Ist die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare mit Art. 6 des Grundgesetzes vereinbar?


Trabajo de Seminario, 2000

13 Páginas, Calificación: 15 punkte


Extracto


1. Einleitung

Der stetige gesellschaftliche Wandel stellt an den Gesetzgeber die Herausforderung, Gesetze den sich veränderten Ansprüche anzupassen. Ein Reformbedarf besteht u.a. auch im Familienrecht, die Rechtsstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren ist der von verschiedengeschlechtlichen Personen anzupassen. In Deutschland besteht hierzu Nachholbedarf, zumal in einigen Nachbarländern derartige gesetzliche Vorschriften erlassen wurden.

So hat auch das Europäische Parlament im Februar 1994 die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die ungleiche Behandlung von Personen gleichgeschlechtlicher Orientierung in Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu vermeiden.1

Neben dem Gesetzesentwurf der ,,eingetragenen Partnerschaft" von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, erstellten auch F.D.P. (,,Ehe light"), PDS und CDU/ CSU Entwürfe, die die Diskriminierung von Homosexuellen in unserem Rechtssystem beseitigen sollen.

Im folgenden soll erörtert werden, ob die Öffnung der Ehe oder die Einführung eines weiteren familienrechtlichen Instituts neben der Ehe verfassungswidrig wäre.

2. Die Situation der Homosexuellen

2.1 Konsequenzen des fehlenden rechtlichen Instituts

Als erste Beeinträchtigung muss in diesem Zusammenhang genannt werden, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartner, bedingt durch das Versagen des staatlichen Schutzes des Art. 6 I GG vor dem Gesetz als Fremde gelten.2 Weiter können sich die Partner nicht, wie heterosexuelle Partner, in der emotionalen Konfliktlage im Strafprozess auf ein gegenseitiges Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht gemäß (§§ 52 I Nr. 1 und 55 I StPO) berufen. Bei einer Inhaftierung des Lebensgefährten hat der Partner nach § 25 Nr.2 StVollZG kein Besuchsrecht.

Auch bei Krankheits- und Todesfällen wirkt sich der fehlende Angehörigenstatus schwerwiegend aus. Dem Lebensgefährten steht weder ein Auskunfts-recht gegenüber den Ärzten, noch ein Gestaltungs- und Teilnahmerecht an dessen Beerdigung, gegen den Willen der Familie des Verstorbenen, zu.3 Bei binationalen Beziehungen besteht kein Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung zwecks Familienzusammenführung gemäß §§ 17 ff. AuslG.4 Auch im Beamtenrecht und bei der Vergabe von Studienplätzen durch die ZVS wird die Partnerschaft nicht berücksichtigt.

Auch im finanziellen Bereich ist die Versagung der Eheschließungsfreiheit mit erheblichen Nachteilen verbunden.

Unterhaltsleistungen können nur in Sonderfällen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Bei beruflich bedingter Trennung der Partner, werden weder Heimfahrt noch doppelte Haushaltsführung als relevante Kosten berücksichtigt. Die steuerrechtlichen Vorteile des Ehegattensplittings (§§ 26 I S.1, 26b, 32a V EStG) stehen den homosexuellen Lebensgemeinschaften ebenfalls nicht zu.

Kündigt ein Partner sein Arbeitsverhältnis, um dem Partner nachzuziehen, wird dies nicht als ,,wichtiger Grund" im Sinne des § 119 I AFG anerkannt. Somit besteht für 12 Monate kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.5

Auch im Erbrecht sind nichteheliche Lebenspartner erheblich schlechter gestellt, da gesetzliche Erbansprüche zu ihren Gunsten nicht vorhanden sind. Selbst bei testamentarischer Erbeinsetzung hat der homosexueller Partner noch einen 50 prozentigen Pflichtteilanspruch an die Eltern zu zahlen (§§ 1925, 2303 BGB). Der ihm verbleibende Rest ist ab 3.000 DM zu versteuern. Ehegatten haben einen Freibetrag von 250.000 DM.6

Auch im Schadensrecht wird die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft nicht berücksichtigt. Ein Schädiger, der den unterhaltsleistenden Partner tötet, hat dem Lebensgefährten selbst bei entsprechender notarieller Unterhaltsvereinbarung keine Rente zu zahlen.

Außerdem ist sowohl die Mitversicherung eines geringfügig verdienenden Partners (1999: 630 DM)7 in der gesetzlichen Krankenkasse des Lebensgefährten, als auch die Übertragung von Versorgungs- und Rentenansprüchen untereinander ausgeschlossen. Somit ist der geringfügig verdienende Partner ohne soziale Absicherung.

Zwar treten diese genannten Nachteile ebenfalls bei heterosexuellen unverheirateten Partnerschaften auf, diese haben jedoch die Möglichkeit zu heiraten oder sich als Verlobte bezeichnen, wodurch sie den Rechtsstatus eines Angehörigen erlangen. Im Mietrecht werden sie sogar inzwischen als Familienangehörige anerkannt.8 Der Bundesgerichtshof hat dieses für gleichgeschlechtliche Partnerschaften abgelehnt, da ihre Lebensgemeinschaft nicht eheähnlich sei.9 Somit besteht kein Kündigungsschutz für im Todesfalle des Partners für den Überlebenden, wie es bei heterosexuellen Partnerschaften der Fall ist.

2.2 Lösungsansätze im Ausland

In einigen europäischen Ländern (Schweden, Norwegen, Island, Belgien, Frankreich, Niederlande, Dänemark und Teilen Spaniens) gibt es bereits gesetzliche Regelungen, welche die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Paare festsetzen. Die Paare werden amtlich registriert. An die Registrierung knüpfen der Ehe vergleichbare Rechtsfolgen an.10 In Belgien, Niederlande und Regionen in Spanien ist die registrierte Partnerschaft nicht nur auf gleichgeschlechtliche Paare beschränkt. Jedoch durch das Offenstehen dieser Möglichkeit auch für heterosexuelle Paare ist ein Konkurrenzinstitut für die Ehe entstanden. Daher werden in Frankreich und den Niederlanden bereits über Einschränkungen zum Zugang der registrierten Partnerschaft diskutiert.11

In Dänemark, Norwegen und Schweden dagegen regeln ,,Partnerschaftsgesetze", dass alle Rechtsfolgen einer Ehe, auch für registrierte gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu gelten haben.

3. Spannungsverhältnis zwischen dem Gleichheitsgebot und dem besonderen Schutz der Ehe

3.1 Besonderer Gleichheitssatz

Da gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht verweigert wird zu heiraten und die daran knüpfenden wirtschaftlichen und rechtlichen Vorteile zu nutzen, ist zu prüfen, ob nach Art. 3 III 1 GG eine Diskriminierung im Vergleich zu verschiedengeschlechtlichen Personen vorliegt. Art. 3 III 1 GG beinhaltet jedoch nur das Verbot, jemanden wegen seines Geschlechtes zu benachteiligen. Im vorliegendem Fall ist dies auch nicht gegeben, da sowohl Männern als auch Frauen verboten ist eine Person des gleichen Geschlechts zu heiraten.12 Dieser spezielle Gleichheitssatz in Art 3 III 1 GG enthält keinen Anspruch, dass eine Personen wegen ihrer Sexualität gleich zu behandeln ist.13

3.2 Allgemeiner Gleichheitssatz

Zu untersuchen ist weiter, ob Art. 3 I GG eine Gleichbehandlung von verschieden- und gleichgeschlechtlichen Paaren fordert. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, ,,wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten".14 Nun ist zu überprüfen, ob eine Ungleichbehandlung gegenüber einer Vergleichsgruppe besteht, die nicht verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist.

Eine ,,Eheähnliche Lebensgemeinschaften" ist eine auf Dauer angelegte Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, in der keine weiteren Beziehungen zu anderen Personen zugelassen sind.15 Fällt die Bedingung ,,zwischen Mann und Frau" weg, so kann eine auf Dauer angelegte Beziehung gleichgeschlechtlicher Personen mit der Ehe verglichen werden.16 Gleichgeschlechtliche Lebenspartner werden im Vergleich zu Eheleuten, sowie zu verschiedengeschlechtlichen Paaren benachteiligt, da sie nicht den Status eines Angehörigen erlangen können.

Das Argument, dass die Ehe bevorzugt gegenüber homosexuellen Paaren behandelt wird, da sie traditionell gewachsen sei und da sie ein hohes gesellschaftliches Ansehen genieße17, ist eher ein Argument, welches für den verfassungsrechtlichen Schutz von Homosexuellen spricht. Sinn des Grundrechts in einer Demokratie ist es, Minderheiten vor dem Willen der Mehrheit und der Gesellschaft zu schützen. Homophile Menschen stellen eine Minderheit dar. Traditionen und gesellschaftliche Werte sind von der Majorität gebildete Normen.18 Hinzuzufügen ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung ein Antidiskriminierungsgesetz für Schwule und Lesben bejaht.19

Es ist festzuhalten, dass eine generelle Benachteiligung von homosexuellen gegenüber heterosexuellen Personen nicht objektiv zu rechtfertigen ist.

3.3 Besonderer Schutz der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG

Jeder hat das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung gemäß Art 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG und somit auch das Recht, einen selbstgewählten Partner zu heiraten.20 Dieses Recht wird gleichgeschlechtlichen Partnern verwehrt, mit der Begründung des Bundesverfassungsgerichts, dass nach der traditionellen Meinung die Verschiedengeschlechtlichkeit vorausgesetzt wird.21 Der Parlamentarische Rat sei bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes 1949 vom traditionellen Ehebegriff ausgegangen, der homophile Lebensgemeinschaften nicht mit einbezog. Zudem würde der Begriff ,,Ehe" durch die Öffnung der Ehe für eine weitere Personengruppe, verschiedene Institute bezeichnen und somit zur ,,Deinstitutionalisierung" der Ehe beigetragen.22

Die Intention des in Art. 6 I GG erwähnten besondere Schutzes ist es die Ehe und die Familie nicht nur vor Eingriffen des Staates verfassungsrechtlich zu schützen, sondern zudem vor störenden Faktoren und Konkurrenz zu behütet und wirtschaftlich und rechtlich zu fördern.23 Die Ehe wird als Voraussetzung für eine Familiengründung gesehen, weshalb sie gesetzlich zu fördern ist. Jedoch gilt der Institutschutz des Art. 6 I GG auch, wenn die Ehepartner zeugungsunfähig oder zeugungsunwillig sind, die Ehe also nicht zur Reproduktion der Gesellschaft beiträgt.24 Sogar Transsexuellen ist es erlaubt eine Ehe nach der Geschlechtsumwandlung einzugehen.25 Das Verbot für homosexuelle Paare zu heiraten kann also nicht dadurch argumentiert werden, dass gleichgeschlechtliche Paare zeugungsunfähig sind und keinen Beitrag zum Fortbestand des Staates leisten können.

3.4 Gesellschaftlicher Wandel

In wie weit sich der gesellschaftliche Wandel auf das Institut Ehe auswirken soll oder darf, ist in der Literatur umstritten.26 Einerseits sollte die Ehe vor kurzfristigen gesellschaftlichen Wertänderungen geschützt werden, andererseits sollte das Gesetz berücksichtigen, dass z.B. uneheliche Beziehungen (auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften) inzwischen gesellschaftlich anerkannt sind und in ihnen Kinder aufgezogen werden, weshalb auch sie staatlich zu schützen sind.27 Der Gesetzgeber kann sich dem Wandel nicht verschließen und soll andere Formen des Zusammenlebens rechtlich berücksichtigen, solange dabei das Institut Ehe nicht gefährdet oder benachteiligt wird.28

Durch Art. 6 I GG besteht kein Anspruch homophiler Paare aus Art 3 I GG, die Ehe auch ihnen zugänglich zu machen, da der Gesetzgeber die Ehegatten ohne spezielle Rechtfertigung bevorzugen darf.29

3.5 Alternative: ein einfachrechtliches Institut?

Homosexuelle Paare haben keinen Anspruch aus Art. 3 I GG auf Öffnung der Ehe, da nach Auslegung des Bundesverfassungsgerichts (BVerG) diese durch den Schutzgedanken des Art. 6 I GG verschiedengeschlechtlichen Paaren vorbehalten ist.30 Damit jedoch die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften beseitigt werden kann, sollte geprüft werden, ob ein einfachrechtliches Institut neben der Ehe rechtlich eingerichtet werden könnte. Eheleute bilden eine Solidargemeinschaft, welche sie zu gegenseitiger Fürsorge und finanzieller Unterstützung verpflichtet, wodurch der Staat in finanzieller Hinsicht entlastet wird.31 Diese Funktion der Solidargemeinschaft spricht dafür, dass gleichgeschlechtliche Partner, die füreinander sorgen wollen, ebenfalls unter den Schutz der Verfassung fallen sollten.

Es ist möglich, dass ein einfachrechtliches Institut die Partnerschaft rechtlich absichert. In dieser Form würde der verfassungsrechtliche Schutz weiterhin der Ehe vorbehalten bleiben. Dabei ist darauf zu achten, das die politische Aufwertung homosexueller Partnerschaften nicht auf Kosten der sozialen und rechtlichen Stellung der Ehe geht. Die Förderung der Ehe darf faktisch nicht dadurch vermindert werden, dass ein anderes Institut aufgewertet wird, da gemäß Art. 6 I GG der Wert der Ehe zu erhalten und vor Konkurrenz zu schützen ist.32

Heterosexuelle Paare sind auszuklammern, da die Lebenspartnerschaft ansonsten eine Konkurrenz zur Ehe darstellen würde und somit gegen den besonderen Schutz des Art. 6 I GG verstoßen würde. So bietet die Ehe - als einzige rechtlich anerkannte Bindungsoption - weiterhin den gewollten Anreiz auf Förderung, den nur verschiedengeschlechtliche Paare in Anspruch nehmen können. Für homosexuelle Paare besteht lediglich die Möglichkeit eine registrierte Lebenspartnerschaft zu wählen.33

Da keine rechtspolitischen Argumente gegen die Schaffung eines weiteren Rechtsinstituts ersichtlich sind, sollte eine gesetzlich geschützte Institution für gleichgeschlechtlich orientierte Paare eingerichtet werden.34

4. Lösungsansätze

4.1 SPD/Bündnis 90/Die Grünen: ,,Gesetz der eingetragenen Lebenspartnerschaft"

Der Entwurf der Koalition über das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartGE) soll sowohl einen gesicherten Rechtsrahmen für auf Dauer angelegte Partnerschaften einrichten, als auch gegen die gesellschaftliche Diskriminierung hinwirken.35 Die Pläne sind in der Tat recht weitgehend, damit eine rechtliche Gleichstellung mit der heterosexuellen Ehe gewährleistet wird.36

4.1.1 Rechtliche Gleichstellung mit Eheleuten

Der Kernpunkt des geplanten neuen familienrechtlichen Instituts soll die Eintragung der Partnerschaft beim Standesamt (§ 1 I 1 LPartGE)37 und die Wahl eines gemeinsamen Namens sein (§ 3 I 3 LPartGE)38. Im Falle der Trennung ist ein gerichtliches Verfahren vorgesehen. Die Partner sollen gegenseitig fürsorge- und unterhaltspflichtig sein. Diese Verpflichtung gilt in speziellen Fällen sogar über das Ende der Partnerschaft hinaus.39

Eine vollständige Gleichstellung mit Eheleuten erfolgt für homosexuelle Partner im Erbrecht, bei der Erbschaftssteuer, der Schenkung- und Grunderwerbsteuer.

Die Vermögensverhältnisse des Partners werden auch bei der Sozialhilfe und der Ausbildungsförderung mit einbezogen.

Bei den gesetzlichen Krankenkassen soll in der Kranken- und Pflegeversicherung beitragsfreie Mitversicherung des Lebenspartners ermöglicht werden. Dem Lebenspartner soll außerdem in den Mietvertrag mit eintreten können. So wird sichergestellt, dass nach dem Tod des Partners der Überlebende nicht die Wohnung zu räumen hat.

Weiterhin sind von der Koalition Änderungen im Ausländer- und Beamtenrecht vorgesehen. Bei binationalen homosexuellen Paaren sollen die aus-länderrechtlichen Vorschriften zum Familiennachzug für Ehegatten übernommen werden. Das Gleiche soll auch für die Vorschriften zur Arbeitsgenehmigung gelten.40

4.1.2 Rechtliche Unterschiede

Bei der Einkommenssteuer gibt es Abweichungen von dem für Eheleute Ehegattensplittings. Für die Lebenspartner soll das Realsplitting mit einem Unterhaltsabzugsbetrag von 40.000 DM gelten.

Das Recht auf Adoption soll weiterhin gleichgeschlechtlichen Paaren verwehrt bleiben.

Dagegen erhält der nichtleibliche Partner das ,,kleine Sorgerecht" für Kinder aus vorherigen heterosexuellen Partnerschaften. Auch die Sozialleistungen für Lebenspartnerschaften mit Kindern sollen verbessert werden. Die verwandtschaftlichen Verhältnisse sollen neu geregelt werden. Verwandte des Lebenspartners gelten künftig als verschwägert mit dem anderen Partner.41

Es ist offensichtlich, dass das neue Institut der Ehe nicht gleichgestellt wird: Es wird nicht von der Haushaltsführungspartnerschaft ausgegangen; bei Auflösung der Partnerschaft reicht eine schriftliche Mitteilung über das Ende der Partnerschaft (§11 LPartGE). Unterhalt wird nur bei Kinder-, Alten oder Krankheitsversorgung gewährt (§ 12 LPartGE). Und der Standesbeamte kann die Partnerschaft nicht verhindern, wenn er an den Motiven der Partner zweifelt (wie bei Verdacht auf ,,Scheinehen" 1310, 1314 II Nr. 5 BGB).

4.2 Gegner des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Die Konservativen Parteien, die Kirchen und weitere Personenkreise versuchen die Zulassung eines weiteren familienrechtlichen Instituts zu verhindern.

Dr. Edmund Stoiber betont, dass die Union und Kirchen nicht gegen die Bekämpfung der Diskriminierung von Homosexuellen seien, die Ehe sollte als sakrales Institut aber nicht durch eine Institution für gleichgeschlechtliche Paare entweiht werden.42 Die gesetzlich vorgesehenen Änderungen lassen sich auch mit Hilfe von notariellen Verträgen festsetzen. So z.B. der Eintritt in das Mietverhältnis nach dem Tod des Partners oder die Auskunftsverpflichtung von Ärzten.43

Es ist jedoch anzumerken, dass einfache vertragliche Regelungen nicht verhindern würden, dass bei Nachlassregelungen die Eltern einen hohen Pflichtteil erhalten und der hinterbliebene Lebenspartner weiterhin als Fremder gesetzlich gilt und somit den höchsten Steuersatz zu zahlen hat.

Kritiker weisen darauf hin, dass ein weiteres familienrechtliches Institut den besonderen Schutz der Ehe von Art. 6 I GG nichtig machen würde somit verfassungswidrig sei.44 Ferner gleiche das LPartG dem EheG in vielen Punkten, so dass eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich sein könnte.45 In diesem Falle müsste nach Art. 79 II GG eine Zwei-Drittel- Mehrheit sowohl im Bundestag, als auch im Bundesrat dem Gesetz zustimmen. Die erforderliche Mehrheit wird im Bundesrat nicht zustande kommen.

Zudem wird bemängelt, dass der Entwurf der Koalition dem neuen Institut mehr Rechte und im Vergleich zur Ehe weniger Pflichten zugestehe.46

Als einen weiteren Aspekt führen Kritiker auf, dass die Kosten, die durch steuerlichen Vergünstigungen für einen weiteren Bevölkerungskreis entstehen, zu Lasten der Familienförderung fallen können.47 Dem kann entgegnet werden, dass nur ca. fünf Prozent der Bevölkerung homosexuell veranlagt sind, von denen die Hälfte in festen Beziehungen lebt. Außerdem ist zu erwarten, wie die Erfahrungen in Skandinavien zeigen, dass sich nur wenige Paare registrieren lassen. Die Kosten würden also minimal ausfallen.48 Das Argument der Kirchen, dass die christliche Ehe und deren religiöse Bedeutung durch das LPartG bedroht wäre49, ist jedoch nicht haltbar. Das Grundgesetz trennt Kirche und Staat, daher haben zivilrechtliche Änderungen keine Auswirkung auf den kirchlichen Umgang mit homosexuellen Beziehungen.

4.3 ,,Ehe light" - Entwurf der F.D.P.

Die Partner bekunden ihre Zusammengehörigkeit nur notariell. Trotzdem werden ihnen großzügige Rechtsvorteile eingeräumt.

Gegen dieses Modell der ,,Ehe light"50 kann jedoch Art. 3 I GG herangezogen werden, da verschiedengeschlechtliche Paare von dieser unverbindlichen Partnerschaft ausgeklammert sind. Bei dem Entwurf der Koalition bestehen diese Befürchtungen nicht, da die Vorteile und die Pflichten der Lebenspartnerschaft mit denen der Ehe vergleichbar sind.51

5. Zusammenfassung

Obwohl in den Gesetzestexten in Bezug auf die Ehe (§§297 ff. BGB, §§ 1 f. EheG) die potentiellen und tatsächlichen Partner durchgängig geschlechts-neutral aufgeführt werden, besteht das Bundesverfassungsgericht aufgrund der historisch gewachsenen Bedeutung der Ehe und durch die Formulierung im § 1353 BGB, dass die Ehe nur zwischen verschiedengeschlechtlichen Personen eingegangen werden kann. Somit ergibt sich für homosexuelle Paare weiterhin keine mögliche gesetzliche Absicherung ihrer Partnerschaft.52 Der Gesetzgeber kann jedoch ein gleichwertiges Institut, dass nur für homophile Paare zugänglich ist, schaffen. Die Ehe würde weiterhin die einzige Option für heterosexuelle Paare sein, in den Genuss von rechtlichen Vorteilen durch Art. 6 I GG zu kommen. Die ,,eingetragene Lebenspartnerschaft" wäre somit keine Konkurrenz.

Es besteht derzeitig jedoch keine Verpflichtung des Gesetzgebers für die Gründung eines weiteren Rechtsinstituts für gleichgeschlechtliche Paare.53

[...]


1 Bundesdrucksache 12/7069; dpa vom 26.09.2000 aus: http://www.lsvd.de/presse/2009280.html

2 Bruns/Beck , S. 832

3 Stern Nr. 33, vom 06.08.1992, S. 64, aus: http://www.stern.de/archiv/

4 vgl. OVG Berlin, Urt. v. 26.10.1993 - 8B 80.93

5 Frank (a.a.O.), 8.10.2000

6 Bruns/Beck, 832 ff.

7 Harensberg (Hg.), Band 1, S. 1013

8 Frank (a.a.O), 8.10.2000

9 BGHZ 121, 116 (124)

10 Emmes, S. 330 ff.

11 dpa v. 01.09.2000, aus http://www.lsvd.de/lpartg/index.html

12 Vgl. Diederichsen, S. 1842; in den Niederlanden wird es jedoch als Diskriminierung angesehen, die an die Homosexualität anknüpft.http:://www.lsvd.de/recht/niederl.html

13 Kingreen, S. 402;

14 BVerfG, Urt. v. 7.10.1980; BVerfGE 55, 72 (88)

15 BVerfG, Urt. v. 17.11.1992 (Fn. 6), S. 565 f.; BVerfG, Urt. V. 17.5.1995- 5 C 16/93-, NJW 1995, S. 2802; abgeleitet aus dem § 1353 BGB

16 Dazu müsste nur §1353 BGB geändert werden. Der Bedingung der Verschiedenge schlechtlichkeit müsste nur die Gleichgeschlechtlichkeit hinzugefügt werden.

17 Weiß, S.27

18 Ott, S.118

19 Beck (aaO) 11.10.2000

20 BVerfG 36,146 (163); Lepa, S. 148, Rdnr. 11

21 BVerfG 10, 59 (66); 53, 224 (245)

23 Kingreen, S.401

24 Die Schwulen Juristen, S. 59, Rdnr. 6.24

25 BVerG 49, 286 (300)

26 Vgl. Ott, S.118; Pauly, S. 1955

27 Ott, S.118

28 Kingreen, S. 404; Avenarius , S. 184, Rdnr. 10.242

29 BVerfG 6,55 (71); 76 1 (72)

30 BVerG 4.10.1993 aus http://www.lsvd.de/recht.index vom 8.10.2000

31 Schwule Juristen, S. 57, Rdnr. 6.19

32 Lepa, S.146, Rdnr. 6

33 Bruns, Manfred Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen der Bundestagsfraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen - Drucksache Nr. 3751 - und der F.D.P. - Drucksache 14/1251, aus: http://www.lsvd.de/recht.index

34 Vgl. Ott , S. 318

35 Martensen (a.a.O.), 13.10.2000; Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin aus: Lippold ,,Angriff auf Ehe und Familie", Berliner Morgenpost, vom 7.12.1999

36 Siehe Anlage 1

37 vgl. § 13 EheG, Eheschließung vor dem Standesbeamten.

38 Vgl. § 1355 II BGB

39 Beck (a.a.O) 11.10.2000

40 Bundesdrucksache 13/2728 aus: http://www.bundestag.de

41 Fuhrer, Armin Rot - Grün verteidigt Gesetzentwurf - CSU : Werteverfall http://www.welt.de/daten/2000/07/06/0706de178056.htx, 23.10.2000

42 Vgl. Dr. Edmund Stoiber laut taz,vom 31.07.2000-10-24; Bischof Dyba aus: Fuhrer,A. Widerspricht Homo-Ehe EU-Recht?, www.welt.de/daten/2000/07/14.htx, 12.10.2000

43 Diederichsen, S. 1843

44 Vgl. Pauly, S. 1956; Kingreen, S. 408; Ott, S.318 f.,

45 Vgl. Geis, 8.10.2000; Weiß, S. 27 , Diederichsen, S.1841

46 Z.B. gibt es keinen Schutz vor ,,Scheinehen", wie bei der Ehe (§§ 1310 I, 1314 II Nr.5 BGB).

47 Dr. Edmund Stoiber laut taz 31.07.2000

48 http://www.lsvd.de/recht/index.html., 12.10.2000

49 http://www.ekd.de

50 Drucksache 14/1251, aus: http://www.bundestag.de

51 Vgl. Die Schwulen Juristen, S. 94; Weiß, S.27

52 Deutscher Bundestag Heft 5/31.03.1998, http://www.lsvd.de /recht/ehe.html, 16.10.2000

53 Entscheidungen - Strafrecht: BGH; NJW 1993, 1999 19 BVerfG 6,55 (82), BVerfGE 15, 328 (332) aus: Verlässlichkeit und Verantwortung stärken, http://www.EKD.de , 8.10.2000

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Título
Ist die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare mit Art. 6 des Grundgesetzes vereinbar?
Calificación
15 punkte
Autor
Año
2000
Páginas
13
No. de catálogo
V98775
ISBN (Ebook)
9783638972260
Tamaño de fichero
419 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Paare, Grundgesetzes
Citar trabajo
Vivian Bell (Autor), 2000, Ist die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare mit Art. 6 des Grundgesetzes vereinbar?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98775

Comentarios

  • visitante el 5/3/2002

    Respekt.

    Die Arbeit ist umfassend und absolut hilfreich! Ausserdem finde ich es sehr sozial, dass auf eine Bezahlung verzichtet wird. Auf diese Weise kommen selbst etwas weniger betuchte Studenten in den Genuss dieser Arbeit. DANKE.

  • visitante el 21/9/2001

    Endlich.

    Habe lange gesucht und im Netz bisher nur diese eine Arbeit gefunden. Sollte jemand noch eine (juristische) haben, möge er sich bitte (!) an mich wenden.

  • visitante el 30/8/2001

    -.

    netter einstieg zum thema, aber leider fehlen die genauen fundstellenangaben (zeitschriften und jahrgänge). nicht gerade förderlich für die weitere eigenrecherche. schade.

  • Daniel Fischer el 7/1/2001

    ?.

    Hallo Vivian!
    Ich finde die Hausarbeit spitzenmäßig, da sie sehr gut auf den Punkt kommt und die Lage sehr gut auslotet und weil mich das Thema selbst "betrifft". Ich muss auch jetzt eine Seminararbeit an der Uni schreiben, da will ich auch so ein ähnliches Thema nehmen. Ist zwar Politikwissenschaft, aber egal. Deine Hausarbeit ist auf jeden Fall eine gute Anregung!
    Wie bist Du auf die Thematik gekommen? Auch ein "Betroffener"? Ich weiß, das ist ein blödes Wort, aber egal!
    Würd mich freuen von Dir etwas zu hören!
    Gruß
    Daniel

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