FAQ: Trennungs- und Abstraktionsprinzip
Was ist das Trennungs- und Abstraktionsprinzip?
Das Trennungs- und Abstraktionsprinzip besagt, dass der Bestand des Verfügungsgeschäftes unabhängig vom Bestand des Verpflichtungsgeschäftes ist. Eine Korrektur ist jedoch durch § 812 I (Bereicherungsrecht: ungerechtfertigte Bereicherung) möglich.
Wie prüfe ich vertragliche Ansprüche?
Die Prüfung vertragliche Ansprüche erfolgt in drei Schritten: 1. Ist der Anspruch entstanden? (Wirksamer Vertragsschluss, keine Nichtigkeitsgründe); 2. Ist der Anspruch nicht untergegangen? (z.B. durch Erfüllung, Unmöglichkeit, Aufrechnung); 3. Ist der Anspruch durchsetzbar? (z.B. keine Verjährung nach § 222).
Was sind die Voraussetzungen für einen wirksamen Vertragsschluss?
Ein wirksamer Vertragsschluss setzt wirksame Willenserklärungen (Angebot und Annahme), deren Zugang (im Machtbereich des Empfängers) und Abgabe (willentliches In-Verkehr-bringen) voraus. Ein Widerruf muss gleichzeitig mit oder vor der Willenserklärung zugehen (§ 130 I S. 2). Schweigen gilt im Regelfall nicht als Annahme, es gibt jedoch Ausnahmen (z.B. Hotelier, § 151 S. 1).
Welche Nichtigkeitsgründe gibt es?
Mögliche Nichtigkeitsgründe sind unter anderem: § 125 (Nichtigkeit wegen Formmangels), § 104 ff. (Geschäftsunfähigkeit), § 106 ff. (Minderjährigkeit), § 117 (Scheingeschäft), § 134 (Verbotsgeschäft), § 138 (Sittenwidrigkeit). Eine Anfechtung führt zur Nichtigkeit "ex tunc" (§§ 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums, 123 Anfechtung).
Wie verhält es sich mit dem Zugang von Willenserklärungen?
Der Zugang einer Willenserklärung ist gegeben, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, sodass er unter normalen Umständen Kenntnis davon nehmen kann. Der Zeitpunkt des Zugangs ist entscheidend, z.B. zählt eine am Abend in den Briefkasten eingeworfene Erklärung als am nächsten Tag zugegangen. Die Beurteilung des Zugangs hängt von den Umständen ab (z.B. Hamburger Fischmarkt, Krankenhausaufenthalt, Urlaub, Annahmeverweigerung).
Was ist bei der Fristgerechtigkeit von Willenserklärungen zu beachten?
Bei der Fristgerechtigkeit von Willenserklärungen (z.B. Kündigungen) ist das Postlaufrisiko des Absenders zu beachten. Verspätete Zustellung durch die Post führt oft zur Unwirksamkeit. Ein pünktlicher Eingang trotz verspäteter Kenntnisnahme ist hingegen oft wirksam. Der Urlaub des Empfängers kann je nach Wissen des Absenders die Wirksamkeit beeinflussen. Eine berechtigte oder grundlose Annahmeverweigerung hat ebenfalls Auswirkungen auf die Wirksamkeit.
Wie wird eine Annahme erklärt?
Eine Annahme kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Schweigen gilt im Regelfall nicht als Annahme. § 147 regelt die Annahme bei Anwesenden und Abwesenden. Eine Auslage im Schaufenster ist keine Angebot, sondern eine invitatio ad offerendum (Einladung zum Angebot).
Trennungs- u. Abstraktionsprinzip
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bestand des Verfügungsgeschäftes ist unabhängig vom Bestand des Verpflichtungsgeschäftes (Abstraktionsprinzip)
aber Korrektur durch § 812 I (Bereicherungsrecht: ungerechtfertigte Bereicherung)
Vertragsschluß/ Willenserklärungen
Anspruchsprüfung (vertragliche Ansprüche)
1. Anspruch entstanden?
a) Vertrag zustandegekommen?
- wirksame Willenserklärung
- Zugang (in Machtbereich des Empfängers gelangt)
- Abgabe (willentliches In-Verkehr-Bringen)
- kein Widerruf
b) keine Nichtigkeitsgründe
?? Nichtigkeit
z.B. § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels
§ 104 ff Geschäftsunfähigkeit
§ 106 ff Minderjährigkeit
§ 117 Scheingeschäft
§ 134 Verbotsgeschäft
§ 138 Sittenwidrigkeit
- Anfechtung => Nichtigkeit "ex tunc"
§§ 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums, 123 Anfechtung
2. Anspruch nicht untergegangen?
?? Erfüllung
?? Unmöglichkeit
?? Aufrechnung
3. Anspruch durchsetzbar?
?? § 222 Verjährung
Wirksamkeit von Willenserklärungen
Vertragsschluss durch Angebot und Annahme
§ 147 I Annahme muss sofort erfolgen, sofern Antrag einem Anwesenden gegenüber oder per Fernsprecher erfolgt ist
§ 147 II Annahme gegenüber Abwesendem in dem Zeitraum, indem normalerweise mit Antwort zu rechnen ist (Brief: ca. 7 Tage, Fax früher) invitatio ad offerendum: Auslage im Schaufenster ist kein Angebot, sondern stellt Einladung dar, ein Angebot zu machen
Wirksamkeit einer empfangesbedürftigen Willenserklärung §130 (Willenserklärung gegenüber Abwesenden)
1) Abgabe = willentliches in Verkehr bringen (nicht z.B. durch Putzfrau)
2) Zugang = in den Machtbereich des Empfängers, so dass dieser unter normalen Umständen Kenntnis nehmen kann (z.B. abends um 23.59 in den Briefkasten = zählt als am nächsten Tag zugegangen)
Widerruf muss gleichzeitig mit der Willenserklärung zugehen oder vorher § 130 I S. 2
Zugang des Widerrugs analog zum Zugang der Willenserklärung =>
Kenntisnahme unter normalen Umständen (z.B. Hamburger Fischmarkt = Händler wird früher am morgen Kenntnis nehmen, Widerruf muss also früher geschickt werden)
- Annahme kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen
- Schweigen ist keine Annahme
Ausnahme: Hotelier (Annahmeerklärung wird nach der Verkehrssitte nicht erwartet, § 151 S. 1)
fristgerechter Zugang? => rechtzeitig erfolgte WE, z.B. Kündigung?
a) Fristüberschreitung wegen verspäteter Zustellung durch Post: Postlaufrisiko des Absenders (Kündigung unwirksam)
b) pünktlicher Eingang, aber verspätete Kenntnisnahme durch Krankenhausaufenthalt: normale Umstände zu sehen (fristgerechter Zugang, Kündigung wirksam)
c) wie b, verursacht durch Urlaub, der dem Absender aber bekannt war: Kündigung zunächst wirksam, aber wenn Kündigung von Arbeitsvertrag => Kündigungsschutzgesetz: Wiedereinsetzung
d) Annahmeverweigerung wegen mangelnder Frankierung: berechtigte Annahmeverweigerung (kein Zugang, Kündigung unwirksam)
e) grundlose Annahmeverweigerung: Fiktion des Zugangs (Kündigung wirksam)
f) Zugang wird vom Empfänger bestritten: Beweislast beim Absender (Kündigung unwirksam)
g) wie f, Fax mit OK-Vermerk: Fax nicht ausreichend (Kündigung unwirksam)
- Arbeit zitieren
- Daniel Skoda (Autor:in), 2000, Übersicht zur Einführung in das Bürgerliche Recht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99841