzelhandel ist zur Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten unabdingbar. Produktion und Endverbraucher benötigen den Einzelhandel als Bindeglied.1 Es ist allgemein anerkannt, dass der Standort stationärer Einzelhandelsunternehmen einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für Unternehmen ist. Zugleich könne man eine schlechte Standortentscheidung nur schwer mit anderen Maßnahmen ausgleichen.2 Die Entscheidung einer Einzelhandelsunternehmung fuer einen bestimmten Standort determiniert gleichzeitig das relevante Einzugsgebiet somit das vor Ort herrschende Absatzpotential. Die Wahl des Standortes ist von verschiedenen, in dieser Arbeit erläuterten Standortkriterien abhängig, und zählt neben der Geschäftszweigwahl, zu den ersten unternehmerischen Entscheidungen der Einzelhandelsunternehmen.3 Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit den Grundlagen der Standortpolitik. Zusätzlich wird mit der Fallstudie zur Sonnentor Kräuterhandels GesmbH ein praktisches Beispiel erörtert, um dem Leser einen besseren Einblick in die Thematik zu ermöglichen.
2. Grundlagen
2.1 Der Begriff „Standort“, „Standortpolitik“ und „Einzelhandel“
Ein häufig zitierte Leitspruch für Erfolgsfaktoren im Einzenhandel lautet: „Drei Dinge sind [. . . ] für den Erfolg im Einzelhandel wichtig, erstens der Standort, zweitens der Standort und drittens noch einmal der Standort“.3 Der Grund dafür ist, dass dem Kunden, abgesehen vom Online-Handel, nur am Standort Ware angeboten und zugänglich gemacht werden kann. Standortentscheidungen sind langfristige Investmententscheidungen, da sie geringe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit aufweisen. Ab einem gewissen Planungsstand können neu eröffnende Konkurrenzgeschäfte nicht mehr in die Planung miteinbezogen werden. Der strategische Aspekt der Standortfestlegung ist unter anderem, dass dieser nur einmal vorhanden ist und so nicht von der Konkurrenz nachgemacht werden kann.4 Ein Beispiel hierfür ist der weltweit tätige US-amerikanischer Einzelhandelskonzern Walmart, der den Standort meist in kleinen Städten wählt um der einzige vor Ort angesiedelte Einzelhandelskonzern zu sein.5
Der Standort einer Handelsunternehmung ist der geographische Ort, an dem die Unternehmung Produktionsfaktoren kombiniert, um ihre Ziele zu erreichen.6 In der Wirtschaftsgeographie versteht man unter dem Standort „den Ort der Wertschöpfung, an dem die Produktionsfaktoren für die Leistungserstellung zusammengeführt werden. Damit handelt es sich um den geographischen Ort, an dem ein Wirtschaftsbetrieb aktiv ist, an dem Güter erstellt oder verwertet, werden und der sich durch physische, ökonomische, soziale, kulturelle usw. Umweltbedingungen auszeichnet“7 Da sich die folgende Arbeit mit den Grundlagen der Standortpolitik im Einzelhandel beschäftigt, wird der Begriff der Standortpolitik im Handel folgend erläutert.
„Der Begriff Standortpolitik umfasst sämtliche Entscheidungen und Maßnahmen des Handelsmanagements, die hinsichtlich des Standorts eines Handelsunternehmens getroffen werden.“8
In folgender Tabelle werden die typischen Geschäftslagen von Handelsunternehmen veranschaulicht.
Abbildung 1: Auswahl typischer Geschäftslagen von Handelsunternehmungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Algermissen, J., Das Marketing der Handelsbetriebe, 1981, S.65
Es ist unter anderem abzulesen, dass beispielsweise die Geschäftslage bestimmt, wie hoch die Kundenfrequenz durch die damit einhergehende Passantenlage vor Ort ist. Die Standortpolitik im stationären Einzelhandel grenzt sich von der Industrie ab. Während im stationären Einzelhandel das Marktsegment, wie auch die damit einhergehenden Konkurrenzunternehmen vom Standort abhängig sind, sind Unternehmen die Güter herstellen, die erst an den Einzelhandel verkauft werden müssen damit der Endkonsument sie erwerben kann, ortsunabhängig. Darüber hinaus beeinflusst der im Einzelhandel festgelegte Standort die strukturellen Entscheidungen der Unternehmung. Zum Beispiel wird die Wahl weiterer Standorte aus logistischen Gründen eingeschränkt. Auch die am Standort vorhandene Kaufkraft, die Wettbewerbsdichte und die vorhandenen Räumlichkeiten oder Grundstücke werden berücksichtigt.9
Da der Einzelhandel Fokus der Standortpolitik der vorliegenden Arbeit ist, führe ich nachfolgend eine gängige Definition an. Der Begriff „Einzelhandel“ beschreibt den „Handel, bei dem die Waren an den Endverbraucher, nicht an den Wiederverkäufer verkauft werden.“10 „Bei der Neugründung bestimmt die Unternehmenspolitik den Standort - nach der Eröffnung des Geschäftes beeinflusst der Standort die Absatzpolitik“11
2.2 Ziele der Standortpolitik
Zur Zielerreichung am Standort einer Handelsunternehmung werden, wie im vorhergehenden Kapitel erläutert, Produktionsfaktoren kombiniert. Folgend eine Definition zu Produktionsfaktoren zum besseren Verständnis des Begriffes: „Bezeichnung der zur Produktion verwendeten Güter materieller und immaterieller Art, deren Einsatz für das Hervorbringen anderer wirtschaftlicher Güter aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen notwendig ist.“12 In diesem Kapitel wird erläutert, welche Ziele der Handel im Rahmen der Standortpolitik verfolgt. Laut Tiez sind diese Ziele„..ein Kompromiß aus Marktanteils- und aus Gewinnzielen“.13 Dabei unterscheidet er zwischen Zielen der Marktpolitik (bessere Marktbesetzung, Marktdurchdringung, optimale Marktausschöpfung) und Zielen der Faktorpolitik (Senkung der Marketingkosten, Senkung der Logistikkosten, Verbesserung der Logistikleistung).14
Nach Hansen ist es das Ziel des Handels im Rahmen der Standortpolitik „...die Standortbedingungen als absatzpolitisch relevante Merkmale einer potentiellen Leistungsstätte und die betrieblich gesetzten Anforderungen an die Standorteigenschaften bestmöglich miteinander in Einklang zu bringen“15 - Auch Hansen unterscheidet in seiner Zielsetzung zwischen Marktpolitik und Faktorpolitik.16
Hauptzielsetzungen der Standortpolitik sind „ökonomische und außerökonomische Standortziele (z. B. Umsatz, Gewinn, Marktanteil, Marktdurchdringung, Bekanntheitsgrad, Imageziele), Beschaffungsziele (z. B. räumliche Nähe zum Zentrallager, Minimierung von Lieferzeiten), Logistikziele (z. B. Senkung der Logistikkosten, Schnelligkeit, Steigerung des Lagerumschlags, Verbesserung der Lieferleistung), Marketingziele (z. B. Steigerung der Kundennähe, Synergieeffekte in der Werbung, Erringung der lokalen Preisführerschaft), kundenbezogene Ziele (z.B. Erhöhung des Stammkundenanteils), konkurrenzbezogene Ziele (z.B. Imageprofilierung), unternehmensbezogene Ziele (z.B. Rationalisierung durch standardisierte Raumausstattung ).“18 Außerdem muss die Standortpolitik die Interessen der Gemeinden, Bezirke und Länder, der vor Ort bestehenden Einzelhandelsagglomerationen, wie zum Beispiel Großhandelsunternehmen oder Meinungen der Anrainer in Betracht ziehen.
Ein so genannter optimaler Standort zeichnet sich dadurch aus, dass das Kaufverhalten, die Kundenfrequenz und die Kundenstruktur genügend Umsätze und Renditen erzeugen um die Kosten zu decken und zusätzlich Gewinn zu erzielen.19 Deshalb ist es wichtig die auf das Unternehmen zukommenden Kosten genau zu analysieren, wobei man hierbei auf Prognosen angewiesen ist um den Umsatz und die Kosten vom Zeitpunkt der Planung bis zum Zeitpunkt an dem das Einzelhandelsgeschäft eröffnet, richtig planen zu können. Wichtig bei der Planung des Standortes sind möglichst stark ausgeprägte, umsatzfördernde und kostenminimierende Standortfaktoren und genauso möglichst wenige und möglichst gering ausgeprägte umsatzminimierende und kostentreibende Standortfaktoren.20
Wie oben erwähnt sind Anrainerziele ein wichtiger Aspekt der Standordwahl. Unter diesen sogenannten Stakeholder-Zielen im Hinblick auf Einzelhandelsstandorte vesteht man beispielsweise:
- Konsumenten: Minimierung von Anfahrtswegen, Serviceorientierung.
- Gebietskörperschaften: Städte und Gemeinden bieten günstige, interessante Einzelhandelsmischungen für den Bürger an.
- Einkaufszentrenbetreiber: attraktive Einzelhandelsunternehmen können zu einem besseren Image und höherer Kundenfrequenz am Standort führen.2117 18 19 20
3. Standortfaktoren
Nach Ahlert und Kenning sind Standortfaktoren „. die erfolgsbestimmenden Merkmale von Makro- und Mikro-Standorten.“21 Welche Standortfaktoren zu den Makro- und Mikro-Standorten zählen hängt davon ab, was das Ziel des standortsuchenden Unternehmens ist. Falls es beispielsweise das Ziel einer standortsuchenden Handelsunternehmung ist, den Kapitalwert einer Einkaufsstätte an einem bestimmten Standort zu maximieren, dann wäre ein zu berücksichtigender Standortfaktor die Determinante der Ein- und Auszahlungen am geplanten Standort.22
Nach Eckey sind Standortfaktoren „.jene ökonomischen Größen, die die Standortwahl beeinflussen und bestimmen“.23 Durch immer rasanter ausbreitende Informations- und Kommunikationstechnologien haben sich die Standortfaktoren in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Ab der Erfindung der elektrischen Telegrafie 1860 und der darauf folgenden Erfindungen wie etwa Hörfunk, Fernsehen, Internet und mobile Applikationen, wurde die Welt zu einem so genannten „globalen Dorf“. Durch diese ständigen Erneuerungen und dem verändernden Kunden- und Konkurrenzverhalten ist es nicht möglich den „optimalen Standort“ zu finden, weswegen ein den Umständen entsprechend, möglichst guter Standort gesucht wird.24
Die Standortfaktoren können außerdem in qualitative Standortfaktoren und quantitative Standortfaktoren unterteilt werden. Der Beitrag der qualitativen Standortfaktoren kann nicht gemessen werden, da dazu zum Beispiel die Mentalität vor Ort zählt, politische Regelungen oder auch die Qualifikation der Arbeitskräfte.25 Im Gegensatz dazu, kann der Beitrag der quantitativen Standortfaktoren gemessen werden. Hierzu zählt unter anderem die Lieferantendichte oder auch die Arbeitszeiten. Zu quantitativ-monetären Standortfaktoren werden Standortfaktoren gezählt die in monetären Größen messbar sind wie zum Beispiel Gewerbesteuer, Transportkosten und Personalkosten.26
Standortfaktoren lassen sich weiter unterteilen in:
- Demografische Faktoren: Bevölkerungsbestand, Bevölkerungsverteilung, Bevölkerungsentwicklung, Sozialstruktur
- Wirtschaftliche Faktoren: Einkommensverhältnisse, Einkommensverwendung, Marktpotential, Erwerbsstruktur
- Psychologische Faktoren: Lebensgewohnheiten, Konsumgewohnheiten, Mentalität
- Infrastruktur: Städtebau, Verkehr
- Konkurrenzverhältnisse: Konkurrenzbestand, Konkurrenzformen, Konkurrenzwirkung in Bezug auf die Sortimentsstruktur, Räumliche Präferenzen (Kundennähe), Sachliche Präferenzen (Preisvorteile, Qualitätsvorteile, größere Auswahl, besseres Image, besserer Kundendienst)
- Objektbewertung: Bewertung des Lokals, Bewertung des Platzes
- Standortabhängige Kosten: Beschaffung und Vertrieb, Gebäude und Unterhalt
- Störfaktoren: Gesetzliche Bestimmungen27
[...]
1 Vgl. Behrens, K. C., Demoskopische Marktforschung, 1966, S. 1.
2 Vgl. Nauer, E., Standortwahl, 1970, S.29.
3 Berekoven, L., Erfolgreiches Einzelhandelsmarketing, 1995, S. 342
4 Vgl. Zentes, J., Swoboda, B., Morschett, D., Schramm-Klein, H., Handel, 2012, S.487 ff.
5 https://qz.com/999040/walmart-is-famous-for-destroying-small-towns-heres-the-amazing-one-it-built/
6 Vgl. Tietz, B., Unternehmenspolitik, 1993, S. 200.; Müller-Hagedorn, L., Natter, M., Handelsmarketing, 2012, S. 163; Schröder, H., Handelsmarketing, 2012, S.57
7 Vgl. Haas, H.-D., Neumair, S.M., Wirtschaftsgeographie, 2015, S.173
8 Ahlert, D., Kenning, P., Brock, C., Handelsmarketing, 2018, S.195
9 Ahlert, D., Kenning, P., Brock, C., Handelsmarketing, 2018, S.196 f.
10 Vgl. https://www.dwds.de/wb/Einzelhandel, Zugriff am 05.11.2020.
11 Nauer, E., Standortwahl, 1970, S.29
12 https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/produktionsfaktoren-45598
13 Tietz, B., Unternehmenspolitik, 1993, S.215
14 Vgl. Tietz, B., Unternehmenspolitik, 1993, S.215
15 Hansen, U., Beschaffungsmarketing, 1990, S. 181
16 Vgl.Hansen, U., Beschaffungsmarketing, 1990, S. 181
17 Bienert, M.L., Standortmanagement,1996, S.35 f.
18 Berekoven, L., Erfolgreiches Einzelhandelsmarketing,1995 , S.344
19 Nauer, E., Standortwahl, 1970, S.119
20 Vgl. Tietz, B., Der Handelsbetrieb, 1993, S.141
21 Ahlert, D., Kenning, P., Brock, C., Handelsmarketing, 2018, S.199 f.
22 Vgl. Ahlert, D., Kenning, P., Brock, C., Handelsmarketing, 2018, S.199 f.
23 Eckey, H.-F., Regionalökonomie, 2008, S.15
24 Vgl. Pongratz, P., Vogelgesang, M., Standortmanagement, S.24 f.
25 Vgl. Pongratz, P., Vogelgesang, M., Standortmanagement, S.24 f.
26 Vgl. Zentes, J., Swoboda, B., Morschett, D., Schramm-Klein, H., Handel, S.493 ff.
27 Vgl. Ahlert, D., Kenning, P., Brock, C., Handelsmarketing, 2018, S.200 f.