Besitz- und Beteiligungsverhältnisse auf dem deutschen TV-Markt


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2000

24 Pages, Note: 1,7


Extrait


INHALTSÜBERSICHT

0. Einleitung

1. Überblick über die Fernsehanbieter auf dem deutschen Markt
1.1. Öffentlich-rechtliche Angebote
1.2. Privatwirtschaftliche Fernsehangebote

2. Besitz- und Beteiligungsverhältnisse der Fernsehanbieter
2.1. Kirch-Gruppe (Leo Kirch)
2.2. The News Corporation (Rupert Murdoch)
2.3. Bertelsmann CLT-Ufa/Pearson Television
2.4. Tele-München-Gruppe
2.5. Deutsche Fernsehnachrichten Agentur (DFA)
2.6. Time Warner / AOL
2.7. Anbieterbeispiel: Musikprogramme VIVA und VIVA 2

3. Konsequenzen der beschriebenen Konzentrationsverhältnisse
3.1. Meinungs- und Programmvielfalt
3.2. Marktzugang für neue Anbieter
3.3. Wirtschaftliche Abhängigkeit vom Werbemarkt
3.4. Gesetzliche Aufsicht über Medienkonzentration

4. Schlussbemerkungen
4.1. Aussagekraft/Bewertung von Beteiligungsverhältnissen
4.2. Vergleich öffentlich-rechtliche und private Anbieter
4.3. Abschließende Bemerkungen

0. Einleitung

Diese Arbeit ist mit der Frage „Wem gehört das Fernsehen?“ überschrieben und soll vermitteln welchen Unternehmen und Gesellschaftern die Fernsehangebote auf dem deutschen Markt zuzurechnen sind und welche Verflechtungen innerhalb dieser Firmenstrukturen existieren. Dabei beschränkt sich die Darstellung im Wesentlichen auf die etablierten, großen Fernsehanbieter mit nationalen TV-Angeboten. Punktuell werden jedoch weitere Angebote erwähnt, sofern sie die Thematik veranschaulichen helfen. In einem zweiten Teil soll an einigen ausgewählten Fragestellungen dargestellt werden, inwieweit die Besitz- und Beteiligungsverhältnisse aus ökonomischer Sicht Auswirkungen auf die Medienlandschaft haben. Insbesondere stehen die Programmvielfalt, die Medienkontrolle und der Marktzugang für neue Anbieter im Mittelpunkt dieser Überlegungen. Die neuen Angebote in der Fernsehlandschaft, wie Pay-TV, Digital- und Internetfernsehen sind allenfalls am Rande Gegenstand dieser Arbeit, da sie bisher eine recht geringe Bedeutung auf dem Fernsehmarkt aufweisen.

Abschließend sind die Besitz- und Beteiligungsverhältnisse selbst Gegenstand einer Betrachtung. Dabei ist vor allem die Relevanz dieser Strukturen in Bezug auf das Thema kritisch zu überprüfen. Des Weiteren findet sich im letzten Teil dieser Ausführungen ein direkter Vergleich zwischen den Konsequenzen, die die Strukturen und Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf der einen Seite, und die der privaten Fernsehunternehmen auf der anderen Seite hervorrufen.

Diese Gegenüberstellung wird nicht gewählt, weil von signifikanten Unterschieden in diesem Punkt auszugehen ist, sondern einfach aufgrund des Ausgangspunktes, nämlich der der Besitz- und Beteiligungsverhältnisse. Bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erübrigt sich eine diesbezügliche Darstellung, da diese Einrichtungen als Allgemeingut anzusehen sind, sie sind im Besitz „aller“ deutschen Staatsbürger.

Damit soll zur Analyse übergangen werden. Zum besseren Verständnis der Problematik, wird dem Leser im ersten Kapitel ein Überblick über die in Deutschland im Jahr 2000 empfangbaren Fernsehangebote gegeben.

1. Überblick über die Fernsehanbieter auf dem deutschen Markt

1.1 . Öffentlich-rechtliche Angebote

Die Zahl der öffentlich-rechtlichen Fernsehangebote in Deutschland hat sich seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, kurz ARD, ständig erhöht. Neben den beiden nationalen Vollprogrammen ARD „Das Erste“ und dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) sind im Jahr 2000 nunmehr 17 weitere Angebote auf Sendung.

Die als „Dritte“ bezeichneten Sendeanstalten, die zusammen die ARD bilden, gestalten hierbei im wesentlichen zehn eigenständige Fernsehprogramme. Dabei handelt es sich um die Einzelanstalten Bayrischer Rundfunk (BR), Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), Norddeutscher Rundfunk (NDR), Saarländischer Rundfunk (SR), Südwest Rundfunk (SWR), Hessischer Rundfunk (HR), Ostdeutscher Rundfunk (ORB), Sender Freies Berlin (SFB), Radio Bremen und Westdeutscher Rundfunk (WDR). Diese ursprünglich regionalen Fernsehangebote haben sich größtenteils längst zu nationalen Vollprogrammen gewandelt, die bundesweit über Satellit und Kabel zu empfangen sind.

Des weiteren betreibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwei nationale, werbefreie Spartenkanäle. Das sind Sender, deren Programminhalte in punkto Zielgruppe und oder Themenvielfalt begrenzt sind. Im Falle des öffentlich- rechtlichen Rundfunks gehören dazu Phoenix, der Ereignis- und Dokumentationskanal, sowie KiKa, der Kinderkanal1. Ebenfalls als eigenständiges Angebot strahlt der Bayerische Rundfunk den Bildungssender BRalpha aus.

In Kooperationen mit anderen öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern Europas werden der deutsch-französische Kulturkanal arte, der Europäische Nachrichtenkanal euronews sowie der Kulturkanal 3sat produziert.

1.2. Privatwirtschaftliche Fernsehangebote

Der deutsche Fernsehmarkt wird umkämpft wie kein anderer in Europa. Im Ringen um die deutschen Fernsehzuschauer findet ein „erbitterter Wettbewerb“2 statt, das zeigt sich zuerst an der Vielfalt des Programmangebots im Verhältnis zum Zuschauerpotential. Besonders im Bereich des Free-TV, also dem werbefinanzierten Fernsehen, ist das Angebot in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre sprunghaft angestiegen.

So konkurrieren, jetzt im Jahr 2000, allein sechs Vollprogramme um die Zuschauergunst. Das sind Sat.1, RTL, RTL 2, Pro Sieben, VOX und Kabel 1. Daneben gibt es zahlreiche in Deutschland zugelassene Spartenprogramme, die beispielsweise nur Nachrichten und Information senden oder ausschließlich den Bereich Sport thematisieren. Hierzu zählen die Sender n-tv, N24, Bloomberg TV, CNN, SuperRTL, MTV, VH-1, Viva, Viva 2, Onyx, tm3 und DSF. Eine weitere Gruppe an lizenzierten Anbietern stellen die als „unabhängige Drittanbieter“ bezeichneten dar. Laut der seit 1. April 2000 gültigen Fassung des Rundfunkstaatsvertrags §26 Abs. 5 sind Anbieter von Voll- und Spartenprogrammen ab einem Zuschauermarktangteil von zehn Prozent verpflichtet, solchen unabhängigen Dritten Sendezeit einzuräumen. Beispiele für diese „Fensterprogrammanbieter“ sind Center TV, DCTP oder C.A.M.P. TV. Ein starker Boom ist bei der Etablierung von Ballungsraum- und Lokalsendern zu verzeichnen. Mittlerweile gibt es viele Hundert solcher Fernsehstationen. Nur beispielhaft stehen hierfür die Anbieter TV.München, TV.Berlin und Hamburg 1.

Gesondert aufgeführt werden sollen an dieser Stelle die Spartensender Eurosport und NBC Europe / Giga. Diese Angebote sind zwar auf dem deutschen Fernsehmarkt aktiv, nehmen aber insofern eine Sonderstellung ein, als das sie nicht über eine Betreiberlizenz einer deutschen Landesmedienanstalt verfügen. Einer ebenfalls separaten Betrachtung bedürfen die sogenannten Fernseheinkaufskanäle H.O.T. und QVC, da diese nicht als Fernsehprogramme, sondern als Mediendienste verbreitet werden.

2. Besitz- und Beteiligungsverhältnisse der Fernsehanbieter

2.1. Kirch-Gruppe (Leo Kirch)

Konzentriert sich die Betrachtung auf den deutschen Fernsehmarkt, dann ist die Kirch-Gruppe zweifellos der wichtigste Wettbewerber. Der Konzern mit Unternehmensgründer Dr. Leo Kirch an der Spitze verfügt über großes Potential in mehreren, sich ergänzenden Geschäftsfeldern. Der in München ansässige Konzern betreibt werbefinanzierte Fernsehsender, handelt mit Übertragungsrechten und Lizenzen, verfügt über Produktionsfirmen und ist im jungen Digitalfernsehen aktiv3.

Im Bereich des analogen Free-TV lassen sich der Kirch-Gruppe fünf nationale Fernsehsender zuordnen. Über Tochterfirmen und eine Beteiligung am Axel- Springer-Verlag hält der Konzern die Mehrheit am Vollprogramm Sat.1. Zudem verfügt die Gruppe über die Stimmrechtsmehrheit an der Pro Sieben Media AG, zu der die Vollprogramme Pro Sieben und Kabel 1 sowie der Spartenkanal N24 gehören. Des weiteren ist das Deutsche Sportfernsehen (DSF) im Besitz des Kirch-Konzerns.

Mehrheitlich ist die Kirch-Gruppe außerdem an der digitalen Pay-TV-Plattform Premiere World beteiligt, die zahlreiche Eigenkanäle betreibt. Im Bereich des Premiere-Bezahlfernsehen existiert seit kurzem eine Überkreuzbeteiligung, von Seiten Kirchs in Höhe von vier Prozent, mit der britischen BSkyB-Group4.

Dieses Unternehmen ist Besitzer des nationalen Free-TV-Programms tm3. BSkyB selbst gehört zum Einflussbereich des australischen Medienunternehmers Rupert Murdoch und seinem Unternehmen, The News Corporation Limited5.

Es soll nicht versäumt werden zumindest im Fall von Leo Kirch auf Beteiligungen bzw. den Besitz von Ballungsraumsendern hinzuweisen. Denn in diesem Fall kann nach meiner Meinung von der Etablierung eines „bundesweiten Lokalfernsehen“ gesprochen werden. So betreibt der Konzern die Ballungsraumsender TV.Berlin, TV.München und Hamburg 1, die einen gemeinsamen Geschäftsführer haben und gemeinsam vermarktet werden. Außerdem besteht bei der Kirch-Gruppe Interesse an dem sich in der Startphase befindenden Ballungsraumsenders NRW 16.

Wichtig erscheinen ebenso weitere Beteiligungen der Kirch-Gruppe: So hat der Konzern gemeinsam mit der EM.TV & Merchandising AG eine Lizenz zum Betrieb eines Fernsehprogramms für Kinder mit dem Titel K-toon/Junior TV7. Ebenfalls zu 50 Prozent ist der Konzern von Dr. Leo Kirch an den Pay-TV- Angeboten Discovery Channel und GoldStar TV beteiligt8.

2.2. The News Corporation (Rupert Murdoch)

Als „aggressivsten Spieler im Medien-Monopoly“9 bezeichnet das Nachrichtenmagazin Focus den australischen Unternehmer Rupert Murdoch. Mit seiner News Corporation Limited macht er in Deutschland vor allem seit dem Jahr 1999 von sich reden. Damals erwarb er in einem spektakulären Coup die Übertragungsrechte der Fußball „Champions League“10, und eröffnete den endgültigen Kampf um den einst mit dem Slogan „Fernsehen für Frauen“ gestarteten Sender tm3.

Diese Machtprobe konnte sein Unternehmen klar für sich entscheiden, The News Coporation übernimmt momentan vollständig die Anteile an tm3. Bisher lag der Anteil bei 66 Prozent, die übrigen hatte die deutsche Tele-München- Gruppe inne11.

Damit ordnet der Unternehmer Murdoch seine Beteiligungen in Deutschland, seine Minderheitsbeteiligung am Vollprogramm VOX hatte er bereits im Vorfeld an die CLT-Ufa veräußert. Außerdem investiert der Australier in das deutsche Pay-TV mit einer Überkreuzbeteiligung an der Plattform Premiere World. Über die Tochterfirma BSkyB-Group hält sein Konzern 24 Prozent an der zur KirchGruppe gehörenden KirchPayTV GmbH.

2.3. Bertelsmann CLT-Ufa/Pearson Television

Die Fusion der deutschen Bertelsmann AG und der luxemburgischen CLT ist noch nicht lange her, da ist bereits ein weiterer Zusammenschluss in vollem Gange. Die CLT-Ufa und die britische Pearson Television verkündeten Anfang April 2000 die Zusammenlegung ihrer Geschäfte12. In Deutschland ist die dadurch entstehende Gruppe ein Schwergewicht im Fernsehmarkt, sowohl mit ihren werbefinanzierten Fernsehsendern, als auch im Bereich der Produktion von TV-Inhalten.

Die Bertelsmann CLT-Ufa ist mehrheitlich an den Free-TV-Vollprogrammen RTL und VOX beteiligt. An dem Vollprogramm RTL 2 hält die Gruppe mit 35,9 Prozent den größten Anteil des Senders. Geringere Anteile haben die Tele- München-Gruppe, der Heinrich Bauer Verlag sowie der Burda Verlag inne. Am familienorientierten Spartenprogramm SuperRTL sind die CLT-Ufa und der amerikanische Disney-Konzern zu gleichen Teilen beteiligt. Jedoch ist es öffentlich erklärtes Ziel der CLT-Ufa den Sender SuperRTL in naher Zukunft vollständig zu übernehmen13.

Der neue Konzernteil Pearson Television ist in Deutschland bereits ein etablierter Produzent von in erster Linie Fernsehspiel- und Quizshows. Dazu zählen unter anderem die Sendungen „Familien Duell“ für RTL, „Jeder gegen Jeden“ für Sat.1, „Geh auf’s Ganze“ für Kabel 1 oder „Herzblatt“ für die ARD14.

2.4. Tele-München-Gruppe

Die Tele-München-Gruppe gehört mehrheitlich dem Filmrechtehändler Dr. Herbert Kloiber. Minderheitsgesellschafter der Gruppe ist seit September 1999 mit 45 Prozent die EM.TV & Merchandising AG15.

Die Tele-München-Gruppe hält derzeit über eine gemeinsame Tochtergesellschaft mit dem Disney-Konzern 31,5 Prozent am werbefinanzierten Fernsehvollprogramm RTL 216.

Der bisherige Anteil von 34 Prozent am Spartenkanal tm3 wird momentan an The News Corporation des australischen Unternehmers Rupert Murdoch übertragen. Die Kaufsumme für die Abgabe der tm3-Anteile wird mit 350 Millionen Mark angegeben17. Trotz des Rückzugs bei tm3, behält die Tele- München-Gruppe weiterhin einen wichtigen Einfluß auf die deutsche Medienbranche. So wird sie weiterhin wichtige Programmplätze bei tm3 als Produzent füllen, so die Schiene „leben und wohnen“. Neben dem Produktionsgeschäft ist die Gruppe zudem stark im Filmrechtehandel vertreten.

2.5. Deutsche Fernsehnachrichten Agentur (DFA)

Unter den großen Konzernen wirkt die Deutsche Fernsehnachrichtenagentur (DFA) mit Sitz in Düsseldorf vergleichsweise winzig, doch keinesfalls gilt es das Unternehmen meiner Meinung nach zu unterschätzen. Zumindest zeigen die Beteiligungsstrukturen, wie das Unternehmen seine eigenen Absatzkanäle sichert. Das Hauptgeschäft der DFA ist das Zuliefern von Nachrichten-Material für das Fernsehen. Mehrheitsgesellschafter der DFA ist die RheinischBergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft.

Die DFA hält Beteiligungen an den frei empfangbaren Nachrichtenprogrammen CNN Deutschland (50 Prozent) und n-tv (0,22 Prozent) sowie am in Großbritannien lizensierten NBC Europe / Giga (74 Prozent). Des Weiteren gibt es Beteiligungen an regionalen TV-Angeboten wie Hamburg 1 und NRW 118 (vgl. 2.1.) für die teilweise komplette Sendungen produziert werden.

2.6. Time Warner / AOL

Der nach dem Jahresumsatz größte Medienkonzern der Welt19, die amerikanische Time Warner / AOL, engagiert sich ebenfalls auf dem deutschen Fernsehmarkt. Mit 50 Prozent ist der Konzern am Nachrichtenprogramm CNN Deutschland beteiligt, beim Pendant n-tv hält Time Warner 49,79 Prozent. Das dritte Engagement betrifft die Viva Fernsehen GmbH mit den Musikspartenkanälen Viva und Viva 2. Hier ist Time Warner mit seiner Musiksparte zu 24,9 Prozent beteiligt20 (vgl. 2.7. Anbieterbeispiel Viva).

2.7. Anbieterbeispiel: Musikprogramme VIVA und VIVA 2

Zusätzlich zu den dargelegten Besitz- und Beteiligungsverhältnissen aus Sicht unterschiedlicher Unternehmen, möchte ich hier das Beispiel Viva anbringen. Die Viva-Spartenangebote für Musikinteressierte nehmen meiner Meinung nach eine Sonderstellung ein, wenn es um die später folgende Analyse von Konsequenzen durch Besitz- und Beteiligungsverhältnisse geht. Im wesentlichen bilden vier Musikverlage den Gesellschafterkreis der Free-TV- Spartenkanäle Viva und Viva 2. Zu jeweils 24,9 Prozent sind die Warner Music Germany Entertainment, die EMI Group Germany und die Universal Vertrieb (früher Polygram) an der Betreiberfirma beteiligt. Weiterer Gesellschafter ist mit 16 Prozent die edel music AG21.

3. Konsequenzen der beschriebenen Konzentrationsverhältnisse

3.1. Auswirkungen auf Meinungs- und Programmvielfalt

Betrachtet werden sollen an dieser Stelle Konsequenzen, die die dargelegte Konzentration auf dem deutschen Fernsehmarkt unter ökonomischen Gesichtspunkten mit sich bringt. Bewusste Beeinflussungen anderer Art, beispielsweise eine einseitige politische Ausrichtung eines Fernsehsenders, spielen im Rahmen dieser Arbeit keine Rolle oder werden allenfalls tangiert. Die erfolgversprechendste Strategie für die großen Medienkonzerne scheint momentan die Diversifizierung zu sein. Insbesondere bei der CLT-Ufa (vgl. 2.3.) und der Kirch-Gruppe (vgl. 2.1.) lässt sich dieser Trend veranschaulichen. Die Konzerne bilden konsequent die immer wieder zitierten Verwertungsketten zur effizienteren Nutzung der TV-Programmware.

So werden Senderfamilien gebildet, wie die Pro Sieben-Gruppe mit Pro Sieben, Kabel 1 und N24. Hierbei produziert schon heute der Informationskanal N24 die Nachrichten für die Sendergruppe des Kirch-Konzerns, und es scheint nur eine Frage der Zeit, bis auch der Kirch-Sender Sat.1 in dieses Gefüge eingegliedert wird. Zudem ist der Betrieb eines Kleinsenders wie Kabel 1 sehr kostengünstig. Schließlich kann Programmware eingesetzt werden, die bereits beim „Muttersender“ Pro Sieben - idealer Weise gewinnbringend - ausgestrahlt worden ist.

Die Integration ist jedoch noch weiter reichend: Über die Senderfamilien hinaus wird eine enge Verzahnung des Free-TV mit dem Pay-TV, dem Internet, den Printangeboten sowie dem Kino angestrebt.

Die Folgen dieser Bündelung sind offensichtlich. Inhaltlich unterscheiden sich die Programme solcher Senderfamilien immer weniger, allenfalls Präsentation und Verpackung schaffen die Illusion von Individualität. Und in zunehmendem Maße findet eine Abstimmung der Programminhalte statt, um sich nicht konzernintern Konkurrenz zu machen. Als Beispiel sei der Start der neuen RTL-Serie „Großstadtträume“ am 8. Mai 2000 genannt. Eigens für die Debütfolge verlegte der Schwestersender RTL 2 einmalig seine tägliche Sendung „Big Brother“ später in die Abendstunden22.

Großes Potential besitzen die Konzernstrukturen auch im Bereich von CrossPromotion. So können die eigenen Verlage in Zeitungen und Zeitschriften eigene Sender und Sendungen bewerben. Oder innerhalb der Fernsehsendungen selbst werden andere Shows, Magazine oder Serien der Senderfamilien angepriesen23.

Als ein nahezu „perfektes“ System zur Nutzung solcher Symbiosen stellt sich für mich das Angebot der Viva-Fernsehen GmbH mit ihren Musikspartenkanälen Viva und Viva 2 dar. Schon die Gesellschafterstruktur mit vier einflussreichen Musikverlagen als Teilhaber indiziert dies (vgl. 2.7.). Die Musik, die auf den Viva-Kanälen rund um die Uhr abgespielt wird, regt unbestritten den Verkauf der entsprechenden Tonträger an. Diese als Unterhaltung vermarktete Werbung wird selbst durch herkömmliche Werbung finanziert, so dass die Musikverlage zweifach verdienen.

Die Möglichkeiten solcher sich gegenseitig befruchtender Maßnahmen scheint mir auf dem Fernsehmarkt fast unerschöpflich. In jedem Fall führen die aufgezeigten Methoden der Effizienzsteigerung innerhalb der Medienkonzerne schrittweise zu einer Einschränkung der Programmvielfalt. Doch das bedeutet nicht, dass die Medienkonzentration die Ursache ist, denn es ist zumindest fraglich, ob das große Senderangebot in Deutschland überhaupt existieren würden, wenn es nicht von Großunternehmen bereit gestellt würde. Vermutlich vergrößert sich der Markt gerade durch die effizienteren Firmenstrukturen. So paradox es vielleicht klingt, je einheitlicher die TV-Angebote werden, so vielfältiger wird zumindest das zahlenmäßige Senderangebot auf dem Markt. Auf der anderen Seite gehen dadurch vermutlich Chancen für potentielle neue Fernsehbetreiber verloren, was im folgenden zu beleuchten sein wird.

3.2. Marktzugang für neue Anbieter

An dieser Stelle geht es um die Frage, inwieweit potentielle neue Anbieter von Fernsehsendern durch die vorliegende Konzentration negativ berührt werden. Anknüpfen möchte ich an die erwähnten Verwertungsketten (vgl. 3.1.). Durch die damit verbundenen erweiterten Einsatzmöglichkeiten der Programmware ergeben sich höhere finanzielle Gewinnmargen für die Konzerne. Die wenden deshalb immer höhere Budgets auf, die Preise für Übertragungsrechte und Lizenzen steigen seit Jahren an. Der Erwerb der Fußballbundesliga- Übertragungsrechte steht beispielhaft für diesen Trend. Die Kirch-Gruppe investiert drei Milliarden Mark, um das Fußballspektakel vier Jahre lang in Free-TV, Pay-TV und im Internet vermarkten zu dürfen24.

Der Kapitalbedarf zur Bestückung eines Fernsehsenders mit attraktivem Programm ist demzufolge sehr hoch und von Marktneulingen kaum zu decken.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass die in Deutschland aktiven Medienkonzerne selbst mit Programmware handeln und hier teilweise Monopolstellungen einnehmen. So bestückt die Kirch-Gruppe sowohl die öffentlich-rechtlichen, als auch die privaten Fernsehsender aus ihrem umfangreichen Programmangebot. Und ihre konzerneigenen Sender sind ihre besten Kunden, allein die Pro Sieben-Gruppe erwirbt hier jährlich für mehrere Hundert Millionen Mark Lizenzen25.

Die hohe Marktsättigung auf dem bundesdeutschen Fernsehmarkt kann neue TV-Anbieter ebenfalls abschrecken. Bereits etablierten Anbietern fällt es vergleichsweise leicht den Markt insbesondere mit Spartenprogrammen zu „verstopfen“26. Die Pro Sieben-Gruppe zeigt dies mit ihrem Nachrichtenkanal N24. Bisher wendete die Gruppe nach eigenen Angaben 60 Millionen Mark pro Jahr für die Nachrichtenproduktion auf. Der neue Sender, in dem diese Aktivitäten für die gesamte Gruppe gebündelt werden, benötigt 110 Millionen Mark pro Jahr. Somit liegen die effektiven Kosten für den neue Sender bei moderaten 50 Millionen Mark27. Ähnlich verhält es sich auch beim öffentlichrechtlichen Rundfunk, der den Kinderkanal betreibt.

Die umfassende Marktpräsenz der Medienkonzerne, ermöglich zudem eine Fülle von Abwehrmaßnahmen. Denkbar sind gezielt gegen einen neuen Anbieter gesetzte Programmhöhepunkte in den eigenen Sendern oder das Ignorieren des Neulings in den konzerneigenen Printmedien. Die einfachste Variante ist schlicht der Einsatz von finanziellen Mitteln, wie beim Fensteranbieter Kanal 4 geschehen. Der erhielt vom Sender RTL ganz einfach Geld dafür, dass er fortan nicht mehr seine Fensterlizenz nutze28.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Markteintritt für neue Fernsehanbieter durch die vorherrschenden Konzerne erschwert wird und enorme finanzielle Ressourcen erfordert.

3.3. Wirtschaftliche Abhängigkeit vom Werbemarkt

Wie bei allen Wirtschaftsunternehmen dient die Geschäftstätigkeit selbstverständlich auch bei privaten Betreibern von Fernsehsendern der Erzeugung von Gewinnen. Der größte Teil der Einnahmen stammt bei der Mehrzahl der Fernsehanbieter aus dem Verkauf von Werbezeiten. Naturgemäß herrscht deshalb ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zwischen den TV- Anbietern und denen, die Werbung in den Medien schalten. Das zeigt sich unter anderem in der starken Ausrichtung der Programminhalte auf die werberelevante Zielgruppe der 14 -49-Jährigen. Teilweise werden sogar Programmformate für Produkte entwickelt oder abgewandelt, Beispiele sind Dauerwerbesendungen wie „Das McSchmidt-Studio“ oder „Die Barilla-Comey- Küche“ (beide Sat.1). Auch mit neuen Werbeformen, wie der Split-Screen- Technik, wird versucht den Werbetreibenden entgegen zu kommen.

Trotz dieser sehr starken Ausrichtung der Fernsehunternehmen in Richtung des Werbemarktes, ist zu analysieren, ob die Medienkonzentration einen Einfluss auf dieses Abhängigkeitsverhältnis hat. Durchaus zu vermuten ist, dass eine höhere Konzentration auf dem Mediensektor den Sendern zu einer größeren Unabhängigkeit vom Werbemarkt verhilft.

Dafür spricht die große Marktpräsenz, die die Großanbieter mit ihren Senderfamilien aufweisen. Werbetreibende können es sich aus ökonomischer Sicht kaum leisten, einen ganze Sendergruppe wie die der CLT-Ufa (vgl. 2.3.) zu meiden. Folglich haben die großen Medienunternehmen eine recht große Macht auch auf dem Werbemarkt. Das zeigt sich beispielsweise auch darin, dass die Vermarktungsfirmen für die Werbezeiten von Sat.1 und RTL in Absprache miteinander die ihre Preise erhöhen.

Auf der anderen Seite seien die kleinen Anbieter betrachtet, die Fensterprogramme oder Regionalfernsehen ausstrahlen. Diese Unternehmen müssen oft weit größere Anstrengungen unternehmen, um genügend Werbeeinnahmen zu erzielen - nicht zuletzt deshalb, weil sie häufig keine große Anzahl an attraktiven Werbeplätzen anbieten können.

Tendenziell sind deshalb kleine Anbieter mehr auf die Werbekunden angewiesen und richten ihr Programm stärker auf diese Klientel aus. Beispielhaft steht hier der Fensteranbieter C.A.M.P. TV, der auf den Frequenzen von Sat.1 und RTL das „Bayern Journal“ ausstrahlt. Nachweislich hat C.A.M.P. TV innerhalb eines Jahres 31 PR-Beiträge ausgestrahlt, ohne diese als solche zu kennzeichnen29. Für große Anbieter wie Sat.1 oder RTL ist solch eine Praxis kaum denkbar, denn der Imageschaden würde vermutlich weit höher liegen, als die zusätzlich erzielten Einnahmen.

Die hier kurz dargestellten Überlegen lassen zumindest die These möglich erscheinen, dass eine höhere Konzentration bei den Fernsehanbietern zu größerer Unabhängigkeit von der Werbeindustrie führt.

3.4. Gesetzliche Aufsicht über Medienkonzentration

Durch die Ausweitung der Medienkonzerne sind von regulativen Maßnahmen immer große Wirtschaftsbetriebe betroffen und es stellt sich sofort die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Kann einem vergleichsweise kleinen Lokalradiosender unter Umständen die Sendelizenz entzogen werden, ist das für ein bundesweites TV-Programm kaum vorstellbar. Betroffen wären Hunderte Arbeitsplätze im Medienunternehmen selbst, als auch im Bereich der Zulieferer wie Produktionsfirmen oder Werbeagenturen. Und die Geschäftsumsätze betragen mehrere Milliarden, so bei der Pro Sieben-Gruppe 2,123 Milliarden Mark im Jahr 199930.

Diese Wirtschaftsmacht der Medien schreckt zumindest ab, wirklich einschneidend in dieses Geschäft einzugreifen. Hinzu kommt, dass Großstädte wie Hamburg, München, Köln oder Berlin regelrecht um die Anbieter buhlen, da sie sich als Medienstandorte profilieren möchten31 32. So liegt immerhin der Verdacht nahe, dass die Landesmedienanstalten tendenziell nicht auf eine übermäßig strenge Interpretation der gesetzlichen Bestimmungen zur Konzentrationsregelung pochen.

Des Weiteren möchte ich durchaus provokant behaupten, die „Global Players“ lassen sich faktisch nicht kontrollieren. Zumindest ein Indiz dafür sind die veränderten Konzentrationsregelungen. Das alte Modell, mit dem versucht wurde die Beteiligungen an TV-Unternehmen einzuschränken ist gescheitert33. Immer undurchsichtiger wurden die Firmenstrukturen34.

Seit 1996 gilt der Marktanteilsansatz, nachdem kein Anbieter mit seinen Medien mehr als 30 Prozent des Publikums erreichen darf. Es scheint mehr als Zufall zu sein, dass die Marke von 30 Prozent gewählt wurde, von der keiner der großen Konzerne wie Kirch oder die Bertelsmann CLT-Ufa betroffen ist35 36. Vorteil der neuen Regelung ist, dass sich die Konzerne entflechten. So firmiert die Kirch-Gruppe seit dem Frühjahr 2000 in einer klaren Holdingstruktur mit den drei Bereichen KirchMedia, KirchPayTV und KirchBeteiligungen37. Positiv an der neuen Konzentrationskontrolle ist zudem, dass sich der Marktanteilsansatz auch auf verwandte Medien bezieht. Allerdings möchte ich anzweifeln, dass heute zum Beispiel beim Internet überhaupt repräsentative Nutzungszahlen ermittelt werden können.

Auf den Begriff „Global Players“ möchte ich noch einmal zurück kommen. In der gesamten Wirtschaftswelt erleben wir momentan einen Trend der Globalisierung, aus ökonomischer Sicht gibt es kaum noch Grenzen zwischen den Staaten. Umso überholter mutet die Länderhoheit über die Medien in der Bundesrepublik Deutschland an. Zwar wurde mit den aktuellen Regelungen die zentrale Kommission zur Konzentrationskontrolle (KEK) eingerichtet, doch die Landesmedienanstalten sind nicht an deren Vorschläge gebunden38.

Insgesamt gibt es einerseits wenig Ansatzpunkte für die Kontrollorgane, anderseits dürften sie wenig Interesse an einer effektiven Beschränkung der Medienkonzerne haben. Aktuelle Entscheidungen scheinen das zu belegen, erwähnt sei die Genehmigung der Überkreuzbeteiligung zwischen den Pay-TV- Angeboten der Kirch-Gruppe und der News-Corporation. Die in diesem Zusammenhang erteilten Auflagen haben eher theoretische als praktische Bedeutung: So dürfen die Unternehmen zum Beispiel untereinander keinen Dumpinghandel betreiben, eine Auflage die im Einzelfall nur schwer zu überwachen sein wird.

Abschließend sei gesagt, die deutsche, föderale Überwachung scheitert schon deshalb, weil insbesondere die finanzkräftigen, großen Medienunternehmen sich ohne viel Mühen der Aufsicht entziehen können. Entweder beantragen sie ihre Lizenz in einem anderen Bundesland, oder senden gleich vom Ausland aus. Das Beispiel von NBC Europe / Giga steht für letztere Möglichkeit.

4. Schlussbemerkungen und Ausblick

4.1. Aussagekraft/Bewertung von Beteiligungsverhältnissen

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf den Besitz- und Beteiligungsverhältnissen auf dem deutschen Fernsehmarkt und den daraus resultierenden Konsequenzen. An dieser Stelle soll die Aussagekraft dieser Strukturen selbst genauer beleuchtet werden. Immer wieder hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Interessen und Ziele der Eigentümer und deren Firmen keineswegs nur durch Betrachtung der Besitzverhältnisse zu erfassen sind.

Bedeutend scheint hier die Rolle von Freundschaften und Familienbanden. Besonders die Kirch-Gruppe war in diesem Zusammenhang oft Mittelpunkt der Diskussion. Als noch das Beteiligungsmodell zur Konzentrationskontrolle angewandt wurde, zeichnete Dr. Leo Kirch für die Sender Sat.1 und DSF verantwortlich, während sein Sohn Thomas Kirch Mehrheitsgesellschafter der Pro Sieben-Gruppe war. Eine objektive Bewertung einer solchen Konstellation scheint schwierig, denn es gilt festzustellen wie viel Unabhängigkeit innerhalb einer Familie existiert.

Und ungleich schwieriger wird die Einschätzung, wenn nicht Familienmitglieder, sondern engste Freunde und Mitarbeiter die Gesellschafter sind. So war Dr. Georg Kofler Geschäftsführer der Pro Sieben-Gruppe, zuvor war er unmittelbar an der Seite von Dr. Leo Kirch in der Kirch-Gruppe beschäftigt. Heute hält der einstige Kirch-Intimus Dr. Georg Kofler knapp 16 Prozent am Einkaufskanal H.O.T., an dem auch Thomas Kirch mit rund 30 Prozent beteiligt ist39.

Beispielhaft kann auch Gottfried Zmeck genannt werden, den die Kirch-Gruppe nach jahrelanger leitender Tätigkeit Anfang des Jahres 2000 in die Selbständigkeit verabschiedete. Als selbständiger Unternehmer ist Gottfried Zmeck jetzt gleichberechtigter Anteilseigner, neben der Kirch-Gruppe, am Spartensender Goldstar TV.

Neben den aufgeführten Verbindungen gewinnen die Produktionsfirmen bzw. Programmlieferanten zunehmend an Bedeutung40. Mit der weltweiten Vermarktung ihrer TV-Ware gewinnen diese Unternehmen an Einfluss, der allerdings kaum durch deren Gesellschafterstrukturen zu erfassen ist. Doch eine detailliertere Analyse dieser Unternehmen und ihrer Stellung auf dem Fernsehmarkt soll hier nicht durchgeführt werden.

Die dargelegten Beispiele und Strukturen zeigen, dass es neben der über Besitz- und Beteiligungsverhältnissen erfassbaren Medienkonzentration, eine „versteckte“ Konzentration gibt. Die Konsequenzen beider auf den Fernsehmarkt, das ist zu vermuten, sind in weiten Teilen identisch.

4.2. Vergleich öffentlich-rechtliche und private Anbieter

Es ist festzustellen, dass die Programme des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zusammen eine stärkere Präsenz haben, als jeder der privaten Medienkonzerne (vgl. 2.). Es soll hier untersucht werden, ob diese Konzentration zu den selben Entwicklungen und Konsequenzen wie bei den privatenwirtschaftlich organisierten Unternehmen führt.

Die Tendenz zur Bildung von Senderfamilien ist eindeutig auch bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten zu beobachten. So betreiben ARD und ZDF beispielsweise den Spartensender Kinderkanal sowie den Dokumentations- und Ereigniskanal Phoenix. Dabei nutzen die Sender die selben Synergieeffekte wie die privaten Stationen, so werden beim Kinderkanal vielfach vorhandene Programme aus den Archiven von ARD oder ZDF gezeigt. Mit solchen preisgünstig produzierten Spartenangeboten sichern sich die öffentlich-rechtlichen Marktanteile und sättigen den Fernsehmarkt. So ist zu vermuten, dass der private Kindersender Nickelodeon nicht zuletzt aufgrund der hohen Konkurrenz durch den Kinderkanal seinen Betrieb einstellen musste. Außerdem verschwinden die Grenzen zwischen „privat“ und „öffentlich- rechtlich“ immer mehr: Die teilweise Finanzierung mit kommerzieller Werbung drängt auch die öffentlich-rechtlichen Sender dazu, mit ihrem Programm die werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen anzusprechen. Bestes Beispiel ist eine umfangreiche Kooperation des ZDF mit dem privaten Musiksender VIVA41.

Forderungen nach Effizienzsteigerung und Kostensenkung führen dazu, dass öffentlich-rechtlichen Anstalten in immer stärkerem Maße wie privatwirtschaftliche Unternehmen handeln. So werden mehr Produktionsleistungen ausgegliedert und freie Mitarbeiter beschäftigt, wobei für mich keinerlei Unterschiede zum privaten Fernsehen zu erkennen sind. Als Beispiele sei die Firma MedienKontor genannt, die für die ARD das Talkformat „Sabine Christiansen“ und für den privaten Musiksender MTV „MTV aus Berlin“ produziert. Bezeichnend ist ebenso die Zusammenarbeit mit der CLT-Ufa (vgl. 2.3.), die unter anderem die täglichen Serien „Verbotene Liebe“ (ARD) und

„Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (RTL) herstellt42. Aus medienpolitischer Sicht fast dreist wirkt das Ansinnen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), der sogar eine gemeinsame Tochterfirma mit dem Kirch-Konzern zu gründen plante43.

Schon diese kurze Darstellung zeigt meiner Meinung nach, dass der öffentlich- rechtliche Rundfunk die selben Strategien zur Ausweitung und Sicherung seines Einflusses nutzt, wie die privatwirtschaftlichen Medienunternehmen. Und die Konsequenzen, die die Machtausweitung mit sich bringt, sind aus meiner Sicht identisch. Einziger deutlicher Unterschied ist, dass die öffentlich- rechtlichen Anstalten weniger stark vom kommerziellen Erfolg ihrer Angebote abhängig sind und deshalb mehr Freiräume beim Ausbau ihrer Aktivitäten und Angebote besitzen.

4.3. Abschließende Bemerkungen

Die dargestellten Verhältnisse auf dem deutschen Fernsehmarkt zeigen zweifellos nur ein kleiner Ausschnitt der Materie. Die unterschiedlichen Aspekte geben deshalb in weiten Teilen allenfalls Indizien für Konsequenzen, die sich aus Medienkonzentration in diesem Sektor ergeben.

Einige Punkte sind trotzdem herauszustellen: Die hohe Konzentration im TV- Sektor erschwert den Marktzugang für neue, unabhängige Anbieter erheblich. Dazu tragen die privaten und die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter durch ihre beherrschende Marktstellung in gleichem Maße bei. Die Konzentrationskontrolle im Bereich des Privatfernsehen wird durch die wirtschaftliche Potenz der Veranstalter und kollidierende Länderinteressen zumindest erschwert. Ob die Konzentration zur Vereinheitlichung der Programmangebote beiträgt, kann hier nicht festgestellt werden. Denn als Ursache muss der ökonomische Wettbewerb gesehen werden, der unabhängig von der Anbietervielfalt besteht. Und wiederholt werden soll abschließend die

Möglichkeit, dass Großanbieter unter Umständen unabhängiger von der Werbeindustrie agieren können als kleine Fernsehveranstalter.

(Schluss)

Quellenverzeichnis

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CLT-Ufa und Pearson TV fusionieren. DPA-Meldung bdt0105, 7. April 2000

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Freie Hand für Murdoch. In: Focus 15 (2000), S. 13

Gustedt, Volker: Das Murdoch-Imperium. In: Focus 20 (1999), S. 244 - 245 Götz, Hans-Jürgen: Koflers Nachlass. In: Journalist 2 (2000), S. 34

Geschäftsbericht Pro Sieben-Gruppe. In: Pro Sieben-Online, http://www.pro- sieben.com/aktie/veroeffentlichung/geschaeftsberichte/1999/lage/index.html, 22. Mai 2000

Hagen, Lutz M.: Die großen internationalen Medienkonzerne. In: Claudia Mast (Hrsg.), Schriftenreihe der deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft - Markt - Macht - Medien, Band 23. UVK Medien: 1996, Konstanz, S. 127

Handwerk, M. / Martin, U. / Müller, K. / Ruzas, S. / Schneider, I.: Ruperts Strafstoß. In: Focus 19 (1999), S. 239 - 242

Handwerk, M. / Martin, U.: Auf zu neuen Ufern, Interview mit Dr. Georg Kofler. In: Focus 34 (1999), S. 164

Hell, Irene: Erbitterter Wettbewerb. In: Journalist 4 (1998), S. 32 - 34

Johns, Max Dirk: Wirtschaftsmacht Fernsehen - Märkte und Mythen der Medienindustrie, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 11, S. 23 - 24

KirchGruppe etabliert Gruppenholding. Pressemitteilung Kirch-Gruppe, München, 13. März 2000

Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh- beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/kek/medien/beteiligung/kirchgruppe.pdf, 30. Mai 2000

Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh- beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/kek/medien/beteiligung/clt-ufa.pdf, 30. Mai 2000

Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh- beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/kek/medien/beteiligung/telemuenchen.pdf, 30. Mai 2000

Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernsehbeteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/cgi- bin/esc/beteiligung.html, 30. Mai 2000

Lilienthal, Volker: Sendeschluss unbemerkt. epd-Artikel 16 (Online), http://www.epd.de/medien/2000/16leiter.htm, 26. Februar 2000

Muzik, Peter: Die Medienmultis, Orac Verlag, Wien/Stuttgart/Bern, 1989, S. 193

Meyerhoff, Jörg: Gute Zeiten, schlechte Zeiten. In: Focus 30 (1995), S. 140 - 141

Mörer, Axel: Medienwunder Köln. In: prmagazin 5 (1999), S. 24 - 27

Nach Fusion von NRW 1 und NRW TV nur noch Zweikampf um Kabelplatz. DPA-Meldung nwf054, 28. März 2000

Nach Redaktionsschluß. In: Journalist 4 (1998), S. 5

Nachrichten aus dem Hause RTL. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/heute.asp, 24. April 2000

Nicht von Springer. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/heute.asp, 24. März 2000

Pecher, Uli: Werbemarkt als Maßstab, Interview mit Friedrich Kübler. In: Focus 46 (1994), S. 296

Röper, Horst: Medienmultis. In: Journalist 13 (1999), S. 49

Rund 350 Mio. Mark. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/2000/04/000428.asp, 15. Mai 2000

Ruzas, Stefan: „Ich bin kein Strohmann“ - Interview mit Thomas Haffa. In: Focus 51 (1998), S. 214 - 215

Siedenburg, Birte / Ruzas, Stefan: Umzüge mit Sog-Effekt. In: Focus 15 (1999), S. 248

Weiter am Ball. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/2000/04/000428.asp, 15. Mai 2000

Weiterhin unter Beobachtung. In: Journalist 2 (1998), S. 6 ZDF ruft nach „Viva“. In: Journalist 3 (1999), S. 6

[...]


1 vgl. Johns, Max Dirk: Wirtschaftsmacht Fernsehen, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 23

2 vgl. Hell, Irene: Erbitterter Wettbewerb. In: Journalist 4 (1998), S. 32 - 34

3 vgl. Johns, Max Dirk: Wirtschaftsmacht Fernsehen, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 230

4 BSkyB-Entscheidung der Europäischen Kommission. Pressemitteilung Kirch-Gruppe, München, 21. März 2000

5 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh- beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-

online.de/kek/medien/beteiligung/kirchgruppe.pdf, 30. Mai 2000

6 vgl. Nach Fusion von NRW 1 und NRW TV nur noch Zweikampf um Kabelplatz. DPAMeldung nwf054, 28. März 2000

7 Ruzas, Stefan: „Ich bin kein Strohmann“ - Interview mit Thomas Haffa. In: Focus 51 (1998), S. 214 - 215

8 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh- beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-

online.de/kek/medien/beteiligung/kirchgruppe.pdf, 30. Mai 2000

9 Gustedt, Volker: Das Murdoch-Imperium. In: Focus 20 (1999), S. 244 - 245

10 Handwerk, M. / Martin U. / Müller, K. / Ruzas, S. / Schneider, I.: Ruperts Strafstoß. In: Focus 19 (1999), S. 239 - 242

11 Freie Hand für Murdoch. In: Focus 15 (2000), S. 13

12 CLT-Ufa und Pearson TV fusionieren. DPA-Meldung bdt0105, 7. April 2000

13 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh-

beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/kek/medien/beteiligung/clt-ufa.pdf, 30. Mai 2000

14 Nicht von Springer. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/heute.asp, 24. März 2000

15 EM.TV beteiligt sich an Tele München. In: Die Welt (Online-Ausgabe), http://www.welt.de/daten/1999/09/17/0917/un129663.htx, 28. Mai 2000

16 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernseh- beteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek- online.de/kek/medien/beteiligung/telemuenchen.pdf, 30. Mai 2000

17 Rund 350 Mio. Mark. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/2000/04/000428.asp, 15. Mai 2000

18 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernsehbeteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/beteiligung.html, 30. Mai 2000

19 Gustedt, Volker: Das Murdoch-Imperium. In: Focus 20 (1999), S. 244 - 245

20 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernsehbeteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/beteiligung.html, 30. Mai 2000

21 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernsehbeteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/beteiligung.html, 30. Mai 2000

22 Nachrichten aus dem Hause RTL. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/heute.asp, 24. April 2000

23 vgl. Röper, Horst: Medienmultis. In: Journalist 13 (1999), S. 49

24 vgl. Weiter am Ball. In: kress täglich (online), http://www.kress.de/tgl/2000/04/000428.asp, 15. Mai 2000

25 Handwerk, M. / Martin, U.: Auf zu neuen Ufern, Interview mit Dr. Georg Kofler. In: Focus 34 (1999), S. 164

26 Hagen, Lutz M.: Die großen internationalen Medienkonzerne. In: Claudia Mast (Hrsg.), Schriftenreihe der deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft - Markt - Macht - Medien, Band 23. UVK Medien: 1996, Konstanz, S. 127

27 vgl. Götz, Hans-Jürgen: Koflers Nachlass. In: Journalist 2 (2000), S. 34

28 Lilienthal, Volker: Sendeschluss unbemerkt. epd-Artikel 16 (Online), http://www.epd.de/medien/2000/16leiter.htm, 26. Februar 2000

29 Weiterhin unter Beobachtung. In: Journalist 2 (1998), S. 6

30 Geschäftsbericht Pro Sieben-Gruppe. In: Pro Sieben-Online, http://www.pro- sieben.com/aktie/veroeffentlichung/geschaeftsberichte/1999/lage/index.html, 22. Mai 2000

31 Siedenburg, Birte / Ruzas, Stefan: Umzüge mit Sog-Effekt. In: Focus 15 (1999), S. 248

32 Mörer, Axel: Medienwunder Köln. In: prmagazin 5 (1999), S. 24 - 27

33 Johns, Max Dirk: Wirtschaftsmacht Fernsehen, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 23

34 vgl. Johns, Max Dirk: Wirtschaftsmacht Fernsehen, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 11

35 vgl. Johns, Max Dirk: Wirtschaftsmacht Fernsehen, Fischer Taschenbuch Verlag, 1998, S. 24

36 Pecher, Uli: Werbemarkt als Maßstab, Interview mit Friedrich Kübler. In: Focus 46 (1994), S. 296

37 KirchGruppe etabliert Gruppenholding. Pressemitteilung Kirch-Gruppe, München, 13. März 2000

38 vgl. Röper, Horst: Medienmultis. In: Journalist 13 (1999), S. 49

39 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Fernsehbeteiligungen. In: KEK-Online, http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/beteiligung.html, 30. Mai 2000

40 Muzik, Peter: Die Medienmultis, Orac Verlag, Wien/Stuttgart/Bern, 1989, S. 193

41 ZDF ruft nach „Viva“. In: Journalist 3 (1999), S. 6

42 Meyerhoff, Jörg: Gute Zeiten, schlechte Zeiten. In: Focus 30 (1995), S. 140 - 141

43 Nach Redaktionsschluß. In: Journalist 4 (1998), S. 5

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Besitz- und Beteiligungsverhältnisse auf dem deutschen TV-Markt
Note
1,7
Auteur
Année
2000
Pages
24
N° de catalogue
V98717
ISBN (ebook)
9783638971683
Taille d'un fichier
388 KB
Langue
allemand
Annotations
Kirch-Gruppe, Bertelsmann, öffentlich-rechtliche Sender, Murdoch
Mots clés
Besitz-, Beteiligungsverhältnisse, TV-Markt
Citation du texte
Karsten Heuke (Auteur), 2000, Besitz- und Beteiligungsverhältnisse auf dem deutschen TV-Markt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98717

Commentaires

  • invité le 7/11/2001

    b-tv?.

    Was ist mit dem Lokalsender b-tv? Diesen haben sie gar nicht erwähnt obqohl er sich immer weiter ausbreitet.

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