Antisemitismus im deutschen Gangsta-Rap. Antisemitismus als symbolische Machtressource


Thèse de Bachelor, 2014

61 Pages, Note: 1,0


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2 Antisemitismus
2.1 Annäherung an den Begriff von Antisemitismus
2.2 Merkmale von Antisemitismus
2.3 Antisemitismus und eine antimoderne Weltauffassung
2.4 Erscheinungsformen von Antisemitismus
2.4.1 Klassischer Antisemitismus
2.4.2 Antizionistischer Antisemitismus
2.5 Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft
2.6 Antisemitismus und der Nahost-Konflikt

3. Gesellschaftliche Machtstrukturen nach Pierre Bourdieu
3.1 Konstruktivistischer Strukturalismus
3.2 Sozialer Raum
3.3 Der Kapitalbegriff
3.4 Kapitalformen
3.5 Die Habitustheorie - strukturierende und strukturierte Struktur
3.6 Das Konzept des Feldes

4. Popkultur
4.1 Popkultur - eine Begriffsklärung
4.2 Kulturindustrielle Mechanismen
4.3 Kultur und Soziale Ungleichverhältnisse
4.4 Gangsta-Rap
4.4.1 HipHop und Gangsta-Rap - Eine Begriffsklärung
4.4.2 Migration und HipHop in Deutschland
4.4.3 Diskurs um männliche Jugendliche mit Migrationsgeschichte
4.4.4 Diskurs .Innere Sicherheit'
4.4.5 Migrationsdiskurs
4.4.6 Antisemitismusdiskurs um muslimische Migranten
4.4.7 Kulturelle Repräsentation des Gangsta-Rap und diskursive Zusammenhänge

5. Machtressource Antisemitismus im Gangsta-Rap
5.2 Normbruch qua systematisch verbaler Enthemmung
5.3 Anerkennung von hegemonialer Maskulinität
5.4 Konstruktion von Ethnizität

6. Abschließende Betrachtung und Ausblick

7. Quellenverzeichnis
7.2 Literaturverzeichnis
7.2 Quellen aus dem Internet

1. Einleitung

„Judenfeindschaft ist zuerst und vor allem anderen ein Symptom für Probleme in der Mehrheitsgesellschaft“ (Benz 2005: 241).

„Chabos wissen, wer der Babo ist!1 “ (wörtlich: Die Jungs wissen, wer der Boss ist!) - titelte Anfang dieses Jahres ein Wahlplakat für die Kommunalwahlen in Bayern. Die Zeile entstammt dem gleichnamigen Song2 von Gangsta-Rapper ,Haftbefehl’, der genretypisch über Gewalt, Drogen und einem Leben von der Straße rappt. Das Wahlplakat stammt von Fabian Giersdorf. Er tritt für die CSU an.3

,Babo’ - also Boss oder Anführer - wurde erst wenige Monate zuvor vom Langenscheidt- Verlag zum Jugendwort des Jahres 2013 gekürt, ein Jahr nachdem ,Haftbefehl’ den Begriff bekannt gemacht und im Wesentlichen geprägt hatte.4 Das entsprechende Album , Blockplatin’ stieg nach Veröffentlichung unmittelbar auf Platz 4 der deutschen Alben-Charts ein5.

Hohe Verkaufszahlen an Tonträgern, die starke Medienpräsenz von Rappern als auch die Tatsache, dass Politiker Inhalte von Rap-Texten für ihren Wahlkampf übernehmen, lassen erahnen, dass HipHop und insbesondere Rap-Musik längst zu einem zentralen Genre der Popkultur avanciert sind. Mit der Veröffentlichung von ,Sido's’ ,Mein Block’6 im Jahr 2004 sowie dem Wirken weiterer Künstler des Berliner Plattenlabels ,Aggro Berlin’ begann Gangsta-Rap sich zu etablieren und für den Mainstream interessant zu werden. Heute, ca. zehn Jahre später, sind es Rapper wie ,Haftbefehl’, ,Bushido’, ,Celo und Abdi’, ,Massiv’, 'Fard und Snaga' und ,Kollegah’, die das Genre Gangsta-Rap dominieren. Oft stehen Inhalte wie Kriminalität und Drogen im Mittelpunkt, wobei die Abwertung Anderer grundsätzliches Element der Stilrichtung zu sein scheint. In Kombination mit der Migrationsgeschichte, die viele Rapper aufweisen, erfüllen sie die gesellschaftliche Rolle eines „Bürgerschrecks“ (Loh/Verlan 2006: 28) und sind mitunter die Projektionsfläche öffentlicher Diskurse um Integration, Bildung und Sicherheit.

,Bushido' beispielsweise, der mit seinem Album , Sonny Black' im April diesen Jahres Goldstatus in Deutschland, Österreich und der Schweiz7 verzeichnen konnte, muss sich dabei neben Vorwürfen bzgl. Homophobie, Misogynie und Gewaltverherrlichung auch u.a. mit Claudia Roth auseinandersetzen, die ihn als Antisemiten bezeichnete. Die Ursache des Vorwurfs war der Twitter-Account von Bushido, der eine Landkarte des Nahen Ostens ohne den Staat Israel abbildet.8 Unter der Landkarte steht die Zeile ,Free Palestine' (Freiheit für Palästina).

Ähnliche Kritik erhielten auch die sogenannten ,Azzlackz-Rapper'9: Das ,Spielen' mit antisemitischen Stereotypen sowie eine Aberkennung des Existenzrechts des Staates Israels wird ihnen im Feuilleton-Diskurs vorgeworfen.10

Laut Biskamp und Staiger kann eine antisemitische und antiamerikanische Stimmung mit verschwörungstheoretischem Charakter auch innerhalb der Szene wahrgenommen werden, beispielsweise durch eine Umdeutung des Nahostkonflikts „zu einer einseitigen völkermörderischen Unterdrückung friedlicher, hilf- und wehrloser Palästinenser durch bösartige Israelis [...]“ (Biskamp 2014). Deutlich wird dies auch in der ,Rap.de' - Reportage „Juden und Araber in Berlin“11 von 2009: als ein Mann nach dem Besuch eines Rap­Konzertes die Frage nach einer möglichen Lösung des Nahostkonfliktes mit „'N neuen Adolf herbringen und dann ist gut“12 beantwortet, erhält er tosenden Beifall von den umringst stehenden Menschen.

Diese und andere Beispiele verdeutlichen antisemitische Tendenzen und machen die Relevanz der Problematik von Antisemitismus innerhalb der Kultur von Gangsta-Rap deutlich. In dieser Arbeit geht ausdrücklich nicht darum, dem Genre Gangsta-Rap oder dessen einzelnen Vertretern ein antisemitisches Weltbild nachzuweisen - die tatsächliche Intention der betreffenden Rapper ist für die Ausführungen dieser Arbeit unerheblich. Stattdessen soll Untersuchungsgegenstand der Arbeit folgende These sein:

Antisemitische Tendenzen im Gangsta-Rap, die zwar auf den ersten Blick als Feindschaft von Juden verstanden werden müssen, gehen über das Bedienen antisemitischer Stereotype hinaus, weil sie im Rahmen der Bildung von symbolischem Kapital auch als Strategie zur Machtsteigerung einer diskriminierten ethnischen Minderheitenposition interpretiert werden können.

Im Folgenden soll die Struktur zur Bearbeitung der genannten These dieser Arbeit kurz erläutert werden:

Als Grundlegung dieser Arbeit werden einleitend Theorien über Antisemitismus sowie die Machttheorien nach Pierre Bourdieu ausführlich vorgestellt. Anschließend wird die Bedeutung der Popkultur im Allgemeinen und Gangsta-Rap im Speziellen vorgestellt, wobei ein besseres Verständnis von Gangsta-Rap gewonnen werden soll, indem dessen Einflussgrößen kaleidoskopisch dargestellt werden: die Wirkmechanismen der Kulturindustrie, eine Einführung in die (Post-)Migrationsgeschichte der BRD als wesentlich biografische Prägung vieler Gangsta-Rapper sowie der hegemoniale Diskurs um Migration und die Perspektive der ethnischen Minderheiten. In Anlehnung an das Konzept der Intersektionalität sollen schließlich verschiedene Gangsta-Rap konstituierende Elemente herausgearbeitet und deren Machtressource im Hinblick auf Antisemitismus analysiert werden. Diese Analyse geschieht mit Hilfe der eingangs beschriebenen gesellschaftstheoretischen Erklärungen sozialer Ungleichverhältnisse nach Pierre Bourdieu.

Das Konzept der Arbeit baut auf keiner empirischen Untersuchung auf, sondern nährt sich aus Beispielen der Gangsta-Rap-Kultur und kann somit - auch aufgrund der Heterogenität von Gangsta-Rap - lediglich exemplarische Bedeutung haben.

2 Antisemitismus

„Judenfeindschaft gilt als das älteste soziale, kulturelle, religiöse, politische Vorurteil der Menschheit; Judenfeindschaft äußert sich, lange bevor Diskriminierung und brachiale Gewalt das Ressentiment öffentlich machen, in ausgrenzenden und stigmatisierenden Stereotypen, d.h. in überlieferten Vorstellungen der Mehrheit von der Minderheit, die unreflektiert von Generation zu Generation weitergegeben werden“ (Benz 2005: 7).

Die von Benz beschriebene Komplexität des Terminus Antisemitismus als Sammelbegriff für jede Form von Feindschaft gegen Juden kann in dieser Arbeit nur angedeutet werden. Die teils in der Fachliteratur gestellte Frage nach einer Definition bzw. begrifflichen Zuordnung eines ,Neuen Antisemitismus’ soll in dieser Arbeit nicht bearbeitet werden. Ferner geht es nicht um die Definition einer Grenze zwischen israelkritischer Äußerung und einer (antizionistisch-) antisemitischen Äußerung.

Der Grund der reduzierten Betrachtung liegt nicht in der Absicht des Autors das Phänomen des Antisemitismus bagatellisieren zu wollen, sondern in den Rahmenbedingungen und spezifischen Anforderungen dieser Arbeit.

In Bezug auf die historisch lange Tradition von Judenfeindschaft und den damit verknüpften Selbstbildern kann eine ausführliche Behandlung, insbesondere der geschichtlichen Zusammenhänge nicht erfolgen. Gleichwohl es für ein tatsächliches Verständnis von Antisemitismus eines Blickes auf die Geschichte dieses Phänomens bedarf liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit an einer anderen Stelle.

Zielsetzung dieses Kapitels ist die Schaffung eines grundlegenden Verständnisses über den Terminus Antisemitismus, dessen Grundmuster und einzelner ausgewählter Erscheinungsformen, um im späteren Verlauf der Arbeit antisemitische Äußerungen im Kontext von Gangsta Rap analysieren zu können. Dabei ist die Beschäftigung mit den Termini ,Moderner Antisemitismus’, Antizionismus, Antiamerikanismus sowie israelkritischer/israelfeindlicher Antisemitismus von zentraler Bedeutung. Die Korrelation zwischen diesen Begrifflichkeiten und Gangsta Rap wird in den folgenden Kapiteln weiter verdeutlicht.

2.1 Annäherung an den Begriff von Antisemitismus

Antisemitismus als übergreifender Terminus für unterschiedliche Formen von Judenfeindlichkeit birgt aufgrund der bereits von Benz aufgezeigten Mehrdimensionalität stets die Gefahr von Fehlinterpretationen und Missverständnissen in sich (vgl. Benz 2005: 7­9). Hinzu kommt, dass keine allgemeingültige Definition des Begriffes existiert. Der Autor dieser Arbeit wird versuchen verschiedene im wissenschaftlichen Diskurs sowie auf EU- Ebene verwendeten Definitionen von Antisemitismus aufzuzeigen.

Im Jahre 2005 wurde auf EU-Ebene eine Arbeitsdefinition des Terminus Antisemitismus entwickelt:

„Der Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen“ (European Forum on Antisemitism).

Im Hinblick auf die Erscheinungsformen sowie möglicher Ziele von Antisemitismus wird die Definition von Fein herangezogen:

„Antisemitismus ist ein dauerhafter latenter Komplex feindseliger Überzeugungen gegenüber Juden als einem Kollektiv. Diese Überzeugungen äußern sich beim Einzelnen als Vorurteil, in der Kultur als Mythen, Ideologie, Folklore und in der Bildsprache, sowie in Form von individuellen oder kollektiven Handlungen - soziale oder gesetzliche Diskriminierung, politische Mobilisierung gegen Juden, und als kollektive oder staatliche Gewalt -, die darauf zielen, sich von Juden als Juden zu distanzieren, sie zu vertreiben oder zu vernichten“ (Fein 1987: 67).

2.2 Merkmale von Antisemitismus

Neben der historischen Tradition der Judenfeindschaft beschreibt Benz unterschiedliche Charakteristika des Antisemitismus (vgl. Benz 2005: 234). Zum Einen stellt sich „die Beliebigkeit des Ressentiments“ (ebd.: 234) bezüglich vermeintlicher jüdischer Eigenschaften, Absichten und Handlungen, die wenig bis gar nichts mit „realer jüdischer Existenz“ (ebd.: 234) zu tun haben, als wesentliches Merkmal von Antisemitismus dar. Ferner ist die Verwendung von Stereotypen über die Juden sowie die „Absurdität und Irrationalität der Zuschreibungen“ (ebd.: 234) charakteristisch. Dabei entzieht sich Antisemitismus aufgrund der langen Tradierung als kollektive Erfahrung sowie hohen Emotionalität jeglicher Rationalität und Aufklärung (vgl. ebd.: 9) und funktioniert als „hermetisches System“ (ebd.: 236), welches durch „Unterstellung und Behauptung von Tatsachen die Unbeweisbarkeit als Beweis darstellt“ (ebd.: 9).

Die Formen und Strukturen sowie die grundlegenden semantischen Muster von Antisemitismus passten sich im Laufe der Geschichte immer wieder an die gesellschaftlichen Veränderungen an (vgl. Holz 2005: 11). Diese Anpassungen führen „zu Variationen, nicht aber zu Transformationen der Muster selbst“ (ebd.: 13).

Der Mauerfall im Jahre 1989 sowie die Auflösung der Sowjetunion veränderten die internationalen Kräfteverhältnisse und der Antikommunismus wurde allmählich durch ein islamistisches Feindbild ersetzt. Auch der europäische Antisemitismus passte sich an die seit 1989 und später dem 11. September 2001 international veränderten Bedingungen an. Eine Veränderung der grundsätzlichen Semantik war und ist aber nicht nötig um seine Funktion erfüllen zu können (vgl. ebd.: 12). Dabei wird im Verlaufe dieser Arbeit deutlich werden wie der öffentliche Diskurs um Integration und Islam mit als Entwicklungsfaktoren des Gangsta­Rap verstanden werden können.

Folgende Elemente des Antisemitismus bilden historisch eine Konstante: Die Herausbildung zweier unterschiedlicher Sozialmodelle, wonach eine destruktive Einwirkung der jüdischen Gesellschaft auf die Gemeinschaft, auf die Wir-Gruppe, stattfindet. Dabei ist es in erster Linie sekundär, wer diese Wir-Gruppe ist und wie sie sich definiert. Weiter ist die Konstruktion der Vorstellung einer weltumspannenden jüdischen Macht als grundsätzliches Element von Antisemitismus zu beschreiben (vgl. ebd.: 13). Macht und Verschwörung äußern sich im antisemitischen Weltbild in der Annahme die Juden personifizieren jegliche moderne Machtmittel (Medien, Finanzkapital, Börse, usw.) mit dem Ziel der Bedrohung und Zersetzung aller anderen Kulturen und Völker. Aufgrund der zugeschriebenen Machtposition liegt die Ursache jedes als negativ eingestuften Ereignisses immer in der jüdischen Macht (vgl. ebd.: 27-28).

„Aus anonymen sozialstrukturellen Prozessen werden Verschwörungen, die im verborgenen angezettelt werden“ (Holz 2005: 27).

Die Personifikation der Macht bzw. Machtmittel ist nach Holz entscheidend, denn daraus folge die Möglichkeit bestimmte Ereignisse der Absicht eines bestimmten Täters oder einer Tätergruppe - der Juden - zuschreiben zu können (vgl. ebd.: 26).

„Das ist mir auch egal, wenn dann der Mossad kommt und irgendwo in Berlin eine U-Bahn entgleist. Die machen so was, glaub mir. Da liegst du dann nicht mit einem Kopfschuss irgendwo im Bad, wo jeder weiß „Oh ja der ist erschossen!“ (,Afrob’ im Interview mit ,rap.de’ 2009).12

2.3 Antisemitismus und eine antimoderne Weltauffassung

"Antisemitismus ist eine antimoderne Weltanschauung, die in der Existenz der Juden die Ursache sozialer, politischer, religiöser und kultureller Probleme sieht. Entsprechend wurden und werden bestimmte moderne politische Strömungen und Ordnungen (Liberalismus, Kommunismus, Demokratie, übernationale Organisationen) oder wirtschaftliche Entwicklungen (Finanzkapitalismus, Globalisierung) als Erfindungen Jüdischen Geistes’ betrachtet, die den anderen Nationen als etwas Fremdes aufgezwungen werden“ (Bergmann 2008: 12).

Die im Antisemitismus propagierte Destruktivität der jüdischen Gemeinschaft äußert sich in der den Juden zugeschriebenen Verantwortung für den Materialismus, die ,Geldwirtschaft’ und einer amoralischen Verrohung der Gesellschaft (vgl. Holz 2005: 23). Dazu schrieb Said Qutb13 in seinem Werk ,Unser Kampf gegen das Judentum’:

„Hinter der Doktrin des atheistischen Materialismus steckte ein Jude, hinter der Doktrin der animalistischen Sexualität steckte ein Jude und hinter der Zerstörung der Familie und der Erschütterung der geheiligten Beziehungen in der Gesellschaft steckte ebenfalls ein Jude“ (ebd.: 23).

Holz erläutert, Qutb zielte damit auf die Lehren von Karl Marx, Sigmund Freud und Émile Durkheim, die auf mehreren Ebenen die „Grundlagen der islamischen Lebensgemeinschaft“ (ebd.: 23) sowie der traditionellen Gemeinschaft zerstören würden. Wie schon bereits als charakteristisch für ein antisemitisches Weltbild beschrieben ist das Kontrastieren zweier komplementärer Sozialmodelle verknüpft mit einer antimodernistischen Bewertung der gesellschaftlichen Zustände. Der Antimodernismus verklärt die Vergangenheit als eine moralische und am Gemeinwohl interessierte Gesellschaft und die Gegenwart als eines von Amoral und Konkurrenz geprägten Individualismus. Dabei wird dem in der Moderne lebenden „atomatisierten Individuum [...] die Vorstellung einer solidarischen Gemeinschaft entgegengesetzt, die das Individuum integriert“ (ebd.: 24).

„Der Antimodernismus ist eine moderne Ideologie, die sich eine erfundene Vergangenheit als Gegenbild zur Gegenwart und als Heil für die Zukunft erträumt“ (Holz 2005: 24-25).

Die individualistische moderne Gesellschaft mit ihren Auswirkungen wird in der Ursache wie in der Wirkung im Juden personifiziert, der u.a. durch eine geplante Zersetzung der Gesellschaft die Weltherrschaft anstrebt. Diese im Antisemitismus beschriebene Bedrohung der Gemeinschaft durch die Gesellschaft wird von Holz als „Dichotomie von Gemeinschaft und Gesellschaft“ (ebd.: 25) beschrieben und ist als ein Merkmal des modernen Antisemitismus einzuordnen.

„Pro Mudschaheddin, pro Palestine [...] Scheiß auf dein Schicki-Micki, fick dich, du Party-Girl Fick deine bunte Welt und fick deinen Starfriseur Das hier ist nicht Berlin und du bist nicht auf der Fashion-Week Das hier ist junge Wut gegen Politik aus Tel Aviv [...] Kontra Peace, kontra Tel Aviv Pro Freiheit, kontra Politik [...] kontra Parasit, USA und Drohnenkrieg Kollektiv, kontra Bilderberger, Volksverräter, Hintermänner“ (Song: ,Contraband’, Künstler: ,Fard und Snaga’, Album: ,Talion 2 - La Rabia’, Jahr: 2014).

2.4 Erscheinungsformen von Antisemitismus

Zum Verständnis von Antisemitismus im Kontext von Gangsta Rap werden einige ausgewählte Erscheinungsformen im Folgenden näher beschrieben.

2.4.1 Klassischer Antisemitismus

„Ich ticke Kokain an die Juden von der Börse“ (Song: 'Psst!' , Album: (Freetrack im Internet), Künstler: 'Haftbefehl', Jahr: 2010).

Als ,Klassischen Antisemitismus' bezeichnet Möller (2012: 519) „die offene Abwertung und Diskriminierung der Juden als Juden und Jüdinnen. Wie z.T. auch andere Formen erfolgt sie auf der Basis einer ethnisch-kulturellen Differenzkonstruktion, negativer und tradierter Stereotype, Klischees, Vorurteile Ressentiments, Aversionen (z.B. Weltherrschaft anstreben, an ihrer Verfolgung selbst schuld sein) sowie rassistischer, religiöser (etwa christlich-antijudaistischer), politischer, sozialer oder sonstiger Motive“.

2.4.2 Antizionistischer Antisemitismus

„Kontra Netanjahu“, „kontra Bush“, „kontra Tel Aviv“, „kontra Zins“, „kontra Parasit“ (Song: ,Contraband', Künstler: ,Fard und Snaga', Album: ,Talion 2 - La Rabia', Jahr: 2014).

Der im 19. Jahrhundert entstandene Zionismus begann sich um 1880 als Reaktion auf den europäischen Antisemitismus politisch zu organisieren. Ziel war die Schaffung eines eigenen Nationalstaates in Palästina. Auf Strömungen, die einen anderen Ort einbrachten, soll in dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Mit der Staatsgründung Israels 1948 wurde dieses Ziel erreicht. Gegenstand des antizionistischen Antisemitismus ist die Aberkennung des Existenzrechts Israels. Meist geht diese Aberkennung mit antisemitischen Argumenten einher; einer ideologischen „binären Zweiteilung in Gut (die Völker) und Böse (das Finanzkapital und der Imperialismus unter der Dominanz der USA)“ (Dantschke 2008: 12) verknüpft mit Verschwörungstheorien, die z.B. den Zionisten unterstellen am Zweiten Weltkrieg beteiligt gewesen zu sein um so eine Staatsgründung Israels zu begünstigen. Dantschke beschreibt, dass Positionen wie dem Absprechen des Existenzrechts Israels häufig dazu genutzt werden um das Tor für klassischen Antisemitismus zu öffnen. Zu unterscheiden ist, dass Antizionismus nicht zwangsläufig antisemitisch ist. Eine Kritik an der Politik Israels ohne antisemitische Stereotype und/oder Einbettung in verschwörungstheoretische Ansichten richtet sich nicht gegen die Juden als Juden (vgl. Dantschke 2008: 12).

„Wer allerdings schon einmal erlebt hat, wie die Menge tobt, wenn tatsächlich live und direkt gegen Israel gehetzt wird, wer gesehen hat, wie gefeiert wurde, als der ehemalige Rapper Deso Dogg vor Jahren in Kreuzberg während eines Auftritts die Hisbollah-Fahne schwenkte, dem mögen leise Zweifel kommen, ob es tatsächlich nur um Israels Politik geht“ (Staiger 2012).

2.5 Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft

Der Mangel an Langzeitstudien sowie methodische Probleme in der empirischen Erhebung antisemitischer Tendenzen in Deutschland erschwert die Einschätzung der Entwicklung von Antisemitismus über einen längeren Zeitraum. Die aussagekräftigste Langzeitstudie ,Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit’ (2001-2010) zur Entwicklung von Antisemitismus wurde von der Universität Bielefeld durchgeführt (vgl. BMI 2011: 54). Dabei stimmte jeder sechste Deutsche der Aussage zu: „Juden haben zu viel Einfluss“. Hingegen begrüßten 60% der Befragten, dass im Jahre 2008 wieder mehr Juden in Deutschland leben. Fast 40% waren der Meinung die Juden würden aus der Verfolgung ihren Vorteil ziehen. Mehr als ein Drittel gaben an, dass auf Grundlage der Politik Israels es verständlich sei, wenn man etwas gegen Juden habe. Dabei stimmten über 40% der Gleichsetzung der „israelischen Politik gegenüber den Palästinensern mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung zu“ (BMI 2011: 56).

Der emotional und kontrovers geführte Diskurs in Politik und Wissenschaft über einen ,migrantischen Antisemitismus4 ist z.T. durch das Aufeinanderprallen von Antisemitismus- und Rassismusforschung zu erklären; Migranten werden vom Objekt zum Subjekt von Diskriminierung und Ausgrenzung (vgl. Stender 2008: 284).

Da es sich in Deutschland um eine Migrationsgesellschaft handelt ist es evident, dass ein Teil der in der Studie befragten Menschen eine Migrationsgeschichte aufweisen (vgl. ebd.: 284). Die explizite Formulierung eines ,migrantischen Antisemitismus4, der auf Menschen mit türkischer oder arabischer Abstammung reduziert wird bezeichnet Stender als „verengte[...] Beobachtungsperspektive“ (2008: 286). Die Gleichsetzung und oft synonym verwendete Bezeichnung eines ,muslimischen Antisemitismus4 ist auch im Hinblick auf die starke Heterogenität der Gruppe der Muslime undifferenziert und verallgemeinernd (vgl. El- Mafaalani: 433, s.a. Kiefer 2008: 22-23).

Die Sicht auf Menschen mit Migrationsgeschichte als Träger von antisemitischen Einstellungen und Verhaltensweisen vernachlässigt den Blick auf die sozialen Verhältnisse, in denen antisemitische Tendenzen eine bestimmte Funktion erfüllen (vgl. Stender 2008: 289). Neben der Problematik der Zuschreibung von Antisemitismus gegenüber bestimmten Gruppen ist die Forschungslage „äußerst unzureichend“ (ebd.: 286) um einen spezifisch ,migrantischen Antisemitismus’ nachweisen zu können (s.a. Mansel/Spaiser 2012: 220). Die Studien von Bergmann und Wetzel (2003), die Fundamentalismusstudie von Heitmeyer/Müller/Schröder (1997) sowie eine Kommunalanalyse über ,Demokratiegefährdende Phänomene in Kreuzberg’ (2003) liefern Daten, die ,migrantischen Antisemitismus’ zwar nachweisen, aber teilweise sei deren Interpretation überstrapaziert worden (vgl. Stender 2008: 285).

Eine aktuellere Studie von Mansel und Spaiser (2012) belegt, dass „antisemitische Einstellungen von Jugendlichen aus muslimisch geprägten Sozialisationskontexten häufig in Verbindung mit der israelischen Politik geäußert werden [...]“ (Mansel/Spaiser 2012: 220).

In den Interviews und Gruppendiskussionen mit Jugendlichen mit türkischem und arabischen Migrationshintergrund zeigen zwar viele der Jugendlichen die Fähigkeit zwischen der Politik Israels und den Juden als Kollektiv und/oder Individuum unterscheiden zu können. Vielfach wird jedoch auch von den befragten Jugendlichen eine Abwertung von Juden als imaginiertes Kollektiv als Folge der gegenwärtigen israelischen Politik legitimiert. Dabei sind die antisemitischen „Einstellungen keineswegs gefestigte, bewusst reflektierte, Weltbilder oder Ideologien. Es sind eher fragmentierte Urteile, die die Jugendlichen in der Kommunikation mit anderen ,aufgeschnappt’ haben“ (Mansel / Spaiser 2012: 226).

Aufgrund der begrenzten Untersuchungsregion ist die dargestellte Studie bezüglich der „Verbreitung von Erfahrungen, Einstellungen und Haltungen“ (Mansel / Spaiser 2012: 224) nicht repräsentativ. Trotz einer unzureichenden Forschungssituation und weitestgehend deskriptiven Erfassung des Phänomens Antisemitismus bei muslimischen Jugendlichen (u.a. durch Berichte aus Schule und Jugendarbeit) ist es unstrittig, dass antisemitische Tendenzen zu verzeichnen sind (vgl. Mansel / Spaiser 2012: 221, s.a. Kiefer 2008: 20-21).

2.6 Antisemitismus und der Nahost-Konflikt

„Das große Narrativ, in dem Muslime als weltweit gedemütigte Opfer konstruiert werden, bietet [...] eine Orientierungsvorlage für muslimische Jugendliche im Umgang mit der eigenen Lebenslage, in der sie Diskriminierung und Abwertung als Muslime erfahren. Juden sind in diesem Narrativ einer der Hauptantagonisten der Muslime“ (Mansel / Spaiser 2010: 57).

Dieses Narrativ aus israelbezogenem Antisemitismus, Sympathie für Palästina, Antiamerikanismus und Verschwörungstheorien kann u.a. auf eigene Marginalisierungs- und Diskriminierungserfahrungen, transnationale Mediennutzung sowie auf Ab- und Aufwertungsprozesse der Eigengruppen der Jugendlichen mit muslimischen Hintergrund zurückgeführt werden (vgl. Mansel/Spaiser: 59). Dabei belegen die Studien von Mansel und Spaiser (2010), dass die Sympathie für Palästina und die Kritik an der israelischen Politik bei muslimischen Jugendlichen deutlich höher ist als bei anderen Jugendlichen (vgl. Möller 2012: 265-266).

Die transnationale Mediennutzung muslimischer Jugendlicher, die in der Studie von Mansel und Spaiser (2010) mit etwa 70% mehrmaliger Nutzung in der Woche in Form von Nachrichten aus dem jeweiligen Herkunftsland belegt wird, sei hier als ein möglicher wichtiger Faktor im Komplex der Ursachen und Funktion von antisemitischen Tendenzen erwähnt (Mansel/Spaiser 2012: 233). Ferner ist die stark einseitige und teils antisemitische Propaganda einzelner arabischer TV- und Internetsender anzuführen (vgl. Kiefer 2008: 20).

Die Korrelation zwischen politischen Ereignissen und Antisemitismus zeigt u.a. der Anstieg antisemitisch motivierter Delikte in weiten Teilen Westeuropas nach der zweiten palästinensischen Intifada im Jahre 2000 (vgl. Niehoff 2010: 250, s.a. Kiefer 2008: 20) sowie weitere Höhepunkte in den Jahren 2004 und 2006 (dabei ähneln sich die Entwicklungen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland).

Im späteren Kapitel über Gangsta-Rap sowie über Ethnizität wird weiterführend erläutert wie antisemitische Tendenzen in Form von Reaktionen auf den Nahostkonflikt innerhalb der kulturellen Erscheinungsformen von Gangsta-Rap gemeinschaftsbildend und -absichernd wirken können.

3. Gesellschaftliche Machtstrukturen nach Pierre Bourdieu

Primär geht es in diesem Kapitel darum die Vorstellung von sozialer 14 Ungleichheit anhand eines Modells zu erfassen um somit die Grundlage zu schaffen die Entstehung von Gangsta­Rap in der Bundesrepublik Deutschland sowie die Entwicklung eines kontemporären Gangsta-Rap mit seinen konstituierenden Elementen nachvollziehen zu können. Zielführend ist dabei die spätere Anwendung des ,Bourdieuschen Instrumentariums' bei der Analyse von Antisemitismus innerhalb der Kultur des Gangsta-Rap unter unter einer machttheoretischen Perspektive.

"Dieser Autor hat mit Grundbegriffen wie symbolisches Kapital’ Sprengsätze in die Geschichts- und Kulturwissenschaften eingeführt. Er hat einem Begriff wie ,Habitus’, den Adorno liebte, erst einen strengen Gebrauch gegeben. Sowenig Bourdieu nur Soziologe gewesen ist, sowenig war er nur Akademiker. Wie Foucault gehörte er zu jenen theoretisch ambitionierten Geistern, die ihrer Umgebung nicht die Chance gaben, das politische vom akademischen Engagement zu trennen." (Jürgen Habermas in: Frankfurter Rundschau, 24.01.2002)

Das große inhaltliche Spektrum der Werke Bourdieus besteht nicht in einer Großtheorie, sondern in eines im Sinne der Forschung und Systematik angewendeten Ensembles „theoretischer und methodischer ,Werkzeuge’ [...]“ (Schwingel 2009: 19). Dabei stehen die einzelnen Theoriekomponenten Bourdieus in einem Gesamtzusammenhang, bauen aufeinander auf und stehen in Wechselwirkung miteinander. Zwar hängen diese Komponenten, im Gegensatz zu anderen Sozialtheorien mit Universalitätsanspruch, nicht durch einen logisch geschlossenen Rahmen zusammen, aber der Zusammenhang wird auf „[...] metatheoretischer Ebene, nämlich unter Rückgriff auf die epistemologischen Prinzipien wissenschaftlichen Handelns [...] hergestellt “ (ebd.: 21).

Für eine kontextuelle Einordnung der Werke Bourdieus ist der Einfluss der Werke von Karl Marx15 und Max Weber16 auf die französische Soziologie im Allgemeinen als auch auf die Forschung Bourdieus im Besonderen zu erwähnen (vgl. ebd.: 34f). Auf die zentralen Merkmale der französischen Soziologie, die Verortung der Werke Bourdieus mit historischem Bezug sowie die Beziehung zu anderen Wissenschaftsfeldern kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden.

3.1 Konstruktivistischer Strukturalismus

Für ein grundlegendes Verständnis Bourdieus einzelner theoretischen Komponenten über die Entstehung sozialer Ungleichheit ist es notwendig, die zugrundliegenden erkenntnis­theoretischen Grundpositionen zusammenfassend zu erläutern:

Die Strukturen der sozialen Wirklichkeit bestehen aus zwei Dimensionen. Erstens aus den Strukturen und Möglichkeiten materieller Ressourcen, der Aneignung von Gütern und Werten sowie zweitens aus der Praxis bestimmter Verhaltensmuster, Gedanken, Gefühle, und Urteile der sozialen Akteure (vgl. Bourdieu/Wacquant 2006: 24). Das zuerst genannte wird als Objektivismus bezeichnet, als makrosoziologischer Ansatz, und wird im Allgemeinen verstanden als strukturaler Theorieansatz sowie im Speziellen als Strukturalismus der Ethnologie. Hier wird das Subjekt weitestgehend vernachlässigt und es geht um die Rekonstruktion objektiver Gegebenheiten, Strukturen, Funktionen oder Gesetze. Die Praxis bestimmter Verhaltensmuster wird als Subjektivismus bezeichnet, als mikrosoziologischer Ansatz, welcher das Subjekt und die subjektbezogenen Phänomene z.B. Wahrnehmungen, Erkenntnisse und Praktiken berücksichtigt (vgl. Schwingel 2009: 41 ff).

Die Zweidimensionalität der sozialen Wirklichkeit macht es notwendig einen wissenschafts­theoretischen Ansatz zu entwickeln, der die beiden komplementären Sichtweisen miteinander verbindet um so der „intrinsisch doppelten Realität der sozialen Welt Rechnung [zu] tragen [...]“ (Bourdieu/Wacquant 2006: 29). Mit diesem Ziel entwickelt Bourdieu eine „soziale Praxeologie“ (ebd.: 29), welche auch als konstruktivistischer Strukturalismus bezeichnet werden kann (vgl. ebd.: 29).

3.2 Sozialer Raum

Das Modell des sozialen Raumes steht schematisch betrachtet im Zusammenhang mit der Klassentheorie von Karl Marx sowie der in Teilen an Max Weber anknüpfenden Schichtungstheorie (vgl. Schwingel 2009: 104).

Nach dem Klassenmodell von Marx entscheidet der Besitz oder Nichtbesitz von Produktionsmitteln über die Zugehörigkeit zur herrschenden oder beherrschten Klasse. Die jeweilige Klasse definiert sich durch ihr Verhältnis zu den Produktionsmitteln wobei die Klasse der Arbeiter keinerlei Produktionsmittel besitzt und somit beherrschte Klasse ist. Die Bourgeoisie als Klasse der Produktionsmittelbesitzer ist hingegen die herrschende Klasse. Zusammenfassend ist das entscheidendste Differenzierungskriterium zur Erklärung sozialer Ungleichverhältnisse bei Marx der materielle Besitz- sowie die Eigentumsverhältnisse (vgl. Burzan 2007: 16 ff).

Das Konzept von Max Weber unterscheidet zwischen Klasse und Stand und wendet sich somit gegen die ausschließliche ökonomische Bestimmung gesellschaftlicher Strukturen. Ein Stand ist das subjektivistische Gegenstück zur Klasse und beschreibt die jeweilige Form der Lebensführung, die unter dem Einfluss bestimmter Werte und sozialem Prestige, soziale Ungleichverhältnisse konstituiert. In Anlehnung an Weber beschreiben die Schichtungstheorien die gesellschaftliche Struktur als eine vertikale Anordnung von Statusgruppen, denen durch die jeweiligen unterschiedlichen Werte eine entsprechende soziale Anerkennung zu kommt (vgl. Schwingel 2009: 104f, s.a. Burzan 2007: 22 ff).

Bezugnehmend auf den bereits beschriebenen Dualismus von Subjektivismus und Objektivismus versucht Bourdieu auch die Komplementarität zwischen Klassentheorie und Schichtungstheorie in Form eines Gesellschaftsmodells, welches beide Formen der theoretischen Ansätze integriert, zu überwinden: der soziale Raum (vgl. ebd.: 106). Mit der Verwendung des Terminus ,Raum' grenzt sich Bourdieu von Ansätzen ab, die „von säuberlich geschiedenen neben- oder übereinander stehenden gesellschaftlichen Gruppen“ ausgehen (Bourdieu 1997: 209).

Das Modell des sozialen Raumes stellt die soziale Welt in einem mehrdimensionalen Raum dar, dessen Konstruktion anhand bestimmter Eigenschaften erfolgt, „die innerhalb eines fraglichen sozialen Universums wirksam sind, das heißt darin ihrem Träger Stärke bzw. Macht verleihen“ (Bourdieu 1985: 9). Diese relevanten Eigenschaften sind: ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital und symbolisches Kapital. Die Position der sozialen Akteure im sozialen Raum wird durch diese Merkmale bestimmt, welche als Koordinaten zur Positionsbestimmung fungieren. So ergibt sich die räumliche Position anhand des Kapitalvolumens (über das verfügt wird), der Kapitalstruktur (die Zusammensetzung der unterschiedlichen Kapitalarten) sowie der Kapitalart (ökonomisches, kulturelles, soziales oder symbolisches Kapital) (vgl. Bourdieu 1985: 9-12).

3.3 Der Kapitalbegriff

„Kapital ist akkumulierte Arbeit, entweder in Form von Material oder in verinnerlichter, ,inkorporierter' Form“ (Bourdieu 2005: 49).

Mit der Entwicklung der Kapitaltheorie kritisiert Bourdieu den Kapitalbegriff der Wirtschaftstheorie. Die Reduktion „gesellschaftliche[r] Austauschverhältnisse auf den bloßen Warenaustausch“, welcher auf Profitmaximierung ausgerichtet und von einem ökonomischen Eigennutz geleitet ist, sei Ausdruck einer Wirtschaftswissenschaft, die zu einer „Wissenschaft von den Marktbeziehungen“ (Bourdieu 2005: 51) geworden ist. Bourdieu folgert weiter, dass alle anderen sozialen Austauschbeziehungen in logischer Konsequenz aus der wirtschaftstheoretischen Definition des Kapitalbegriffs heraus als uneigennützig und nicht ökonomisch bezeichnet werden müssten. Dieser vermeintlichen Uneigennützigkeit stellt er die vielgestaltigen Interessen verschiedener Praxisformen entgegen und konstatiert, dass nur durch Einführung eines Kapitalbegriffs, in all seinen Erscheinungsformen, es möglich ist „der Struktur und dem Funktionieren der gesellschaftlichen Welt gerecht zu werden“ (Bourdieu 2005: 50). Im Folgenden werden die wichtigsten Arten von Kapital (ökonomisches, kulturelles, soziales und symbolisches Kapital) in Kürze dargestellt.

3.4 Kapitalformen

Das primär ökonomische Kapital entspricht dem klassischen Kapitalbegriff und steht für Eigentum und Vermögen. Es ist relativ direkt in Geld zu konvertieren.

Das kulturelle Kapital kann in drei verschiedenen Formen auftreten: in einem inkorporierten Zustand, in einem objektivierten Zustand und in einem institutionalisierten Zustand.

Das inkorporierte Kulturkapital bezeichnet erworbenes Wissen in Form von z.B. schulischer Bildung oder der Erziehung durch die Familie. Es ist somit körpergebunden und der Erwerb erfordert sowohl Zeit als auch „eine Form von sozial konstituierter Libido, die libido sciendi, die alle möglichen Entbehrungen, Versagungen und Opfer mit sich bringen kann“ (Bourdieu 2005: 55). Verinnerlichtes Kulturkapital prägt die Person in einem hohen Maße, insbesondere bei der ersten Aneignung (z.B. Sprechweise) (vgl. ebd.: 56ff).

Das objektivierte Kulturkapital in Form kultureller Güter (Gemälde, Bücher, Instrumente) steht für dessen materiellen Besitz - jedoch nur in juristischer Hinsicht. Die kulturelle Fähigkeit, die für den Genuss des Gemäldes oder die Bedienung einer Maschine notwendig ist - also das inkorporierte Kulturkapital - ist nicht übertragbar. Kulturelle Güter können somit auf zwei Arten angeeignet werden: in Form materieller Aneignung mit der Voraussetzung von ökonomischen Kapital oder in Form symbolischer Aneignung mit der Voraussetzung von verinnerlichtem Kulturkapitel - also dem erforderlichen Wissen über die Aneignung und Nutzung des jeweiligen Kulturguts (vgl. ebd.: 59f).

Das institutionalisierte Kulturkapital beinhaltet die „Objektivierung von inkorporiertem Kulturkapital in Form von Titeln“ (ebd.: 61) und belegt die institutionell anerkannte kulturelle Kompetenz mit einem für den Inhaber relativ dauerhaft verknüpften und rechtlich garantierten konventionellen Wert. Der Titel lässt sich in ökonomisches Kapital übertragen wobei der Wechselkurs abhängig ist vom Seltenheitswert des Titels. So kann es vorkommen, dass die zum Erwerb des Titels erfolgten Investitionen höher sind als der Geldwert bei der Rückumwandlung von kulturellem in ökonomisches Kapital (ebd.: 61ff).

Das soziale Kapital bezeichnet die gesamten Ressourcen aktueller sowie potentieller Kontakte zu anderen Menschen auf der Basis eines „Kennens oder Anerkennens“ (Bourdieu 2005: 63), die sich durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe definieren (z.B. Familie, Schule, einflussreiche Kreise) und teils gesellschaftlich institutionalisiert werden (z.B. in Form eines gemeinsamen Namens bei familiären Beziehungen). Dabei ist der Zweck dieser Beziehungen, die durch ständige Beziehungsarbeit aufgebaut und reproduziert werden, ein materieller oder symbolischer Profit. In der Praxis können Sozialkapitalbeziehungen nur auf der Basis von Tauschbeziehungen (materiell/symbolisch) existieren und aufrechterhalten bleiben (ebd.: 63ff).

„[...] das Beziehungsnetz ist das Produkt individueller oder kollektiver Investitionsstrategien, die bewußt oder unbewußt auf die Schaffung und Erhaltung von Sozialbeziehungen gerichtet sind, die früher oder später einen unmittelbaren Nutzen versprechen“ (ebd.: 65).

Je größer und umfangreicher das Netzwerk an Sozialkapitalbeziehungen eines Akteurs ist desto höher sind die Profitchancen für die Reproduktion des eigenen ökonomischen sowie kulturellen Kapitals. Somit hat das Sozialkapital, durch die auf gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung beruhenden Tauschbeziehungen, einen „Multiplikatoreffekt“ (ebd.: 64) auf das tatsächlich verfügbare Kapital.

Die vierte Kapitalform, das symbolische Kapital, hat eine herausgehobene Stellung. Es steht ,über’ den anderen Kapitalsorten, weil es dazu dient, sie zu legitimieren und nimmt in dieser Form die Funktion von symbolischer Macht oder symbolischer Gewalt ein (vgl. Bourdieu 1989: 401). Im Kontext von Anerkennung und Wertschätzung beschreibt Bourdieu in manchen Zusammenhängen das symbolische Kapital als eine weitere Erscheinungsform, welches auf gesellschaftlicher Anerkennung beruht und „als wahrgenommene und als legitim anerkannte Form der drei vorgenannten Kapitalien“ (Bourdieu 1985: 11) bezeichnet werden kann. Die gesellschaftliche soziale Anerkennung konstituiert das symbolische Kapital, welches zwar von den anderen Kapitalien unabhängig ist, aber in den meisten Fällen mit den Kapitalarten auftritt und „deren spezifische Effizienz und Wirksamkeit“ (Schwingel 2009: 93) steigert.

„[...] an allen Kapitalien, die eine symbolische Komponente haben, zeigt sich, dass es sich dabei um genuin soziale Phänomene handelt, die nur soziologisch - und nicht ökonomisch - adäquat begriffen werden können“ (Schwingel 2009: 93-94).

Somit kann jede Sorte von Kapital die Form von symbolischem Kapital annehmen, allerdings nur dann, „wenn es in seiner willkürlichen Wahrheit als Kapital verkannt und als legitim anerkannt wird“ (Bourdieu 1989: 401f, Hervorhebung im Orig.). Symbolisches Kapital verleiht die Macht, die bestehenden Kräfteverhältnisse in den jeweiligen Feldern zu legitimieren und stellt damit eine Art ,Meta-Kapital' dar, mit dessen Hilfe sich Macht über die anderen Kapitalsorten ausüben lässt (vgl. Barlösius 2006: 111). Mit anderen Worten: Die Wirkung von symbolischer Macht ist es, dass sie jede andere Art von Macht legitimiert. Die Anerkennung von symbolischer Macht vollzieht sich ebenfalls unbewusst. Sie ist in der unmittelbaren Beziehung von Habitus und Feld angelegt

Die Bedeutung der symbolischen Macht für die Profitmaximierung anderer Kapitalarten ist im Hinblick auf die antisemitischen Tendenzen im Gangsta-Rap ein wesentlicher Bezugspunkt dieser Arbeit.

3.5 Die Habitustheorie - strukturierende und strukturierte Struktur

„Leib [...] gewordene Geschichte“ (Bourdieu 1985: 69).

Die Frage wie soziale Praxis entsteht versucht Bourdieu mit dem Konzept des Habitus als „Theorie des Erzeugungsmodus der Praxisformen“ (Bourdieu 1976: 164) zu beantworten. Diese Theorie steht mit dem bereits beschriebenen Versuch einer Überwindung des Dualismus von Subjektivismus und Objektivismus als auch mit den vorangehend vorgestellten theoretischen Konzepten in Verbindung.

Der Begriff des Habitus befasst sich mit der Frage wie gesellschaftliche Praxis entsteht und wie diese von sozialen Akteuren, die selbst einen Teil sozialer Praxis darstellen, wahrgenommen, erfahren und erkannt wird (vgl. Schwingel 2009: 60). Die Dispositionen des Habitus in Form von verinnerlichten Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata sind auf die sozialen Strukturen der Gesellschaft - sowie klassenspezifischen Faktoren - zurückzuführen. Die äußeren sozialen Strukturen im Vollzug von gesellschaftlicher Praxis sind in erster Linie ein Ergebnis habituellen Ursprungs (ebd.: 66ff). Somit ist der Habitus nicht nur strukturierende Struktur (modus operandi) in Form von Praxis und Wahrnehmung, sondern auch strukturierte Struktur (opus operatum) als Produkt der sozialen Praxis sowie als „Leib [...] gewordene Geschichte“ (Bourdieu 1985: 69). Der Habitus kann bezeichnet werden „als Erzeugungs- und Strukturierungsprinzip von Praxisformen und Repräsentationen“ (Bourdieu 1976: 165).

Die Praxisformen sozialer Akteure werden in ihren Grundzügen auf die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata des „sozialisierten Körpers“ (Bourdieu 1993: 28), genauer dem Habitus des sozialen Akteurs, zurückgeführt. Dabei wirkt der Habitus nicht als ausschließliches Prinzip auf das Handeln eines sozialen Akteurs, sondern ist lediglich ein bestimmender Faktor, der aktuelle und zukünftige Handlungen beeinflusst (vgl. Schwingel 2009: 61). Aufgrund von gesellschaftlichen Strukturen sowie den inkooperierten kognitiven Mustern werden „lediglich die Grenzen möglicher und unmöglicher Praktiken festgelegt, nicht aber die Praktiken an sich“ (ebd.: 69).

Die Praxis eines sozialen Akteurs ist im Hinblick auf die Machtressourcen im Sinne der Verfügbarkeit an Kapital (Volumen und Struktur) begrenzt. Innerhalb dieser Begrenzung besteht aber eine Freiheit für Variationen und Innovationen, bei der es sich jedoch mit dem Hintergrund der sozialen Strukturen in denen die Akteure handeln um eine „konditionierte und bedingte Freiheit“ (Bourdieu 1987: 103) handelt.

Bezüglich der zugleich sowohl Grenzen setzenden als auch Handlungsspielräume gebenden Praxis des Habitus schreibt Bourdieu:

„Der Begriff Habitus bezeichnet im Grunde eine recht simple Sache: wer den Habitus einer Person kennt, der spürt oder weiß intuitiv, welches Verhalten dieser Person versperrt ist. Wer z.B. über einen kleinbürgerlichen Habitus verfügt der hat eben auch, wie Marx einmal sagt: Grenzen seines Hirns, die er nicht überschreiten kann. Deshalb sind für ihn bestimmte Dinge einfach undenkbar, unmöglich, gibt es Sachen, die ihn aufbringen oder schockieren. Aber innerhalb dieser seiner Grenzen ist er durchaus erfinderisch, sind seine Reaktionen keineswegs immer voraussehbar“ (Bourdieu 1989: 26 ff).

Als Inhaber und Erzeuger von bestimmten Wahrnehmungs- und Handlungsmustern, die in der sozialen Welt dem Akteur zur Orientierung dienen und zu angemessenen Praxisformen verhilft bildet der Habitus die Grundlage für den von Bourdieu bezeichneten sozialen Sinn (vgl. Schwingel 2009: 63).

„Dieser praktische Sinn dient den Akteuren als Orientierungssinn, der ihnen hilft, sich innerhalb der sozialen Welt im Allgemeinen und spezifischer Praxisfelder im Besonderen zurechtzufinden“ (Schwingel 2009: 63).

3.6 Das Konzept des Feldes

„Ding gewordene Geschichte“ (Bourdieu 1985: 69).

Der Begriff des Feldes beschreibt den intelligiblen Ort sozialer Praxisformen, die durch den Habitus generiert werden. Das Feld weist vom Subjekt unabhängige Strukturen auf, die, obwohl sie durch die Praxis sozialer Akteure konstituiert sind, dennoch ein „gewisses Eigenleben führen“ (Schwingel 2009: 82). Somit bildet das Feld das Komplementär zum Habitus. Soziale Praxisformen sind demnach durch die innere Strukturierung des Habitus sowie die äußeren Strukturen des Feldes eingeschränkt (Schwingel 2009: 82f).

Innerhalb des Feldes geht es um die soziale Positionierung in Konkurrenz zu anderen sozialen Akteuren. Durch die soziale Praxis konstituieren sich bestimmte, je nach Feld, neben den sozialen Strukturen auch feldimmanente Regeln. Diese Regeln werden von den sozialen Akteuren unreflektiert beim Betreten des Feldes akzeptiert und befolgt. Die Akzeptanz bzw. der Glauben an die Sinnhaftigkeit der spezifischen Feldregeln sowie der Glauben an einen 'Profit' durch spezifischen Einsatz nennt Bourdieu „Illusio“ (vgl. Barlösius 2011: 100).

„Wer sich am Kampf beteiligt, trägt zur Reproduktion des Spiels bei, indem er dazu beiträgt, den Glauben an den Wert dessen, was in diesem Feld auf dem Spiel steht, je nach Feld mehr oder weniger vollständig zu reproduzieren“ (Bourdieu et al. 2001: 109).

4. Popkultur

„[.] Popsongs sind komplexer, als der erste Blick und der flüchtige Höreindruck offenbaren. An ihnen lassen sich Wertvorstellungen, Lebensentwürfe und Erinnerungen festmachen, die unter entsprechenden Bedingungen eine unerwartete soziale Sprengkraft entfalten können“ (Wicke 2011: 20).

Das folgende Kapitel dient der Erläuterung interner Dynamiken der HipHop-Kultur respektive des Gangsta-Rap sowie des gesellschaftlichen Kontextes, in dem Popkultur im Allgemeinen und Gangsta-Rap im Besonderen generiert wird. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den Wirkungsmechanismen kultureller Erscheinungen und Entwicklungen. Kultur wird in diesem Sinne weitestgehend verstanden als ein „handlungsrelevantes soziales Erbe bestehend aus Symbolen [...] und Artefakten“ (Seeliger 2013: 27) sowie sozialen Praktiken in Form von „Auseinandersetzung der Menschen mit anderen Menschen, mit der Natur und reflektierend mit sich selbst“ (Pries 2008: 201, zit. nach: Seeliger 2013: 27). Zielführend ist im Rahmen dieser Arbeit ein grundsätzliches Verständnis darüber, dass Kultur - und somit auch Gangsta­Rap als ein Teil der Popkultur - durch ein Angebot an Handlungs- und Deutungsmustern das soziale Handeln beeinflusst. Dabei wird im Verlauf der Arbeit immer weiter verdeutlicht welche Einflussgrößen einen Faktor bei der Entstehung von Gangsta-Rap und einer symbolischen Macht von Antisemitismus innerhalb des kulturellen Feldes von Gangsta-Rap bilden; popkulturelle sowie kulturindustrielle Faktoren sind wesentliche Bestandteile dieser Einflussgrößen.

„[Die Kultur, C.A.] umfasst [...] jene Überzeugungen, Verständnisse, Weltbilder, Ideen und Ideologien, die das soziale Handeln beeinflussen, weil sie entweder aktiv geteilt oder passiv respektiert werden“ (Tenbruck 1996: 107).

Bezugnehmend auf die Werke Bourdieus kann der Begriff des Habitus als dynamisches Ergebnis einer verinnerlichten Kultur angesehen werden und liefert dem sozialen Akteur Orientierung sowie Handlungssicherheit bzgl. angemessener Praxisformen (vgl. Schwingel 2009: 63). Auch Soeffner (2004: 72, zit. nach: Seeliger 2013: 28) konstatiert solche sicherheitsstiftenden Wirkungen, die „allerdings im befriedenden ebenso wie im destruktiven Sinne und im Modus suggerierter Unmittelbarkeit [auftreten, C.A.]. Sie überhöhen das alltägliche Sinnverständnis und verleihen ihm hintergründige Bedeutsamkeit. “

Im Hinblick auf diesen sinnstiftenden Charakter kultureller Formen für und innerhalb der Gesellschaft ist ein politisches Potential zu erkennen. Giesen leitet daraus ab, dass soziale Ordnung sich konstituiert aus „elementaren Bedingungen als bloß auf der machtbewehrten Durchsetzung oder rationalen Begründung von Normen. Sie kann nur dann und in dem Maße entstehen, in dem es gelingt über fraglos geltende Voraussetzungen eine sinnhafte Verbindung zwischen Handlungen glaubhaft herzustellen“ (2004: 73f.).

Somit lässt sich folgern, dass kulturelle Repräsentationen in Form von z.B. Diskursen in ihrer Wirkungsweise immer davon abhängig sind, wie die Empfänger diese interpretieren (vgl. Seeliger 2013: 29). Wimmer definiert ergänzend „Kultur als einen offenen und instabilen Prozess des Aushandelns von Bedeutungen, der im Falle einer Kompromissbildung zur Abschließung sozialer Gruppen führt“ (2005: 32).

Vergangene wie aktuelle Debatten, beispielhaft seien hier die Antisemitismusvorwürfe gegen Günter Grass hinsichtlich seines Gedichtes „Was gesagt werden muss“ genannt, zeigen, dass es sich bei diesen Aushandlungen innerhalb des Kulturfeldes auch um repräsentationspolitische Kämpfe um Deutungsmacht handeln kann (vgl. ebd.: 30), die im Sinne Bourdieus in Abhängigkeit sozialer Positionierung und damit einhergehender Verfügung über Macht entschieden werden.

4.1 Popkultur - eine Begriffsklärung

Die Entstehung der Popkultur, als „Ästhetisierung des Gewöhnlichen [...] als dauerhaft wiederholbarer, allgemein zugänglicher Geste“ (Seeliger 2013: 31), ist vor allem17 im Kontext eines erhöhten Wohlstandes im Zuge wirtschaftlicher und politischer Entwicklungen westlicher Nachkriegsgesellschaften zu verorten. Dabei bildet diese gesamtgesellschaftliche sowohl inhaltliche Zugänglichkeit als auch erhöhte Verfügbarkeit aufgrund neuer technischer Verbreitungsmöglichkeiten als Trivialkultur das Gegenstück zur Hochkultur, als eine Kultur, die einem begrenzten Kreis an Rezipienten vorbestimmt ist. In der Entstehungszeit von Popkultur lassen sich popkulturelle Formen hauptsächlich durch einen typisch rebellischen Gestus charakterisieren, mit dem sich gegen bestimmte bestehende gesellschaftliche Verhältnisse positioniert wurde. Vor allem jugendliche Akteure nutzten popkulturelle Formen zur Abgrenzung und soziokulturellen Selbstpositionierung gegenüber vorherrschenden Normen der Mehrheitsgesellschaft (vgl. Seeliger 2010: 178f). Diese Art von Grenzüberschreitungen sind auch heute noch ein „Strukturmerkmal popkultureller Formen“ (Seeliger 2013: 31), wobei die Frage, welche tatsächliche Motivation hinter einer bestimmten Grenzüberschreitung zu interpretieren ist, für die vorliegende Arbeit nicht von Bedeutung sein soll. Tatsächlich ist aber festzustellen, dass „der Gestus der Rebellion und die Attitüde des Revolutionärs [.] sich lange Zeit als eines der wirkungsvollsten Marketingkonzepte der Branche [erwiesen hat, C.A.]“ (Wicke 2011: 11). Dieser Umstand wird zu einem späteren Zeitpunkt anhand ausgewählter Künstlerbiographien im Genre Gangsta-Rap weiter verdeutlicht.

Die Bedeutung popkultureller Formen erstreckt sich über weite gesellschaftliche Bereiche. In der Bundesrepublik fand Anfang der 1990er Jahre eine Adaption popkultureller Handlungslogiken auf den politischen Bereich statt. Beispielhaft dafür ist das 'Guidomobil'18 zu nennen, 'SPD isst Currywurst19 sowie der U2-Sänger ,Bono', der im Zeichen der Entwicklungspolitik immer wieder in Erscheinung trat (vgl. Seeliger 2013: 32ff).

Diese Beispiele machen deutlich, dass Popkultur nicht nur auf den Bereich der Unterhaltungsindustrie zu reduzieren ist, sondern Einzug gehalten hat und hält in verschiedenste Lebensbereiche. Im Hinblick auf den einleitend erwähnten Antagonismus von Popkultur und Hochkultur sowie die daraus zu implizierende Kategorisierung verschiedener Kulturarten ist die folgende Erweiterung der Definition des Terminus Popkultur notwendig:

„Popkultur bezeichnet [...] ein dynamisches Set von Symbolen, Artefakten und sozialen Praktiken, das der fortdauernden Aushandlung im Rahmen institutioneller Kräftefelder unterliegt, und in Verschränkung mit Teilsystemen moderner Gesellschaften auftritt “ (Seeliger 2013: 34, Hervorhebung im Orig. C.A.) .

4.2 Kulturindustrielle Mechanismen

„Ausgangspunkt für eine adäquate Analyse von Medienprodukten muss ein Konzept ihrer Eingebundenheit in gesellschaftliche und individuelle Kontexte sein“ (Trültzsch 2009: 38).

Ein Einflussfaktor der Kulturindustrie, hier verstanden als Gruppierung von Unternehmen und Wirtschaftssubjekten, bei der Produktion von kulturellen Gütern ist die Wirkung als Distributionsinstanz. Die hier wirkenden Mechanismen sind weitestgehend unter einer kapitalistischen Gewinnmaximierung zur verorten (vgl. Seeliger 2013: 42). Weiter beschreibt Seeliger die Kulturindustrie als „Agenda-Setterin“ (2013: 42). Wobei er anmerkt, dass die Auswahl eines bestimmten Kulturangebots durch kulturindustrielle Akteure verschiedenen Wirkungsfaktoren unterliegt und daher nicht als ein Ergebnis eines autonomen Entscheidungsprozesses angesehen werden kann. Diese Einflussfaktoren sind beispielsweise das Ziel hoher Absatzzahlen sowie möglichst geringer Produktionskosten oder das Erfüllen kulturpolitischer Vorgaben. Ferner wirkt die Kulturindustrie im Hinblick auf das große Angebot in einer „kanonisierenden Weise“ (Seeliger 2013: 43).

„So organisiert sie unterschiedliche kulturelle Elemente in einem Gefüge von Stilen und Genres. Zwar ergibt sich auch durch kulturelle Formatierungsprozesse jenseits unmittelbarer Einflussbereiche der Kulturindustrie (Jugendszenen können hierfür als anschauliches Beispiel gelten). Andererseits versucht die Kulturindustrie die von ihr produzierten Güter möglichst handhabbar verfügbar werden zu lassen. So liegt die Bedeutung der Kanonisierung in einer möglichst nachfragewirksamen Strukturierung des Angebots kulturindustrieller Güter begründet“ (ebd.: 43).

So lässt sich zusammenfassen: die Kulturindustrie trägt einen ausschlaggebenden Teil zur Verbreitung von HipHop-Kultur im Allgemeinen und Gangsta-Rap im Besonderen bei. Ferner ist die Rolle als „Agenda-Setterin“ (ebd.: 42) sowie die von der Kulturindustrie betriebene Strukturierung des Angebots zu berücksichtigen. Es ist zu konstatieren, dass das was die Konsumenten erreicht in einem Hohen Maße von kulturindustrieller Selektion abhängig ist (vgl. ebd.: 43).

4.3 Kultur und Soziale Ungleichverhältnisse

„Die Popkultur konstituiert sich in einer Fülle kollektiv erschaffener und beständig veränderter Projektionsfelder menschlicher Wünsche und Phantasien, Sinnbedürfnisse und Gefühle: gut leben, schöner Wohnen, besser aussehen, mehr erleben“ (Steenblock 2004:88).

Zwar lässt sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Entwicklung feststellen, dass es eine Vereinheitlichung im Kulturkonsum gibt, dennoch ist Popkultur gleichzeitig charakterisiert als ein Feld sozialer Ungleichheiten, die bereits in Form des weiter oben erwähnten Kulturkompromisses angedeutet werden konnten. Dieser Kulturkompromiss bezieht sich prinzipiell auf ein andauerndes Verhandeln sozialer Positionierungen. Nach Bourdieu können diese Aushandlungen als Konfliktdynamiken im kulturellen Feld bezeichnet werden, die auf unterschiedliche Beurteilungen von Lebensstilen zurückzuführen sind. Seeliger sieht die symbolische Repräsentation solcher Aushandlungsprozesse „unter gegebenen Bedingungen in den unterschiedlichen Beeinflussungsmöglichkeiten kultureller Bedeutungssysteme, die Vertretern dieser Gruppen zur Verfügung stehen [...]“ (2013: 45).

Kultur wirkt qua Sinnstiftung auf die Bewertung eigener Lebensweisen und unterliegt dabei einem ständigen Aushandlungsprozess, der durch soziale Ungleichheit geprägt ist (vgl. ebd.: 45). Die Generierungen dieser kulturellen Formen auf gesellschaftlicher Ebene qua Sinnstiftung sind somit verknüpft mit Macht respektive Kapital (nach Bourdieu somit nach der Verfügbarkeit und dem Volumen verschiedener Kapitalarten). Diese Mechanismen können unter den an Hall20 angelehnten Begriff „Repräsentationsregime“ zusammengefasst werden (vgl. ebd.: 45) Die symbolische Repräsentation innerhalb dieses Regimes konstituiert sich dabei durch die Merkmale Häufigkeit, Darsteller/Darstellungsort sowie Konnotation.

Die Kontroverse um bestimmte Themen kann sich zuspitzen, wenn ihr Inhalt „hierbei in selbstreferentielle Bezüge der beteiligten Gruppen eingesponnen ist“ (Seeliger 2013: 46). In Folge solcher Auseinandersetzungen lässt sich nach Scharenberg (2001: 243) Popkultur auch als Ausdruck von „[...] sozialer Stellung und Weltbildern spezifischer Milieus; [...] als politischer Kampf um Repräsentation [...]“ verstehen. Dabei können popkulturelle Formen, als „Plattformen zum Aufbau kollektiver Identität, wie auch zur Prägung und Reflektion dominanter oder untergeordneter sozialer und kultureller Beziehungen“ (Ayhan 2007: 123) von sozialen Gruppen dienen. Auch an dieser Stelle kann bereits auf die Identitäts- und Zugehörigkeitsfunktion von Antisemitismus innerhalb der Gangsta-Rap Kultur aufmerksam gemacht werden.

„Vor einem bestimmten Publikum kann man mit den richtigen antiisraelischen und antisemitischen Sprüchen heutzutage genauso viele Crowd-Rocker-Punkte machen wie seinerzeit mit den guten alten Mitmachreimen [...] Das ist mit Sicherheit nicht der Moment, in dem sich jemand im Publikum als Jude outen möchte“ (Staiger 2012: 15).

4.4 Gangsta-Rap

4.4.1 HipHop und Gangsta-Rap - Eine Begriffsklärung

„Gangster sind auf der Straße und ticken Keta, Gangsta-Rapper stehen auf der Bühne und ticken im Takt“ (Schacht 2013).

Entgegen vieler Vermutungen und Gleichsetzungen: „HipHop ist nicht Rap“ (Klein/Friedrich 2003: 30). HipHop ist vielmehr ein Sammelbegriff für verschiedene Disziplinen: Rap/MCing (Sprache), Graffitti/Writing (Malen), Turntablism/DJing (Musik) und Breakdance/B-Boying bzw. B-Girling (Tanz) (vgl. Schröer: 2012: 65f). Dabei bildet Gangsta-Rap eines unter verschiedenen schwer zu konturierenden Subgenres verschiedener Kategorien von Rap-Musik (u.a. Straßen-Rap, Hardcore-Rap, Porno-Rap). Die Definition von Gangsta-Rap vollzieht sich im Wesentlichen über bestimmte Themen, Sprachmittel und Stile. Inhaltlich geht es dabei meist um die Lebenswelt eines Gangsters, die sich durch Kleinkriminalität, Drogensucht, kaputte Familienstrukturen oder auch in organisierter Kriminalität, Gang-Kriegen, Gewalt sowie einem „täglichen Überlebenskampf auf der Straße“ (Szillus 2012: 43) charakterisieren lässt. Wie letztendlich diese Lebenswelt in Szene gesetzt wird - beispielsweise welche Erzählperspektive eingenommen wird („CNN des Ghettos“- Chuck D. von Public Enemy) - sowie die Art der Beschreibung (verherrlichend, reflektiert, ironisch usw.) hängt dabei vom Protagonisten selbst ab. (vgl. ebd.: 41ff).

„N.W.A. nahmen bewusst provokativ eine Ich-Perspektive ein und unterstrichen die Ernsthaftigkeit ihrer Anliegen durch das Fehlen jeglicher ironischer oder perspektivischer Brechung - man hatte keinen Zweifel daran, dass Eazy-E und Ice Cube tatsächlich raubend, mordend, plündernd und brandschatzend durch ihr Viertel in Los Angeles zogen [...]“ (ebd.: 65).

Allen Gangster-Rappern gemeinsam ist dabei die Behauptung einer Herkunft aus bestimmten, durch Marginalisierung und Benachteiligung geprägten, sozialen Verhältnissen zu stammen (vgl. ebd.: 42).

HipHop selbst ist aufgrund seiner eigenen Entstehungsgeschichte eine Subkultur, die sich in den 1970er Jahren in New York aus einzelnen Disziplinen herausgebildet hat (Musik, Kunst und Tanz) und mittlerweile als Produkt einer globalen Popkulturindustrie (vgl. Klein/Friedrich 2003: 89ff) „global präsent, jedoch lokal angebunden ist und auf regionaler und nationaler Ebene verschiedenartig adaptiert wird“ (Schröer 2012: 66). In den USA trat Gangsta-Rap erstmals ab 1984/1985 auf. Rund eine Dekade später war dieses Phänomen auch in Deutschland festzustellen (Rödelheim Hartreim Projekt, 44 Da Mess/Da Fource, Azad, Westberlin Maskulin, u.a.). Überregional erfolgreiche Rapmusik hatte vor dieser Zeit in Deutschland entweder einen politisch (Advanced Chemistry) oder aber weitestgehend humoristischen Charakter (,Die Fantastischen Vier') und zeigte keinerlei Merkmale des kontemporären Gangsta-Raps (vgl. Szillus 2012: 44ff).

4.4.2 Migration und HipHop in Deutschland

Die , glokale' HipHop-Kultur in Deutschland, als globales Phänomen in der lokalen Anpassung, äußerte sich anfänglich als eine Kultur der Minderheiten. In dieser Anfangszeit wurden weitestgehend keine Tonträger produziert noch gab es eine Medienaufmerksamkeit, so dass bei einer Betrachtung der Entstehungszeit von HipHop in der BRD auf keinerlei Medien außer der mündlichen Überlieferung zurückgegriffen werden kann (vgl. Loh/Verlan 2006: 161). Gemäß glaubhafter, durch gängige Fachliteratur übernommener, Überlieferungen ist die HipHop-Kultur in der BRD in ihren Ursprüngen wesentlich auf Jugendliche mit Migrationsgeschichte zurückzuführen. Mit diesem Hintergrund als auch mit der soziopolitischen Situation dieser Zeit sowie im Hinblick auf die unterschiedlichen Migrationsgeschichten der hier ausgewählten aktuellen Vertreter des Genres Gangsta-Rap, ist es notwendig sich für ein Verständnis des Entstehungsrahmens HipHop-kultureller Formen respektive Rap-Musik mit Teilen der deutschen Migrationsgeschichte auseinanderzusetzen (vgl. Seeliger 2013: 56).

Nach Geißler kann die Migrationsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland in unterschiedliche Phasen gegliedert werden. Die „ Anwerbe- oder Gastarbeiterphase “ (Geißler 2014: 273, Hervorhebung im Orig.) beschreibt die Zuwanderung von ca. 14 Millionen Arbeitsmigranten in den Jahren 1955 bis 1973 im Zuge der wachsenden Wirtschaftssituation im Nachkriegsdeutschland (vgl. Geißler 2014: 273ff).21

Die „ Konsolidierungsphase mit ersten Integrationsversuchen (1973 - 1980) “ (ebd.: 273, Hervorhebung im Orig.) beinhaltet einen Anwerbestopp als Reaktion auf die erste Ölkrise im November 1973, der bis zum Jahr 2000 anhielt, aber nur einen kurzfristigen Rückgang der Migrationszahlen zur Folge hatte. Aufgrund verschiedener Faktoren stieg der Anteil der migrantischen Bevölkerung der BRD weiter an: im Kontext von Familienzusammenführung, hohen Geburtenraten unter den Migranten sowie der Fehlannahme eines rein ökonomischen Rotationsprinzips der Arbeitsmigranten (vgl. ebd.: 273ff). Der im heutigen öffentlichen Diskurs stark vertretende Begriff der Integration als Anpassungsprozess muss im historischen Kontext der BRD zu dieser Zeit als Assimilation bezeichnet werden, also als Angleichung ethnischer Gruppen und ihrer Kulturen an bestehende Verhältnisse (vgl. Hans 2010: 13).

Die sozialliberale Regierung versuchte der Eingliederungsfrage gerecht zu werden und gründete 1 978 das Amt „Beauftragter der Bundesregierung für die Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen“ vertreten durch Heinz Kühn. Seine Aufrufe bezüglich eines politischen Handlungsbedarfes im Kontext der Integration von (Arbeits-)Migranten blieben jedoch folgenlos. So schrieb er in einem Memorandum im Jahr 1979:

„Den (vermutlich in großer Zahl) bleibewilligen Einwanderern, namentlich der zweiten und dritten Generation, muss das Angebot einer vorbehaltlosen und dauerhaften Integration gemacht werden ... [sic!] Bereits jetzt haben gravierende Bildungs- und Ausbildungsnachteile einen großen Teil der ausländischen Jugendlichen in eine Außenseiterrolle gedrängt, die nicht nur für den Einzelnen schwerste persönliche Probleme schafft, sondern auch bereits in den Kriminalstatistiken evident wird“ (Memorandum zur Integration der ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien, zitiert nach Geißler 2014: 274).

Die Jahre 1981 bis 1998 beschreibt Geißler als „ Abwehrphase “ (Geißler 2014: 274, Hervorhebung im Orig.), die aufgrund steigender Asylbewerberzahlen den Weg einer Begrenzungspolitik einschlug und sich z.B. in der Einschränkung des Asylrechts im Jahr 1993 äußerte (vgl. ebd. 274f). Der hohe Stellenwert der Themen Migration und Integration in den 1980er Jahren im öffentlichen sowie politischen Diskurs ist beispielsweise anhand der ersten Regierungserklärung Helmut Kohls zu belegen. In einem „Dringlichkeitsprogramm“ (Thränhardt 2006: 276) wurde die ,Ausländerpolitik’ eines der zentralen Themen im Wahlkampf als auch in der späteren Politik der Regierung. Ferner wurden im gesetzlichen Bereich Maßnahmen getroffen um die Bereitschaft der Migranten in ihr Heimatland zurückkehren zu wollen zu steigern.

Aus einem Gespräch im Oktober 1982 zwischen Margaret Thatcher und Helmut Kohl wurden folgende Zeilen aufgezeichnet, welche die politische Ausrichtung der ,Ausländerpolitik’ der Regierung Kohl zusammenfasst:

"[...] Über die nächsten vier Jahre werde es notwendig sein, die Zahl der Türken um 50 Prozent zu reduzieren - aber er könne dies noch nicht öffentlich sagen" (geheimes Gesprächsprotokoll v. 28.10.1982, zitiert nach ,Spiegel Online’)22

So ist insgesamt in den 1980er Jahren eine „Unaufgeschlossenheit gegenüber Zuwanderung“ (Seeliger 2013: 59) zu verzeichnen sowie eine im öffentlichen und politischen Diskurs geführte Markierung des Terminus Migration mit Begriffen wie ,volle Boote’ und ,Ausländerfluten’ festzustellen (vgl. Weber-Menges: 137). Ferner ist der negativ konnotierte Neologismus ,Asylant’ auf diese Zeit zurückzuführen (vgl. Thränhardt 2006: 276). Der Diskurs richtete sich dabei im weitesten Sinne gegen Asylbewerber und Türken. Auch hier ist ein Gesprächsauszug zwischen Thatcher und Kohl ein Beleg des geführten Diskurses:

"Deutschland habe kein Problem mit den Portugiesen, den Italienern, selbst den Südostasiaten, weil diese Gemeinschaften sich gut integrierten [...] [a]ber die Türken kämen aus einer sehr andersartigen Kultur. [...] Deutschland habe 11 Millionen Deutsche aus osteuropäischen Ländern integriert. Aber diese seien Europäer und stellten daher kein Problem dar" (geheimes Gesprächsprotokoll 28.10.1982, zitiert nach ,Spiegel Online’)

Terkessidis (2000: 30) sieht auch in der „behördliche[n] Übertreibung der negativen Folgen der Ansiedlung von Migranten [...] [sowie in] der Sorge über die angebliche Asylantenflut zu Beginn der achtziger Jahre [die Ursache] einer allgemeinen Aufheizung der Stimmung in der Bundesrepublik“.

Die Forschungsergebnisse der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) belegen diese Sorgen der Mehrheitsgesellschaft: So wollten im Jahre 1980 rund 39% der befragten Menschen aus der Bundesrepublik Deutschland den ,Gastarbeitern’ eine politische Betätigung untersagen. 38 % plädierten dafür sie bei Arbeitsplatzknappheit in ihr Herkunftsland zurückschicken und 33 % der Befragten gaben an, die Migranten sollten sich ihre Ehepartner innerhalb ihrer eigenen Ethnie heraussuchen (vgl. Geißler 2014: 297). Insgesamt ist bis zum Jahr 2010 die Akzeptanz von Migranten langsam angestiegen. So hat sich anhand der Umfragen im Jahr 2010 (ALLBUS) der Prozentsatz der Befürworter der oben bereits genannten Fragen auf 18% (Ost 24 %), 11 % (Ost 30 %) und 9 % (Ost 19 %) verringert (vgl. ebd.: 297).

Seeliger (2013: 59f) weist auf die Korrespondenz der „Abwehrphase“ nach Geißler (2014) sowie den etwa im selben Zeitraum auftretenden Trend der ,Selbstanerkennung' der deutschen Mehrheitsgesellschaft (Schildt/Siegfried 2009: 403, zit. nach: Seeliger 2013: 59f) in Form eines „positiven Bezug[s] auf die Nation“ (Seeliger 2013: 60) hin. Diese Selbstanerkennung als eine „imaginierte Gemeinschaft“ (Anderson 2005, zit. nach: Seeliger 2013: 60) bedeutete jedoch keinesfalls eine Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabechancen für Migranten und deren Nachkommen. Umfragewerte aus dem Jahr 1980 belegen mit 15 % die geringen sozialen Kontakte (Freundschaft, Bekanntenkreis) zwischen Ausländern und Westdeutschen (vgl. Geißler 2006: 246) und können als Nachweis ethnischer Segmentierung zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den ethnischen Minderheiten verstanden werden. Aus dieser sozialräumlichen Segregation der Ethnien könne nach Yildiz (2007: 35) ein Prozess „einer Fremd-Ethnisierung durch die Einheimischen und einer Selbst-Ethnisierung der Migranten“ festgestellt werden, der als Ursache als auch als Folge interpretiert werden kann.

Gemäß unterschiedlichen Studien ergibt sich, dass Distanziertheit und Feindlichkeit gegenüber Minderheiten in einem besonderen Maße mit verschiedenen Faktoren korrelieren (Arbeitslosigkeit, Schichtzugehörigkeit, Alter, Wohnort). So bestätigten die deutschen Ergebnisse der Studie die Kontakt-Hypothese, welche Toleranz und Aufgeschlossenheit gegenüber Migranten als Ergebnis persönlicher Erfahrungen und Kontakt mit Migranten versteht (vgl. Geißler 2014: 297).

Anhand einer Befragung von in Deutschland lebenden Migranten im Jahre 2010 geben rund zwei Drittel der Befragten Personen an mit keinerlei Benachteiligungen in den Bereichen Schule/Ausbildung, Arbeitssuche/Arbeitsplatz sowie Behörden/Ämter konfrontiert gewesen zu sein im Bereich der Nachbarschaft sind es rund 75 %. Hingegen gaben 10-11 % starke Diskriminierungserfahrungen für die Bereiche Schule, Ausbildung und Arbeitssuche und 5 % für den Bereich Nachbarschaft an (hierbei am häufigsten vertreten sind türkische Migranten sowie deren Nachkommen aus der Türkei). 95 % der befragten Migranten fühlen sich dabei in Deutschland sehr wohl oder eher wohl (vgl. SVRIM 2010, 46ff).

Geißler knüpft die „ Akzeptanzphase “ (Geißler 2014: 275, Hervorhebung im Orig.) an den Regierungswechsel 1998, der sich durch eine Akzeptanz der Zuwanderungssituation und eines damit zusammenhängenden Problembewusstseins und daraus resultierenden Handlungsbedarfes kennzeichnen lässt, die weite Teile der Politik, in unterschiedlicher Auslegung, akzeptiert und umzusetzen versucht haben (doppelte Staatsangehörigkeit, 2005 Zuwanderungsgesetz, Islamkonferenzen, Integrationsgipfeln). Dabei sei auch im öffentlichen Diskurs zum Thema Migration eine Veränderung von der Leugnung Deutschlands als Einwanderungsland hin zu einem Diskurs „über das Wie der als notwendig anerkannten Migration und Integration“ festzustellen (Geißler 2010, zitiert nach: Geißler 2014: 277). Dennoch blieb beispielsweise „die Kulturpolitik auf allen Ebenen immer eine Kulturpolitik »für Ausländer«. Die tatsächliche Vielfalt der Gesellschaft fand keinen Niederschlag im allgemeinen kulturpolitischen Feld, sondern die Kulturpolitik für Migrantinnen wurde diesem Feld stets nur hinzuaddiert“ (Terkessedis 2002: 173).

Anhand der vorgestellten Forschungsergebnisse der 1980er Jahre lässt sich somit konstatieren, dass die HipHop-Kultur in Deutschland im historischen Kontext von Marginalisierungs- und Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte verstanden werden muss. Die Gründe für die hohe Attraktivität von HipHop für Jugendliche mit Migrationsgeschichte sind dabei vielschichtig. HipHop benötigt 'in der Ausführung' keine kostenaufwendigen materiellen Voraussetzungen sowie keine speziellen Räumlichkeiten. Zudem liefert HipHop-Kultur im Hinblick auf Marginalisierungserfahrungen ein Stück symbolischer Gestaltungsmacht und die Chancen von Selbstverwirklichung (vgl. Klein/Friedrich 2003: 38ff).

„Interessanterweise führte die soziale Situation zahlreicher an der HipHop-Kultur maßgeblich beteiligter Akteure anfangs zu einer Ablehnung der deutschen Sprache als Ausdrucksform. [.] Es erscheint naheliegend diese Entwicklung mit der vorherrschenden Integrationssituation der zweiten MigrantInnengeneration in der BRD in Verbindung zu bringen“ (Seeliger 2013: 61).

4.4.3 Diskurs um männliche Jugendliche mit Migrationsgeschichte

In den vorangegangen Kapiteln wurde bereits die Migrationsgeschichte der BRD aufgeführt und in einen Zusammenhang mit der Entstehung von HipHop-Kultur gesetzt. Dabei sind Probleme bei der Zuwanderung wie beispielsweise eine ökonomistische Sichtweise von Migranten und u.a. daraus folgender negativer Migrationsphänomene wie Marginalisierung und Stigmatisierung charakteristisch. Zielführend in diesem Kapitel ist das Aufzeigen des geführten Migrationsdiskurses, welcher sich durch Skandalisierung und negativen Markierungen kennzeichnet. Im Anschluss soll der Zusammenhang des gesellschaftlichen Repräsentationsregimes mit der Figur des Gangsta-Rappers skizziert werden. Im Besonderen sei hier die Bedeutung der Massenmedien als Teil der Kulturindustrie erwähnt, die „nicht nur Selbstbeschreibungen der Gesellschaft anfertigen, Wissen archivieren, eine gesellschaftsweit gleichförmige Realität vermitteln und als ent-/bezaubernde Unterhaltungsindustrie dienen, sondern auch mittels moralischer Kriterien und Beobachtungsweisen die Gesellschaft (über sich selbst) alarmieren. Sie informieren in der Form des Skandals über gesellschaftsstrukturelle Missstände, Normverstöße, Wertverletzungen und beunruhigende Realitäten (Ziemann 2006: 72, Hervorhebung im Orig.).

Im Kapitel zur Popkultur bereits eingeleitet, kann den Massenmedien, als Teil der Kulturindustrie, ein sinnstiftender Charakter zugeschrieben werden, der sich durch Macht (im Sinne Bourdieus vor allem ökonomisches und symbolisches Kapital) sowie durch die symbolische Repräsentation konstituiert. Die Wirkungsweise dieser kulturellen Repräsentationen, bei denen es in der Wirkung um Deutungsmacht geht, hängt auch von der Interpretation der Empfänger ab (vgl. Kapitel ,Popkultur', s.a. Seeliger 2013: 29).

Dabei folgert der Autors dieser Arbeit, dass die von Ziemann bezeichneten 'Informationen über die Vermittlung einer gleichförmigen Realität' sich als Inhalte bestimmter Diskurse konstituieren, die im Sinne Foucaults zur Strukturierung gesellschaftlicher Machtverhältnisse beitragen, indem Sie „Verhalten und (andere) Diskurse induzieren“ (Jäger 2009: 249).

„Der Diskurs als ganzer ist die regulierende Instanz; er formiert Bewußtsein [sic] insofern als Diskurs als 'Fluß [sic] von Wissen' bzw. 'sozialen Wissensvorräten durch die Zeit' funktioniert, schafft er die Vorgaben für die Subjektbildung und die Strukturierung und Gestaltung von Gesellschaften. Die verschiedenen Diskurse sind eng miteinander verflochten und miteinander verschränkt“ (Jäger 2006: 86).

Bei der Betrachtung des Mediendiskurses im Kontext von Migration ist es notwendig die auftretenden Markierungen, Erklärungsmodelle sowie Verschränkungen zu anderen Diskursen zu berücksichtigen, da diese das hegemoniale Bild eines (jugendlichen) männlichen Migranten, also das gesellschaftliche Wissen über diesen, konstruieren und aufrechterhalten.

„In den Vordergrund treten Skandalisierungen, welche zu negativen Zuschreibungen einzelner Gruppen und damit zu deren Einschränkung von Handlungsspielräumen, aber auch zu Stigmatisierungsprozessen und damit zu einer Verschlechterung gesellschaftlicher Teilhabechancen führen“ (Reutlinger 2009: 286).

Seeliger konstatiert in Bezug auf das Bild von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte „eine Dynamik, die sich mit Foucault (1978) als Effekt eines spezifischen Dispositivs“23, d.h. eine Ansammlung von Auswahlmöglichkeiten an gültigem Wissen über Jugendliche mit Migrationshintergrund manifestiert. Dieses gültige Wissen über die ,Gruppe der Migranten’ wird durch Diskurse produziert sowie reproduziert und beeinflusst das Verhalten der Subjekte.

Als zentraler Ausgangspunkt der medialen Debatten im Bereich Migration kann das Thema Islam angesehen werden, das im deutschen Kontext „seine Virulenz aus der jeweiligen Kopplung mit Diskursen über Innere Sicherheit, Freiheitsrechte, Sozialstaat, Integration und 'Problembezirke'“ (Friedrich/Schultes 2013: 1) bezieht. Für die vorliegende Arbeit ist es ausreichend den Mediendiskurs seit dem 11. September 2001, als ein prägendes Ereignis für (inter-)nationale Diskurse in Deutschland, über Innere Sicherheit sowie über Migration bzw. Integration kurz zu umreißen um anschließend der Frage nachzugehen worin die zentralen Aussagen dieser Diskurse bestehen und welche diskursiven Effekte durch Verschränkung, also dem Zusammenwirken verschiedener Diskurse, dabei zu erkennen sind. Zur Vollständigkeit ist zu erwähnen, dass auch weit vor dem 11. September 2001 (1978/1979, Geißler 2010: 267ff) eine stigmatisierende Berichterstattung in den Medien festzustellen ist, die sich im Laufe der Zeit immer mehr verschärft hat (vgl. Seeliger 2013: 88).

4.4.4 Diskurs ,Innere Sicherheit’

„Ausländer begehen häufiger Straftaten als Deutsche“ - Diese Aussage wurde im Jahr 2006 nur von 36% der Westdeutschen und 31% der Ostdeutschen abgelehnt. Kriminalstatistiken belegen jedoch, dass es keinen Unterschied in puncto Gesetzestreue zwischen der Gruppe der Arbeitsmigranten, als Kerngruppe der Ausländer, und der deutschen Mehrheitsbevölkerung gibt. Ferner ist festzustellen, dass die Gruppe der Arbeitsmigranten gesetzestreuer ist als Deutsche mit einem vergleichbaren Sozialprofil (vgl. Geißler 2014: 298). Studien belegen jedoch, dass Gewaltdelikte von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte häufiger begangen werden als von Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung und ferner hier eine erhöhte Zahl an Vielfachtätern festzustellen ist (vgl. Geißler 2014: 298).

Die diskursive Verbindung zwischen Migranten und organisierter Kriminalität kann auf das zentrale Deutungsmuster des Migrationsdiskurses der 1990er Jahre (vgl. Friedrich/Schultes 2013: 7) zurückgeführt werden und findet seine Ausprägung u.a. in oben erwähnten Umfragewerten. Aktuellere Diskursanalysen im Kontext von ,Parallelgesellschaften’ und ,Ghettos’ zeigen, dass ,gewöhnliche’ Kriminalität eher als Probleme von bestimmten Bezirken sind als eine allgemeine Sicherheitsbedrohung verstanden werden (ebd.: 7).

„In den hegemonialen Diskursen der deutschen Gesellschaft werden männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund vor allem als 'Problemfälle' thematisiert, als Verursacher von Gewalt und Kriminalität, als Integrationsverweigerer oder als Schulversager“ (Huxel 2008: 66).

'Der Spiegel' als das auflagenstärkste wöchentlich erscheinende Magazin24 in Deutschland soll hier beispielhaft für den Migrationsdiskurs angeführt werden. Im Jahr 2008 titelte eine Ausgabe von 'Der Spiegel' (2/2008): „Migration der Gewalt. Junge Männer - die gefährlichste Spezies der Welt“ und beschrieb im Leitartikel den Angriff zweier Jugendlicher mit Migrationshintergrund auf einen Mann in den Anlagen der Münchener Stadtbahn. 'Der Spiegel' verknüpfte in seinem Artikel das Gewaltverbrechen mit dem Erklärungsmodell von Männlichkeit und einer bestimmten Ethnizität. Eine gegebene oder in naher Zukunft auftretende Bedrohung der öffentlichen Ordnung durch eine ('dem deutschen Leser fremde') Kultur wurde suggeriert (vgl. Seeliger/Knüttel 2010: 404). In diesem vorliegenden Beispiel wird die krisenorientierte Gewichtung, die Skandalisierungs- und Dramatisierungstendenz im Mediendiskurs sowie die dort angewandten, angebotenen und vor allem zu kurz greifenden Erklärungsmodelle deutlich. Huxel weist ferner auf ein problematisches Kulturverständnis in sozialwissenschaftlicher Wissensproduktion im Kontext einer vermeintlichen durch Kultur/Ethnizität bestimmten Männlichkeit hin:

„[Die Kultur, C.A.] wird als essentialistische, aus der nationalen, regionalen, oder auch sozialen Herkunft unweigerlich folgende und nahezu unveränderbare Größe betrachtet, welche das Verhalten der „ethnisch Anderen“ bestimmt. [...] Kultur wird so zur einzigen Erklärung für das Verhalten junger Männer mit Migrationshintergrund. Andere Differenzlinien wie Klasse, Alter, aber auch Geschlecht als eigene, wirkmächtige Kategorien geraten dabei aus dem Blick“ (Huxel 2008: 68).

So beschreibt auch Schiffer eine negative Darstellung von Muslimen im Mediendiskurs, die u.a. durch den 11. September 2001 deutlich zugenommen hat und sich durch Markierungen wie z.B. Terrorismus sowie einer Zunahme an „Schuldzuweisungen gegenüber Muslimen für verschiedene Untaten“ äußert (Schiffer 2005: 26). Anhand eines Beitrags in der 'RBB- Abendschau' des damaligem Berliner Innensenator Erhardt Körting im Kontext von Terrorwarnungen im Oktober 2010 sind diese Markierungen sowie die Verschränkung von Islam- und Sicherheitsdiskurs deutlich erkennbar:

„Wenn wir in der Nachbarschaft irgendetwas wahrnehmen, dass da plötzlich drei etwas seltsam aussehende Menschen eingezogen sind, die sich nie blicken lassen oder ähnlich und die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen, die wir nicht verstehen, dann sollte man glaube ich, schon mal gucken, dass man die Behörden unterrichtet“ (Körting 2010, zitiert nach Friedrich/Schultes 2013: 8).

Das Binär-Konstrukt 'Wir - die Anderen' verstärkt dabei den Fremdheitscharakter und wird mit Symbolen verknüpft (Sprache, soziale Teilhabe und Aussehen), die zu einer vermeintlichen Identifikationsmöglichkeit anhand äußerlicher Merkmale verhelfen soll (vgl. Friedrich/Schultes 2013: 8).

4.4.5 Migrationsdiskurs

Zentrales Merkmal des Integrationsdiskurses ist die hierarchische Fokussierung einer fremden Kultur, die sich an die Mehrheitsgesellschaft anpassen und eingliedern müsse. Ferner wird der durch die immer wieder neu im Diskurs konstruierten Fremdheit ein 'Wir' gegenübergestellt, das die Anpassungsrichtung vorgibt und zum Erhalt einer „kulturellen Dominanz der Mehrheitsgesellschaft“ (Friedrich/Schulte 2013: 14) dient.

„Im Grunde birgt der Begriff der Integration stets eine negative Diagnose. Es gibt Probleme, und die werden verursacht durch die Defizite von bestimmten Personen, die wiederum bestimmten Gruppen angehören. Der Ausgangspunkt ist dabei immer die Gesellschaft, wie sie sein soll, und nicht die Gesellschaft, wie sie ist“ (Terkessidis 2010: 9).

Dabei steht die Gruppe der als muslimisch markierten Menschen im Mittelpunkt des Migrationsdiskurses. Aus dieser Verbindung entsteht eine Gleichsetzung der Begriffe Migrant und Muslim (vgl. Friedrich/Schulte 2013: 14). Die bereits im Kapitel über die Migrationsgeschichte der BRD aufgezeigten Bezeichnungen von überwiegend türkischen Migranten, je nach historischer Phase, können mit der momentan hegemonialen Bezeichnung 'Muslim' ergänzt werden (vgl. ebd.: 14).

4.4.6 Antisemitismusdiskurs um muslimische Migranten

Neben der medialen Berichterstattung finden auch in populärwissenschaftlichen Beiträgen Stigmatisierungen mit Hilfe einer Konstruktion von 'Wir' und 'die Anderen' statt. So beschreibt beispielsweise Matthias Küntzel (2007) einen 'muslimischen Antisemitismus' als die größte Herausforderung unserer Zeit und stützt seine Aussage dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2005 der Alice-Salomon-Fachhochschule. Diese Studie hat jedoch keinen repräsentativen Charakter (was die Verfasser selbst betonten) und genügte nicht den wissenschaftlichen Standards; die Durchführung erfolgte im Rahmen eines Werkstattprojekts des ersten und zweiten Semester des Studiengangs Soziale Arbeit. Die Studierenden führten Interviews in verschiedenen Jugendfreizeiteinrichtungen in Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg zum Thema Judenfeindschaft durch und erhielten dabei Antworten, die eine Feindschaft gegen Juden in einem breiten Spektrum belegte (vgl. Stender 2008: 286).

Die 'Berliner Zeitung' vom 01.07.2005 leitete aus den Ergebnissen des Werkstattprojekts ab, dass „Kinder und Jugendliche aus islamischen Ländern oft eine bereits feste antisemitische Haltung haben“. Ähnliche Berichterstattungen waren in der 'Taz' sowie im 'Tagesspiegel' zu lesen. Der politische Diskurs reagierte mit der Förderung von Modellprojekten gegen „Antisemitismus bei jugendlichen Migranten/innen“ und setzte diese im Bundesprogramm „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ um (vgl. ebd.:287). In einem Konzeptpapier des Bundesprogramms wird der Bedarf wie folgt begründet:

„Vor dem Hintergrund des eskalierenden Nahostkonflikts und nach den Attentaten des 11. September sind antisemitische Tendenzen auch bei Migrant/innen verstärkt ins Blickfeld geraten. Angesichts dieser Entwicklungen sind zum einen neue konzeptionelle Zugänge zu entwickeln und zu erproben, die den spezifischen Erfahrungen, historischen Bezügen und ideologischen Orientierungen junger und insbesondere muslimischer Migrant/innen Rechnung tragen“ (BMFSFJ 2006: 8).

Die Finanzierung verschiedener Modellprojekte begann im Januar 2007. Dabei konnte sich das Bundesministerium beim oben beschriebenen Bedarf auf keine wissenschaftliche Untersuchung berufen, die diesen Bedarf hätte nachweisen können (vgl. Stender 2008: 287). Folge dieser kulturalisierenden Problemwahrnehmung ist die Stigmatisierung von als muslimisch markierten Menschen, welcher eine Konstruktion zu Grunde liegt, die den Islamdiskurs und den dort zu verortenden , antimuslimischen Rassismus'25 nährt (vgl. Stender 2008: 287). Mit der pauschalisierenden Bezeichnung eines muslimischen Antisemitismus wird die heterogene Gruppe der Muslime als Einheit erfasst und ein Zusammenhang zwischen Islam und Antisemitismus hergestellt, der in Form der Migranten (also den Muslimen, wie weiter oben schon angeführt) eine Bedrohung im 'eigenen' Land darstellt. Stender stellt dabei den Zusammenhang zwischen der historischen Verantwortungsübernahme der BRD als postnationalsozialistische Gesellschaft und der Zuschreibung eines 'muslimischen Antisemitismus', der als „Entlastungsmechanismus“ (ebd.: 287) für die Mehrheitsgesellschaft bezeichnet werden kann. Das gesellschaftliche Problem des Antisemitismus wird mit Hilfe des Binär-Konstruktes 'Wir - die Anderen' externalisiert wobei erst durch den Prozess des othering 26 die Anderen geschaffen werden. Dies kann als Ausgrenzungspraxis interpretiert werden und kann somit das Gefühl von Exklusion qua Migrationsdiskurs der Migranten stärken (vgl. Stender 2008: 286f). Deutlich wird der Prozess des othering an der vermeintlichen Lokalisation von Antisemitismus in Deutschland. Weitestgehend wird hier von einem Antisemitismus der Migranten gesprochen, wobei, wie anfangs schon erwähnt, die Gruppe der Migranten mit 'muslimisch' gleichgesetzt wird. Es wird somit nicht von einem Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft gesprochen, sondern das Problem wird einer bestimmten (heterogenen) Gruppe angeheftet und ethnisiert. Messerschmidt sieht darin einen ,kolonialen Charakter’:

„Es wird ein Wissen über Andere produziert, über deren Defizite und ihren Mangel an Aufklärung, gegenüber dem man sich selbst als fortschrittlich betrachten kann“ (2006: 164).

Die gemachten Ausführungen sollen nicht das Problem von antisemitischen Tendenzen in der Migrationsgesellschaft verharmlosen. Es soll vielmehr das im Diskurs hegemoniale Bild eines jugendlichen Migranten aufzeigen und die zugrunde liegenden diskursiven Effekte herausstellen. Dabei ist der Ausschnitt des diskursiven Zustands, lediglich eine Momentaufnahme eines bestimmten Fragments im gesellschaftlichen Kommunikationsprozess - ein Ausschnitt des Repräsentationsregimes. Hierbei sollen die Mitglieder der Minderheitsbevölkerung mit Migrationsgeschichte nicht als wehrlose Opfer eines Diskurses oder als Täter eines 'Neuen Antisemitismus' dargestellt werden. Vielmehr ist die Erkenntnis ihrer Position im sozialen Raum im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Machtstrukturen Gegenstand des Interesses.

„So sind Repräsentationen als eingebettet in spezifische Diskurse zu begreifen, also in Gruppen von Aussagen, die eine Sprechweise über etwas zur Verfügung stellen. Versteht man Diskurs somit als sozialkulturelle Regulation der Kommunikation über etwas, sind auch mediale Repräsentationen als diskursiv reguliert zu begreifen: Mediale Repräsentationen sind jenseits diskursiver Formationen nicht zu fassen“ (Hepp 2004: 275).

4.4.7 Kulturelle Repräsentation des Gangsta-Rap und diskursive Zusammenhänge

„Ich ficke RTL, diesen Hurensohn-Sender [...] Ich wünsche allen bei der BZ - und bei DSDS 'n positiven Aids-Test“ (Song: 'Messerstecherei' , Album: 'Sonny Black', Künstler: 'Bushido', Jahr: 2014).

Die Aufwertung der Rap-Persona im Rahmen einer „Kunst der Selbstinszenierung und Selbsterhöhung“ (Klein/Friedrich 2003: 39) kann als ein wesentliches Element der Gangsta­Rap-Kultur beschrieben werden. Die Aufwertung findet dabei meist über die Abwertung anderer Personengruppen in Form bereits „gesellschaftlich verbreiteter Exklusionslinien wie der Stigmatisierung (meist männlicher) Homosexualität oder Misogynie“ statt (Seeliger 2013: 93). Ferner wird ein nach einem Klassenmodell und stereotypen Lebenslagen fiktives oder konkretes Feindbild kreiert.

Seeliger konstatiert „interpretatorische Schwierigkeiten“ bei der Analyse von Texten aus dem Gangsta-Rap, die sich aus starken Übertreibungen sowie Glorifizierungen der Inhalte ergeben. Dabei liegt die Schwierigkeit u.a. darin begründet, dass für den Rezipienten oft nicht erkennbar ist, was Realität und was Fiktion ist bzw. wann inszenierte Realität als funktionales Element zur Selbstinszenierung oder Selbstaufwertung genutzt wird (vgl. Seeliger 2013: 93f, s.a. Klein/Friedrich 2003).

Die bereits im Kapitel über Migration und HipHop herausgearbeiteten sozialen Folgen von (ethnischer) Segmentierung zwischen der Mehrheitsgesellschaft und ethnischen Minderheiten äußern sich in einem segregiertem Leben in bestimmten Stadtteilen u.a. durch Marginalisierungserfahrungen, schlechte Bildungschancen und Kriminalität. Der Hintergrund der Stadt bzw. der durch Segregation geprägten Stadtteile erhält in der Inszenierung des Gangsta-Rap einen symbolischen Charakter, der in weiten Teilen der Medien ebenfalls einen diskursiven Niederschlag27 findet und dieses Bild bestätigt und verfestigen kann.

Weite Teile der Gangsta-Rapper weisen eine Migrationsgeschichte auf und geben in ihren Texten an ihre negative Lebenslage und bereits schwierige Biographie sei durch ihren ethnischen Hintergrund innerhalb der deutschen Mehrheitsbevölkerung determiniert. Dieses zentrale Element einer 'homogenen Gangsta-Rap-Erzählung' findet im öffentlichen Diskurs einen essenzialisierenden Niederschlag und bewirkt, dass Gangsta-Rap in der Öffentlichkeit meist mit Jugendlichen und Migrationsgeschichte in Verbindung gebracht wird (vgl. Seeliger 2013: 95f). Die Inszenierung der kulturellen Repräsentationen des Gangsta-Rap bildet dabei eine Schnittmenge mit dem in Deutschland geführten „Krisendiskurs um ethnisierte und vergeschlechtlichte Kriminalität und Gewalt von oftmals jugendlichen Tätern“ (Seeliger 2013: 95). So schreiben Loh und Verlan, dass der Weg in den Mainstream junger Migranten gegen Ende der 1990er Jahre erst durch das Bedienen einer Rolle des Bürgerschrecks erfolgreich sein konnte (2006: 28). Güngör geht in der Einschätzung dieses Zusammenhanges noch weiter und begründet die Popularität von Gangsta-Rap in der Erfüllung rassistischer Klischees über (Post-) Migranten (vgl. Güngör 2007).

Die Wechselwirkungen zwischen Migrationsdiskurs sowie anderen verschränkten Diskursen und der kulturellen Repräsentationen von Gangsta-Rap äußern sich in einer Schnittmenge ethnischer Problemzuschreibungen nach einem ähnlichen Muster wie sie bereits im Antisemitismusdiskurs um Jugendliche mit Migrationsgeschichte erörtert wurden. So konstatiert Beck die Nähe beider Symbolwelten:

„Wenn eine Gruppe ein Risiko darstellt, dann verschwinden die Eigenschaften, die sie sonst kennzeichnen, und sie wird durch dieses ,Risiko' definiert“ (Beck 2007: 334).

Terkessidis resümiert:

„Am Ende hat jene Mischung zwischen pädagogischem Bemühen und medialem Einfluss mit Bushido und seinen Kollegen genau den Typ Gangster erzeugt, vor dem sich das Bürgertum fürchtet - nicht zuletzt, weil er als Abbild des gefährlichen kriminellen Ausländerjugendlichen gilt“ (Terkessidis 2010: 197).

Der Zusammenhang zwischen der Persona des Gangsta-Rap und den geführten Mediendiskursen lassen sich anhand verschiedener Beispiele des Gangsta-Rappers 'Bushido' verdeutlichen. Dieser nutzt beispielsweise ,große Interpretationsspielräume', in dem er auf dem Cover seines Albums 'Sonny Black' (2014) sich mit Turban und speziellem Bartwuchs zeigt28 und damit jihadistische Referenzen des Mediendiskurses aufnimmt oder zumindest eine solche Interpretationsrichtung möglich macht.

„Auf dem Bildtitelblatt, seh’ wie Osama aus Jeder kennt mich und dein Obernazi-Großvater auch“ (Song: 'Crackdealer Sound', Album: 'Sonny Black', Künstler: 'Bushido', Jahr: 2014).

Somit ist zu konstatieren, dass 'Bushido' Symbole und Markierungen aus bestimmten öffentlichen Diskursen aufgreift, die mit historischen Ereignissen (im weitesten Sinne mit dem Bezug auf den 11.September 2001) verknüpft sind und diese für die Inszenierung einer bestimmten Inszenierung nutzt.

Ein weiteres Beispiel ist das im Juli 2013 veröffentlichte Video „Stress ohne Grund“ vom Album 'NWA'29 von den Rappern ,Shindy’ und ,Bushido’, das homophobe und misogyne Inhalte sowie Gewaltbeschreibungen gegen diverse deutsche Politiker enthält. Bereits ein paar Tage nach der Veröffentlichung des Musikvideos wurde das gesamte Album von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wegen der Einstufung „zu Gewalttätigkeiten anreizend und in Bezug auf Frauen und Homosexuelle als diskriminierend“30 indiziert. Politiker und Künstler kritisierten in den Medien den Inhalt des Songs. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung.31

Wie wesentlich der Einfluss dieses öffentlichen Diskurses auf die Verkaufszahlen des Rappers ist und mit welcher tatsächlichen Motivation der Song veröffentlicht wurde, bleibt im Rahmen dieser Arbeit Spekulation. Es lässt sich allerdings ein großes öffentliches Interesse an dem Musikvideo belegen: Bereits binnen 48 Stunden nach der Veröffentlichung des Videos auf dem Videoportal 'youtube' konnten zwei Millionen Aufrufe verzeichnet werden.32

Somit werden auch hier Mechanismen zwischen Gangsta-Rap und öffentlichem Diskurs erkennbar und eine Bestätigung und ggf. sogar Steigerung der Authentizität der Persona 'Bushido' im kulturellen Bezugsmuster des Gangsta-Rap ist nahelie Dimensionen von Gangsta Rap und Antisemitismus als Machtressource

5. Machtressource Antisemitismus im Gangsta-Rap

Zur Bestimmung von Antisemitismus als Machtressource im deutschen Gangsta-Rap ist es notwendig im Sinne eines intersektionalen Ansatzes die verschiedenen normativ konstituierenden Elemente von Gangsta-Rap herauszubilden und diese jeweils im Hinblick auf die symbolische Macht von Antisemitismus zu untersuchen. In Anlehnung an das Konzept der Intersektionalität wird in dieser Arbeit berücksichtigt, dass Antisemitismus nicht isoliert an einem normativen Funktionselement der Gangsta-Rap-Kultur analysiert werden kann, sondern die Mehrdimensionalität möglicher Ursachen und Wechselwirkungen von Antisemitismus in der Analyse zu berücksichtigen sind (vgl. Walgenbach 2012: 81 ).

Zu konstatieren sind u.a. folgende konstituierende normative Elemente von Gangsta-Rap: Konstruktion von Authentizität, Normbrechung qua systematisch verbaler Enthemmung, Anerkennung durch Hypermaskulinität sowie die Konstruktion von Ethnizität. Dabei kann im Rahmen dieser Arbeit keine Vollständigkeit dieser Elemente sowie keine Hierarchisierung im Sinne einer 'Konstitutionslogik' erreicht werden. Ebenfalls findet bei der Herangehensweise der Prozess zwischen globaler Produktion von Gangsta-Rap und dessen lokaler Aneignung nicht berücksichtigt werden.

Nach der Darstellung der Migrationsgeschichte der BRD sowie der öffentlichen Diskurse im Zusammenhang mit der Entstehung von Gangsta-Rap ist verdeutlicht worden, dass die Kultur des Gangsta-Rap im Verhältnis zu sozialen Ungleichverhältnissen respektive den Macht- und Herrschaftsstrukturen verstanden werden muss. Die theoretischen Konzepte von Pierre Bourdieu über soziale Ungleichverhältnisse sind somit für die Analyse von Antisemitismus als Machtressource im Gangsta-Rap das passende Instrumentarium. Mit der Anwendung der Theorien Bourdieus sollen skizzenhaft die möglichen Machtstrukturen im 'Kampf um soziale Positionen dargestellt werden. Insbesondere geschieht dies im Hinblick auf Antisemitismus als symbolisches Kapital und dem daraus resultierenden „Multiplikatoreffekt“ (Bourdieu 2005: 64) für andere Kapitalarten.

Für eine analytische Erfassung der Praxisformen von Gangsta-Rap, also auch von Antisemitismus als ein Teil dieser Praxis, lässt sich die Feldtheorie nach Bourdieu heranziehen. Das Feld bezeichnet im vorliegenden Fall den intelligiblen Ort sozialer Praxisformen von Gangsta-Rap, in dem die soziale Positionierung des Akteurs durch folgende Faktoren bestimmt wird: Macht respektive Kapital sowie die feldspezifischen Anforderungen (Kapitalform, Kapitalvolumen, Kapitalstruktur), Strukturverhältnisse innerhalb der Gangsta­Rap-Kultur sowie dem Habitus des jeweiligen Akteurs.

Die erfolgreiche soziale Positionierung wird, wie in den meisten kulturellen Bereichen, auch hier in einem primär ökonomischen Sinne verstanden. Dies ist den angeführten Beispielen der genrespezifischen Vertreter geschuldet als auch dem oftmals im Gangsta-Rap inszenierten Gefühl 'Gangsta-Rap in der Praxis' sei ein Ausweg aus gesellschaftlicher Benachteiligung und Marginalisierung (vgl. Seeliger/Knüttel 2013: 400). Als Strukturverhältnisse der Gangsta­Rap-Kultur können beispielsweise Werte und Normen wie im weitesten Sinne die bereits erwähnten 'Ideal-Eigenschaften' eines HipHoppers, die für eine Teilnahme am Wettkampf um die gewünschte soziale Position eine Voraussetzung bilden, bezeichnet werden. Ferner kann der soziale Akteur, der durch Entsprechung genannter Anforderungen seine soziale Position verteidigt oder verbessern kann, die Feldstrukturen innerhalb gewisser Grenzen verändern bzw. aktualisieren, z.B. in Form der Erweiterung der ,Ideal-Eigenschaften eines HipHoppers; bezogen auf das weite Feld der Popkultur geht es in diesem Fall um Deutungsmacht.

„[...] [I]n der Szene anerkannte Personen [sind] legitimierte Sprecher, um andere bewerten zu können. Sie sind real genug, um darüber zu urteilen, was fake ist“ (Malte/Friedrich 2003: 161, Hervorhebung im Orig.).

So lässt sich zusammenfassend erläutern: Innerhalb der Gangsta-Rap-Kultur finden Auseinandersetzungen um soziale Positionierungen statt. Die Strukturen der Gangsta-Rap­Kultur als auch die dem Akteur innewohnenden, d.h. verinnerlichten Strukturen, sind hierbei von Bedeutung. Dabei ist die Komplementarität des Gangsta-Rappers und der Kultur des Gangsta-Raps zu beachten. Der Gangsta-Rapper ist durch die Erfahrung innerhalb des Gangsta-Raps strukturiert (z.B. durch feldimmanente Regeln) in Form seines 'Gangsta-Rap­Habitus' und dem daraus entstandenen sozialen Sinn (verinnerlichte, nicht bewusst) für angemessene Handlungen hinsichtlich kulturstruktureller Bedingungen. Diese angemessenen Handlungen strukturieren gleichzeitig innerhalb der Gangsta-Rap-Kultur das Feld, in dem die verinnerlichten Erfahrungen in soziale Praxis umgesetzt werden und auf die vorhandenen Strukturen wirken und diese konstituieren.

„Die Struktur des Feldes gibt den Stand der Machtverhältnisse zwischen den am

Kampf beteiligten Akteuren oder Institutionen wieder, bzw., wenn man so will, den Stand der Verteilung des spezifischen Kapitals, das im Verlauf früherer Kämpfe akkumuliert wurde und den Verlauf späterer Kämpfe bestimmt“ (Bourdieu et al. 200: 108).

Die vorangehenden Ausführungen haben die Machtstrukturen und Wechselwirkungen zwischen Akteur und Feld im Allgemeinen dargestellt. Im Folgenden sollen nun die konstituierenden normativen Elemente des Gangsta-Rap im Hinblick auf die symbolische Macht von Antisemitismus untersucht werden. 5.1 Konstruktion von Authentizität „Einzige Mucke, wo man das, was man sagt, auch verkörpern muss“ (Song: ,Rap Ist’ , Album: ,Hallo Welt’, Künstler: ,Max Herre feat. Megaloh’, Jahr: 2012)

Eines der wesentlichen Merkmale von HipHop im Allgemeinen und Gangsta-Rap im Besonderen kann unter dem Begriff der Authentizität zusammengefasst werden. Authentizität kann dabei als „positiv aufgeladenes Konzept“ (Schallehn 2012: 21), das als „direkte Zeugenschaft, persönliche Unmittelbarkeit und schonungslose Wahrhaftigkeit“ (Lautmann 1995: 75) begriffen werden. Der Sinn, den andere Akteure als auch der Akteur selbst seinem Handeln beimisst, ist dabei maßgeblich für den 'Wert' der Authentizität. Klein und Friedrich beschreiben HipHop als eine „Lebenswelt mit einem klaren sozialen Ordnungssystem, festen Regeln, definierten Orten und einem tradierten Normen- und Wertesystem. Sie ist identitätsversprechend und identitätssichernd“ (Klein/Friedrich 2003: 159).

Somit ist es zur Bildung von Authentizität unabdingbar sich am HipHop-kulturellen Regelwerk zu orientieren, dass jedoch „nicht explizit formuliert oder gar schriftlich fixiert, sondern [...] von den Teilnehmern, im Sinne Bourdieus, als eine 'Illusio' akzeptiert [wird]“ (vgl. ebd.: 190). Das Handeln eines HipHoppers im Allgemeinen und eines Gangsta-Rappers im Besonderen wird dabei erst als authentisch empfunden, wenn die Aktivität „an die eigene Lebenssituation anknüpft und/oder von den anderen als Ausdruck der inneren, d.h. tatsächlichen Gefühls- und Empfindungswelt anerkannt wird“ (ebd.: 195).

Die Wichtigkeit von Authentizität beruht auf der Vielzahl an Inszenierungstechniken HipHop­kultureller Praxis (vgl. ebd.: 141). In dieser kulturellen Praxis sind nach Klein und Friedrich die Eigenschaften eines HipHoppers wie folgt zusammenzufassen: „Cool, kollegial, relaxt, leistungsorientiert, diffus politisch, auf Authentizität bedacht, echt“ (ebd.: 195). Dabei wird in der HipHop-Kultur respektive dem Gangsta-Rap nicht zwischen der Persona und dem Selbst unterschieden. Es geht um die Inszenierung von Authentizität, die als ein integraler Modus sozialer Praxis im Feld der HipHop-Kultur verstanden werden kann (vgl. ebd.: 141f). Das Maß der Übereinstimmung zu den genannten 'Ideal- Eigenschaften' bzw. vielmehr die erfolgreiche Inszenierung dieser Eigenschaften im Sinne von Authentizität eines Akteurs bestimmt mit über seine soziale Position. Im Sinne Bourdieus kann hier von der Habitualisierung Gangsta-Rap-kultureller Verhaltensweisen gesprochen werden, die sich in einem sozialen Sinn manifestieren und dem Einzelnen zu einem angemessenen Verhalten verhelfen.

Wie bereits erläutert gehört zur Inszenierung von Authentizität im Gangsta-Rap u.a. eine diffus politische Einstellung des Akteurs (Klein/Friedrich 2003: 195). Die Schilderung persönlicher Benachteiligung sowie Marginalisierungserfahrungen bilden ein wesentliches Element der normativen Text- und Bildwelten bei der Konstruktion von Gangsta-Rap-Images. Die eigene ausweglose Lebenslage wird als durch den Kapitalismus determiniert dargestellt (vgl. Seeliger/Knüttel 2013: 400) und manifestiert sich in der Lebenswelt des Ghettos sowie den eigenen 'Multiproblemlagen'. Antisemitismus liefert in diesem Hinblick eine einfache Erklärung für komplexe Zusammenhänge und ist auf die Widersprüchlichkeiten der heutigen Gesellschaft universell anwendbar. Somit ist der Rapper mit Hilfe dieses kulturellen Wissens sowie ausgestattet mit einem sozialen Sinn für die Angemessenheit solcher Äußerungen innerhalb der Gangsta-Rap-Kultur in der Lage durch Antisemitismus „Ohnmachtsgefühle zu legitimieren und zu verfestigen“ (El-Mafaalani 2012: 436) sowie eine Erklärung der Problematik seiner (inszenierten) Lebenssituation zu präsentieren, „für die man sich nicht verantwortlich fühlt und die man auch nicht selbst verändern kann“ (ebd.: 436). Die Juden als Versinnbildlichung für wirtschaftliche Macht und Kapitalismus werden für die eigenen Probleme verantwortlich gemacht. Des Weiteren kann dem jeweiligen Gangsta-Rapper durch die öffentliche Äußerung antisemitischer Tendenzen die Eigenschaften 'cool und echt' angeheftet werden, da es Wissen vorausgesetzt werden kann, dass antisemitische Äußerungen in der Öffentlichkeit negativ sanktioniert werden. Somit kann der Eindruck entstehen, dass der konkrete Gangsta-Rapper sich in einem solchen hohen Maße authentisch darstellt, dass er genau das sagt was er denkt und die Herrschaftsverhältnisse anspricht. Somit vertritt er zusätzlich Werte wie Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Antisemitismus ist somit als ein kulturelles Kapital anzusehen, denn es ist Ausdruck von vermeintlichem 'Wissen über die Welt'. Gleichzeitig kann es auch als soziales und symbolisches Kapital verstanden werden, denn es hat, gerade durch die öffentliche Äußerung, einen Symbolcharakter im Sinne eines 'Sprechers für die Benachteiligten' und kann identifikationsstiftend und auf die Gemeinschaft fördernd wirken.

5.2 Normbruch qua systematisch verbaler Enthemmung

„Ich ziehe Parallelen und sehe mich als Gruppenleiter im 'Rappen macht frei'-Lager Spätestens im Battle gegen mich muss jeder MC einsehen: „Ich bin ein Versager“ [...] Und das Klassenziel heißt Massenvernichtung von Wack-MCees Maskulin Westberliner Angriffsturmstaffel ist auf der Pirsch und geht über Leichen“ (Song: ‘Bass’, Künstler: ‘Westberlin Maskulin’, Album: ‘Hoes, Flows, Moneytoes’ Jahr: 1997).

Wie in Teilen der Popkultur so geht es auch in Strömungen des Gangsta-Rap um Tabubrüche. Das einleitende Zitat der Gruppe Westberlin Maskulin (Rapper ,Kool Savas’ und ,Taktloss’) ist für dieses Phänomen beispielhaft. Die Rapper benutzen misogyne und sexistische Textinhalte als auch Vokabular mit Referenzen zum Nationalsozialismus. Biskamp merkt jedoch an, dass im vorliegenden Beispiel kein Weltbild als Grundlage dieser verbalen Enthemmungen dient. Vielmehr betitelt er die Inhalte als „Normbruch um des Normbruch Willens“ (Biskamp 2014). Die Texte von Westberlin Maskulin sind somit ein Beispiel für eine systematisch verbale Enthemmung ohne bestimmtes Weltbild oder politischer Positionierung. Vermeintlich ideologische Textstellen werden mit dem Kontext der Rapper in die Sinnlosigkeit geführt. So rappt beispielsweise ,Taktloss’, als Mensch mit afrodeutscher Abstammung: „Ich kooperiere mit dem KKK und quäle Nigga nur so aus Spaß“.33

Systematisch verbale Enthemmungen im Feld des Gangsta-Rap können mit dem Strategiebegriff von Bourdieu verknüpft werden. Wie bereits erwähnt geht es im Feld des Gangsta-Rap, wie in allen anderen sozialen Feldern auch, um die Macht- und Herrschaftsstellung in Form sozialer Positionierungen. Der Strategiebegriff nach Bourdieu beschreibt „Handlungen, die sich objektiv auf Ziele richten, die nicht unbedingt, auch die subjektiv angestrebten sein müssen“ (Bourdieu 1993: 113).

Der Normbruch in Form von Antisemitismus kann dabei als Strategie bezeichnet werden im „Kampf zwischen den Herrschenden und den Anwärtern um die Herrschaft“ (ebd.: 107). Nach Bourdieu gibt es zwei Strategieformen, die sich jeweils aus der sozialen Positionierung ableiten lassen. Die herrschenden Positionen „neigen eher zu Erhaltungsstrategien“ und Positionen mit weniger Kapital [...] (die oft auch die Neuen und damit meist Jüngeren sind) eher zu Umsturzstrategien - Strategien der Häresie“ (Bourdieu et al. 2001: 109).

Der Wandel von der Umsturz- zur Erhaltungsstrategie qua Normbrechung kann anhand des Rappers ,Kool Savas’ kurz skizziert werden. Der Einfluss von ,Kool Savas’ auf die Entwicklung des deutschen Rap im Allgemeinen sowie einer 'Tabubruch-Kultur' im Speziellen kann als wesentlich bezeichnet werden. Er veröffentlichte das erste deutsche Rap-Album, das durch die sexistischen und pornografischen Inhalte den 'Parental-Advisory'34 Aufkleber erhielt. Der Erfolg, der auch auf die bewusste Überwindung hegemonialer Geschmacksgrenzen zurückgeführt werden kann, mündete in einem 'Majordeal' im Jahre 2002 mit dem Album 'Der beste Tag meines Lebens', auf dem die Normbrechungen und Tabubrüche weitaus weniger vertreten waren (vgl. Seeliger 2013: 72f). Wie bereits im Kapitel über die Popkultur erwähnt ist festzustellen dass „der Gestus der Rebellion [...] sich lange Zeit als eines der wirkungsvollsten Marketingkonzepte der Branche“ erwies (Wicke 2011: 11). Es kann somit geschlussfolgert werden, dass die gezielte Normbrechung ein Werkzeug dafür war, den Hörerkreis zu erweitern, mit dem Ziel einer zukünftigen kommerziellen Vermarktung der Musik.

Mit Bezug auf ,Kool Savas' lässt sich der Normbruch als ein Strategiewerkzeug zum 'Umsturz der vorhandenen Herrschaft' des im Kapitel über HipHop beschriebenen humoristisch oder politischen überregional erfolgreichem Rap dieser Zeit beschreiben.

Beim Gangsta-Rapper ,Haftbefehl' ist ebenfalls ein ähnliches Phänomen zu erkennen. Die letzten öffentlichen Äußerungen mit antisemitischer Tendenz sind auf seinem im Januar 2013 veröffentlichtem Album 'Blockplatin' zu verzeichnen und nahmen in der Tendenz der Jahre 2010 bis 2013 ab. ,Haftbefehl' hat im September 2013 einen ,Majordeal' bei Universal unterschrieben.35

Der Normbruch als Funktionselement im Gangsta-Rap entsteht in der sozialen Praxis aufgrund feldinterner Logiken, die dem Gangsta-Rap-Habitus eine bestimmte soziale Position in Aussicht stellen. Dabei konstituieren sich die Logiken des Feldes durch die soziale Praxis des Gangsta-Rappers als auch durch kulturindustrielle Faktoren wie z.B. der Plattenfirma als auch dem Diskus der Medien.

Es ist zu konstatieren, dass antisemitische Äußerungen im Gangsta-Rap, das Merkmal einer genrespezifischen Normbrechung erfüllen und ihnen somit ein Potenzial für eine aufmerksamkeitsbringende Werbemaschinerie inne wohnt. Aufgrund der bereits in der Einleitung beschriebenen öffentlichen Reaktion in Bezug auf antisemitische Äußerungen von Gangster-Rappern kann Antisemitismus als ,Normbruch par excellence' bezeichnet werden, dem eine symbolische Macht inne wohnt.

5.3 Anerkennung von hegemonialer Maskulinität

Das Konzept der hegemonialen Maskulinität kann im Rahmen dieser Arbeit nur ansatzweise erläutert werden. Es „begreift Männlichkeit nicht als eine Eigenschaft der individuellen Person, sondern als in sozialer Interaktion - zwischen Männern und Frauen und von Männern untereinander - (re-) produzierte und an Institutionen verfestigte Handlungspraxis“ (Meuser 1998: 102).

Gangsta-Rap charakterisiert sich u.a. durch eine bestimmte Art des Konstrukts von Männlichkeit, welches mit Merkmalen wie extremer Gewalt, Homophobie und Misogynie verknüpft ist. Dabei ist die Darstellung von Männlichkeit oft eine der zentralen Schwerpunkte in der Text- und Bilderwelt des36 Gangsta-Rap als eine „Männerwelt, von Männern - für Männer“ (Klein/Friedrich 2003: 24).

„Als ich Wind bekam von der freien Meinungsäußerung für Frauen (Hehehe) Ja, da habe ich äußerst dumm geschaut“ (Song: ‘Gangsta Rap Kings’, Künstler: ‘Bushido’ , ‘Farid Bang’, ‘Kollegah’, Album: ‘Sonny Black’, Jahr: 2014)

Offene Konflikte im Rahmen des genrespezifischen Wettbewerbs werden weitestgehend unter Männern ausgetragen. In Anlehnung an das einleitende Zitat von Meuser und in einer Terminologie nach Bourdieu kann daraus gefolgert werden, dass Männlichkeit primär von der Bewertung der Männlichkeit durch andere Männer abhängig ist und mit eine der Koordinaten für die soziale Position im Feld der Gangsta-Rap-Kultur liefert (vgl. Seeliger 2013: 112).

„HipHop reproduziert einen Männlichkeitskult und eine traditionelle Geschlechterhierarchie, in der Frauen Männern untergeordnet sind“ (Klein/Friedrich 2003: 24).

Das in Text und Bild des Gangsta-Rap immer wiederkehrende Muster von der Macht der Männer untergeordneter Frauen steht meist in einem Zusammenhang mit der Degradierung der Frau zum Objekt sexualisierter Gewalt (vgl. Seeliger 2013: 112). So beschreibt Seeliger die männliche Hegemonie als ein „paradigmatisches Ordnungsmuster“ (ebd.:113) weiter Teile der HipHop-Kultur, das sich in einer umfassenden männlichen Konnotation HipHop­kultureller Bestandteile äußert.

Nach der Auffassung von Spindler sind kriminelle Jugendliche mit Migrationsgeschichte durch die Vorstellung von Männlichkeit geleitet, die sich mit den Attributen „stark, mächtig, durchsetzungsfähig und überlegen, auch unter Einsatz von Gewalt“ (Spindler 2007: 124) beschreiben lässt. Auch Seeliger konstatiert, dass die im Feld des Gangsta-Rap angebotenen kulturellen Orientierungsmuster zur Darstellung und Präsentation eines Gangsta-Rap-Images auf dem Attribut der Härte basieren und im Zusammenhang mit den von Spindler beschriebenen Attributen von Männlichkeit zu verstehen sind. Die Auffassung der Akteure einer u.a. durch Härte konstituierenden Männlichkeit ist nach der Feldlogik des Gangsta-Rap notwendig, um als Konsument oder Produzent seine Männlichkeit zu steigern. Dabei dient die Präsentation „schematischer Versionen von Hypermaskulinität“ (Bereswill 2007: 108) der Ausgrenzung von kulturellen weiblichen Attributen.

Konstrukte antisemitischer Vorurteile beinhalten u.a. Weiblichkeit als eine vermeintliche jüdische Eigenschaft. Otto Weininger verband beispielsweise in seinen Werken Juden- mit Frauenhass und schrieb:

„Es bereitet jedem, der über beide, über das Weib und über den Juden, nachgedacht hat, eine eigentümliche Stimmung, wenn er wahrnimmt, in welchem Maße gerade das Judentum durchtränkt scheint von jener Weiblichkeit [...]“( Weininger 1920: 406).

Antisemitische Äußerungen erfüllen im Zusammenhang der mit u.a. Härte konnotierten Männlichkeit im Feld der Gangsta-Rap-Kultur das Mittel der Distinktion und Ablehnung gegenüber den vermeintlich weiblichen Eigenschaften wie Schwäche und Verletzlichkeit. Diese Abgrenzung verhilft zur eigenen sozialen Positionierung aufgrund von Anerkennung anderer Akteure. Im Bourdieuschen Sinne der Kapitalarten ist Antisemitismus als inkooperiertes kulturelles Kapital (in bewusster Form als auch in Form des Habitus) anzusehen und Ausdruck eines antimodernen Weltbildes, dass sich an die im Gangsta-Rap habitualisierte Misogynie anknüpfen lässt. Antisemitismus als eine durch Misogynie entstandene Ablehnung 'der Juden', als vermeintliche Träger weiblicher Eigenschaften, kann in Anlehnung an Bourdieu als symbolisches Kapital bezeichnet werden. Die eigene Männlichkeit wird u.a. durch Antisemitismus inszeniert und definiert sich durch die Anerkennung anderer Männer. Somit kann Antisemitismus als eine symbolische Machtressource für Maskulinität im Gangsta-Rap verstanden werden und kann das Volumen der drei anderen Kapitalien vermehren.

5.4 Konstruktion von Ethnizität

Die Dimension der Ethnizität als ein gemeinsames Element der Entstehungsgeschichte des HipHop bis zum kontemporären Gangsta-Rap sowie dem hegemonialen Bild des gewalttätigen männlichen Jugendlichen mit Migrationsgeschichte konnte bereits in den vorangegangen Kapiteln verdeutlicht werden. Bevor ein Bezug zwischen Gangsta-Rap­Kultur, Ethnizität und Antisemitismus hergestellt werden kann, soll für eine bessere Verständlichkeit die Definition des Terminus ,Ethnizität’ oder ,ethnische Gruppen’ erfolgen.

„Wir wollen solche Menschengruppen, welche aufgrund von Ähnlichkeiten des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinschaft hegen, derart, daß dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftung wichtig wird, dann, wenn sie nicht ,Sippen' darstellen, ,ethnische' Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinschaft objektiv vorliegt oder nicht. Von der ,Sippengemeinschaft' scheidet sich die ,ethnische' Gemeinsamkeit dadurch, daß sie eben an sich nur (geglaubte) ,Gemeinsamkeit ist, wie die Sippe, zu deren Wesen ein reales Gemeinschaftshandeln gehört“ (Weber 1921/1972: 237).

Eine ethnische Gemeinsamkeit konstituiert sich somit im Wesentlichen über die Annahme einer gemeinsamen Abstammung und/oder über die Schnittmenge von ähnlichen Erfahrungen und geschieht nicht willkürlich, sondern wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die im Kapitel über die Migrationsgeschichte der BRD geschilderte soziale Benachteiligung, Diskriminierung und Stigmatisierung ethnischer Minderheiten durch Angehörige der Mehrheitsgesellschaft können hierbei als fördernde Faktoren einer ethnischen Gemeinschaftsbildung gekennzeichnet werden. Auch „gemeinschaftsstabilisierende Infrastrukturen und übergreifende, identitätsfördernde Diskurse“ tragen dazu bei, „dass [sich] ethnisch geprägte Kollektive stabilisieren“ (Seeliger 2013: 115). Somit können die von Seiten der Mehrheitsgesellschaft wirksamen Mechanismen der Exklusion (z.B. soziale Diskriminierung, Segregation) als ein Faktor bei der Bildung und Förderung von ethnischen Gruppen angesehen werden. Auch der bereits beschriebene Migrationsdiskurs sowie weitere verschränkte Diskurse haben hierbei einen wesentlichen Einfluss.

„Durch Rassenkonstruktionen wird Gruppenzugehörigkeit gerade auch dann zugeschrieben, wenn einem askriptiven Merkmal keine ethnische Gruppe 'für sich' entspricht. Zum Beispiel wurden viele Afrodeutsche ebenso wie assimilierte Jüdinnen und Juden erst sekundär durch Rassismus bzw. Antisemitismus zur ethnischen Vergemeinschaftung gezwungen“ (Weiß: 84).

Somit hat die beschriebene soziale Schließung in Anlehnung an Yildiz (2007: 35) eine „Fremd-Ethnisierung“ durch die Mehrheitsbevölkerung zur Folge, die sich in einer „Selbst­Ethnisierung“ der Minderheitsbevölkerung reproduziert. Innerhalb der Rap-Kultur sind zahlreiche Bild- und Textmotive, welche auf das Angehören einer ethnischen Gemeinschaft Bezug nehmen, festzustellen. Der bereits beschriebenen Stigmatisierung von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte im hegemonialen gesellschaftlichen Diskurs wird dabei durch die Betroffenen „ein Rückbezug auf die eigene Gemeinschaft entgegen“ gesetzt (Seeliger 2013: 116).

In den inszenierten Welten des Gangsta-Rap ist es der symbolische Hintergrund eines speziellen Stadtteils, der aufgrund von Segregation für die eigene versinnbildlichte missliche Lage steht. Hierbei wird eine „rhetorische Homogenisierung und Aufwertung der 'eigenen' Kultur“ erkennbar (vgl. ebd.: 116). Auch die Bezeichnung ,azzlack' mit der Bedeutung des ,asozialen Kanacken’ ist eine positive Umdeutung einer zeitweise negativen Bedeutung, die einen ethnischen Bezug hat.

Mit den Ausführungen innerhalb der Kapitel über den Migrationsdiskurs als auch dem Zusammenhang zu kulturellen Repräsentationen im Gangsta-Rap wurde die symbolische Macht von Ethnizität bereits verdeutlicht. Das diskursive skandalisierende Bild eines jungen Migranten kann dabei als 'Regieanweisung' für die Inszenierung einer Persona des Gangsta­Rap bezeichnet werden. Die symbolische Macht von Ethnizität entsteht dabei aus dem Bild eines gewaltbereiten Jugendlichen mit Migrationshintergrund als 'Risikofaktor'. Dieses Bild wird in Anlehnung an die „Selbst-Ethnisierung“ (Yildiz 2007: 35) bei der Inszenierung von Gangsta-Rap aufgenommen und stellt im Sinne Bourdieus symbolische Macht dar, da dieses Bild den Gangsta-Rapper mit vermeintlichen ,Eigenschaften’ beim Publikum ausstattet. Diese symbolische Macht, die sich erst durch die Anerkennung anderer Akteure konstituiert (Schwingel 2009: 92f), wirkt sich auf das soziale Kapital in Form von Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft und gleichzeitiger (ethnischer) Gemeinschaftsbildung positiv aus.

So kann im Hinblick auf den stigmatisierenden Migrationsdiskurs Antisemitismus als ein weiteres diskursives ,Bild’ eines Problemmerkmals der ethnischen Gruppen angesehen werden.

Wie das Bilden eines Gemeinschaftssinns bei dem ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer ethnischen Gruppe aufgrund ähnlicher Erfahrungen entstehen kann so kann der Nahost­Konflikt „entsprechend auch als Projektionsfläche für Marginalisierungserfahrungen der muslimischen Jugendlichen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft dienen“ (El-Mafaalani 2012: 436) Somit wird der Zusammenhang zwischen Marginalisierungserfahrungen und Antisemitismus deutlich. Im Hinblick auf die ethnische Gruppierung kann Judenfeindlichkeit „identitätsstiftend wirken bzw. Zugehörigkeiten und Nicht-Zugehörigkeiten verbindlich machen“ (Niehoff 2010, zitiert nach El-Mafaalani 2012: 43).

„Der Rückbezug auf einen 'realen' Konflikt, der (un-)mittelbare Betroffenheit erzeugt, führt zu einer ernstzunehmenden 'Opferkonkurrenz'“ (Niehoff 2010, zitiert nach El-Mafaalani 2012: 43).

Laut El-Mafaalani äußert sich diese „Opferkonkurrenz“ anhand verschiedener Fragestellungen zu einer vermeintlichen Einseitigkeit der Medienberichterstattung (Dominanz der diskursiven Stellung von Antisemitismus und wenig Beachtung von 'antimuslimischen Rassismus') sowie kritischen Anmerkungen zum schulischen Rahmenplan (Fremdsprachen, Dominanz des Nationalsozialismus, wenig Israel-Palästina-Konflikt) (vgl. El-Mafaalani 2012: 43).

Auf Grundlage dieser Ausführungen kann Antisemitismus mit einer Identitäts- und Zugehörigkeitsfunktion im deutschen Gangsta-Rap gekennzeichnet werden, die den identifikationsstiftenden Charakter von HipHop um eine 'Schnittstelle' erweitert.

Somit kann Antisemitismus im Sinne Bourdieus als symbolische Macht beschrieben werden, die sich in sozialem Kapital äußert, welches sich wiederrum aus einer kulturindustriellen Sicht in ökonomischen Kapital in Form höherer Verkaufszahlen und mehr Konzertbesuchern manifestieren kann. Die symbolische Macht eines antizionistischen Antisemitismus entsteht erst in der Praxis und in der Anerkennung anderer sozialer Akteure, d.h. beispielsweise dass antisemitische Äußerungen auf einem Konzert ein Gemeinschaftsgefühl fördern können und sich Juden z.B. delegitimiert fühlen an diesem Konzert teilzunehmen.

6. Abschließende Betrachtung und Ausblick

In dieser Arbeit wurden die kulturellen Konstitutionsmodi von Gangsta-Rap mit den gesellschaftlichen Ungleichverhältnissen respektive der unterschiedlichen Verfügungsmacht über Kapitalien verknüpft. Im Hinblick auf die Entstehung und Entwicklung der Gangsta­Rap-Kultur wurden als konstituierende Rahmenbedingungen die soziopolitische Situation innerhalb der bundesrepublikanischen Migrationsgeschichte im Allgemeinen sowie die marginalisierten Lebensverhältnisse ethnischer Bevölkerungsanteile im Speziellen dargestellt. Dabei sind die Marginalisierung ethnischer Minderheiten sowie das hegemoniale Bild dieser Minderheiten als Bezugsgrößen kultureller Repräsentationen von Gangsta-Rap einzuordnen. Anschließend wurden ausgewählte Gangsta-Rap konstituierende Elemente dargestellt und in einen Zusammenhang mit Antisemitismus als Machtressource gesetzt. Dabei ergab die machttheoretische Analyse nach Bourdieu, dass Antisemitismus in Form von symbolischer Macht als erfolgreiche Strategie verstanden werden kann, die eigene soziale Positionierung im kulturellen Feld des Gangsta Rap zu verbessern. Der mittels symbolischer Macht entstehende Profit konnte dabei für die drei Kapitalarten (ökonomisch, sozial, kulturell) hergeleitet werden.

Antisemitismus konstituiert sich als symbolische Macht in erster Linie aus der dargestellten historischen Tradition von Judenfeindlichkeit - also streng genommen durch verinnerlichtes kulturell historisches Kapital bzw. einen antisemitischen Habitus. Somit kann konstatiert werden, dass das Feld der Gangsta-Rap-Kultur in Form der feldimmanenten Regeln als auch in Form bereits verinnerlichter Regeln Antisemitismus als Strategie produziert. Gangsta-Rap ist in diesem Fall eine ,kontemporäres Vehikel' für einen an die Zeit angepassten Antisemitismus.

Die symbolische Macht von Antisemitismus unterstützt, im Sinne der Distinktion, die Bildung von Gruppen. Somit transformiert sich die symbolische Macht zu einem sozialen Kapital. Für die antisemitisch Dominanten heißt dies ein positiver Kapitalertrag. Die antisemitisch dominierten sehen sich hingegen mit einer Verringerung des sozialen Kapitals konfrontiert (bei weiterer Verfestigung auch in Bezug auf ökonomoisches und kulturelles). Dabei ist zu beachten, dass im vorliegenden Beispiel dem positiven sozialen Kapitalertrag der antisemitisch Dominanten ein negativer sozialer Kapitalertrag vorangegangen ist - nämlich die Marginalisierung und Stigmatisierung durch die Mehrheitsbevölkerung. Diese Randständigkeit jedoch bildet, so konnte gezeigt werden - wenn auch nur an vereinzelten Beispielen -, auch eine Art symbolisches Kapital im Sinne der Inszenierung von Gangsta-Rap in Anlehnung an das hegemoniale Bild des kriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Somit wurde das Bild von dem Migranten zur 'Blaupause' für die Inszenierung von Gangsta-Rap-Images und Teil eines erfolgreichen Konzeptes von Gangsta­Rap und Kulturindustrie (z.B. Medien und Musiklabels). Die mediale Berichterstattung nutzte das Bild des Gangsta-Rappers fortan als Projektionsfläche für u.a. gescheiterte Integration und hielt das stigmatisierende Bild eines männlichen kriminellen ,Ausländers' in verschiedenen Diskursen aufrecht.

Antisemitismus als Element des Gangsta-Rap ,funktioniert' dabei ähnlich wie andere Elemente der Diskriminierung (beispielsweise Misogynie oder Homophobie), fügt sich homogen in die kulturellen Erscheinungsformen des Gangsta-Rap sowie dem hegemonialen Bild vom männlichen Migranten als ,Risikofaktor' für die öffentliche Sicherheit ein und bildet somit ein zusätzliches Element medienwirksamer Inszenierungen.

Wenn beispielsweise die Rapper ,Fard und Snaga’ in Text und Bild36 in ihrem Song .Contraband’ die gegenwärtigen Herrschaftsverhältnisse der Welt kritisieren und dabei ein dichotomes Erklärungsmuster anbieten, dann kann eine Lesart dieses Phänomens sein, dass der dabei sich manifestierende Antimodernismus und Antisemitismus mit verschwörungstheoretischem Charakter auf den Beinen ökonomisch kapitalistischer Prinzipien der Gewinnmaximierung steht und somit der Antisemitismus beispielsweise als Strategie angesehen werden muss. Diese Strategie kann in einer weiteren Lesart im Sinne Bourdieus als Ergebnis habitueller Muster sowie gesellschaftlicher Strukturen, die im vorliegenden gesellschaftlichen Bereich durch soziale Ausgrenzung und Diskriminierung geprägt sind, interpretiert werden. Diesen Gedanken weitergeführt kann konstatiert werden, dass Gangsta-Rap mit all seinen Elementen und somit auch Antisemitismus als gesellschaftliche „self-fulfillingprophecy“ (Bourdieu 2001: 236, Hervorhebung im Original) interpretiert werden kann.

Der mediale Diskurs um Antisemitismus im Gangsta-Rap charakterisiert sich durch dichotome und undifferenzierte Berichterstattung und schafft damit Realitäten, die u.U. das Rad der Fremd-Abwertung und Selbst-Aufwertung im Sinne einer kolonialen Logik der auf die Minderheitsgesellschaft herab schauenden Mehrheitsgesellschaft weiter antreibt. Für den einzelnen Gangsta-Rapper ist dieser Umstand, wenn er den antisemitischen Bogen’ innerhalb der kulturindustriellen Mechanismen nicht überspannt, sicherlich ein helfendes Vehikel für den Austritt aus persönlichen marginalisierten Verhältnissen. Für die Mehrheit der Minderheit wird dies aber eher nicht der Fall sein.

Die Gefahr antisemitischer Tendenzen im deutschen Gangsta-Rap besteht vor allem darin, dass im Rahmen solcher Äußerungen die Erprobung und Einübung von Judenfeindlichkeit erprobt und innerhalb der betreffenden Gruppen legitimiert wird. Eine weitere Gefahr liegt in der Unterschätzung antisemitischer Tendenzen und einer Bagatellisierung, weil sie im Rahmen einer Gangsta-Rap-Persona ausgesprochen werden und ihnen schnell d politische Weltbild abspricht, da dies ja nur Provokationen auf dem Weg zum Profit seien.

Exemplarisch für eine profitable Wirkung in der Erfüllung von (rassistischen) Klischees innerhalb von Gangsta-Rap-Inszenierungen ist der Albumtitel „Azzlack Stereotyp“ von ,Haftbefehl’, dessen Titel die symbolische Macht askriptiver Merkmale von Migranten treffend beschreibt und für den Künstler selbst ein Meilenstein in Richtung kommerziellem Erfolg darstellte, jedoch auch auf den Rassismus innerhalb der Gesellschaft hinweist.

Fortführend könnte die Bildwelt der Musikvideos im Gangsta-Rap im Hinblick auf symbolische Macht und Antisemitismus untersucht werden, da hier eine weitere Ebene antizionistischer bis antisemitischer Tendenzen erkennbar ist, die textliche Inhalte ergänzt oder losgelöst vom Text eindeutige Weltbilder vermittelt. 37,38

Fortführend bleibt fraglich, inwieweit die beschriebene Ethnisierung als Rassismus zu kennzeichnen ist. Die Bedeutung einer ethnisierenden Verortung von Antisemitismus im Gangsta-Rap respektive bei den Migranten muss im Zusammenhang mit der Kollektivschuldthese einer postnationalsozialistischen Mehrheitsbevölkerung interpretiert werden, denn die Abgrenzung gemäß einer binären Logik von ,Wir’ und ,die Anderen' hat entlastenden Charakter.

Weiter wäre die Bedeutung von Gangsta-Rap im Kontext von Migration und Marginalisierung bei der Entstehung von Antisemitismus von großem Interesse. Insbesondere hinsichtlich der Frage, ob es sich dabei um Interpretationen der eigenen marginalisierten Lebenslage handelt oder man hier von tradiertem Antisemitismus sprechen kann und falls ja, ob dieser europäisch oder außerhalb Europas zu verorten ist.

7. Quellenverzeichnis

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Walgenbach, Katharina: Intersektionalität - eine Einführung. Online im WWW unter URL: http://www.portal -intersektionalität.de [22.06.2014].

[...]


1 Satzkonstrukt mit einer Verbindung von deutsch- und türkischsprachigen Elementen

2 Album: ,Blockplatin’, Künstler: „Haftbefehl’, Jahr: 2013

3 http://www.focus.de/digital/internet/chabos-wissen-wer-der-babo-ist-csu-jungpolitiker-erntet-

4 gelaechter-fuer-wahlplakat_id_3587799.htmlhttp://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/babo-ist-jugendwort-des-jahres-2013-a-935449.html

5 http://check-rap.de/2013/02/haftbefehl-blockplatin-chart-platzierung. Zuletzt aufgerufen am 26.06.2014

6 Album: ,Maske’, Künstler: ,Sido’, Jahr: 2004

7 http://hiphop.de/magazin/news/bushido-geht-dreimal-gold-mit-sonny-black-265252

8 https://twitter.com/bushido

9 Azzlackz steht für ,asoziale Kanacken' und betitelt gleichzeitig das Musiklabel von ,Haftbefehl', welches Künstler wie ,Celo und Abdi' und ,Psyko Veysel' unter Vertrag haben.

10 http://www.welt.de/kultur/musik/article106182968/Kokain-an-die-Juden-von-der-Boerse.htmlhttp://www.youtube.com/watch?v=LWSvoI1dnWI

11 Minute 03:58

12 http://www.rap.de/features/884 [Stand 01.06.2014].

13 Qtub, Said (1906-1966), ägyptischer Kritiker, Schriftsteller, Dichter, gilt als einer der führenden muslimischen Intellektuellen, prägte wesentlich die ägyptische Muslimbrüderschaft.

14 Bourdieu, Pierre Félix (1930-2002), französischer Soziologe. Mit Werken wie die ,Feinen Unterschiede' analysiert Bourdieu das Feld der Macht sowie die Reproduktion der herrschenden Klasse anhand der französischen Sozialstruktur. Weitere kleinere Werke und Aufsätze in zahlreichen Zeitschriften, teils gemeinsam mit anderen Soziologen, ergänzen seine vielfältigen Themenbereiche, die sich oft über den soziologischen bis hin zu literarischen, philosophischen und erziehungswissenschaftlichen Bereich erstrecken (vgl. Schwingel 2009: 15-16).

15 Marx, Karl (1818-1838), Gesellschaftstheoretiker, einer der einflussreichsten Theoretiker des

16 Sozialismus und des Kommunismus

17 Weber, Maximilian Carl Emil (1864-1920), deutscher Soziologe

18 Im Zuge der ,Strategie 18' eingesetztes Wohnmobil als ein neues Element im FDP- Bundestagswahlkampf für das Jahr 2002. Guido Westerwelle bewarb die Strategie. Siehe auch: URL: http://www.rp-online.de/politik/das-guidomobil-kommt-westerwelle-campt-vor-kanzleramt- aid-1.2255930 [01.06.2014].

19 Kampagne und Teil des Straßenwahlkampfes der SPD zur Landtagswahl 2012

20 in Nordrhein-Westfalen. Siehe auch: URL: http://www.freitag.de/autoren/ waschi/wahlkampf-in-nrw-currywurst-ist-spd [01.06.2014].

21 Hall, Stuart Mc Phail (1932 - 2014), britischer Soziologe, einer der Begründer und Hauptvertreter der ,cultural studies’.

22 Auf die Begriffsproblematik des ,Gastarbeiters’, welche in Verbindung mit der staatlichen Absicht einer zeitlich befristeten Aufenthaltsdauer verstanden werden muss und damaligen Migranten als Gäste bezeichnet, welche nach verrichteter Arbeit wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden.

23 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/kohl-wollte-jeden-zweiten-tuerken-in-deutschland- loswerden-a-914318.html

24 Foucault definiert den Begriff des Dispositiv als „ein entschieden heterogenes Ensemble, das Diskurse, Institutionen, architekturale Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen, wissenschaftliche Aussagen, philosophische, moralische oder philanthropische Lehrsätze, kurz: Gesagtes ebensowohl wie Ungesagtes [...]. Soweit die Elemente des Dispositivs. Das Dispositiv selbst ist das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft werden kann“ (Foucault 1978: 119-120).

25 Das Magazin,Der Spiegel’ verkaufte im Jahr 2013 durchschnittlich 875.221 Ausgaben pro Woche.

26 Siehe auch: URL: http://www.spiegelgruppe.de/spiegelgruppe/home.nsf/Navigation/

27 C226C5F6118D70E0C12573F700562F49?OpenDocument [01.06.2014].

28 In Anlehnung an Shooman (2011) wird hier nicht der Begriff der ,Islamophobie' verwendet, welcher eine quasi-natürliche Abwehrreaktion impliziert, die sich nur gegen »den Islam« zu

29 richten scheint. Der Terminus ,antimuslimischer Rassismus’ macht dabei auf die Prozesse der Rassifizierung aufmerksam.

30 Begriff für eine abwertende Differenzsetzung. Geprägt wurde der Begriff hauptsächlich in den cultural studies und den postcolonial studies.

31 Beispielhaft seien hier die Bücher von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“ (2010) und Heinz Buschkowsky „Neukölln ist überall“ (2012).

32 http://juice.de/review-bushido-sonny-black/

33 Song: 'Stress ohne Grund', Album: 'NWA', Künstler: 'Bushido', ‘Shindy’, Jahr: 2013.

34 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien http://www.bundespruefstelle.de/bpjm/ service,did=207626.html

35 http://www.spiegel.de/kultur/musik/wowereit-erstattet-anzeige-gegen-bushido-a-911248.html

36 ebd.

37 Song: ,Bass’, Künstler: ^Westberlin Maskulin’, Album: ,Hoes, Flows, Moneytoes’. Jahr: 1997.

38 engl. für ,Hinweis für Erziehungsberechtigte

Fin de l'extrait de 61 pages

Résumé des informations

Titre
Antisemitismus im deutschen Gangsta-Rap. Antisemitismus als symbolische Machtressource
Université
Protestant University of Applied Sciences Berlin
Note
1,0
Auteur
Année
2014
Pages
61
N° de catalogue
V993053
ISBN (ebook)
9783346361912
ISBN (Livre)
9783346361929
Langue
allemand
Mots clés
antisemitismus, gangsta-rap, machtressource
Citation du texte
Christoph Kuhnt (Auteur), 2014, Antisemitismus im deutschen Gangsta-Rap. Antisemitismus als symbolische Machtressource, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/993053

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