Das Selbstkontrollmuskel-Modell nach Roy Baumeister. Training der Willenskraft und Chancen für die Leistungsfähigkeit?


Essay, 2020

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Anlass der Arbeit
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Die Definition des Begriffs Kognition
2.2 Die Definition des Begriffs Selbstkontrolle
2.3 Die Definition des Begriffs Willenskraft

3 Das Selbstkontrollmuskel-Modell
3.1 Erläuterung des Modells von Roy Baumeister
3.2 Hypothetische Beispiele des Muskeltrainings im beruflichen Kontext
3.3 Wissenschaftliche Kritiken zum Modell
3.4 Die moderne Neuauflage des Modells

4 Kritische Reflexion
4.1 Reflexion der Vorgehensweise und der Methodik
4.2 Reflexion der Arbeit und der Ergebnisse

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Leistung der Mitarbeiter gilt als eine entscheidende Einflussgröße für den wirtschaftlichen Erfolg von betriebswirtschaftlichen Organisationen und Unternehmen.1 Aus diesem Grund sind auch viele Managementaktivitäten speziell darauf ausgerichtet, eine hohe Produktivität der Mitarbeiter sicherzustellen. So werden bereits in der Personalbeschaffung leistungsstarke Mitarbeiter bevorzugt eingestellt, durch Personalentwicklungsmaßnahmen die Kompetenzen bestmöglich weiterentwickelt und durch eine transformationale Führung erfolgsorientiert und effizient angeleitet.2 Dennoch erfordert die Komplexität und multifaktorielle Bedingtheit organisationspsychologischer Problemstellungen, häufig neben den Erkenntnissen der Wirtschaftspsychologie, auch angemessene Erklärungsansätze und Lösungen aus psychologischen Nachbardisziplinen, wie sie bspw. die Sozialpsychologie darstellt.3

1.1 Anlass der Arbeit

Neben den Inhalten Führung, soziale Gruppen und soziale Konflikte, kann auch die menschliche Arbeitskraft selbst als übergreifender Forschungsgegenstand der Wirtschafts- und Sozialpsychologie betrachtet werden.4 Mit der Ego-Depletion-Theorie verbindet der Sozialpsychologe Roy Baumeister beide Forschungsgebiete, indem er die Selbstkontrolle des Menschen in Form eines Muskel-Modells beschreibt und diverse Hypothesen zu der damit verbundenen Willenskraft aufstellt. Da die Willenskraft eines Menschen große Auswirkungen auf die Leistung und somit auch auf die qualitative Erfüllung von Aufgaben hat, sollte das Modell in der heutigen personalwirtschaftlichen Moderne nicht unberücksichtigt bleiben.

1.2 Ziel der Arbeit

Das Hauptziel dieser Ausarbeitung besteht darin, das Selbstkontrollmuskel-Modell von Roy Baumeister darzustellen. Hieraus ergeben sich die Nebenziele, die Begrifflichkeiten Selbstkontrolle (self-control), Willenskraft (willpower) und Ich-Erschöpfung (ego depletion) wissenschaftlich zu definieren und auch auf die Möglichkeit eines Trainings des Selbstkontrollmuskels einzugehen. Um die Arbeit möglichst praxisorientiert auszurichten, wird das Modell mit Beispielen auf einen beruflichen Kontext bezogen, die wesentlichen Kritiken des Modells aufgezeigt und darüber hinaus die moderne Fassung der Selbstkontrollmuskel-Theorie beschrieben.

1.3 Aufbau der Arbeit

Um die genannten Ziele zu erreichen wird die Arbeit in mehrere überschaubare Hauptkapitel aufgeteilt. Zunächst erfolgt ein Theoriekapitel, in dem grundlegende Begrifflichkeiten zum Thema Willenskraft definiert und erläutert werden. Im darauffolgenden dritten Kapitel wird unter Berücksichtigung der Definitionen aus dem Theoriekapitel, das Selbstkontrollmuskel-Modell von Roy Baumeister dargestellt. Um die Arbeit möglichst praxisnah zu gestalten, werden sowohl hypothetische Möglichkeiten des Trainings von Willenskraft beschrieben, wissenschaftliche Kritiken berücksichtigt und auf die aktuelle Version des Modells eingegangen. Anschließend wird im vierten Kapitel die Ausarbeitung im Hinblick auf die Vorgehensweise bei der Erstellung der Arbeit, sowie den Ergebnissen kritisch reflektiert. Abschließend fasst das fünfte Kapitel das Gesamtergebnis in Form einer Schlussbetrachtung zusammen.

2 Theoretische Grundlagen

In diesem Theoriekapitel werden grundlegende fachliche Inhalte beschrieben, die zum besseren Verständnis der weiteren Arbeit dienen. Es wird zuerst die Bedeutung des Begriffs Kognition erläutert und anschließend die wesentlichen Fachbegriffe Selbstkontrolle und Willenskraft wissenschaftlich definiert.

2.1 Die Definition des Begriffs Kognition

Der Begriff Kognition stammt vom lateinischen Wort cognoscere ab, was in der deutschen Übersetzung als etwas erkennen, bzw. etwas wahrnehmen, gedeutet werden kann.5 In der menschlichen Psychologie ist mit Kognition immer die Gesamtheit aller mentalen Prozesse bei der allgemeinen Informationsverarbeitung gemeint.6 Hierzu gehören Denken, Wissen, Erinnern und Kommunizieren.7 In der Sozialpsychologie kann die Kognition gezielt die Prozesse des Gedächtnisses, des Erkennens, des Vorstellens, des Urteilens, des Lernens, des Sprechens, des Denkens und des Wahrnehmens betreffen.8

2.2 Die Definition des Begriffs Selbstkontrolle

Üblicherweise gehört zu einer wissenschaftlichen Begriffsdefinition die Erklärung der einzelnen Komponenten des Wortes aus denen sich der Gesamtbegriff zusammensetzt. Der Begriff selbst ist lexikalisch jedoch ein uneinheitlich verwendetes Demonstrativpronomen mit verschiedenartigen Bedeutungsvarianten, ebenso wie das Substantiv Kontrolle, welches je nach Untersuchungsgegenstand unterschiedliche Bedeutungen innehat. Aus diesem Grund wird folglich der Terminus Kontrolle im Anwendungskontext der Sozialpsychologie erläutert und anschließend als Komposition definiert. Nach David Myers findet sich in der sozial-kognitiven Psychologie der Begriff der Kontrolle in der wechselseitigen Interaktion zwischen der menschlichen Persönlichkeit und seiner Umwelt wieder.9 Die Kontrolle beschreibt das Gefühl, inwiefern der Mensch sich als jemanden wahrnimmt der seine Umwelt kontrollieren kann oder ob er gegenteilig überwiegend von seiner Umwelt kontrolliert wird und sich deshalb hilflos fühlt.10 „Nehmen Menschen einen Mangel an Kontrolle über die eigenen Lebensumstände wahr, so kann dies zu reduziertem Wohlbefinden, verminderter körperlicher Gesundheit und sogar zu verkürzter Lebenserwartung führen t...].“11 Wird der Mensch über einen längeren Zeitraum mit Kontrolldefiziten durch seine Umwelt konfrontiert, wird diese passive Resignation auch erlernte Hilflosigkeit genannt, welche wiederum schlimmstenfalls zu Depressionen führen kann.12 Entsprechend gegensätzlich kann eine hohe wahrgenommene Kontrolle, den Umgang mit strapazierenden Situationen verbessern und sowohl die Leistungsfähigkeit, als auch das allgemeine Wohlbefinden des Menschen, erhöhen.13 Unter Berücksichtigung dieser Inhalte, wird Selbstkontrolle (self-control) als eine Fähigkeit, dominante Reaktionstendenzen zu verändern oder aufzuheben und darüber hinaus Verhalten, Gedanken und Emotionen zu regulieren, verstanden.14 Die Selbstkontrolle kann kognitive Impulse gezielt kontrollieren und bspw. Belohnungen, die ein Mensch naturgemäß unmittelbar in Anspruch nehmen würde, gezielt in die Zukunft aufschieben.15 Um jedoch die Fähigkeit der Selbstkontrolle ausüben zu können, wird die sogenannte Willenskraft benötigt.

2.3 Die Definition des Begriffs Willenskraft

Auch die Bezeichnung Willenskraft (willpower) ist eine Komposition. Da jedoch die beiden Wörter Wille und Kraft selbsterklärend sind, wird folglich nur das vollständige Doppelwort definiert. Der psychologische Fachbegriff für Willenskraft ist die sogenannte Volition. Volition wird als psychische Energie verstanden, die notwendig ist, um Unlustgefühle, Ablenkungen oder Hindernisse auf dem Weg einer Zielerreichung zu überwinden.16 Volition beschreibt somit den Prozess der Bildung, Aufrechterhaltung und Umsetzung von persönlichen Absichten.17 Nach Roy Baumeister neigen Menschen dazu, Willenskraft als eine Kraft zur persönlichen Besserung zu betrachten.18 So ist es möglich sich durch die Willenskraft selbst zu regulieren und an eine Diät zu halten, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen, joggen zu gehen oder mit dem Rauchen aufzuhören.

3 Das Selbstkontrollmuskel-Modell

In diesem Kapitel wird auf Basis der vorherigen beschriebenen Theorieinhalte, das Selbstkontrollmuskel-Modell erläutert. Hierfür wird zunächst das Originalmodell von Roy Baumeister dargestellt und anschließend kritisch hinterfragt. Abschließend wird auf die moderne Fassung der Selbstkontrollmuskel-Theorie eingegangen.

3.1 Erläuterung des Modells von Roy Baumeister

Die lateinische Begrifflichkeit Ego-Depletion kann in der deutschen Übersetzung als Selbsterschöpfung interpretiert werden. Die Bezeichnung erlangte durch das Kontrollmuskel-Modell des Sozialpsychologen Roy Baumeister erstmalig 1998 eine erhöhte Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen Psychologie.19 Da das Modell kaum grafisch veranschaulicht werden kann, wird häufiger auch von der Ego-Depletion-Theorie gesprochen. Der Kern der Theorie besteht aus zwei wesentliche Annahmen. In der Ersten Annahme wird eine kognitive begrenzte Ressource, welche auch als psychische Energie oder Kraft verstanden werden kann, dargestellt.20 Die Ressource wird für eine Vielzahl von bewussten kognitiven Aktivitäten des persönlichen Selbst genutzt und somit ausschließlich für die Ausübung der Selbstkontrolle verwendet. Die kognitiven Tätigkeiten können z.B. aus der persönlichen Gefühlskontrolle, der Leistungsverbesserung, der Gedankenunterdrückung, der aktiven Initiierung von Handlungen und dem überlegten Treffen von Entscheidungen bestehen und haben daher eine vehemente Bedeutung für das menschliche Zusammenleben.21 Die Zweite Annahme stellt die Begrenztheit, Erschöpfung und Erholung der selbigen Ressource dar.22 Schon eine geringe bewusste Anstrengung der Selbstregulierung, führt nach dem Kontrollmuskel-Modell zu einer nachweisbaren reduzierten Fähigkeit einer möglichen nachgelagerten willentlichen kognitiven Belastung.23 Um die Theorie wissenschaftlich zu begründen, lies Baumeister ein Dual-Task Paradigma zur Untersuchung von ego-depletion durchführen. „Hierbei müssen Versuchsteilnehmende zwei unabhängige Selbstkontrollaufgaben ausführen, wobei die erste Aufgabe bei der Experimentalgruppe dazu dient, die Selbstkontrollkraft zu erschöpfen."24 Das Ergebnis der Studie zeigt, dass Teilnehmer sowohl weniger Versuche, als auch weniger Zeit in eine Problemlösungsaufgabe investieren, wenn die kognitive Ressource kurz zuvor bereits in Anspruch genommen wurde.25 Der Verbrauch der psychischen Energie findet zudem auch statt, wenn es sich um eine Wiederholung der bewussten kognitiven Aktivität handelt. So fällt die Reaktionszeit von Läufern ab dem zweiten Sprintstartversuch nachweisbar langsamer aus, wenn mehrere Anläufe nötig sind.26 Kommt es bspw. aufgrund eines Fehlstarts durch den Kontrahenten zum Neustart des gesamten Wettkampfes, muss der Läufer auch den Startimpuls, zeitnah zum Startsignal loszusprinten, erneut willentlich regulieren.27 Diese wiederholende Ausführung der Selbstkontrolle hat einen nachweislichen signifikanten negativen Einfluss auf die kognitive Energie des Läufers. Wird die bewusste Ausübung von Selbstkontrolle nur noch mit vermindertem Erfolg ausgeführt, ist die kognitive Ressource erschöpft (depleted).28 Die Ego-Depletion-Theorie beschreibt ferner, dass sich eine erschöpfte kognitive Kraft, durch angemessene Ruhephasen erholen, bzw. vollständig regenerieren und darüber hinaus trainieren lässt.29 Die Regeneration ist durch Schlaf, sowie die Ausführung von klassischen Aktivitäten, wie Wandern oder Musik hören, möglich.30 Ein Training hingegen, ist durch eine bessere Organisation des Lebens und durch Stressvermeidung möglich. Hierzu zählen u.a. das Erstellen einer To-do-Liste, Aufgaben nicht aufzuschieben, Entscheidungen immer ausgeruht zu treffen, körperliche Bedürfnisse wahrzunehmen, sowie das Festlegen von persönlichen Zielen und Grenzen.31 Das Training bewirkt, dass sich der Speicher der kognitiven Energie vergrößert oder die Erschöpfungsgeschwindigkeit verringert.32 Baumeister beschreibt die kognitive Ressource als einen imaginären Muskel, welcher zur Ausübung von Selbstkontrolle in seiner Willenskraft begrenzt ist, bei zu großer Beanspruchung an Müdigkeit erleidet und dennoch regenerierbar, bzw. trainierbar ist.

[...]


1 Vgl. Kanning (2012), S.182.

2 Vgl. Becker (2013), S.372-373 und vgl. Kanning (2012), S.206.

3 Vgl. Nerdinger/Blickle/Schaper (2019), S.10.

4 Vgl. Kanning (2012), S.21.

5 Vgl. Werth/Denzler/Mayer (2020), S.20.

6 Vgl. Werth/Denzler/Mayer (2020), S.20.

7 Vgl. Myers (2014), S.186.

8 Vgl. Werth/Denzler/Mayer (2020), S.20.

9 Vgl. Myers (2014), S.579.

10 Vgl. Myers (2014), S.579.

11 Kessler/Fritsche (2018), S.84.

12 Vgl. Myers (2014), S.580-581.

13 Vgl. Kessler/Fritsche (2018), S.84.

14 Vgl. Baumeister (2018), Kap.6.

15 Vgl. Myers (2014), S.580.

16 Vgl. Willmann (2015), S.12.

17 Vgl. Willmann (2015), S.12.

18 Vgl. Baumeister/Tierney (2011), Kap.1.

19 Vgl. Baumeister/Bratslavasky/Muraven/Tice (1998), S.1252 ff.

20 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.351.

21 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.353.

22 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.352.

23 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.352.

24 Munzert/Raab/Strauß (2020), S.239.

25 Vgl. Werth/Danzer/Mayer (2020), S.195.

26 Vgl. Munzert/Raab/Straß (2020), S.238.

27 Vgl. Munzert/Raab/Straß (2020), S.238.

28 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.S.352.

29 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.352.

30 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.352.

31 Vgl. Baumeister/Tierney (2012), S.295 ff.

32 Vgl. Raab/Unger/Unger (2016), S.359.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Selbstkontrollmuskel-Modell nach Roy Baumeister. Training der Willenskraft und Chancen für die Leistungsfähigkeit?
Hochschule
AKAD University, ehem. AKAD Fachhochschule Stuttgart
Veranstaltung
Psychologische Handlungskompetenz
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
18
Katalognummer
V995338
ISBN (eBook)
9783346364760
ISBN (Buch)
9783346364777
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Selbstkontrolle, Willenskraft, ego-depletion, muskelmodell, roy baumeister, WIP80, training, willpower, self-control
Arbeit zitieren
Fabian Franke (Autor:in), 2020, Das Selbstkontrollmuskel-Modell nach Roy Baumeister. Training der Willenskraft und Chancen für die Leistungsfähigkeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/995338

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