Der Hitlerputsch 8./9.11.1923


Elaboración, 2000

15 Páginas


Extracto


INHALTSVERZEICHNIS

I. Einleitung

II. Hauptteil
1 Der gesamtpolitische Hintergrund
1.1 Die politische Lage in der Weimarer Republik
1.2 Die Situation in Bayern und die bayerischen Voraussetzungen für den Putsch
2 Die beteiligten Personenkreise, ihre Pläne und Ziele
2.1 Das ,,Triumvirat"
2.2 Der ,,Kampfbund"
2.3 Die Zusammenhänge zwischen ,,Triumvirat" und ,,Kampfbund"
3 Der Putsch
3.1 Die Ereignisse des 8. November 1923
3.2 Der Marsch auf die Feldherrnhalle am 9. November 1923
3.3 Die Gründe für das Scheitern des Putsches

III. Schluss
1 Ergebnisse und Folgen des Putsches
2 Schlussbemerkung

IV. Anmerkungsverzeichnis

V. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die politische Situation Deutschlands während des Jahres 1923 zeigte in vielerlei Hinsicht die angespannte Lage, in der sich das Reich befand. Die noch sehr junge Weimarer Republik befand sich in einer Krise, das Land im Chaos. Die Franzosen besetzten zur Pfändung rückständiger Reparationszahlungen am 11.01.1923 das Ruhrgebiet . Die Inflation stieg ins Unendliche. In verschiedenen Landesregierungen waren die Kommunisten beteiligt und ein Aufstand drohte der Regierung unter Friedrich Ebert und Gustav Stresemann nicht nur von der links-, sondern auch von der rechtsextremen Seite. Des weiteren konnte sich die Regierung nicht der Treue der Reichswehr unter der Führung ihres Heereschefs, General von Seeckt, sicher sein. Kurzum, der erste Versuch einer Demokratisierung war ein Fiasko und es hatte den Anschein, dass eine große Anzahl der Deutschen nicht die Absicht hatte, den Versuch überhaupt ernsthaft zu unternehmen.

Schon seit den Tagen der Münchner Räterepublik1 ) hatte sich Bayern politisch immer mehr nach rechts und zurück in die Vergangenheit bewegt. Bayern wurde zur ,,Ordnungszelle des Reiches"2 ), wie es in rechtsgerichteten Kreisen hieß. Der Zeitpunkt für eine Revolution schien Ende des Jahres 1923 günstig, der Ruf nach dem ,,Sturm auf die Republik" war überall zu hören. Bayern schien sich zu einem idealen Sprungbrett für einen Staatsstreich zu eignen. Doch ehe dieser Punkt erreicht werden sollte, bedurfte es einer Vielzahl von politischen Ereignissen, auf die in dieser Arbeit eingegangen wird.

Diese Arbeit soll dazu beitragen, einen Überblick über die Ereignisse zu bekommen, die zum Hitlerputsch führten. Ferner werden die an dieser nationalen Revolution maßgeblich beteiligten Personen genannt und deren Rollen aufgezeigt. Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Hintergrund bezüglich der politischen Lage in der Republik und der Situation in Bayern, die man als Voraussetzung und Nährboden für den Putsch betrachten kann. Im zweiten Teil wird auf die Personenkreise eingegangen, die direkt am Putsch beteiligt waren. Im dritten Abschnitt werden die Ereignisse des 8. und 9. Novembers erläutert, die auch die Gründe für das Scheitern des Putsches beinhalten. Im Schlussteil werden die Ergebnisse des Putsches von München und die Folgen für die Weimarer Republik dargestellt.

II. Hauptteil

1 Der gesamtpolitische Hintergrund

1.1 Die politische Lagen in der Weimarer Republik

Nachdem die Regierung unter der Führung des parteilosen Reichskanzlers Wilhelm Cuno aufgrund der Aussichtslosigkeit im Ruhrkampf stürzte, wurde Gustav Stresemann zum neuen Reichskanzler gewählt, welcher sich auf eine große Koalition aus SPD, DDP, Z und DVP3 ) stützen konnte. Aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen beendete Stresemann im September 1923 den Ruhrkampf. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Beziehungen zwischen Berlin und München festgefahren und die Lage zwischen Reichsregierung und bayerischer Landesregierung verschärfte sich zunehmend. Auf den Abbruch des passiven Widerstandes des Ruhrgebietes gegen die Besetzung durch die Franzosen antwortete das nationalistisch aufgeheizte Bayern am 26. September 1923 mit der Verhängung des Ausnahmezustandes. Währenddessen hatten sich in Sachsen und Thüringen unter dem Eindruck von Inflation, Hunger und Arbeitslosigkeit SPD-Regierungen gebildet, die schon bald auch Kommunisten mit in die Regierung aufnahmen. Eine missglückte Revolution Ende Oktober 1923 in Hamburg nahm Reichspräsident Ebert zum Anlass, die Reichswehr gegen diese beiden Länder einzusetzen. Diese setzte die Regierungen ab und verhaftete deren Mitglieder, womit Anfang November die ,,bolschewistische Gefahr"4 ) beseitigt war. Auffallend war zu diesem Zeitpunkt das sehr unterschiedliche Vorgehen des Reichspräsidenten gegenüber Bayern auf der einen und Sachsen/Thüringen auf der anderen Seite. Dieses Verhalten veranlasste die SPD die Regierung Stresemann zu verlassen, welche damit eigentlich zum Scheitern verurteilt war. Als Antwort auf den bayerischen Ausnahmezustand verhängte die Reichsregierung den Ausnahmezustand über das ganze Deutschland. Die vollziehende Gewalt wurde an den Reichswehrminister Otto Geßler übertragen, wodurch die Reichswehr einmal mehr zum entscheidenden Faktor der politischen Auseinandersetzung wurde. Die Frage, auf wessen Seite sich die Reichswehr schlagen würde, wurde durch die Position des Chefs der Heeresleitung, General Hans von Seeckt, beantwortet. Er lehnte die Durchführung der von Ebert verhängten Reichsexekution gegen Bayern ab und verlangte seinerseits vom Reichspräsidenten die Übertragung der Diktaturgewalt (nach Art. 48), was eine Ausschaltung Geßlers bedeutet hätte. Diese Forderung unterstrich er mit der Äußerung: ,,Die Reichswehr, Herr Präsident, steht hinter mir."5 ) Als Ebert sein Ansinnen ablehnte, trug sich von Seeckt selbst mit dem Gedanken an einen Staatsstreich.

1.2 Die Situation in Bayern und die bayerischen Voraussetzungen für den Putsch

Das einstmalige Königreich Bayern hatte mehr als alle anderen deutschen Staaten an den Folgen der Novemberrevolution von 1918 gelitten. Der Monarch, König Ludwig III, wurde von den Sozialisten zur Flucht gezwungen. Es wurde eine ,,Rote Republik" gegründet, welche jedoch in einer blutigen Konterrevolution der ,,Freikorps" ein schnelles Ende fand. Nach den Räterepubliken in München hatte sich Bayern innerhalb des Reiches zu einer Enklave für reaktionäre Monarchisten und politische Opportunisten entwickelt. Bayern wurde immer mehr zu einer Sammelstelle rechtsgerichteter Kreise, Verbände und Parteien und schließlich zur Hochburg der Rechtsradikalen.

Die Bayern selbst betrachteten sich in ihrer konservativen Denkweise als die ,,Ordnungszelle" innerhalb der desolaten und stürmischen Weimarer Republik. Die Loslösung Bayerns vom Reich oder das Aufzwingen dieser bayerischen Ordnung mittels Waffengewalt oder gar eines Putsches auf das Reich schien bevor zu stehen. In dieser Situation verhängte der bayerische Ministerpräsident, Eugen von Knilling, den Ausnahmezustand über Bayern. Um diesen durchzusetzen, ernannte er den ehemaligen Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr zum ,,Gerneralstaatskommisssar" mit dem Status eines Diktators. Nachdem Reichspräsident Ebert den Ausnahmezustand über das gesamte deutsche Reich verhängte, bestritt von Kahr die Gültigkeit dieser Verordnung für Bayern. Die Probleme spitzten sich weiter zu, als persönliche Angriffe auf die Reichs regierung und den Chef der Heeresleitung in Hitlers Tageszeitung ,,Der Völkische Beobachter"6 ) erschienen. Als die Berliner Regierung v. Kahr befahl, Hitlers Zeitschrift zu verbieten, weigerte sich dieser, den Befehl auszuführen. Daraufhin gab v. Seeckt dem Befehlshaber der 7. Division, Generalleutnant Otto von Lossow, den Befehl, das Verbot durchzusetzen. Dieser, in seiner Loyalität dem bayerischen ,,Diktator" ergeben, widersetzte sich ebenfalls diesem Befehl. Als v. Seeckt daraufhin v. Lossow seiner Stellung als Befehlshaber enthob, stellte v. Kahr seine diktatorische Macht unter Beweis. Er unterstellte den Wehrkreis und die 7. Division der Reichswehr seiner Macht und setzte v. Lossow als Kommandeur und Landeskommandanten ein. Das war militärisch und politisch gesehen Rebellion, wurde allerdings von der bayerischen Seite ,,mit der hehren Aufgabe, unserem deutschen Vaterland die innere Freiheit wiederzugeben"7 ) begründet.

2 Die beteiligten Personenkreise, ihre Pläne und Ziele

2.1 Das ,,Triumvirat"

Gleichzeitig mit der Ernennung von Kahrs zum ,,Generalstaatskommissar" stellte Bayerns Ministerpräsident diesem zwei wichtige Persönlichkeiten zur Seite, die dessen Verordnungen stützen und ausführen sollten. Zum einen war das der bereits erwähnte Befehlshaber der 7. Division, Generalleutnant von Lossow, der seine Loyalität gegenüber v. Kahr schon unter Beweis stellte mit seiner Befehlsverweigerung gegenüber v. Seeckt. Zum anderen war diese der Chef der Landespolizei, Oberst Hans Ritter von Seisser. Auch dieser besaß ein sehr großes Machtpotential zum Durchsetzen seiner Befehle, hatte die bayerische Landespolizei zu dieser Zeit fast Divisionsstärke, also an die 10.000 Mann. Diese drei Männer bildeten das bayerische ,,Triumvirat".

Sie wussten um die Situation in der Weimarer Republik und die Chance, die sich dadurch für sie ergab. Sie hatten ein gemeinsames Ziel: Die Republik zu stürzen. Die Meinungen gingen allerdings über das ,,wo" und ,,wie" des Losschlagens auseinander. Von Kahr z.B. dachte zuerst an eine Loslö sung Bayerns vom Reich mit der Wiederherstellung einer Monarchie unter Kronprinz Rupprecht. Er träumte aber auch von einem Marsch auf Berlin mit dem Ziel, Rupprecht gar zum Kaiser Deutschlands zu krönen.

Der vorsichtige v. Lossow hingegen wollte aber auf alle Fälle Garantien dafür haben, dass die Reichswehr im Norden mit ihnen gemeinsame Sache machen würde. Ein bewaffneter Widerstand der reichstreuen Truppen, welcher einem Bürgerkrieg gleichkommen würde, war ihm ein Greuel. Die Aussicht, eine derartige Absicherung zu erhalten, schien jedoch aufgrund der zunehmenden Spannung zwischen München und Berlin aussichtslos. Nachdem jedoch Reichspräsident Ebert v. Seeckts Forderung nach Übertragung der Diktaturgewalt ablehnte, sah v. Seeckt in Bayern die Möglichkeit für Unterstützung seiner eigenen Putschgedanken. Er sicherte v. Kahr die Nichteinsetzung der außerbayerischen Reichswehr gegen die dort stationierte zu (,,Truppe schießt nicht auf Truppe"). Die Angst vor einem Einsatz der Reichswehr gegen die Reichswehr war nunmehr unbegründet.

Bei einer Versammlung von Herren der Reichswehr, der Landespolizei und den

,,Vaterländischen Verbänden" führte v. Lossow drei Möglichkeiten des Handelns auf:

1. Einmarsch nach Berlin und Ausrufung der nationalen Diktatur
2. ,,Weiterwurschteln und Bayern bei der Stange bleiben"
3. Trennung Bayerns vom Reich

Von Lossow ließ keinen Zweifel über das von ihm angestrebte Ziel. Er erklärte: ,,Für uns in Bayern kommt nur die erste Möglichkeit in Betracht".8 ) Von da ab war es klar, das Ziel war der ,,Marsch nach Berlin" und die Erlösung aller Deutschen von den ,,Novemberverbrechern" in Berlin.

2.2 Der ,,Kampfbund"

Der Kampfbund war die eigentlich treibende Kraft für einen Putsch in Bayern. Er war eine Vereinigung von radikal völkischen Nationalisten, von Antisemiten und Antimarxisten, die allesamt die Demokratie ablehnten. Das tat auch die Führung des Kampfbundes, in der sich sieben Männer gefunden hatten, die alle das gleiche Ziel verfolgten. Sie betrachteten die Regierung um Reichspräsident Ebert und die verschiedenen Reichskanzler als verantwortlich für die Niederlage im 1. Weltkrieg, die Demütigung und den Verfall Deutschlands unter dem Vertrag von Versailles. Ihr gemeinsames Ziel war es, diese Nachkriegsregierung zu stürzen. Sie sahen sich als die Retter des Vaterlandes und der Ehre Deutschlands. Allen voran war das Adolf Hitler, Führer der NSDAP9 ) und Besitzer des ,,Völkischen Beobachters". Er, der Ex- Gefreite, war der Agitator, der Dank seines Charismas und seiner demagogischen Begabung als Redner die Massen in Raserei versetzen konnte. Er war die alles beherrschende Person, der Dreh- und Angelpunkt der nationalistischen Bewegung. Zur Führung gehörten außerdem zwei seiner engsten Mitarbeiter, der Ingenieur Dr. Max Erwin von Scheubner-Richter und das Weltkrieg-Fliegeras Hermann Göring, der Führer von Hitlers Sturmabteilung (SA)10 ). Der vierte im Bunde war der Tierarzt Dr. Friedrich Weber, der politische Führer vom ,,Bund Oberland"11 ). Des weiteren waren noch Oberstleutnant a. D. Herma nn Kriebel und der Major Hans Streck beteiligt. Die Führungsgilde vervollständigte der General a. D. Erich Ludendorff, ehemaliger Chef des kaiserlichen Generalstabes, dem immer noch sehr viel Hochachtung und Sympathie seitens der Bevölkerung und insbesondere der Reichswehr entgegengebracht wurde. Mit ihm an der militärischen Führung eines Putsches erhoffte sich Hitler die Unterstützung der gesamten Reichswehr beim ,,Marsch nach Berlin". Dies sollte sich allerdings als ein schwerwiegender Irrtum herausstellen.

2.3 Die Zusammenhänge zwischen ,,Triumvirat" und ,,Kampfbund"

Die Bildung des bayerischen Triumvirats passte vollkommen in die Pläne der Kampfbund- Führer. Sie sahen jetzt die Möglichkeit gegeben, mit v. Lossows 7. Division, v. Seissers Landespolizei, Görings SA, Webers ,,Bund Oberland" und der ,,Reichskriegsflagge" Hauptmann Röhms als eine gemeinsame Streitkraft mit General Ludendorff an ihrer Spitze die bayerische Diktatur von München auf Berlin auszudehnen. Obwohl es zwischen dem Triumvirat und der Kampfbund-Führung Meinungsverschiedenheiten und auch Rivalitäten gab, war man sich darüber einig, was geschehen musste: Die nationale Revolution! Allerdings basierte die Zusammenarbeit zwischen dem Triumvirat und dem Kampfbund hauptsächlich auf Misstrauen und genau dieses Misstrauen verhinderte ein gemeinsames Handeln. Hitler mahnte im Oktober 1923 immer öfter, dass sie nach Berlin marschieren sollten, bevor Berlin gegen sie marschiert12 ). Das war aber nicht der wichtigste Grund für sein Drängen. Er befürchtete immer mehr, dass das Triumvirat wankelmütig werde oder gar einen Putsch ohne ihn plante, was ihm am meisten Angst bereitete. Andererseits war sich auch das Triumvirat nicht sicher, ob nicht Hitler alleine handeln würde. Er hatte zwar solchen Gedanken immer widersprochen, doch stand er durch seine eigenen Handlungen unter dem wachsenden Druck der Erwartung seiner vielen Anhänger. Und so kam es dann auch. Er musste die Initiative ergreifen.

Aber nicht gegen das Triumvirat sollte es gehen, sondern mit ihm. Es musste eine Aktion vonstatten gehen, welche das Triumvirat mit einbezog und dermaßen kompromittierte, dass es zur Mitarbeit gezwungen wäre. Von Kahr hatte für den Abend des 8. November 1923 eine Ansprache im Bürgerbräukeller, einem der größten Münchner Säle, angesagt. Geladen wurden alle prominenten Vertreter der Politik, der Verwaltung, der Königlich Bayerischen Armee, der Reichswehr, der Intellektuellen und der Wirtschaft. Das bedeutete, dass auch das gesamte Triumvirat anwesend sein würde. Diese Versammlung sollte der geeignete Moment sein, um die nationale Revolution auszurufen. Die Ereignisse zwischen Adolf Hitlers Erscheinen im Bürgerbräukeller am 8. November kurz nach 20:30 Uhr und den Schüssen vor der Feldherrnhalle am 9. November kurz nach 12:30 Uhr sollten als der ,,Hitler-Putsch" in die Geschichte eingehen.

3. Der Putsch

3.1 Die Ereignisse des 8. November 1923

Am 8. November 1923 um 20:30 Uhr begann Hitlers lang vorbereiteter Auftritt im Bürgerbräukeller. Von Kahr befand sich gerade in seiner Ansprache, als sich Hitler mit einem Schuss in die Saaldecke Gehör verschaffte. ,,Die nationale Revolution ist ausgebrochen", schrie er, ,,ich erkläre die bayerische Regierung für abgesetzt."13 ) Er bat das Triumvirat mit ihm in ein Nebenzimmer zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt war die gesamte Innenstadt schon durchsetzt von Truppen der SA, des ,,Bund Oberland" und der ,,Reichskriegsflagge". Sie begannen Straßen abzusperren und Gebäude zu besetzen, wie z. b. das Wehrkreiskommando, v. Lossows Amtssitz. Wicht ige Positionen, unter anderem bei der Stadtpolizei, wurden schon im Vorfeld des Putsches von den Nationalisten durch Mitglieder der NSDAP besetzt, was sich in diesem Moment als sehr brauchbar herausstellte. So wurde z. B. die Versorgung der Truppen mit Waffen sichergestellt und auch die Koordinierung von etwaigen Gegenmaßnahmen auf Seiten der Polizei und Reichswehr empfindlich gestört. Allerdings kam es bereits hier zu Komplikationen, weil oftmals eine konkrete Planung fehlte und daher viel improvisiert werden musste. Das sollte sich auch als einer der Hauptgründe für das Scheitern des Putsches herausstellen.

Auch im Bürgerbräukeller sah sich Hitler Problemen gegenübergestellt. Das Triumvirat fühlte sich von ihm hintergangen, hatte er doch sein Wort, nicht zu putschen, gebrochen. Ihre Gefühle schwankten zwischen Wut, Verachtung, Demütigung und Entmutigung, war doch Hitler ihrem eigenen Vorhaben zuvorgekommen. Doch es schien sich abzuzeichnen, dass dieser Putsch zum Scheitern verurteilt war, bevor er richtig begonnen hatte. Hatte doch v. Lossow zu v. Kahr und v. Seisser gesagt, sie sollten ,,Komödie spielen" .14 ) Letztendlich war das, was sich dann anschließend im Nebenraum des Bürgerbräukellers abspielt, nichts anderes als eine Komödie. Sie waren über Hitlers Art und Weise entrüstet und lehnten dessen Vorschlag zur Bildung einer neuen Regierung ab. Erst nach dem Erscheinen Ludendorffs, welcher mit seinem Auftreten zuerst v. Seisser und v. Lossow scheinbar von der Revolution überzeugen konnte, wurde auch v. Kahr konspirativer. Unter der Voraussetzung, nur als Statthalter der Monarchie in die neue Regierung einzutreten, stimmte er den Vorstellungen Hitlers und Ludendorffs zu.

In einer ad hoc erarbeiteten ,,Proklamation an das deutsche Volk" setzte man die ,,Regie rung der Novemberverbrecher in Berlin" und gleichzeitig auch die bayerische Landesregierung ab und rief die ,,provisorische deutsche Nationalregierung" aus. Sie bestand aus Ludendorff, Hitler, v. Lossow und v. Seisser. Von Kahr sollte als bayerischer Statthalter des Hauses Wittelsbach fungieren.15 ) Hitler und Ludendorff schienen als die Sieger, doch keine vier Stunden nach diesem öffentlichen Triumph sollte sich das Triumvirat von ihnen wieder losgesagt haben. Nach der Verkündigung der neuen Regierung machte sich Hitler mit anderen Führern des Kampfbundes an die Arbeit, den weiteren Verlauf der Revolution in der Stadt zu koordinieren. Zurück blieb Ludendorff, der die Aufsicht über das Triumvirat übernommen hatte. Um 22:40 Uhr ließ Ludendorff v. Kahr, v. Seisser und v. Lossow gehen, denn er sah keinen weiteren Sinn in ihrem Festhalten, hatten doch diese drei Herren ihr Wort gegeben, nichts zu unternehmen. Ludendorff ließ sich auch nicht von Scheubner-Richter und F. Weber, die schon in diesem Moment die Folgen dieser Entscheidung erahnten, von diesem Schritt abbringen. Durch diesen fatalen Entschluss kann man Ludendorff im nachhinein als einen der Schuldigen am Scheitern des Putsches bezeichnen.

Bei ihrem Eintreffen in der Stadtkommandantur teilten v. Lossow und v. Seisser den Generälen der Reichswehr und der Landespolizei mit, dass die im Bürgerbräukeller gegebene Erklärung unter Waffengewalt erzwungen wurde und widerriefen diese. Sie sagten sich von Hitler und Ludendorff los und führten die Gegenmaßnahmen, um den Putsch zu vereiteln. Nach der Verlegung dieses Stabes in die Kaserne des 19. Infanterie-Regiments stieß auch v. Kahr wieder zu ihnen. Jetzt war das Triumvirat wieder vereint und ungestört. Um 23:30 Uhr bekam die Reichsregierung in Berlin Informationen vom Putsch in München. Daraufhin wurde v. Seeckt mit sofortiger Wirksamkeit zum Diktator mit uneingeschränkter vollziehender Macht ernannt, um das Niederschlagen eines Marsches nach Berlin durch die Reichswehr sicherzustellen. Soweit sollte es aber gar nicht erst kommen. In einer offiziellen Erklärung, die um ca. 03:00 Uhr abgegeben wurde, distanzierte sich das Triumvirat von Hitler und Ludendorff und zeigte seine ablehnende Haltung gegenüber dem Putsch. In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages hingen aber in ganz München schon tausende von Plakaten, die die nationale Revolution ausriefen und die Proklamation der neuen Regierung mit dem Triumvirat beinhalteten. Viele der führenden Putschisten waren zu diesem Zeitpunkt allerdings schon verhaftet und nur noch das Wehrkreiskommando, der Bürgerbräukeller und Stadtteile rechts der Isar befanden sich in den Händen des Kampfbundes. Der Putsch schien gescheitert zu sein am Morgen des 9. November 1923.

3.2 Der Marsch auf die Feldherrnhalle

Hitler und Ludendorff sahen sich dieser für sie nicht gerade verheißungsvollen Situation gegenüberstehen. Die Bevölkerung war auf der einen Seite von der nationalen Revolution begeistert, was man bei Morgenkundgebungen auf dem Marienplatz und anderen Orten feststellen konnte. Auf der anderen Seite war sie jedoch verunsichert, hatte sich doch schon herumgesprochen, dass sich das Triumvirat gegen Hitler gestellt hat und alles unternahm, um diesen Putsch zu beenden. Es war schon spät am vormittag, als sich die meisten Männer des Kampfbundes, sowohl die Führung als auch die Truppen der SA und vom ,,Bund Oberland", im Bürgerbräukeller versammelten. Einzig und alleine Röhm mit seiner ,,Reichskriegsflagge" hielt das Wehrkreiskommando. Als letzte Möglichkeit für einen Umschwung der nahe liegenden Niederlage sah Ludendorff einen Demonstrationszug durch die Stadt, um die sympathisierende Bevölkerung endgültig zur nationalen Revolution aufzustacheln. Um 12:00 Uhr marschierte die Kolonne, die ungefähr 3.000 Mann umfasste, Richtung Münchner Innenstadt. Und es kam wie gedacht, die Bevölkerung ließ sich mitreissen und schloss sich zu Hunderten dem Zug an. Der Zug sollte zum Wehrkreiskommando gehen, wo sich Röhm mit seinen Männern ihm anschließen sollte. Doch v. Seisser hatte mit seiner Landespolizei in Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei das gesamte Regierungsviertel abgeriegelt, was Hitler und Ludendorff nicht wussten. An der Feldherrnhalle kam es um 12:45 Uhr zu dem verhängnisvollen Zusammenstoß zwischen den Putschisten und der Polizei. Ein Schuss, dessen Herkunft bis heute nicht geklärt ist, tötete einen Polizisten. Daraufhin eröffnete die Polizei das Feuer auf den Demonstrationszug, welcher zurückschoss. Nach einem kurzen Feuergefecht lagen 14 tote Putschisten, vier tote Polizisten und dutzende von Verletzten auf dem Odeonsplatz. Der Demonstrationszug löste sich in Windeseile auf und viele der Putschisten, darunter auch der verletzte Hitler, konnten entkommen. Ludendorff und 20 andere vom Kampfbund wurden an Ort und Stelle verhaftet. Das war das Ende des HitlerPutsches, welcher nicht einmal 17 Stunden gedauert hat.

3.3 Die Gründe für das Scheitern des Putsches

Zufall und Improvisation waren die beiden Schlagwörter, mit denen man auch das Scheitern des Putsches in München erklären kann. Es war wahrlich nicht nur allein das Fehlverhalten von Ludendorff und die daraus resultierenden Gegenmaßnahmen des Triumvirats, die die Schuld im blutigen Ausgang dieser Revolution hatte. Denn obwohl der Putsch von langer Hand vorbereitet und geplant war, ist die Ausführung nicht der eines Staatsstreiches würdig gewesen. Zuviel wurde einfach dem Zufall überlassen und oftmals herrschten große Missverständnisse innerhalb der Führung des Kampfbundes. So wurden z. B. weder die Reichswehr- und Polizeikasernen, im tiefen Glauben an die Neutralität oder gar Unterstützung derer, noch das Hauptpostamt, das Telegraphenamt, die Telefonzentrale und der Hauptbahnhof von Putschisten besetzt. Dieser Zustand ermöglichte es v. Kahr/v. Seisser/v. Lossow erst, ihre Gegenmaßnahmen einzuleiten und zu koordinieren. All dies waren strategisch wichtige Orte, von denen Hitler allerdings annahm, sie seien in der Hand des Kampfbundes. Es stellte sich überhaupt heraus, dass Hitler zu diesem Zeitpunkt doch nur ein Amateurrevolutionär war. Beseelt von seinem ,,Führerprinzip"16 ) war er der Meinung, dass die Zeit reif für eine Revolution war und dass das Volk ihm auf seinem Weg folgte. Er hatte damit nicht einmal so unrecht, doch er schaffte es nicht, dem Volk diesen Weg auch zu zeigen. Er war nicht einmal in der Lage seinen engsten Mitarbeitern diesen Weg klarzumachen, denn durch seine Geheimnistuerei konnte keiner ahnen, was er als nächsten Schritt vorhatte. So kam es auch, dass viele SA-Offiziere so vage und kurzfristig von diesem Putsch informiert wurden, dass ihre Maßnahmen und Handlungen fast ganz dem Zufall überlassen waren. Und nicht zuletzt die falsche Einschätzung des Triumvirats und dessen Verhaltens tat ihresgleichen, um die nationale Revolution schon im Keime zu ersticken.

III Schluss

1 Ergebnisse und Folgen des Putsches

Nach der blutigen Niederschlagung an der Feldherrnhalle begann die große Flucht der Putschisten. Mehr als 1.000 Rebellen und einige der Führer des Kampfbundes verließen sofort die Stadt, die meisten in Richtung Rosenheim und Österreich. Auch Hitler verließ die Stadt und fand im Haus eines Bekannten 40 Kilometer südlich von München Zuflucht. Sie alle bekamen das nicht mehr mit, was sich nach den Schüssen auf dem Odeonsplatz in München abspielte. Hitler hatte Recht gehabt, die Massen waren doch auf seiner Seite. Die Stadt brodelte vor Entrüstung und Wut über die Zerschlagung der Revolution. Die Landespolizei mußte desöfteren einschreiten, um den Übergriffen der Massen Einhalt zu gebieten. Überall forderte man die Köpfe des Triumvirats, dieser ,,Vaterlandsmörder" und ,,Bluthunde".17 ) Erst nach Tagen beruhigten sich wieder etwas die Gemüter. Die NSDAP wurde für rechtswidrig erklärt und ,,Der Völkische Beobachter" verboten. Ganz im Gegensatz zum übrigen Reich kam Bayern auch in den Folgemonaten nicht zur Ruhe, wenngleich sich die Beziehungen zwischen München und Berlin wieder verbesserten. Erst nach dem Rücktritt v. Kahrs, dem ,,meistgehassten Mann im Reich", und die Versetzung v. Lossows in den Ruhestand im Februar 1924 ging in Bayern die politisch extreme Nachkriegszeit zu Ende.

In den Tagen vom 26. Februar bis zum 1. April 1924 lief der ,,Hochverratsprozess" gegen Hitler, Ludendorff und sieben weiteren Putschisten. Die Tatsache, dass dieser Prozess vor dem Münchner Volksgerichtshof, und nicht vor dem zuständigen Leipziger Staatsgerichtshof, abgehalten wurde, war ein Zugeständnis Eberts an Bayern. Hitler erhielt in dieser Verhandlung Gelegenheit, sein Handeln zu rechtfertigen und agitatorisch und demagogisch Reden gegen die Repub lik zu schwingen, wobei er von den Richtern nicht unterbrochen wurde. Er wollte sich nicht als unschuldig verteidigen, sondern benutzte die Gelegenheit, um seine Kampagne für sein politisches Programm zu starten, die zu Anklage gegen das demokratische System, die ,,Novemberverbrecher" und der ,,Sklaven des Versailler Vertrages" geriet. Seine Reden brachten ihm größte Publizität in den Zeitungen und er konnte so den Prozess in einen politischen Triumph umwandeln, wobei er auch die Richter für sich einnehmen konnte. Diese zeigten sich auch als sehr verständig und verurteilten Hitler zur Mindeststrafe für Hochverrat, fünf Jahre mit ausdrücklicher Genehmigung einer frühzeitigen Entlassung. Hitler saß von den fünf Jahren in der Tat auch nur 9 Monate in der Festung zu Landsberg/Lech ein.

2 Schlussbemerkung

Der Hitler-Ludendorff-Putsch hätte, wenn er nicht innerhalb ein paar Stunden zusammengebrochen wäre, aller Voraussicht nach die demokratischen Verhältnisse des Reiches zerstört, wenn nicht sogar den Zerfall des Reiches herbeigeführt. Aber nicht nur innenpolitisch sondern auch außenpolitisch wären die Folgen katastrophal gewesen. Frankreich und mit Frankreich gemeinsam gehende Grenzländer hatten schon militärische Vorkehrungen getroffen, als sie Nachricht vom Putsch bekamen. Der Beginn der nationalen Revolution im Bürgerbräukeller war nicht schlecht inszeniert, doch war die weitere Durchführung einfach zuwenig durchdacht und geplant, so dass das Unternehmen sicherlich nach einigen Tagen zusammengebrochen wäre. Adolf Hitler zeigte durch sein Handeln schon damals, dass ihm für eine Führerrolle sowohl die politische als auch die militärische Einsicht und Urteilskraft fehlte. Keine 20 Jahre später hatte er dies erneut mit tragischem Ausgang für Deutschland unter Beweis gestellt.

IV Anmerkungsverzeichnis

1) 1. Räterepublik vom 07.04. - 13.04.1919
2. Räterepublik vom 13.04. - 01.05.1919 (Kommunistische Räterepublik)
2) Dornberg; S. 11
3) SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschland DDP = Deutsche Demokratische Partei Z = Zentrumspartei DVP = Deutsche Volkspartei
4) Heiber; S. 142
5) Dornberg; S. 207/208
6) Parteizeitung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP
7) Heiber; S. 140/141
8) Bayerische Dokumente zum 9. November; S. 85/86
9) Die NSDAP war in der Weimarer Republik verboten worden; in Bayern hielt man sich jedoch mit Billigung der dortigen Regierung nicht an dieses Verbot.
10) Die SA war die 15.000 Mann starke Privatarmee der NSDAP
11) Die frühere Bezeichnung vom ,,Bund Oberland" war ,,Freikorps" (Beteiligt 1919 beim Umsturz der Bayerischen Räterepublik)
12) Dornberg; S. 13
13) Dornberg; S. 85
14) Dornberg; S. 86
15) Heiber; S. 152
16) Hitler forderte bei der Gründung der NSDAP (1920) den absoluten Gehorsam gegenüber seinen Befehlen verbunden mit der allgegenwärtigen Drohung, die Partei bei Kritik an seiner Person zu verlassen.
17) Dornberg; S. 339/340 _

V Literaturverzeichnis

John Dornberg

,,Der Hitlerputsch"

München, 8. und 9. November 1923 Frankfurt/Main, Berlin, 1989

Ernst Deuerlein

,,Der Hitlerputsch"

Bayerische Dokumente zum 8./9. November 1923 Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1962

Helmut Heiber

,,Die Republik von Weimar"

München, 1982

dtv-Weltatlas des 20. Jahrhunderts, Nr. 4003

Informationen zur politischen Bildung Nr. 109/110

,,Die Weimarer Republik"

Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn

Quellenheft zur Militärgeschichte

OSLw, Fürstenfeldbruck

Tandem-Verlag GmbH, Königswinter

Das 20. Jahrhundert

Die Millennium-Chronik

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Der Hitlerputsch 8./9.11.1923
Autor
Año
2000
Páginas
15
No. de catálogo
V99885
ISBN (Ebook)
9783638983198
Tamaño de fichero
468 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Hitlerputsch
Citar trabajo
Klaus Zenker (Autor), 2000, Der Hitlerputsch 8./9.11.1923, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99885

Comentarios

  • visitante el 21/1/2004

    Yo danke!!!.

    das hat er ja super hingekriegt das hat mir echt übelst geholfen, weil ich nen Vortrag zu dem thema halten muss und der hattest so schön alles zusammengefasst!!!yo danke an Klaus Zenker

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Título: Der Hitlerputsch 8./9.11.1923



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