Im Frühling des Jahres 2000 gelang einem Kandidaten der Opposition zum ersten Mal in der Geschichte der Republik China die seit 1928 regierende und 1949 nach Taiwan geflüchtete nationalistische Kuomintang-Partei (KMT) in den Präsidentschaftswahlen zu schlagen.
Die taiwanesischen Wahlen des 18. März 2000, bei denen 85 Prozent der wahlberechtigten Bürger von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten und dem Kandidaten Chen Shui-Ban einen knappen Sieg bescherten, bedeuteten eine Bekräftigung des Demokratisierungsprozesses der Republik China, der mit den zweiten direkten Präsidentschaftswahlen und einem geordneten Machtwechsel seinen vorläufigen Höhepunkt fand.
Doch die Amtsübernahme Chens stellt mehr dar als die Fortschreibung der zunächst wirtschaftlichen und nun auch politischen Erfolgsstory Taiwans. Wie schon sein KMT-Amtsvorgänger Lee Teng-Hui gehört Chen nicht zu den mit Chiang Kai-Shek 1949 vor den Kommunisten geflüchteten Festlandchinesen, die die Eliten auf der Insel seit Jahrzehnten dominierten. Die Entfaltung einer spezifisch taiwanesischen Identität und die Tatsache, daß der jetzige Präsident Chen und seine Demokratische Fortschrittspartei (DFP) seit den achtziger Jahren immer wieder lautstark für eine unabhängige Republik Taiwan eintraten, ist vor allem den Machthabern in der Volksrepublik ein Dorn im Auge, da sie Taiwan nach wie vor als abtrünnige Provinz betrachten.
Im Rahmen dieser Hauptseminararbeit werde ich vor allem der Frage nachgehen, ob die Demokratisierung in Taiwan zu einer Veränderung des innerchinesischen Verhältnis geführt hat. In diesem Zusammenhang wird von besonderem Interesse sein, daß Taiwan in den letzten Jahren einen Prozeß der Neupositionoierung bezüglich des sogenannten "Ein-China-Prinzips" eingeleitet hat. Ergänzend will ich abschließend erörtern, wie ernstzunehmend die Bedrohung Taiwans durch Festlandchina ist und welche Implikationen sich für eine taiwanesische Sicherheitspolitik beziehungsweise für die Sicherheitsgarantien Amerikas gegenüber Taiwan ergeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Demokratisierungsprozeß Taiwans unter Berücksichtigung externer Einflüsse
- Taiwan zwischen Wiedervereinigung und Unabhängigkeit
- Peking und das Ein-China-Prinzip
- Konsequenzen für die taiwanesische Sicherheitspolitik
- Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Auswirkungen des Demokratisierungsprozesses in Taiwan auf das innerchinesische Verhältnis und die Sicherheitspolitik Taiwans. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Demokratisierung Taiwans zu einer Veränderung des "Ein-China-Prinzips" geführt hat.
- Der Demokratisierungsprozess in Taiwan
- Die Rolle des "Ein-China-Prinzips" im Verhältnis zwischen China und Taiwan
- Die taiwanesische Sicherheitspolitik im Kontext der chinesischen Bedrohung
- Die Auswirkungen der außenpolitischen Einflüsse auf den Demokratisierungsprozess
- Die Herausforderungen der taiwanesischen Identität in einem sich verändernden regionalen und globalen Umfeld
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Seminararbeit ein, indem sie den historischen Kontext des Demokratisierungsprozesses in Taiwan beleuchtet und die Forschungsfrage formuliert.
Das erste Kapitel befasst sich mit dem Demokratisierungsprozess in Taiwan und analysiert die Rolle externer Einflüsse, insbesondere der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, auf diesen Prozess.
Das zweite Kapitel untersucht die komplexe Beziehung zwischen Wiedervereinigung und Unabhängigkeit Taiwans im Kontext des "Ein-China-Prinzips".
Das dritte Kapitel fokussiert auf die Sichtweise Pekings und das "Ein-China-Prinzip" sowie dessen Auswirkungen auf Taiwan.
Das vierte Kapitel erörtert die Konsequenzen des innerchinesischen Verhältnisses für die taiwanesische Sicherheitspolitik und die Sicherheitsgarantien Amerikas gegenüber Taiwan.
Schlüsselwörter
Taiwan, Demokratisierung, Ein-China-Prinzip, Sicherheitspolitik, Volksrepublik China, Republik China, Kuomintang, Demokratische Fortschrittspartei, Außenpolitik, USA.
- Quote paper
- Alexander Pilic (Author), 2001, Demokratisierung in Taiwan, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9984