Das Neue Europa in der nationalsozialistischen Propaganda - Untersuchung am Beispiel des okkupierten Weißrussland 1941 - 1944


Dossier / Travail de Séminaire, 2000

27 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historischer Kontext
2.1 Die Europa-Konzeptionen der Nationalsozialisten
2.2 Das Verhältnis der nationalsozialistischen Machthaber zu den Völkern in den besetzten Gebieten

3. Die Propaganda für das Neue Europa in Weißrussland von 1941 bis
3.1 Neues Europa versus Altes Europa
3.2 Das Neue Europa als wirtschaftlicher und kultureller Gegenbegriff zu Kapitalismus und Kommunismus
3.3 Die Rolle Weißrusslands im Neuen Europa
3.4 Phasen in der Propaganda für das Neue Europa

4. Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Zeit des Nationalsozialismus wird in der Fachliteratur häufig als die Geburtsstunde der modernen und massenwirksamen Propaganda bezeichnet. In diesem Zusammenhang tauchen in erster Linie die Namen des massenhypnotisierenden Propagandaminister Joseph Goebbels und von Hitlers Filmemacherin Leni Riefenstahl auf, die vor allem durch ihre Dokumentation der Olympischen Spiele 1936 in Berlin bekannt wurde. Die Propaganda im Dritten Reich zeichnete sich tatsächlich durch den Einsatz von modernen Massenmedien aus. Die Radiosendungen der Führung gelangten durch die eiligst produzierten Volksempfänger in jeden Haushalt, in öffentlichen Fernsehstuben verfolgten viele Deutsche die Auftritte Adolf Hitlers, die Kinogänger wurden von der Wochenschau berieselt und die Zeitungen im Reich wurden gleichgeschaltet. Im Verlauf des Krieges wurde diese "Errungenschaften" dann allmählich auf die eroberten Gebiete ausgedehnt und durch spezifische Informationen für die jeweilige Bevölkerung ergänzt, wobei der Rundfunk und die Presse die größte Rolle spielten.

Genau wie im ursprünglichen Reichsgebiet verfolgten die Machthaber in Berlin auch in den besetzten Territorien bestimmte Ziele mit ihrer Propaganda, welche sich aber auch je nach Einsatzort unterscheiden konnten. Um zu vermeiden, daß der Führung unliebsame Informationen der Öffentlichkeit bekannt wurden, stand das Hören ausländischer Radiosendungen unter drakonischen Strafen, während Druckerzeugnisse aus dem Ausland nicht mehr eingeführt werden durften. Die inländische Presse stand unter der Kontrolle von Goebbels Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda und hatte die Anweisungen des Deutschen Nachrichtenbüros und der täglichen Berliner Pressekonferenz zu befolgen. Darüberhinaus gab der Reichspressechef , Otto Dietrich, ab 1940 eine Tagesparole heraus, die das von der Partei gewünschte Meinungsbild der Presse umriß.[1] Auch der Reichsleiter der NSDAP, Alfred Rosenberg, wirkte vor allem durch seine Bücher "Blut und Ehre" und "Der Mythus des 20.Jahrhunderts" an der Propagandabildung der Nationalsozialisten mit, wobei sich die Bücher vornehmlich an deutsche Leser richteten, um deren Glauben an die NS-Ideologie zu festigen. In seiner ab 1940 ausgeführten Tätigkeit als Minister für die Ostgebiete hatte er jedoch erheblichen Anteil an der dort eingesetzten Propaganda, die auch für das besetzte Weißrussland gedacht war.

Im Verlauf meiner Argumentation werde ich auf zumeist deutschsprachige Quellen aus der eroberten Weißrussischen SSR zurückgreifen. Dieses Land, das vor seiner Eingliederung in die UdSSR nur kurze Phasen der staatlichen Unabhängigkeit durchlebte, wurde im offiziellen NS-Sprachgebrauch mit dem aus dem lateinischen abgeleiteten Begriff "Weißruthenien" bezeichnet. Dementsprechend wurde die Bevölkerung als eigenständiges Volk im von Hitler neu zu ordnenden Europa eingestuft und an diesen Umstand von ihren "Befreiern" regelmäßig erinnert.

Gegenstand dieser Arbeit soll eine Untersuchung der nationalsozialistischen Propaganda sein, die auf das sogenannte "Neue Europa" als Inhalt ihrer Botschaften, und dabei insbesondere im besetzten Weißrussland, zurückgriff. Da sich dieses auf den Zeitraum beschränken muß, in dem die Deutschen das Land besetzt hielten, werde ich zunächst anhand allgemein zugänglicher Quellen auf die europapolitischen Konzepte und Pläne eingehen, die Adolf Hitler und die NSDAP verfolgten. Dazu gehört neben den wirtschaftlichen Grundinteressen für die Eroberung bestimmter Gebiete eine Beschreibung der Art und Weise, wie die Nationalsozialisten in den von ihnen eroberten Ländern auftraten und wie ihr Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung und speziell zu den slawischen Völkern des Ostens war. Anschließend folgt eine genauere Betrachtung der in Weißrussland eingesetzten Propaganda anhand der von 1942 bis 1944 erschienenen Minsker Zeitung und der Akten aus dem Nationalen Archiv von Belarus. Dabei soll die Frage im Vordergrund stehen, welche Absichten hinter dem Einsatz dieser Mittel in Weißrussland steckten. Darüberhinaus will ich aufzeigen, daß die "Neues Europa"-Propaganda der Nationalsozialisten durchaus differenziert beurteilt werden muß, je nachdem für wen, wo oder wann sie eingesetzt wurde. Den Abschluß der Arbeit bildet ein Anhang, in dem ich die genutzten Artikel aus der Minsker Zeitung und die Dokumente aus dem Nationalen Archiv von Belarus in der Reihenfolge ihrer Nennung sammeln werde.

2. Historischer Kontext

Der deutsche Nationalsozialismus war in fast allen Bereichen stark durch seinen autoritären Führer Adolf Hitler geprägt, der sich selbst vor allem im politischen und ideologischen Bereich zum Maß aller Dinge machte und nur ungerne seine Macht mit anderen teilte. Das von ihm geprägte Führerstaatsprinzip zeichnete sich dadurch aus, daß vor allem seine wichtigsten Untergebenen immer direkt ihm gegenüber Rechenschaft über ihre Handlungen abzugeben hatten, sich aber durch unklare Kompetenzverteilungen immer in Konkurrenz zu anderen Personen innerhalb der NSDAP-Hierarchie befanden.[2]

Wie die meisten anderen seiner programmatischen Vorstellungen entwickelte Adolf Hitler auch seine Konzeptionen für Außen- und Europapolitik bereits Jahre vor der Machtergreifung. Während sich zur Zeit der Parteigründung vor allem der verlorene Weltkrieg und der als ungerecht empfundene Vertrag von Versailles als Eckpunkte einer gegenüber dem Westen revanchistischen Grundeinstellung innerhalb der NSDAP manifestierten, waren es in den folgenden Jahren die Kontakte zu österreichischen Nationalsozialisten, Sudetendeutschen und Emigranten aus der Sowjetunion, die Hitlers feindliche Einstellung gegenüber dem Bolschewismus prägten. Dazu gesellte sich bei Hitler schließlich Anti-Semitismus und eine Bewunderung für die nordisch-germanischen Völker, nach Kluke hervorgerufen durch den Einfluß der Thule-Gesellschaft.[3]

2.1 Die Europa-Konzeptionen der Nationalsozialisten

Konkrete Schritte der Außenpolitik erarbeitete Hitler jedoch erst, als die parteiliche Aufbauarbeit schon weitgehend abgeschlossen war und zwar während seiner Haftstrafe, die er in Landsberg absitzen musste. Die Grundlage für Hitlers Neuordnungspläne bezüglich Europas orientierten sich in erster Linie am rassisch und biologisch begründeten Kampf um Boden, beziehungsweise Lebensraum für das deutsche Volk im Osten des Kontinents. Gegenüber den Westmächten und dabei insbesondere Großbritannien verstand es Hitler zunächst, seine Eroberungspläne als Eindämmung des sowjetischen Bolschewismus zu erklären, vor dem er das westliche und mittlere Europa angeblich schützen wollte.

Unter diesen Umständen erscheint es zumindest etwas verständlicher, warum sowohl Premierminister Chamberlain als auch sein Außenminister Halifax so nachsichtig mit dem deutschen Diktator umgingen und nicht nur das Münchener Abkommen besiegelten, sondern Hitler auch engere Zusammenarbeit im Bereich der Kolonialwirtschaft anboten.[4] In diesem Zusammenhang erklärt eine frühe Äußerung des NSDAP-Reichsleiters Rosenberg möglicherweise, was die westeuropäischen Mächte zunächst dazu bewog, Hitler als Machtfaktor in Mitteleuropa zu akzeptieren. Rosenberg erkannte nämlich in einer 1932 gehaltenen Rede vor der Königlichen Italienischen Akademie den vier Großmächten Italien, Frankreich, England und Deutschland den höchsten Rang unter den europäischen Nationen zu, da sie kultur- und staatengestaltend im Verlauf der Geschichte des Kontinents aufgetreten sind.[5] Russland dagegen schloß er aus der Reihe der führenden europäischen Mächte aus, was jedoch nach der Machtergreifung durch Ribbentrops Diplomatie bald wieder in Frage gestellt wurde, als Hitler 1939 der Welt Stalin als gleichberechtigten europäischen Partner präsentierte. Daß die nach außen hin dargestellte Europa- und Außenpolitik Deutschlands aber im Grunde nur durch die nationalsozialistische Rassenlehre und Ideologie bestimmt wurde, zeigte spätestens der Angriff auf die Sowjetunion im Sommer 1941, der genau wie die Zerstückelung der Tschechoslowakei und die Invasion Polens nur die Erweiterung des deutschen Lebensraumes zum Ziel hatte: "Die wirkliche Grenze zwischen Asien und Europa ist die, die die germanische von der slawischen Welt trennt und darum ist es unsere Pflicht, sie dorthin zu verlegen, wo wir sie haben wollen"[6]. Hitler sah sich selbst als Begründer eines von der Gefahr des Bolschewismus befreiten Europas, in dem sein Großdeutsches Reich für tausend Jahre die Führerschaft übernehmen sollte.[7]

Doch auch im Verhältnis zu Hitlers engstem europäischen Verbündeten, dem italienischen Staatschef Mussolini, zeigte sich bald, daß weniger paneuropäische Ideale, sondern vielmehr reines Machtstreben hinter der nationalsozialistischen Außenpolitik steckten. Während der sogenannte "Stahlpakt" zwischen Rom und Berlin kurz nach seiner Unterzeichnung und auch

noch bis in die ersten Kriegstage hinein für ein gleichberechtigtes Bündnis zwischen den beiden Mächten stand, nahm die nationalsozialistische Führung bald einen kritischen Standpunkt gegenüber dem Bundesgenossen ein, da überzeugende Siege, wie beispielsweise der deutsche Einmarsch in Polen oder Frankreich, auf italienischer ausblieben. Die Tatsache, daß Hitler auf gemeinsame militärische Strategien mit dem "Duce" verzichtete, erklärt sich daraus, daß die deutsche Ideologie zunächst von der These der zwei Lebensräume ausging, bei dem Deutschland Nord-, Mittel- und Osteuropa und Italien Südeuropa und der Mittelmeerraum zugestanden wurden. Das bedeutete, daß Mussolini in "seinem" Gebiet genau wie Hitler nördlich davon, unbeschränkt von seiner Macht Gebrauch machen konnte und eine Einmischung seitens Deutschlands nicht angemessen gewesen wäre. Ein erstes Anzeichen für Risse im Stahlpakt waren SS-Siedlungsmaßnahmen im besetzten Luxemburg und auch einigen Teilen Frankreichs, bei denen italienische Staatsbürger genau wie andere romanische Volksgruppen zugunsten "rassisch höherentwickelter" Deutscher ausgewiesen wurden. Als Italien schließlich im Oktober 1943 kapitulierte, ließ Hitler seinem Eroberungsdrang freien Lauf. Abgesehen vom ohnehin dem Großdeutschen Reich zugehörigen Südtirol meldeten die Nationalsozialisten nun territoriale Ansprüche aus habsburgerischen Zeiten an, um die deutsche Südgrenze bis weit hinter Venedig und die Lombardei vorzurücken.[8]

Wann immer jedoch der Begriff des "Neuen Europa" auftauchte oder von einer neuen Ordnung für den Kontinent die Rede war, verband sich dies stets mit wirtschaftspolitischen Absichten der Nationalsozialisten, die, sicherlich auch unter dem Eindruck der zurückliegenden Weltwirtschaftskrise und den Industrialisierungsbeschränkungen Deutschlands durch den Versailler Vertrag, ein blockadesicheres, autarkes kontinentales Wirtschaftsgebiet, dessen Herz Deutschland ausmachen sollte, vor Augen hatten.[9] Noch vor Beginn des Krieges, als Hitler seine territorialen Eroberungspläne zu verschleiern wusste, äußerte der Ernährungsminister R.W.Darré 1939 vor einer Reichskommission: "Wenn Großdeutschland diese Ordnungsaufgabe gelingt, dann kristallisieren sich um diesen mitteleuropäischen Ordnungsblock wie von selbst auch andere Staaten in wohlausgeglichenen und stetigen wirtschaftlichen Beziehungen, und es wird damit die Grundlage für eine wahre neue europäische Ordnung geschaffen."[10]

Insbesondere richteten sich diese Bestrebungen gegen die Wirtschaftsmacht Großbritannien, die durch ihr Kolonialreich bislang den Welthandel bestimmte.

Noch während des Frankreichfeldzuges skizzierte der Botschafter Karl Ritter den zukünftigen Wirtschaftsraum, dessen Kern Großdeutschland, daß heißt das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937, Österreich, die Tschechei und Polen bilden sollte. In enger Beziehung zum Kernland sollten die übrigen besetzten oder verbündeten Staaten, also Luxemburg, Belgien, Holland, die skandinavischen Staaten, das Baltikum und der Donauraum durch Zollpräferenzen oder gar Währungsunionen gebracht werden. Weiterhin sollten diverse Kolonien in Afrika bestimmte Rohstoffbedürfnisse Kontinentaleuropas decken.[11]

Auch hinsichtlich der Eroberungspläne für die Sowjetunion finden sich verschiedene wirtschaftliche Interessen, die die Lebensraum-Ideologie zu konkretisieren scheinen. So bemerkt beispielsweise General Georg Thomas, Chef des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamts beim Oberkommando der Wehrmacht im Zusammenhang eines Vortrages vor Hermann Göring, daß die Besetzung der Ukraine ohne die Inbesitznahme des Erdölgebietes von Baku wertlos sei.[12] Währenddessen wurden in der Auslandsabteilung des Otto-Wolf-Konzerns bereits drei Tage nach dem Angriff auf die Sowjetunion Pläne für die Aufteilung der Stalinschen Eisen- und Stahlindustrie in einer Verwaltung durch deutsche Industrielle geschmiedet.[13]

Doch auch jenseits der wirtschaftlichen Interessenlagen gab es auf deutscher durchaus Überlegungen, wie nach Beendigung des Krieges die Neuordnung Europas praktisch aussehen könnte. Interessant erscheinen mir hierzu zwei Dokumente aus dem von Joachim von Ribbentrop geleiteten Auswärtigen Amt aus dem Jahr 1943. In einer Richtlinie für die Arbeit des "Europa-Ausschusses" wies der Außenminister seine Untergebenen am 5. April an, noch keine detaillierten Pläne für die Gesamtgestaltung Europas, und dabei vor allem in politischer Hinsicht, auszuarbeiten. Der Aufgabenbereich der Ausschussmitglieder sollte zunächst nur die Ansammlung eventuell später benötigter Materialien und die Vorbereitung von Unterlagen umfassen. Allerdings hob der Richtlinienkatalog hervor, daß dem Großdeutschen Reich in jeglicher Hinsicht der Führungsanspruch in Europa zustände. Ein gutes halbes Jahr später

brachte das Außenministerium dann doch einen etwas konkreteren Vorschlag für die politische Neuordnung des Kontinents heraus. In einem Entwurf vom September 1943 ist von der Schaffung eines "Europäischen Staatenbundes" die Rede, der unter Wahrung einzelstaatlicher Souveränität vor allem unter verteidigungs- und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten verwirklicht werden sollte. Jedoch ging dieses Papier, konform zur vorhergegangenen Richtlinie des Außenministers, in Detailfragen nicht besonders weit, so daß es den Anschein erweckte, daß den einzelnen Nationen genügend Handlungsspielraum erhalten bleiben sollte.[14] Daher stellt sich die Frage, wie ernst gemeint ein solcher Vorschlag eigentlich sein konnte. Hierbei könnte ein Blick auf die Notizen des deutschen Gesandten Cecil von Renthe-Fink aufschlußreich sein, der ebenfalls 1943, wahrscheinlich unter dem Eindruck des sich zu wenden beginnenden Blattes in der Kriegsführung, anregte, den anderen Völkern einen Ansporn für ihre Mitarbeit am deutschen Sieg zu geben. Deshalb empfahl er, für die Nachkriegszeit eine Europa-Idee auf Grundlage einer freiwilligen Zusammenarbeit der Nationen zu veröffentlichen, um Befürchtungen anderer Länder aufzulösen, Deutschland würde nach einem Sieg seine alleinige Macht missbrauchen. Den Nutzen einer solchen Europa-Planung fasste er folgendermaßen zusammen: "In den besiegten Ländern würde es mit der klaren europäischen Parole, wie sie der europäische Staatenbund bedeutet, möglich sein, mehr Männer für die Waffen-SS zu rekrutieren, die dann zusätzlich für unseren Kampf zur Verfügung stehen. Wir hätten die Grundlage für einen konstruktiven Plan, der eine positive und wirkungsvolle Propaganda ermöglichen würde..."[15]

2.2 Das Verhältnis der nationalsozialistischen Machthaber

zu den Völkern in den besetzten Gebieten

Wie bereits erwähnt, konzentrierte sich Hitler in seinem Eroberungsstreben darauf, dem deutschen Volk zusätzlichen "Lebensraum" zur Verfügung zu stellen. Dies sollte vor allem durch die Besetzung Osteuropas gesichert werden, für das eine spätere Besiedlung durch Deutsche, und zwar vornehmlich Bauern, vorgesehen war. Folglich stellten die dort lebenden slawischen Völker, die nach der nationalsozialistischen Rassenlehre ohnehin als minderwertig galten, zunächst in ihrer Gesamtheit einen gewissen Störfaktor für die Pläne der NS-Machthaber dar. Um so erstaunlicher erscheint daher eine Passage in Reichsführer SS Himmlers Niederschrift über "Die Behandlung der Fremdvölkischen im Osten", in der er die Anerkennung und sogar Pflege einzelner Volksgemeinschaften, wie die der Ukrainer, der Weißrussen, der Goralen, der Lemken und der Kaschuben empfahl. Sein Ziel war es allerdings nicht, diesen Völkern Nationalbewußtsein oder gar nationale Kultur beizubringen, sondern durch eine möglichst große Aufsplitterung der Bevölkerung der Ostgebiete die Machtstrukturen des NS-Staates zu festigen.[16] Hinsichtlich der Schul- und Bildungspolitik im Osten teilte Himmler in diesem Dokument die Ansichten Hitlers, der im April 1942 in einem Gespräch forderte, daß "ja kein Lehrer daherkommen und plötzlich den Schulzwang für die unterworfenen Völker verkünden wolle. Kenntnisse der Russen, Ukrainer, Kirgisen und so weiter im Lesen und Schreiben könnten uns nur schaden. Denn sie ermöglichten es helleren Köpfen, sich ein gewisses Geschichtswissen zu erarbeiten und damit zu politischen Gedankengängen zu kommen, die irgendwie immer ihre Spitze gegen uns haben müßten."[17] Die Zukunft der zumeist slawischen Völker des Ostens sollte darin liegen, den Deutschen mit ihrer Arbeitskraft zur Verfügung zu stehen und im Laufe der Zeit mangels Bildung und Autonomie ihre Identität verlieren.[18] Noch deutlicher wurde Himmler in einer Rede vor SS-Führern in Posen am 4. Oktober 1943, in der unter anderem verlauten ließ:

[...]


[1] Vgl. Stamm, K.H. in: Journalist, 5/1995, S.13ff.

[2] Vgl. Andersen, U.& Woyke, W. (Hrg.) (1997), S. 373

[3] Vgl. Kluke, P. in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 3/1955, S. 242

[4] Vgl. Kluke, P. in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 3/1955, S. 246

[5] Vgl. Rosenberg, A. (1942), S.296ff.

[6] siehe Picker, H. & Schramm, P.(1965), S.226

[7] Vgl. Picker, H.& Schramm, P. (1965), S.116

[8] Vgl. Kluke, P. in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 3/1955, S. 262/263

[9] Vgl. Picker, H.& Schramm, P. (1965), S.500

[10] siehe Kluke, P. in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 3/1955, S. 251

[11] Vgl. Kühnl, R. (1975), S.319ff

[12] Vgl. Kühnl, R. (1975), S.325

[13] Vgl. Kühnl, R. (1975), S.358

[14] Vgl. Kühnl, R. (1975), S.335/337

[15] siehe Kühnl, R. (1975), S.336

[16] Vgl. Kühnl, R. (1975), S. 328

[17] siehe Picker, H. & Schramm, P. (1965), S.271

[18] Vgl. Kühnl, R. (1975), S.329

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Das Neue Europa in der nationalsozialistischen Propaganda - Untersuchung am Beispiel des okkupierten Weißrussland 1941 - 1944
Université
Free University of Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Cours
HS 15154 Medien und Propaganda im Zeichen des Hakenkreuzes
Note
1,0
Auteur
Année
2000
Pages
27
N° de catalogue
V9987
ISBN (ebook)
9783638165570
ISBN (Livre)
9783638641333
Taille d'un fichier
583 KB
Langue
allemand
Mots clés
Neue, Europa, Propaganda, Untersuchung, Beispiel, Weißrussland, Medien, Propaganda, Zeichen, Hakenkreuzes
Citation du texte
Alexander Pilic (Auteur), 2000, Das Neue Europa in der nationalsozialistischen Propaganda - Untersuchung am Beispiel des okkupierten Weißrussland 1941 - 1944, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9987

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