Schulverweigerung und Schulabsentismus. Ursachen und Möglichkeiten zur Prävention


Hausarbeit, 2021

21 Seiten, Note: 1,7

M. G. (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmungen

3 Schulpflicht in Niedersachsen

4 Ursachen des Schulabsentismus
4.1 Schulische Faktoren
4.2 Familiäre Faktoren
4.3 Peergroups

5 Präventionsmöglichkeiten
5.1 Prävention in der Schule
5.1.1 Schulsozialarbeit
5.2 Das Modellprojekt gegen Schulschwänzen (ProgeSs) in Niedersachsen

6 Schulabsentismus während der Corona-Pandemie

7 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Wer kennt es nicht aus der eigenen Schulzeit? Es gibt Tage oder einzelne Schulstunden, auf die man keine Lust hat und „blau machen“ will. Wahrscheinlich ist jede/-r schon einmal ohne eine ausreichende Begründung zuhause geblieben, ohne dass die Erziehungsberechtigten etwas davon wussten. Vielleicht wussten sie es auch. Zumindest kenne ich keine Person, die nicht mal ein oder zwei Tage oder einzelne Schulstunden gefehlt hat. Ich behaupte, dass fast kein/-e Schüler/-in weiß, dass man mit solchen Entscheidungen schon schulabsentes Verhalten aufweist.

Wird das Verhalten nicht frühzeitig erkannt und werden keine präventiven Maßnahmen eingeleitet, um schulabsentes Verhalten so weit wie möglich einzudämmen, kann es von gelegentlichem Schulschwänzen über Schulvermeidung bis hin zum Schuldropout kommen. Die Reintegration in den Schulalltag kann sich äußerst schwierig gestalten. Um Schulabsentismus nachvollziehen zu können, muss verstanden werden, welche Ursachen dafür verantwortlich sind. In fast allen Fällen müssen Verknüpfungen zwischen vielen verschiedenen Ursachen erkannt werden, da es sehr selten nur eine Ursache gibt.

In dieser Hausarbeit möchte ich mich also mit folgenden Fragen auseinandersetzen, sodass ich sie für mich im Fazit beantworten kann:

- Was ist Schulabsentismus und wie viele Schüler/-innen sind betroffen?
- Wie ist die Schulpflicht gesetzlich geregelt? Welche Konsequenzen folgen, wenn gegen sie verstoßen wird?
- Welche Ursachen führen zu absentem Verhalten und welche Gegenmaßnahmen gibt es?

Zu Beginn der Hausarbeit erörtere ich kurz vier verschiedene Begriffe bezüglich des Fernbleibens der Schule, auf die ich während meiner Literaturrecherche gestoßen bin. Ich denke, dass das von Nöten ist, da viele Menschen die Begriffe synonym verwenden, aber ggf. doch etwas anderes meinen als der jeweilige Begriff eigentlich aussagt. Danach gehe ich auf die Schulpflicht in Niedersachsen mithilfe des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) ein und beschreibe, welche Konsequenzen daraus resultieren, wenn ein/-e Schüler/-in der Schulpflicht nicht nachgeht. Anschließend erläutere ich mögliche Ursachen des Schulabsentismus. Zu beachten ist hier, dass ich die Faktoren zwar einzeln beschreibe, sie aber in den meisten Fällen in Kombinationen auftreten. Daraufhin knüpfe ich an Präventionsmöglichkeiten an, die in der Schule umgesetzt werden können. Außerdem möchte ich gerne auf das Modellprojekt gegen Schulschwänzen (ProgeSs) in Niedersachsen eingehen. Ich sehe das Projekt als größtenteils gelungen an, da es bereits abgeschlossen wurde und evaluiert ist. Zudem konnte ich in meiner eigenen Schulzeit Ansätze des Projekts erfahren, wie ich im Fazit weiter erläutern werde. Bevor die Hausarbeit mit einem persönlichen Fazit endet, in dem ich unter der Betrachtung der vorangegangenen Gliederungspunkte Position beziehe, gehe ich noch kurz auf die aktuelle schulische Lage in Anbetracht der Corona-Pandemie ein.

2 Begriffsbestimmungen

Da in der Alltagssprache oft viele Begriffe bezüglich des Fernbleibens der Schule synonym verwendet werden oder miteinander verwechselt werden, beschreibe ich im Folgenden kurz die Bedeutungen der vier häufigsten Begriffe, auf die ich während meiner Recherche für diese Hausarbeit gestoßen bin.

Schulabsentismus

Schulabsentismus wird mit ‚Abwesenheit‘ übersetzt und ist ein neutraler Oberbegriff für verschiedene Begriffe wie Schulschwänzen, Schulverweigerung, Schulmüdigkeit, Schulvermeidung etc. Es werden also alle Schüler/-innen unter diesem Begriff aufgeführt, die dem Unterricht fernbleiben, es können jedoch keine Aussagen über die Ursachen gemacht werden. Sowohl entschuldigtes als auch unentschuldigtes Fehlen wird bei Schulabsentismus berücksichtigt (vgl. Claßen/ Nießen 2015: 8; Steins et. al 2014: 3; Walter/ Döpfner 2020: 3). „Solange also die mit Schulabsentismus tatsächlich verbundenen Ursachen unbekannt sind sprechen wir von Schulabsentismus.“ (Steins et. al 2014: 3).

Schulvermeidung

Walter und Döpfner (2020: 3) sagen aus, dass Schulvermeidung eine Entscheidung des/der Schülers/Schülerin ist, die Schule nicht zu besuchen. Im Gegensatz zum Schulabsentismus werden hier unter dem Begriff Schulvermeidung die Schüler/-innen ausgeschlossen, die aus rein somatischen Gründen (z.B. Atemwegserkrankungen) der Schule fernbleiben. Es werden jedoch Rücksicht auf die psychischen und interpersonellen Ur-sachen genommen und mit unter diesem Begriff eingeschlossen (vgl. Steins et. al 2014: 3).

Schulverweigerung

Schulverweigerung gilt nach Ricking und Dunkake (2017: 6) als ein Begriff für „illegitime Schulversäumnisse“ wie ausgeprägtes Schulschwänzen oder als ein Verhalten, das aus der Angst des/der Schülers/Schülerin heraus an den Tag gelegt wird. Sie merken außerdem an, dass dieser Begriff oft in sozialpädagogischen Diskussionen auch als Synonym für Schulabsentismus verwendet wird. Steins et. al (2014: 3) schreiben, dass Schulverweigerung eine aktive Absicht des/der Schülers/Schülerin darstellt, in der Schule nicht anwesend zu sein.

Schuldropout

Dem Begriff ‚Schuldropout‘ geht normalerweise ein schulverweigerndes Verhalten voraus und bezeichnet im deutschsprachigen Raum den vorzeitigen Ausstieg aus der Schule, ohne einen ersten Abschluss zu erreichen. Oft lassen sich die Schüler/-innen nicht mehr in den Schulalltag reintegrieren (vgl. Claßen/ Nießen 2015: 4; Ricking/ Dunkake 2017: 6; Seeliger 2016: 25 und 29).

Zur Häufigkeit von Schulabsentismus können keine genauen Angaben gemacht werden, da nicht immer eindeutig aus den Klassenbüchern zu entnehmen ist, ob die Schüler/-innen entschuldigt oder unentschuldigt dem Unterricht fernbleiben. Fehlende Schüler/-innen werden ungünstiger Weise nicht immer als abwesend eingetragen, da es von den Lehrkräften vergessen werden kann. Es können also nur ungefähre Schätzungen vorgenommen werden (vgl. Steins et. al 2014: 4).

Aus meiner Sicht und meinen Erfahrungen ist es für einheitliche Datenerfassungen bzgl. der Häufigkeit schwierig zu definieren, ab wann schulabsentes Verhalten anfängt. Oft ist es ein subjektives Empfinden der Lehrkräfte und sie entscheiden meistens für sich, wann die Fehlzeiten ein problematisches Ausmaß erreichen. Die einen Lehrkräfte finden es alarmierend, wenn ein/-e Schüler/-in regelmäßig eine gewisse Anzahl an Schulstunden in der Woche nicht anwesend ist. Andere Lehrkräfte empfinden es vielleicht erst beunruhigend, wenn ein/-e Schüler/-in fünf bis sechs Tage im Monat nicht in der Schule anzutreffen ist. Hier muss eine einheitliche Regelung gefunden werden, ab wann man von absentem Verhalten sprechen kann.

Ebenfalls wichtig ist ein einheitlicher methodischer Zugang. Wie bereits oben zu lesen ist, gibt es die Methode, sich ausschließlich auf die Klassenbucheinträge zu beziehen. Andererseits können von den Schüler/-innen ausgefüllte Fragebögen analysiert werden oder es werden Interviews mit ihnen geführt. Am aufschlussreichsten, auch für die Ursachen von Schulabsentismus, ist jedoch die Befragung der von Schulabsentismus betroffenen Schüler/-innen. Dies gestaltet sich aus meiner Sicht jedoch schwierig, da sie nicht oder kaum in der Schule anzutreffen sind.

Grundsätzlich betrifft der Schulabsentismus alle Schulformen, vor allem Sonder- und Hauptschulen, und alle Schüler/-innen, insbesondere eher Jungen und ältere Schüler/-innen. (vgl. Steins et al. 2014: 6).

Im weiteren Verlauf der Hausarbeit, werde ich bevorzugt den Begriff Schulabsentismus verwenden, da dieser wie oben beschrieben ein Oberbegriff für jegliches Verhalten, der Schule fernzubleiben, ist. Beziehe ich mich in einzelnen Abschnitten auf konkrete Formen des Absentismus, benenne ich sie.

3 Schulpflicht in Niedersachsen

Bildung ist wichtig. Sie ist die Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe, sowie für die Entwicklung von lebenspraktischen, geistigen und kulturellen Fähigkeiten. Außerdem befähigt sie dazu, eigene Kompetenzen zu entfalten und zu festigen. Das Recht auf Bildung ist u.a. in Art. 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 und in Art. 28 der Kinderrechtskonvention von 1989 verankert. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts können die einzelnen Bundesländer in Deutschland an Art. 7 GG (Deutsches Grundgesetz) ableiten, durch eigene Landesgesetze die Schulpflicht festzulegen. In Niedersachsen findet sich das Recht auf Bildung in §54 NSchG (Niedersächsisches Schulgesetz). Die Schulpflicht sieht nicht nur vor, dass die Schüler/-innen regelmäßig in der Schule anwesend sind, sondern auch die Teilnahme am Unterricht, Prüfungsteilnahme und das Vorlegen von erledigten Hausaufgaben (§58 NSchG) (vgl. Dölle 2010: 41; NI-VORIS 1998: o.S.; Wachtel 2017: 180f.).

Die Schulbesuchspflicht ist also in allen Bundesländern Deutschlands in ihren jeweiligen Schulgesetzen festgeschrieben. Die Dauer der Schulpflicht ist allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Junge Menschen müssen für eine bestimmte Zeit die Schulpflicht erfüllen. Erziehungsberechtigte müssen also Sorge leisten, dass der regelmäßige Schulbesuch ihrer Kinder stattfindet. In Niedersachsen beträgt die Vollzeitschulpflicht neun Jahre, die Berufsschulpflicht ist abhängig von der Dauer des Ausbildungsverhältnisses; s. §§ 66, 67 NSchG. (vgl. Claßen/ Nießen 2015: 37f.; NI-VORIS 1998: o.S.; Wachtel 2017: 180).

Schulpflichtverletzungen sind nach §176 NSchG Ordnungswidrigkeiten und liegen nicht nur dann vor, wenn Schüler/-innen stunden- oder tageweise fehlen, sondern auch, wenn Erziehungsberechtigte ihr Kind bspw. nicht an einer Schule anmelden oder bereits vor Ferienbeginn in den Urlaub fahren.

Nach §177 NSchG können Schüler-/innen zwangsweise der Schule zugeführt werden. Bei zehn oder mehr unentschuldigten Fehltagen können nach Mitteilung an das entsprechende Amt Bußgeldverfahren eingeleitet werden, s. §176 Abs. 2 NSchG. Der/ Die Schüler/-in wird aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Geschieht das nicht, droht in Niedersachsen ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro. Wird das Bußgeld nicht gezahlt, ordnet das Amtsgericht eine Arbeitsauflage an. Der/ Die Schüler/-in muss dann in der Schule soziale Arbeit verrichten. Wird die Arbeitsauflage ebenfalls ignoriert, kann es bis hin zum Jugendarrest führen (vgl. Aktueller Bussgeldkatalog 2020: o.S.; NI-VORIS 1998: o.S.; Ricking/ Dunkake 2017: 4; Wachtel 2017: 188).

4 Ursachen des Schulabsentismus

Kinder und Jugendliche haben immer Gründe, der Schule fernzubleiben. Es kann fast nie nur eine Ursache bei betreffenden Schüler/-innen festgestellt werden. Die unterschiedlichen Faktoren, auch jene, die ich nicht in dieser Hausarbeit aufführe, treten meistens in vielerlei Kombinationen auf. Die Faktoren können für die Schüler/-innen sowohl „störungsauslösenden als auch aufrechterhaltenden Charakter“ (Steins et. al 2014: 21) haben. Im Folgenden sind die Faktoren dennoch gesondert dargestellt.

4.1 Schulische Faktoren

Laut Steins et. al (2014: 25ff.) sind die wichtigsten Faktoren das Klassenklima, das Zugehörigkeitsgefühl, die Schüler/-innen-Lehrkraft- sowie Schüler/-innen-Schüler/-innen-Interaktion und die Reaktionen der Lehrkräfte, um Schulabsentismus entgegen zu wirken.

Wenn das Klassenklima gut ist und die Schüler/-innen sich gut in die Klassengemeinschaft einfügen, fühlen sie sich eher der Klasse zugehörig, wertgeschätzt, sicher und unterstützt. Sie haben feste und wichtige Ansprechpartner bzw. Bezugspersonen. Schüler/-innen, die länger nicht mehr in der Schule anwesend waren, verlieren ggf. diese Gefühle und Kontakte. Sie fühlen sich nicht mehr wohl und weisen vermehrt schulabsentes Verhalten auf. Herrschen keine guten Verhältnisse zwischen Lehrkräften und Schüler/-innen und unter den Schüler/-innen selbst, kann das ein erfolgreiches Lernen verhindern. Sie ziehen sich aus der Klassengemeinschaft zurück, wenn sie keinen Rückhalt erfahren, vielleicht sogar gemobbt werden oder sich ihren Lehrkräften nicht anvertrauen können.

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Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Schulverweigerung und Schulabsentismus. Ursachen und Möglichkeiten zur Prävention
Hochschule
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
21
Katalognummer
V996839
ISBN (eBook)
9783346368003
ISBN (Buch)
9783346368010
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schulverweigerung, schulabsentismus, ursachen, möglichkeiten, prävention
Arbeit zitieren
M. G. (Autor:in), 2021, Schulverweigerung und Schulabsentismus. Ursachen und Möglichkeiten zur Prävention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/996839

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