Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Frauen auf dem Arbeitsmarkt
2. Die Struktur des Arbeitsmarktes im Bezug auf das Geschlechterverhältnis Integration mit Grenzen
2.1. Integration
2.2. Grenzen
Exkurs: Integration mit Grenzen am Beispiel der Prozesse der sozialen Schlie ß ung von Berufsfeldern
3. Erklärungsansätze
3.1. Ökonomische Erklärungsansätze im Überblick
3.2. Das Konzept vom weiblichen Arbeitsvermögen
3.3. Das Konzept des „Gendering"
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis:
1. Einleitung: Frauen auf dem Arbeitsmarkt
In der Nachkriegszeit haben große Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung von Frauen stattgefunden. Unbestrittene Tatsache ist jedoch: Frauen besitzen auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen als Männer, auch wenn horizontale Trennungslinien an Bedeutung verloren haben. Frauen erschlossen sich Berufsfelder, die traditionell nur Männern vorbehalten waren. Diese Verschiebung von Berufsfeldern ist jedoch nur vordergründig als Verbesserung für die Stellung der Frau auf dem Arbeitsmarkt zu sehen und soll näher betrachtet werden.
Vertikale Trennungslinien, d.h. die verschiedenen Hierarchieebenen sind nach wie vor fest zementiert. Zwar finden Verschiebungen statt, doch in leitenden Positionen sind Frauen nach wie vor selten zu finden.
Im zweiten Teil dieser Arbeit werden verschiede Erklärungsansätze zur
geschlechtsspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes betrachtet, wobei Schwerpunkte auf den Konzepten der Frauenarbeitsforschung liegen werden.
2. Die Struktur des Arbeitsmarktes im Bezug auf das Geschlechterverh ä ltnis
„Kennzeichnend für bürgerliche Gesellschaften ist die systematische Trennung von Familien- und Erwerbsleben in Form der vorrangig Frauen zugewiesenen unentgeltlichen Hausarbeit und der vorrangig Männern zugewiesenen bezahlten Erwerbsarbeit."1 So ist der Arbeitsmarkt auf zeitlich voll verfügbare Personen ausgerichtet. Die Verfügbarkeit der Erwerbsarbeitsperson muß auch kontinuierlich sein, d.h. ein zeitweises Ausscheiden, eine „Reproduktionspause" ist nicht vorgesehen. Berufliche Erwerbsarbeit ist als „1 ½ Personen - Beruf"2 ausgerichtet, das heißt für jede im Erwerbsleben stehende Person muß eine weitere halbe Arbeitskraft dafür sorgen, daß der Arbeiter von Haus- und Familienarbeit freigestellt ist. Um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen ist also die traditionelle bürgerliche Trennung von Familienarbeit und Erwerbsarbeit notwendig, so reproduziert sich diese Struktur immer wieder aufs Neue.
Gesellschaftlich anerkannt wird nur die außerhäusliche, bezahlte Erwerbsarbeit, Haus- und Familienarbeit wird nicht als qualifizierte, wertvolle Arbeit angesehen. Die Minderbewertung der Familien- und Hausarbeit zeigt sich wo diese professionalisiert wurde. Diese Professionalisierung fand zwar statt, doch viele Tätigkeiten wurden nur teilweise verberuflicht. Es entstanden typische Frauenberufe, die im Ansehen deutlich geringer bewertet werden als klassische Berufe für Männer, was sich auch in der Bezahlung niederschlägt.
Rahmenbedingungen wie Arbeitsmarktpolitik, Sozialgesetzgebung, Arbeits- und Tarifrecht sowie die Rolle des Staates als Arbeitgeber unterstützen diese geschlechtsspezifische Segregation das Arbeitsmarktes, sie ist in allen Ländern Europas zu beobachten. Nun soll die Integration der Frauen auf dem Arbeitsmarkt , die offensichtlich nicht grenzenlos ist, betrachtet werden.
Integration mit Grenzen
2.1. Integration
Generell werden Frauen in Europa vermehrt in den Arbeitsmarkt einbezogen. Besonders die Erwerbsbeteiligung von verheirateten Frauen ist ständig ansteigend. Die Erwerbsmuster wurden im weiblichen Lebensverlauf verstetigt, die „Lücken" in der Erwerbsbiographie (die Zeit welche zur Kindererziehung benötigt wird) haben sich verringert. Ein weiterer Indikator für die vermehrte Integration der Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist die Inbesitznahme neuer Arbeitsfelder. Die Berufsmöglichkeiten für Frauen sind vielfältiger geworden, die Grenzen der Berufsfelder sind, wie bereits angesprochen durchlässiger .
2.2. Grenzen
Die Grenzen der Integration sind an einigen Fakten deutlich zu erkennen.
Für die BRD gilt, daß nur ein geringer Anstieg der Teilzeiterwerbsquote festzustellen ist.
Doch gerade Teilzeitarbeit ist für erziehende Frauen eine wichtige Möglichkeit zur Teilnahme am Erwerbsleben. In skandinavischen Ländern, wo die Frauenerwerbsquote deutlich über denen Westdeutschlands liegen, sind die Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit deutlich größer. Ein gravierendes Problem der Teilzeitarbeit ist jedoch überall zu beobachten - die mangelnde soziale Absicherung. Durch diesen Mangel an sozialer Absicherung sind Teilzeit arbeitende Frauen trotz allem auf einen „Ernährer" angewiesen, um sozialem Abstieg und Armut bei Krankheit oder im Alter zu entgehen.
Doch selbst bei Vollerwerbstätigkeit treten diese Probleme häufig auf. Es ist eine deutliche
Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen festzustellen. „Kennzeichen zahlreicher typischer Frauenberufe ist nach wie vor, daß sie ... selbst bei Vollzeitarbeit und kontinuierlicher Erwerbsarbeit keine dauerhafte eigenständige Existenzsicherung ermöglichen"3. Zusätzliches Problem ist, daß in der BRD Sozialleistungen (die zumeist aus Transferleistungen bestehen) partikularistisch sind, d.h. sie sind häufig an den ehelichen Status geknüpft; eine eigenständige Grundsicherung für Frauen ist nicht vorgesehen - das
Modell der Versorgerehe bleibt bestehen und wird durch den Sozialstaat unterstützt.
Allerdings zeigt sich die Einkommensdifferenz der Geschlechter auch in den skandinavischen Ländern. Hier sind die Grenzen des egalitären Wohlfahrtsstaatsmodells zu sehen, welches stärker auf die Integration der Frauen auf dem Arbeitsmarkt abzielt.
Ein weiteres Kriterium der Grenzen der Arbeitsmarktintegration stellt die Tatsache dar, daß Frauen stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind als Männer. Dies trifft auf alle Berufsgruppen zu. Die Diskrepanz zwischen Erwerbsangebot und Erwerbsnachfrage verschärft sich noch angesichts der verstärkten Erwerbsnachfrage von Frauen. Gerade sie sind von der mangelnden Expansion des Dienstleistungssektors stark betroffen, da dieser „in der Vergangenheit im Bezug auf Arbeitsplatzverluste im gewerblichen Bereich zum Teil kompensatorisch wirkte."4
Exkurs: Integration mit Grenzen am Beispiel der Prozesse der sozialen Schlie ß ung von Berufsfeldern
Selbst von neueren Erklärungsansätzen zu Prozessen der sozialen Schließung wird häufig die These vertreten, daß aktuelle Strukturen von Frauenerwerbsarbeit traditionell bedingt seien. Ebenso soll sich Frauenerwerbsarbeit besonders durch inhaltliche Nähe zu Haus- und Familienarbeit auszeichnen. Diese These läßt sich anhand empirischer Analyse von Frauenarbeit, sowie Rekrutierungs- und Selektionsmechanismen durch die Frauen in bestimmte Bereiche verwiesen werden, widerlegen.
Die Schließung und Öffnung von Berufsfeldern zeigt, daß die These von der inhaltlichen Nähe von Frauenberufen und Hausarbeit nicht traditionell bedingt sein kann. So ist anzumerken, „daß bestimmte hausarbeitsnahe Berufe lange Zeit Männerdomänen waren und als solche entstanden sind."5 Als Beispiele sind Berufe in der Textil- und Bekleidungsindustrie zu nennen. Ebenso ist anzumerken, daß sich ehemalige Männerberufe im Laufe der Zeit in typische Frauenberufe gewandelt haben. Hier sind als Beispiele Friseur, Sekretär, Lehrer, sowie Verkaufsberufe zu nennen.
Frauenarbeitsplätze sind besonders in expandierenden sowie in schrumpfenden Branchen entstanden, Frauen fungieren als Lückenbüßer, sowohl in neuen Branchen (wie z.B. in der Elektroindustrie geschehen) als auch in Bereichen aus denen sich Männer zurückziehen. „Das heißt z.B., daß Frauen zusätzlich als Ungelernte eingesetzt werden, während Männer sich attraktiveren Branchen oder aber den neu entstehenden Aufsichts- und Wartungsfunktionen zuwandten. Historisch läßt sich ein Zusammenhang nachweisen zwischen der Zunahme der Frauenarbeit in einem Bereich und dem upgrading der Berufsstruktur der Männer."6
Es kommt kaum zu einer Öffnung von Berufen im Sinne einer geschlechtlichen Durchmischung, vielmehr zu einem Geschlechtswandel von Berufen. Ehemalig „typische" Männerberufe wandeln sich zu nun „typischen" Frauenberufen. Dieser Prozeß führt allerdings zu einer erneuten Schließung der Berufsfelder sowie zu einer Abwertung des sozialen Status. Die horizontale Segregation nimmt ab, oder besser, verschiebt sich, doch die Integration von Frauen ist häufig mit einer Zunahme der vertikalen Segregation verbunden. „Immer dann, wenn Frauen in einen Männerberuf eindringen, ziehen sich die Männer daraus zurück. Umgekehrt ist das Vordringen der Männer in einen Frauenberuf in der Regel damit verbunden, daß Männer leitende Positionen Übernehmen. Daß die geschlechtsspezifische Zusammensetzung eines Berufs seinen Sozialstatus bestimmt, ist mehrfach nachgewiesen worden. Ein hoher Frauenanteil korreliert danach mit einem geringen Sozialstatus. Das gilt weitgehend unabhängig von den Arbeitsinhalten eines Berufs."7
3. Erkl ä rungsans ä tze
Den Erklärungsbedarf der geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktsegregation decken verschiedenste Erklärungsansätze. Sie versuchen zu zeigen, warum Berufs- und Tätigkeitsstrukturen geschlechtsspezifisch segregiert sind, wie es zu schlechteren Arbeitsmarktchancen trotz vergleichbarer Qualifikationen kommt und warum sich Unterschiede immer weiter reproduzieren. Zunächst soll ein Überblick über verschiedene ökonomische Erklärungsansätze gegeben werden, danach werden die Konzepte des „weiblichen Arbeitsvermögens" sowie des „Gendering" näher betrachtet.
3.1.Ökonomische Erklärungsansätze im Überblick
Klassische Ansätze zur Erklärung der Segregation des Arbeitsmarktes sind die ökonomischen Ansätze.
Angebotsorientierte Ansätze gehen davon aus, daß Frauen aufgrund eines allerseits anerkannten Rollenverständnisses bei der Berufswahl vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Blickfeld haben. Die Investitionen in Aus- und Weiterbildung bleiben kalkuliert begrenzt. Es wird berechnet, daß sich allzu große Investitionen aufgrund der als natürlich angesehenen Unterbrechung der Erwerbstätigkeit nicht auszahlen. Die Begrenzung auf bestimmte Berufsfelder und Hierarchieebenen ist hier Ergebnis rationaler Überlegungen und legitimiert zugleich die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen. Nachfrageorientierte Ansätze, die ebenfalls zu den ökonomischen Erklärungsansätzen zählen, nehmen im Gegensatz zu den angebotsorientierten Ansätzen, welche vom Standpunkt der Arbeitnehmer ausgehen, den Standpunkt des Arbeitgebers ein. Demnach sind geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt vor allem dem Einstellungsverhalten der Arbeitgeber zuzurechnen. So geht zum Beispiel der Diskriminierungsansatz von einer (zumindest latenten) Tendenz zur Diskriminierung von Frauen in der Einstellungspraxis von Unternehmen aus. Angehörige von Randgruppen (und somit auch Frauen) bezahlen demnach sozusagen eine Risikoprämie an den Arbeitgeber in Form einer niedrigen Bezahlung, als Ausgleich ihrer unterstellten Unzulänglichkeit.
Gemeinsamer Schwachpunkt der ökonomischen Erklärungsansätze ist die Beschränkung auf rein ökonomische Gesichtspunkte. Historische und sozio-kulturelle Entwicklungen werden nicht beachtet. Diese Ansätze mögen für traditionelle Gesellschaften zutreffend sein, wo patriarchalische Rollenbilder ungefragt hingenommen und weiter vermittelt werden, doch angesichts des Wandels des Geschlechterverhältnisses stoßen rein ökonomisch angelegte Erklärungen schnell an ihre Grenzen. Strukturelle Defizite der klassischen Erklärungsansätze zeigen sich in der geschlechtsblinden Verwendung von Begriffen wie „Arbeit" und „Qualifikation". So wird unter Arbeit selbstverständlich Erwerbsarbeit verstanden, ein Arbeiter ist demnach eine vollständig, kontinuierlich erwerbstätige Person, der männliche Vollerwerbstätige als Modellbeispiel. „Qualifikation wird ebenfalls marktbezogen definiert, nämlich als Ensemble derjenigen Fähigkeiten und Kenntnisse, die eine Existenzsicherung durch Erwerb ermöglichen"8. Haus - und Familienarbeit inklusive der dafür benötigten Qualifikationen werden in der Analyse nicht berücksichtigt.
Diese Defizite greift die Frauenarbeitsforschung auf, neuere Erklärungsansätze sind in differenztheoretische sowie hierarchietheoretische zu unterscheiden.
3.2. Das Konzept vom weiblichen Arbeitsvermögen
Einen differenztheoretischen Ansatz stellt das Konzept vom „weiblichen Arbeitsvermögen" dar. Dieses von Ilona Ostner und Elisabeth Beck-Gernsheim entwickelte Konzept geht von einem inhaltlichen Zusammenhang von Eigenschaften und Merkmalen weiblichen Arbeitsvermögens und den Arbeitsanforderungen in typischen Frauenberufen aus. Demnach wird die Identität von Frauen durch Tätigkeiten und Beziehungen im Bereich der Haus- und Reproduktionsarbeit geprägt, „denn in der lebensgeschichtlichen Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Hausarbeit entwickeln Frauen Fähigkeiten, Situationsdeutungen und Bedürfnisse, die sie mehr für die Familie, weniger für die Berufsarbeit qualifizieren"9. Das weibliche Arbeitsvermögen bringt also auf historischen und sozialen Tatsachen beruhende Einstellungen und Verhaltensweisen mit sich. Da diese auch ins Berufsleben übertragen werden, führt dies zur Herausbildung von Frauenberufen (oftmals semiprofesionalisiert), die durch spezielle inhaltliche Ausrichtung einerseits, durch niedrige hierarchische Stellung andererseits charakterisiert sind.
„Weil die grundlegende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung Hausarbeit primär den Frauen zuweist, sind es deshalb auch die Frauen, deren Arbeits- und Lebensweise eher einer „nicht-beruflichen" Form von Arbeit vertraut bleibt und vertraut bleiben muß. Wo Frauen ähnliche Fähigkeiten, Orientierungen, Interessen zeigen, da kommen Verhaltensmuster zum Ausdruck, die in der Eigenart der Hausarbeit strukturell angelegt sind - nicht etwa sogenannt „frauentypische Eigenschaften, die biologisch vorgegeben und ahistorisch feststehend sind.
Damit läßt sich nun sehr viel präziser bestimmen, was das Spannungsverhältnis von Frau und Beruf ausmacht: Die Benachteiligung von Frauen im Beruf ist nicht nur die Benachteiligung einer Minderheitsgruppe, die von Vorurteilen und spezifischen Belastungen betroffen ist - sie ist vielmehr zugleich und primär auch die gesellschaftliche Geringschätzung und Verdrängung, Diskriminierung und Sanktionierung einer anderen, einer „nicht-beruflichen" Arbeits- und Lebensform."10
An der Theorie des weiblichen Arbeitsvermögens lassen sich einige Kritikpunkte anbringen. Zwar gibt es tatsächlich Gemeinsamkeiten bei Frauenarbeitsplätzen und -berufen, doch diese sind struktureller Art, wie z.B. geringere Qualifikation, schlechtere Entlohnung und geringeres Ansehen als typische Männerberufe. Eine durchgängige inhaltliche Gemeinsamkeit läßt sich weder historisch noch aktuell nachweisen. Gerade der bereits im zweiten Kapitel angesprochene Geschlechtswechsel bestimmter Tätigkeiten spricht gegen das Konzept vom weiblichen Arbeitsvermögen.
Zum zweiten geht dieses Konzept von der freien Möglichkeit der Berufswahl bei jungen Frauen aus. Strukturen des Arbeitsmarktes und geschlechtsspezifische Sozialisation scheinen keine Rolle zu spielen. Doch gerade die bereits vorhandene geschlechtsspezifische Segregation von Arbeitsmarkt und Ausbildungsstrukturen führen in schulischer und beruflicher Sozialisation zu Anpassungsprozessen. Nicht nur Interessen und Orientierungen sind in der Berufswahl wichtig, auch die „Gelegenheitsstruktur des Arbeitsmarktes"11. Durch die Beschränkung auf die inhaltliche Differenz zwischen „männlichen" und „weiblichen" Berufsfeldern bleibt der Aspekt der Benachteiligung von Frauen bei gleicher Qualifikation unzureichend beachtet, Bereiche in denen sowohl Männern als auch Frauen beschäftigt sind bleiben außen vor.
Besonders zu bemängeln ist der Positivismus, welcher diesem Konzept anhaftet. So gilt das weibliche Arbeitsvermögen tendenziell als Ursache für Prozesse geschlechtsspezifischer Arbeitsmarktsegregation, legitimiert diese aber gleichzeitig „mit der These von der besonderen Neigung und Eignung der Frauen für Frauenberufe"12. Die Möglichkeit, daß der Zusammenhang zwischen Berufsfeldern und Frauen zugeschriebenen Eigenschaften durch die Struktur des Arbeitsmarktes zustande kommen könnten, wird außer acht gelassen.
Weiterführend ist die Argumentation der hierarchietheoretischen Erklärungsansätze. Diese Konzept geht vom Geschlecht als Statuskategorie aus. Empirische Bezugspunkte dieser Betrachtung sind eher frauenuntypische Beschäftigungsbereiche. Sozialstrukturell ist die Segregation des Arbeitsmarktes auf Statuszuweisungen zurückzuführen, diese Zuweisungen führen zu einer Reproduktion der Geschlechterhierarchie.
Auf diskursiver Ebene geht es um die Konstruktion der Geschlechterdifferenz durch die Codierung von Tätigkeiten als typisch männlich oder typisch weiblich. Der Vorteil hierarchietheoretischer Argumentationen ist die Erklärbarkeit geschlechtsspezifischer Arbeitsmarktsegregation trotz des Wandels des Arbeitsmarktes. Durch die Doppelstruktur der Konstruktion von Hierarchie und Differenz läßt sich zeigen warum geschlechtstypische Strukturen sowohl Wandel als auch Statik vereinen.
3.3. Das Konzept des „Gendering"
Einen speziellen Ansatz stellt das Konzept des Gendering dar, eine Theorie, welche aus dem anglo-amerikanischen Raum auch auf die deutsche Frauenarbeitsforschung übergegriffen hat. Der Begriff läßt sich nur unzureichend ins Deutsche übersetzten, da hierbei der handlungsbezogene Aspekt des englischen Begriffs verloren geht. Beim Konzept des Gendering wird das Geschlechterverhältnis als gesamtgesellschaftliche Struktur angesehen. „Der Begriff „gender" bezieht sich auf die kulturelle Konstruktion des Geschlechts und umfaßt sowohl die interaktive Konstruktion der Geschlechterdifferenz („doing gender") als auch Strukturmomente des Geschlechterverhältnisses („gender system"), wobei allerdings im Rahmen empirischer Untersuchungen gesellschaftliche Strukturzusammenhänge des Geschlechterverhältnisses relativ wenig berücksichtigt werden."13 Veränderungen in Berufsstrukturen (engendering jobs) werden somit als Prozeß der Vergeschlechtlichung von Tätigkeiten gesehen, in welchem Geschlechterklassifikationen immer schon vorausgesetzt werden. Diese Klassifikationen erklären und erhalten sich selbst, sie werden immer neu reproduziert (doing gender).
Geschlechtsbezogene Legitimationsmuster für Segregation werden in der prinzipiellen dualistischen Form der Geschlechtsstereotypen erkannt. So verweist Knapp auf die dichotome Zuordnung von Qualitäten und Merkmalen im Rahmen einer geschlechtlichen Klassifikation. Es wird auf die Ergebnisse einer Studie von C. Cockburn zu Strukturbildungsprozessen verwiesen. Demnach sind Geschlechtertypisierung und -trennung wesentliche Mechanismen zur Kontrolle von technischen Berufsfeldern durch Männer. Bei ihnen liegt die Definitionsmacht bei der Zuweisung typisch männlich / weiblich. Frauen wird der Eintritt in „männliche" Berufe verwehrt, gelingt er dennoch werden sie durch horizontales und vertikales Ausweichen auf Distanz gehalten. Direkte Vergleichbarkeit von Männern und Frauen wird vermieden. Diese „machinery of dominance"14 wird im Kontext geschlechtlicher Arbeitsteilung (sowohl auf beruflicher als auch auf privater Ebene) über geschlechtsstereotype Vorstellungen von Frauen als defizitäre oder für bestimmte Tätigkeiten besser geeignete Arbeitskräfte weiter vermittelt. Durch Ausgrenzung des Weiblichen wird die männlichen Dominanz zementiert.
Der als mikrosoziologisch zu betrachtende Ansatz des Gendering hat allerdings seine Grenzen in der mangelnden Einbeziehung der gesamtgesellschaftlichen Struktur. Ebenso wird die Dimension der Zeit, welche gerade in der weiblichen Biographie von großer Bedeutung ist, zu wenig berücksichtigt.
4. Zusammenfassung
Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation besteht offensichtlich weiter fort. Wenn der Arbeitsmarkt auch starken Wandlungsprozessen untersteht, so erweisen sich Prozesse sozialer Schließung doch als beständig. Geschlechtsdiskriminierende Strukturen sich zwar nicht statisch, doch besonders die vertikale Segregation erweist sich als hartnäckig. Grenzen verschieben sich, geschlechtsspezifische Unterschiede bleiben weiter bestehen. Verschiedene Erklärungsansätze für die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt wurden hier vorgestellt. Die ökonomischen sind wohl als die am meisten defizitären anzusehen, die eindimensionale, auf ökonomische Gesichtspunkte beschränkte Sichtweise wird den komplizierten Verflechtungen von Strukturen nicht gerecht.
Doch auch die neueren Ansätze der Frauenarbeitsforschung, welche hier angeführt wurden, lassen noch Bedarf für weiterführende Forschungen offen. Die Ebenen der biographischen Verläufe, Berufswahlverhalten und Arbeitsbewußtsein sowie die Ebene des Handelns kollektiver Akteure sollten genauso wie die Ebene allgemeiner Arbeitsmarktentwicklungen und berufsstruktureller Wandlungen stärker in die aktuelle Diskussion einbezogen werden, um passende gesellschaftspolitische Konzepte zum Abbau von Frauendiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt zu entwerfen.
Literaturverzeichnis:
Beck-Gernsheim, Elisabeth/ Ostner, Ilona: Frauen verändern - Berufe nicht? Ein theoretischer Ansatz zur Problematik von „Frau und Beruf". In: Soziale Welt, 29.Jg., Heft3, S.258-287 Münster 1978
Gottschall, K.: Geschlechterverhältnis und Arbeitsmarktsegregation. In: Becker-Schmidt;
Knapp (Hg.): Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften; Frankfurt/ New York 1995; S. 125-162
Knapp, Gudrun - Axeli: Segregation in Bewegung: Einige Überlegungen zum „Gendering" von Arbeit und Arbeitsvermögen. In: Hausen, Karin/ Krell, Gertraude: Frauenerwerbsarbeit. Forschungen zu Geschichte und Gegenwart. München / Mering 1993; S.25-46
Teubner, Ulrike: Neue Berufe für Frauen: Modelle zur Überwindung der
Geschlechterhierarchie im Erwerbsbereich. Frankfurt / New York Campus Verlag 1989
[...]
1 Gottschall S.126
2 nach Beck-Gernsheim
3 Gottschall S.131
4 Gottschall S.133
5 Teubner S.30
6 Teubner S.32
7 Beck-Gernsheim nach Teubner S.34
8 Gottschall S.136
9 Beck-Gernsheim/Ostner S.273
10 Beck-Gernsheim/Ostner S.279
11 Gottschall S.139
12 Gottschall S.139
13 Knapp S.28
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in diesem Dokument zum Thema "Frauen auf dem Arbeitsmarkt"?
Dieses Dokument analysiert die Rolle der Frau auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere die Veränderungen der Erwerbsbeteiligung von Frauen in der Nachkriegszeit. Es untersucht die Struktur des Arbeitsmarktes im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis, die Grenzen der Integration von Frauen und verschiedene Erklärungsansätze für die geschlechtsspezifische Segregation. Es werden sowohl ökonomische als auch frauenarbeitsforschungsspezifische Konzepte betrachtet, darunter das Konzept des "weiblichen Arbeitsvermögens" und des "Gendering".
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse über die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt?
Obwohl Frauen vermehrt in den Arbeitsmarkt integriert werden, insbesondere verheiratete Frauen, gibt es deutliche Grenzen. Teilzeitarbeit, obwohl eine wichtige Option für erziehende Frauen, bietet oft mangelnde soziale Absicherung. Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen weiterhin, selbst bei Vollerwerbstätigkeit. Frauen sind zudem stärker von Arbeitslosigkeit betroffen.
Was versteht man unter "Integration mit Grenzen" am Beispiel sozialer Schließung von Berufsfeldern?
Die These, dass Frauenerwerbsarbeit traditionell bedingt sei und inhaltliche Nähe zu Hausarbeit aufweise, wird widerlegt. Die Schließung und Öffnung von Berufsfeldern zeigen, dass die Nähe zu Hausarbeit nicht immer der entscheidende Faktor ist. Frauen werden oft in expandierenden oder schrumpfenden Branchen als Lückenbüßer eingesetzt, was zu einem Geschlechtswandel von Berufen und einer Abwertung des sozialen Status führen kann.
Welche ökonomischen Erklärungsansätze für die Segregation des Arbeitsmarktes werden diskutiert?
Es werden angebotsorientierte und nachfrageorientierte Ansätze betrachtet. Angebotsorientierte Ansätze gehen davon aus, dass Frauen aufgrund traditioneller Rollenbilder Familie und Beruf priorisieren. Nachfrageorientierte Ansätze sehen Diskriminierung durch Arbeitgeber als Ursache für die ungleiche Behandlung.
Was ist das Konzept vom "weiblichen Arbeitsvermögen"?
Dieses Konzept geht davon aus, dass Frauen durch Haus- und Reproduktionsarbeit Fähigkeiten und Bedürfnisse entwickeln, die sie eher für Familienarbeit als für Berufsarbeit qualifizieren. Dies führt zur Herausbildung von Frauenberufen mit spezieller Ausrichtung und niedrigerer Hierarchie.
Was ist das Konzept des "Gendering"?
Gendering betrachtet das Geschlechterverhältnis als gesamtgesellschaftliche Struktur. Veränderungen in Berufsstrukturen werden als Prozess der Vergeschlechtlichung von Tätigkeiten gesehen, in dem Geschlechterklassifikationen immer schon vorausgesetzt und reproduziert werden. Geschlechtsstereotype und die Kontrolle von Berufsfeldern durch Männer spielen dabei eine wichtige Rolle.
Welche Kritik wird an den verschiedenen Erklärungsansätzen geübt?
Ökonomische Ansätze werden für ihre Beschränkung auf rein ökonomische Gesichtspunkte kritisiert. Das Konzept vom "weiblichen Arbeitsvermögen" wird für seinen Positivismus und die Annahme freier Berufswahl kritisiert. Das Konzept des "Gendering" wird für die mangelnde Einbeziehung gesamtgesellschaftlicher Strukturen kritisiert.
Welche Schlussfolgerungen werden aus der Analyse gezogen?
Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation besteht weiterhin, trotz Wandlungsprozessen. Die vertikale Segregation erweist sich als besonders hartnäckig. Die Analyse zeigt, dass weitere Forschung erforderlich ist, um die komplexen Zusammenhänge zwischen biographischen Verläufen, Arbeitsmarktentwicklungen und gesellschaftspolitischen Konzepten besser zu verstehen und Frauendiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt abzubauen.
- Citar trabajo
- Claudia Duwe (Autor), 2000, Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98864