Vor dem Hintergrund aktueller Motive und Diskussionen um rassistische Strukturen im deutschen Polizeiapparat, wird in dieser Bachelorarbeit die Entwicklung der uniformierten Polizeieinheiten in der Zeit des Nationalsozialismus in mehreren Schritten dargestellt.
Die Fragestellung lautet, inwiefern "ganz normale" Polizisten an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt waren und welche Schuld auf der Ordnungspolizei liegt, die de jure keine NS- Parteiorganisation war. Dabei werden zunächst einzelne institutionelle Veränderungen der Deutschen Polizei von der Machtübernahme bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs analysiert, ehe die Rolle der Ordnungspolizei in der NS- Kriegspolitik dargestellt wird. Abschließend beschäftigt sich diese Bachelorarbeit mit der Beteiligung ausgewählter Polizeibataillone an den NS-Kriegsverbrechen, welche vor genauer an dem Beispiel der Taten des Pol.Bat 309 in Bialystok 1941 erläutert werden.
Am 25.05.2020 ist der US-Amerikaner George Floyd infolge eines Polizeieinsatzes ums Leben gekommen. Das Video seiner Verhaftung und die darauffolgenden weltweiten Proteste der Black-Lifes-Matter-Bewegung führten auch in Deutschland zu einer öffentlichen Diskussion um rassistische Strukturen und Praktiken in der Polizei. Eine 2020 veröffentlichte Studie vom Kriminologen der Ruhr-Universität-Bochum verdeutlicht, dass die durch Befragungen festgestellte schlechtere Behandlung von Menschen mit Migrationshintergrund und People of Color durch Polizeibeamte nicht nur durch individuelle, sondern ebenso durch strukturelle Probleme innerhalb der Polizei begründet sein kann. Die Studie weist infolge dessen darauf hin, dass gerade der Polizei als Inhaberin des staatlichen Gewaltmonopols eine besondere gesellschaftliche Verantwortung zukommt. Diese Verantwortung ist gerade in Deutschland auch immer vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte zu beurteilen. Bist vor 75 Jahren, dass Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit ein struktureller Bestandteil des Staates und dementsprechend auch der Polizei als dessen ausführender Gewalt waren.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Forschungsstand und Quellen
- III. Aufbau der Ordnungspolizei und ihr Platz im NS-Machtapparat von der Machtergreifung bis zum Zweiten Weltkrieg
- III.1. Erste Phase: Konsolidierung (1933-1936)
- III.2. Zweite Phase: Zentralisierung (1936-1939)
- IV. Die Ordnungspolizei ab dem Beginn des Zweiten Weltkrieges
- IV.1. Die HSSPF und die doppelte Befehlskette
- IV.2. Die ideologische Schulung der Ordnungspolizisten für den Einsatz im Krieg
- V. Die Beteiligung der Ordnungspolizisten an den NS-Verbrechen während der Kriegszeit
- V.1. Białystok: Der Auftakt zum Massenmord?
- VI. Resümee
- VII. Abkürzungsverzeichnis
- VIII. Quellenverzeichnis
- IX. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rolle der Ordnungspolizei im NS-Regime und untersucht, wie die uniformierte Polizei nach der Machtergreifung im Sinne der Nationalsozialisten umstrukturiert wurde und inwieweit „ganz normale“ Polizisten an den NS-Verbrechen beteiligt waren.
- Institutionelle Veränderungen des Polizeiapparates von 1933 bis 1939
- Die Rolle der Ordnungspolizei im Staatssystem und ihre Aufgaben während der beiden Phasen der Konsolidierung und Zentralisierung
- Die Aufstellung der Polizei für den Einsatz im Krieg und ihre Rolle während des Zweiten Weltkrieges
- Die Beteiligung der Ordnungspolizisten an den Verbrechen der NS-Herrschaft während der Kriegszeit
- Die systematische Ermordung der europäischen Juden und die direkte und indirekte Beteiligung der Polizei
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Relevanz des Themas im Kontext aktueller Debatten um Rassismus und Diskriminierung in der Polizei. Sie führt die Fragestellung ein und stellt die Struktur der Arbeit vor. Kapitel II gibt einen Überblick über den Forschungsstand und die Quellenlage zur NS-Täterforschung und behandelt die historische Beschäftigung mit der Institution Polizei während der NS-Zeit. Kapitel III analysiert die institutionellen Veränderungen des Polizeiapparates von der Machtergreifung bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. Dabei werden die Phasen der Konsolidierung und Zentralisierung betrachtet, die Befehlshierarchie und das Verhältnis zwischen Polizei und NSDAP beleuchtet. Kapitel IV befasst sich mit der Aufstellung der Polizei für den Einsatz im Krieg und ihrer Rolle während des Zweiten Weltkrieges, insbesondere der Doppelten Befehlskette und der ideologischen Schulung der Ordnungspolizisten. Kapitel V beschäftigt sich mit der Beteiligung der Ordnungspolizisten an den Verbrechen der NS-Herrschaft während der Kriegszeit, wobei die systematische Ermordung der europäischen Juden im Fokus steht. Die Ereignisse in Białystok vom Sommer 1941 und das Polizeibataillon 309 dienen als Beispiele für die direkte und indirekte Beteiligung der Polizei. Das Resümee fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und beantwortet die eingangs gestellte Frage.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Ordnungspolizei, NS-Regime, Machtergreifung, Zweiter Weltkrieg, Verbrechen, Judenmord, Białystok, Polizeibataillon 309, Doppelte Befehlskette, ideologische Schulung, Forschungsstand, Quellenlage, NS-Täterforschung.
- Quote paper
- Robin Großkopf (Author), 2020, Zur Rolle der Ordnungspolizei im NS-Regime. Ganz normale Polizisten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/996745