Die UN-Behindertenrechtskonvention. Teilhabe als Menschenrecht


Dossier / Travail, 2018

13 Pages, Note: 15,0

Anonyme


Extrait


1 Einleitung

„Inklusion lässt sich nicht einfach verordnen. Sie hängt wesentlich auch von den Einstellungen, Erfahrungen und Vorurteilen ab. Es muss in den Köpfen noch viel passieren, bis wir die Andersheit von Menschen als Gleichheit erleben.“- Barbara Fornefeld, Professorin für Rehabilitationswissenschaft an der Universität Köln

Weltweit leben ungefähr 650 Millionen Menschen mit einer Behinderung und es gibt nur in 45 Staaten vorgeschriebene Rechte, die diese schützen (vgl. Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung 2017). Es gab nur wenige Vorschriften, die die Rechte von Menschen mit Behinderung schützen. Deshalb beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, dass Vorschläge über die Rechte von Menschen mit Behinderung erarbeitet werden sollen. (vgl. ebd.). Die Verabschiedung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderung, im Dezember 2006 von den Vereinten Nationen, gilt als verbindliches Recht und hat einen bemerkenswerten Schritt in der Behindertenpolitik geschaffen. Dies hat auch zu einer erheblichen Verbreitung des Inklusionsbegriffs beigetragen. Weitere Schlüsselbegriffe bei der Konvention sind Teilhabe, Chancengleichheit, Selbstbestimmung und Barrierefreiheit. Die grundlegende Leitidee der Konvention ist die Inklusion, da Menschen mit Behinderung von Beginn an das Recht besitzen in die Gesellschaft aufgenommen zu werden. Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Entwicklung der Historie der Menschen mit Behinderung bis hin zur Erarbeitung, Entwicklung und Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Eine Annäherung an das Thema soll über die Erklärung der allgemeinen Menschenrechte erfolgen, um die nötige Grundlagenkompetenz für die darauf aufbauenden Kapitel zu schaffen. Des Weiteren wird der Paradigmenwechsel zum gesellschaftlichen Umgang mit Normabweichungen und Behinderung besonders ab 1945 aufgeführt. Im darauffolgenden Kapitel wird der Zweck der UN-BRK und die Umsetzung, sowohl durch die Vereinten Nationen als auch über Deutschland, beschrieben. Im Anschluss werden Definitionen, Kriterien und Ziele des Inklusionsbegriffs in der UN-BRK, hinsichtlich der Bildung, erläutert. Das abschließende Fazit fasst die Ergebnisse zusammen und führt eine kritische Stellungnahme zum Thema Inklusion in der Bildung durch.

2 Von der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte bis zur UN-Behindertenrechtskonvention

2.1 Menschenrechtsdokumente der Vereinten Nationen

Zu Anfang der Entwicklung von Menschenrechten stehen grauenvolle Verbrechen und die nicht begrenzbaren Möglichkeiten Menschen auf unzählige Weisen zu unterdrücken und erniedrigen. Rechte, welche den Menschen nicht genommen werden dürfen und die Verankerung dieser, unterliegt politischen und historischen Wandlungsprozessen. Nach dem Unrecht, welches vielen Menschen, während des zweiten Weltkrieges widerfahren ist, beschlossen die Vereinten Nationen eine friedliche und gerechte Weltordnung wiederherzustellen (vgl. Huhle 2008). Im Jahr 1948 wurden die Menschenrechte von der Generalversammlung verabschiedet. Der Begriff „Menschenrechte“ bezeichnet moralisch begründete Ansprüche, die zum Schutz dienen und jedem Menschen angeboren sind (vgl. Krennerich 2009). Es gibt drei unterschiedliche Kategorisierungen der Menschenrechte: Abwehrrechte des Individuums, Teilnahmerechte und Teilhaberechte (vgl. Fritzsche 2016, S.26). Einige Beispiele wären die Glaubens-, Rede- und Meinungsfreiheit, das Recht auf Leben, auf Freiheit und Sicherheit der eigenen Person, die Gleichheit vor dem Gesetz und das Recht auf Bildung (United Nations Human Rights 1998). Diese Rechte gelten für alle Menschen gleich und können weder durch Leistung, noch Status erworben werden. Zudem ist es auch nicht möglich einem Menschen, durch kulturelle, politische, religiöse und/oder soziale Eigenschaften, diese abzuerkennen (vgl. Degener 2015, S.64). Das Hauptziel ist die Würde und Freiheit jedes einzelnen Individuums zu schützen und diese vor Opferungen und Unterordnungen des politischen Gemeinwesens zu wahren (vgl. Fritzsche 2016, S. 20). Die Grundsätze der Menschenrechtsverträge wurden unterzeichnet von den Vereinten Nationen. Diese sind eine globale Organisation und bilden sich zusammen aus 193 zusammengeschlossenen Staaten (vgl. Degener 2015, S.56). Die festgeschriebenen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen sind der Verzicht auf Gewaltanwendung, eine internationale Zusammenarbeit und die Wahrung der internationalen Sicherheit (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2011). Die Dokumente der Menschenrechtsabkommen vor der UN-BRK bestanden aus sechs Konventionen, die dafür sorgen sollen, dass Gleichberechtigung in jeglicher Hinsicht besteht, Schutz und Freiheit gewährleistet wird und Diskriminierung und Minderheitenrechte verboten werden, darunter zählen der Zivilpakt, Sozialpakt, die Rassendiskriminierungskonvention, Frauenrechtskonvention, Antifolterkonvention und die Kinderrechtskonvention. In den bestehenden Menschenrechtsverträgen wurden jedoch Menschen mit Behinderung nicht ausreichend geschützt und wahrgenommen. Behinderung war kein Thema der Menschenrechtskonventionen, sondern eins der Sozialkommission. Menschen mit Behinderung hatten nicht die Möglichkeit, sich auf bestehende Rechte zu stützen, welche eigentlich ein barrierefreies und teilhabendes Leben an der Gesellschaft ermöglichen sollten. Gleichberechtigte Teilhabe und festgeschriebene Rechte gab es nicht, sondern Menschen mit Behinderung wurden betrachtet als Objekte von Wohltätigkeit und Fürsorge (vgl. Degener 2015, S.61).

2.2 Sozialgeschichte der Menschen mit Behinderungen

Es war nicht immer selbstverständlich, dass auch für Menschen mit Behinderung festgeschriebene Gesetzte gab, wie heutzutage. Im Mittelalter wurde festgeschrieben, wer als handlungs-, rechts-, lebens-, und erbfähig galt und wie dies zu beweisen war. Zudem galt früher eine Behinderung als Bestrafung Gottes (vgl. Mürner; Sierck 2015 S. 26-27). In der Frühen Neuzeit wurde eine Behinderung als medizinisches Problem angesehen und es gab wenig Hoffnung auf eine gute Versorgung. Es fanden Aussonderungen mit ersten staatlichen Einrichtungen statt (vgl. ebd. S. 27-28). An Integration war nicht zu denken, es fand Exklusion statt, indem man Bildungsfähige von Bildungsunfähigen trennte. Im Jahr 1920 trat das „Krüppelfürsorgegesetz“ in Kraft, sodass es eine gesetzliche Vorkehrung gab, wie Menschen mit Behinderung medizinisch, schulisch und beruflich zu behandeln waren (vgl. ebd. S. 28). Im gleichen Jahr erschien das Buch „Die Vernichtung lebensunwerten Lebens“ von Karl Binding (1841-1920), einem Juristen und Alfred E. Hoche (1865-1943), einem Psychiater und Neuropathologen. Dieses Buch galt als Vorlage und Argumentation der Nationalsozialisten für die straffreie Tötung von „Ballastexistenzen“ (vgl. ebd. S.29-30). Das dunkelste Kapitel in der Sozialgeschichte der Menschen mit Behinderung war die „Euthanasie“ im Nationalsozialismus. Eine systematische Extinktion/Auslöschung, welche von einer Rassenideologie geprägt war. Zwangssterilisationen, Hungerkost, Injektionen und Gaskammern waren Methoden, um die Trennung von „lebenswertem“ und „lebensunwertem“ Leben zu erreichen (vgl. ebd. S. 30-31). Ab 1945 bis in die 60er Jahre war es das Hauptziel, Menschen mit Behinderung zu heilen. Sie wurden in Psychiatrien, Krankenhäusern und Anstalten untergebracht und auf Kompetenzen wurde kein Wert gelegt, da Menschen mit Behinderung unsichtbare Bürger/innen waren (vgl. ebd. S. 31-32). Auch zu Zeiten der DDR galten Menschen mit Behinderung als „geschädigte“ Menschen und „Pflegefälle“. Sie wurden fremdbestimmt, ausgeschlossen und in folgende Einrichtungen untergebracht: Sonderkindergärten, Sonderschulen, Sonderarbeitsplätze und Heime (vgl. ebd. S. 32). Teilhabe an der Gesellschaft wurde unter Zwangsbedingungen festgelegt, so wird von Separation, einer Aussonderung und Konzentration nach Fähigkeiten und Eigenschaften (vgl. Stöppler 2017, S. 70-71). 1971 wurden erstmals Rechte formuliert von Menschen mit Behinderung, in welchen festgelegt wurde, dass diese die gleichen Rechte genießen wie Menschen ohne Behinderung (vgl. Degener 2015, S. 62). Die 1975 verkündeten Rechte gehen noch etwas weiter. Die Erklärung der Rechte der behinderten Menschen, boten Schutz vor Diskriminierung, Anspruch auf medizinische und psychologische Behandlung, auf Bildung und berufliche Ausbildung und auf wirtschaftliche und soziale Sicherheit (vgl. Generalversammlung 1981, S. 83-84). Dies war der Anfang der Behindertenpolitik, jedoch waren die Rechte zu sehr auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Aspekte begrenzt (vgl. ebd. S. 62). Somit entstanden Zusammensetzungen von Gruppen von Menschen mit Behinderung, die sich selbst provokativ als „Krüppelbewegung“ bezeichneten. Mit Protestaktionen und einem Hungerstreik im Jahr 1981, begann die Krüppelgruppe im Foyer des Rathauses in Bremen, Forderungen nach Umrüstung des öffentlichen Personenverkehrs Nachdruck zu verleihen (vgl. Mürner; Sierck 2015, S. 33). Das Jahr 1981 gilt als Internationales Jahr der Behinderten, wo Menschen mit Behinderung an Aktivitäten und Themen, wie beispielsweise medizinische Rehabilitation, Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, behindertengerechte Umwelt und viele weitere, mitwirken konnten (vgl. Greza 1981, S.92). Im darauffolgenden Jahr wurde das Dokument „Weltaktionsprogramm für Behinderte“ verabschiedet, dessen Ziel war, innerhalb von zehn Jahren die Prävention, Rehabilitation und die Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Ein weiteres wichtiges Dokument „Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit für behinderte Menschen“ wurde im Jahr 1993 verabschiedet, in welchem von den Mitgliedstaaten gefordert wurde Antidiskriminierungsgesetzte zu entlassen und ihre jeweilige Politik für Menschen mit Behinderung weiterzuentwickeln und zu fördern (vgl. Degener 2015, S. 62). In den 1990er Jahren verbesserte sich auch die Lebensqualität und es herrschte, durch die Verabschiedung und Weiterentwicklung der Dokumente Akzeptanz und Gleichwertigkeit, sodass man von Integration sprechen kann. 1994 wurde im Grundgesetzbuch Artikel 3 folgendes verabschiedet: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2013, S. 29). Ein großer politischer Erfolg der Behindertenpädagogik und ein weiter Meilenstein für die Akzeptanz und Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung. 2006 schreibt die UN-Konvention allgemein gültige Menschenrechte für Menschen mit Behinderung fest und im Jahr 2009 treten diese auch in Deutschland in Kraft (vgl. Wansing 2015, S. 43). Die festgeschriebenen Rechte sollen Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit in vielen verschiedenen Lebensbereichen ermöglichen und gewährleisten. Die Modelle von Behinderung haben sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt und verändert. Nach dem ersten Weltkrieg orientierte man sich nach dem medizinischen Modell, wo das Problem auf medizinischen Ursachen beruhte. Zudem wurde Behinderung immer mit einer Beeinträchtigung des Individuums verknüpft. Der Umgang mit Behinderung knüpfte an Pflege an und setzt Heilung der Person voraus, um an der Gesellschaft teilhaben zu können (vgl. Degener 2015, S. 63). In den 1960er Jahren wird das medizinische Modell vom sozialen Modell ersetzt. Behinderung wird als Ergebnis einer Gesellschaft betrachtet und die Ursache liegt außerhalb des Individuums. Die Heilung der Person als Ziel wird verworfen, stattdessen wird die Förderung von Fähigkeiten und die Beseitigung von physischen und sozialen Barrieren gefördert (vgl. ebd. S. 63). Das bio-psychosoziale Modell verdeutlicht, dass Behinderung kein Merkmal ist, sondern ein Prozess. Dieses Theoriekonzept zeigt, dass Umweltfaktoren und auch personenbezogene Faktoren, Einfluss auf das Gesundheitsproblem nehmen können. Damit sind Körperfunktion und -struktur Aktivitäten und Partizipation in Form von Teilhabe gemeint. Das Modell ist wichtig für die UN-BRK, da sowohl Umwelt- als auch individuelle Faktoren eine wichtige Rolle bei Rechten von Menschen mit Behinderung spielen (vgl. Freitag 2016, S. 6-7).

2.3 Die Entwicklung der UN-Behindertenrechtskonvention: Von der Erarbeitung bis zum Inkrafttreten

Zweck der UN-BRK

Die UN-BRK setzt sich als Ziel die inklusive Gesellschaft und verweist mit den 2006 verabschiedeten Rechten für Menschen mit einer geistlichen als auch körperlichen Behinderung mehr Möglichkeiten an Teilhabe und Selbstbestimmung zu eröffnen. Die Zielsetzung ist Inklusion in allen Lebensbereichen, sodass Einbeziehung in die Gesellschaft, Chancengleichheit und ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden (vgl. Aichele 2015, S.90). Alle gesellschaftlichen Lebensbereiche sollen so umgestaltet werden, dass sie den Voraussetzungen von Menschen mit Behinderung berücksichtigen, indem Barrieren in Städten, Gebäuden und bei Transportmitteln, zudem noch im Internet und in der Sprache abgeschafft werden. Die Erkenntnis von der Gesellschaft, wie wichtig individuelle Autonomie und Unabhängigkeit für Menschen mit Behinderung ist, die Freiheit eigene Entscheidungen treffen zu können und dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt behandelt werden, ist ein weiteres Ziel der UN-BRK (vgl. Wansing 2015, S. 46). Zudem soll die UN-BRK darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderung vollen Zugang zu Gesundheit, Politik und Bildung, Informationen und Kommunikation bekommen und dass somit gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden kann (vgl. ebd, S. 48). Es geht darum, allen Bürgerinnen und Bürgern einen selbstbestimmten Platz in einer barrierefreien Gesellschaft geben zu können.

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Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Die UN-Behindertenrechtskonvention. Teilhabe als Menschenrecht
Université
Justus-Liebig-University Giessen  (Förderpädagogik und Inklusive Bildung)
Cours
UN-Behindertenrechtskonvention - Teilhabe als Menschenrecht
Note
15,0
Année
2018
Pages
13
N° de catalogue
V987380
ISBN (ebook)
9783346374059
ISBN (Livre)
9783346374066
Langue
allemand
Annotations
Die Note 15 ist die Bestnote an der Universität Gießen.
Mots clés
UN-Behindertenrechtskonvention, Inklusive Bildung
Citation du texte
Anonyme, 2018, Die UN-Behindertenrechtskonvention. Teilhabe als Menschenrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/987380

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