Ideen zu den "Ideen". Mutmaßungen über die Bedeutung des Bildes der Narren und Vernünftigen im XV. Capitel von Heinrich Heines - Ideen. Das Buch Le Grand


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2000

11 Pages, Note: 1-


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Närrische Juden und vernünftige Christen - oder umgekehrt?
2.1 Närrische Juden und vernünftige Christen
2.2 Die Konversion
2.3 Vernünftige Juden und närrische Christen

3. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Viele Literaturwissenschaftler haben sich mit Heines ,,Ideen. Das Buch Le Grand" beschäftigt, doch nur wenige sind dabei näher auf das 15. Kapitel eingegangen. Hermann J. Weigand, der dieses Kapitel sehr schlüssig inter-pretiert hat, beschreibt es als [...] one of the most obscure in Heine's writings. 1,,Narren" und ,,Vernünftige" bzw. ,,Vernunft" sind die zentralen Begriffe in diesem Kapitel. In einem Wörterbuch aus dem Jahre 1809 werden die Worte ,,Narr" und ,,Vernunft" folgendermaßen erklärt:

Der Narr, [...] 1) Eigentlich eine Person, welche gegen die Regeln der Weisheit und Klugheit handelt. [...] Daher kömmt es auch, daßman oft vorzugsweise einen Menschen, der allerlei unverständige oder auch nur seltsame Possen treibt, welche Lachen erregen oder doch erregen sollen, einen Narren nennt [...] Der Begriff, daßmanüber die Handlungen des Narren noch lachen kann, findet auch in den Fällen Statt, wo der Narrheit ein Unverstand zu Grunde liegt, wie in den Wörtern Büchernarr, Kleidernar[r], Modenarr, Putznarr, Weibernarr eine Person welche eine unverständige und lächerliche Liebhaberei an Büchern, Kleidern, modischen Sachen hat und zeigt. [...] 2) In engerer Bedeutung, ein des freien Gebrauches seiner Vernunft ganz beraubter Mensch; ein Wahnwitziger, Wahnsinniger, Verrückter, und, am härtesten, Toller. [...] In der Bibel wird unter Narr auf eine sonst ungewöhnliche Art häufig, ein unvernünftiger unbesonnener Mensch, und oft auch ein Gottloser verstanden. 2

Die Vernunft, [...] 1) Die Handlung, da man etwas vernimmt, mit Bewußtsein und Unter-scheidung empfindet. 2) In engerer Bedeutung, das Vermögen der Seele, den Zusammen-hang der Dinge einzusehen und zu schließen. [...] Die gesunde Vernunft, die Vernunft, wie sie jeder von der Natur nicht verwahrloste Mensch hat. [...] 3) Der Inbegriff aller durch die Vernunft erkennbaren und erschließbaren Wahrheiten; in Gegensatz von Offenbarung, dem Inbegriff der offenbarten Wahrheiten. 3

Doch welche Bedeutung hat Heine diesen Begriffen in seinem Text beige-messen? Hermann J. Weigand geht in seinem Essay ,,Heine's ,Buch Le Grand"4 davon aus, daß Heine mit den Narren die Rationalisten und Romantiker und mit den Vernünftigen die Hegelianer beschreibt. Heine, ursprünglich Romantiker - also Narr - hat sich demnach nach seiner Ankunft in Berlin 1821 zu den Hegelianern - den Vernünftigen - geschlagen. Heine war zwar nicht wirklich Hegelianer, er sympathisierte jedoch mit deren Zielen und Lebensansichten. Seine neuen Genossen 5 waren die Hegel-Anhänger um Moses Moser und Eduard Gans.

Im Folgenden soll ein Interpretationsansatz aufgezeigt werden, der sich mit einer möglichen religiösen Bedeutung des Bildes der Narren und Vernünftigen auseinandersetzt.

2. Narren, Vernünftige, Juden und Christen

Ausgangspunkt der Interpretation ist die These, daß man den Narren die Juden und den Vernünftigen die Christen bzw. die Nicht-Juden zuordnen kann. Allerdings ist diese These nicht auf den gesamten Text anwendbar. Im Verlauf des Textes wird sich die Bedeutung verändern, die Narren sind dann den Christen und die Vernünftigen den Juden zuzuordnen. Eine Erklärung hierfür kann dieser Interpretationsansatz zwar nicht liefern, dennoch soll versucht werden, anhand von Textbeispielen die religiöse Bedeutung und die enge Verflechtung mit Heines persönlicher religiöser Geschichte nachzu-weisen. Diese enge Verflechtung ist auch der Anlaß, den Erzähler mit Heine gleichzusetzen.

2.1 Närrische Juden und vernünftige Christen

Ich selbst bin zwar keiner von den Vernünftigen, aber ich habe mich zu dieser Parthey geschlagen, und seit 5588 Jahren führen wir Krieg mit den Narren. 6 Das Jahr 1827 war nach jüdischer Zeitrechnung das Jahr 5588 seit der Erschaffung der Welt. Die Vernünftigen - die Christen, bzw. die Nicht-Juden - führen seit der Erschaffung der Welt einen Krieg gegen die Narren, also die Juden. Diese fühlen sich von den Christen beeinträchtigt, weil sie glauben es gäbe in der Welt nur eine bestimmte Dosis Vernunft, diese ganze Dosis hätten nun die Vernünftigen, Gott weißwie! usurpiert, und es sey himmelschreyend, wie oft ein einziger Mensch so viel Vernunft an sich gerissen habe, daßseine Mitbürger und das ganze Land rund um ihn her ganz obscur geworden. 7 Man kann diese Dosis Vernunft als Macht betrachten. Immer wieder in der Geschichte - zum Beispiel in absolutistischen Regierungsformen - haben einzelne Menschen Machtüber ganze Völker gehabt. Da bis ins 19. Jh. hinein Kirche und Staat untrennbar miteinander verbunden waren, bedeutet Macht auch religiöse Macht, die für die Juden nicht nur eine Beeinträchtigung darstellte. Während der Kreuzzüge und der Inquisition, die Teilweise bis ins 19. Jh. reichte, waren die Juden von Tod, Verfolgung, Verbannung und Zwangstaufen bedroht. Später wurden sie mit Sondersteuern belegt und als Juden gekennzeichnet. In England mußten sie ab dem 16. Jh. in Ghettos leben. Eine freie Ausübung des Glaubens war kaum möglich. Nach der Französischen Revolution wurden Juden zum Ende des 18. Jh. in Frankreich und auch in Deutschland erstmals als gleich-berechtigt anerkannt. In Deutschland wurde diese Gleichberechtigung durch die Restauration zu Beginn des 19. Jh. jedoch Stück für Stück wieder aufgehoben; eine Entwicklung, die Heine auch selber zu spüren bekam. Er entschied sich zur Taufe, nachdem die Rechte der Juden, die 1811 durch ein Edikt als preußische Staatsbürger anerkannt worden waren, nach dem Wiener Kongress wieder beschränkt wurden.

Einige Häuptlinge der großen Armee hüten sich wohl, die geheime Ursache des Krieges einzugestehen. [...] les paroles sont faites pour cacher nos pensées; und nun machen sie viel Worte, um zu verbergen, daßsieüberhaupt keine Gedanken haben, und halten lange Reden und schreiben dicke Bücher, und wenn man sie hört, so preisen sie die alleinseligmachende Quelle der Gedanken, nämlich die Vernunft, und wenn man sie sieht, so treiben sie Mathematik, Logik, Statistik, Maschinen-Verbesserung, Bürgersinn, Stallfütterung u.s.w. - und wie der Affe um so lächerlicher wird, je mehr er sich dem Menschenähnlich zeigt, so werden auch jene Narren desto lächerlicher, je vernünftiger sie sich gebehrden. 8 Hier spielt Heine wohl auf den ,,Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden" als große Armee an, dem er selbst ab 1821 angehörte. Der Verein war 1819 gegründet worden, um durch wissenschaftliche Forschungsmethoden und praktische Lehrarbeit eine geistige Reform des Judentums in Deutschland zu bewirken, und zwar auf der Grundlage seiner humanistisch-monotheistischen Werte. 9 Er hatte nie mehr als 50 Mitglieder und wurde nach nur 4 Jahren aufgelöst. Die Häuptlinge der großen Armee sind die Gründungs-mitglieder des Vereins: Eduard Gans, Moses Moser und Leopold Zunz. Der obige Textabschnitt spielt wohl auf Häuptling Gans an, der nur wenige Monate nach Heine zum Christentum übertrat. Er galt als brillanter Redner und hielt für den Verein Vorträge. Nach seiner Taufe wurde er an den juristischen Lehrstuhl der Universität Berlin berufen und machte Karriere10 - die Karriere, die Heine versagt blieb. Die Konversion des Freundes hat Heine nachhaltig beeinflußt. Immer wieder kommt er vor allem in seinen Briefen an Moses Moser auf die Taufe von Gans, die er, der selbst getauft war, nicht gutheißen konnte, zu sprechen oder spielt zumindest darauf an:

Ich sehe mit Spannung Gans Rückkunft entgegen. Ich glaube wirklich, daß Gans als Eli-Ganz zurückkehrt. Auch glaube ich, daß, obgleich der erste Theil des Erbrechtes mit vollem Rechte, nach Zunzischer Bibliothekseintheilung als Quelle zur jüdischen Geschichte betrachtet werden kann, dennoch der Theil des Erbrechts der nach Gans Zurückkunft von Paris erscheint, keine Quelle zur jüdischen Geschichte seyn wird, eben so wenig wie die Werke Savignys und anderer Goyim und Reschoim 11 . Kurz, Gans wird als Christ, im wäßrigsten Sinne des Wortes, von Paris zurückkehren. Ich fürchte Zucker-Cohn wird sein Carl Sand. 12

Andere Häuptlinge der großen Armee sind offenherziger, und gestehen, daßihr Vernunfttheil sehr gering ausgefallen, daßsie vielleicht gar nichts von der Vernunft abbekommen; indessen können sie nicht umhin zu versichern, die Vernunft sey sehr sauer und im Grunde von geringem Werthe. 13 Für Moses Moser kam eine Konversion nie in Frage. Leopold Zunz hat die Taufe zwar in Erwägung gezogen, den Gedanken aber sehr schnell wieder verworfen.

2.2 Die Konversion

Am 28. Juni 1825 ließ sich Heinrich Heine in Heiligenstadt taufen. Er erhoffte sich von dieser Taufe einen Lehrstuhl an der Universität in Berlin: Erkundige dich doch ob ein Dr Juris, wenn er in Berlin pro facultate legendi disputirt hat, dort phylosophische Collegien lesen darf? 14 oder wenigstens die Möglichkeit, sich als Anwalt niederzulassen: Ob ich mich in Hamburg fixieren werde? Das wissen die Götter, die den Hunger erschaffen. Ich werde mich dort nicht niederlassen, ohne auf ein paar Jahre mit Brod proviantirt zu seyn. Indessen von meiner Seite wird alles geschehen; getauft, als Dr. Juris, und hoffentlich auch gesund werde ich nächstens nach Hamburg kommen. 15 Der Taufakt und die Taufe selbst hatten jedoch keinerlei Bedeutung für Heine. So schrieb er bereits am 27. September 1823 an seinen Freund Moses Moser: Aus meiner Denkungsart kannst Du es Dir wohl abstrahiren daßmir die Taufe ein gleichgültiger Akt ist, daßich ihn auch symbolisch nicht wichtig achte, und daßer in den Verhältnissen und auf der Weise wie er bei mir vollzogen werden würde, auch für Andere keine Bedeutung hätte. Für mich hätte er vielleicht die Bedeutung daßich mich der Verfechtung der Rechte meiner unglücklichen Stammsgenossen mehr weihen würde. 16 Heines Erwartungen erfüllten sich nicht. Er erhielt weder den erhofften Lehrstuhl, noch gelang es ihm, sich als Anwalt niederzulassen.

Mich armen hassen sie aber ganz besonders, indem sie behaupten: ich sey von Haus aus einer der Ihrigen, ich sey ein Abtrünniger, ein Ueberläufer, der die heiligsten Bande zerrissen, ich sey sogar ein Spion, der heimlich auskundschafte, was sie, die Narren, zusammentreiben, um sie nachher dem Gelächter seiner neuen Genossen Preis zu geben, und ich sey so dumm, nicht mahl einzusehen, daßdiese zu gleicher Zeitüber mich selbst lachen und mich nimmermehr für ihres Gleichen halten - Und da haben die Narren vollkommen Recht. [...] Es ist vollkommen wahr, ich habe die heiligsten Bande zerrissen, von Gott- und Rechtswegen hätte ich unter den Narren leben und sterben müssen. 17 Heine, als Jude geboren und also von Haus aus einer der Narren, hat durch seine Konversion die heiligsten Bande zerrissen. Er wird als Abtrünniger und Überläufer gesehen, der von den Christen nicht als einer der ihren angesehen wird. An Moses Moser schreibt er ein halbes Jahr nach seiner Taufe: Ich bin jetzt bey Christ und Jude verhaßt. Ich bereue sehr daßich mich getauft hab; ich seh noch gar nicht ein daßes mir seitdem besser gegangen sey, im Gegentheil, ich habe seitdem nichts als Unglück. 18

[...] und sie machten mich dann zum Professor extraordinarius, oder zum Präsidenten einer Bekehrungsgesellschaft [...] 19 Diese Passage kann nochmals als eine Anspielung auf Eduard Gans gedeutet werden. Wie bereits erwähnt, hatte Gans durch seine Konversion im Gegensatz zu Heine eine Professur an der Universität Berlin erhalten. Nach seiner Taufe versuchte er scheinbar auch, andere Juden zur Taufe zu bewegen, wie ein Brief Heines an Moses Moser vermuten läßt: Ich weißnicht, was ich sagen soll, Cohn versichert mich Gans predige das Christentum, und suche die Kinder Israel zu bekehren. 20

2.3 Vernünftige Juden und närrische Christen

Manche Leute, die keine geborene Narren und einst mit Vernunft begabt gewesen, sind solcher Vortheile wegen zu den Narrenübergegangen [...] Und wie einst der jüdische König Salomon im Hoheliede die christliche Kirche besungen, [...] so habe ich in unzähligen Liedern just das Gegentheil, nämlich die Vernunft, besungen [...] 21 Unter der Voraussetzung, daß die Narren die Juden und die Vernünftigen die Christen sind, würde obenstehender Text von Christen reden, die zum Judentum übergetreten sind. Aber was heute kaum möglich ist - die Konversion zum Judentum - wäre zur Entstehungszeit des Textes sowohl politisch als auch gesellschaftlich undenkbar gewesen. Die Vernünftigen können also nicht die Christen sein. König Salomon hat im Hoheliede die christliche Kirche besungen, und Heine in unzähligen Liedern just das Gegentheil, nämlich die Vernunft. Auch hier kann die christliche Religion nicht mehr der Vernunft entsprechen, sie ist ja das Gegenteil der Vernunft. Mit umgedrehten Vorzeichen, das heißt mit den Christen als Narren und den Juden als Vernünftigen, entspräche der Text wieder dem in der Interpretation angedachten Sinn.

Ach! das ist alles wahr! Aber ich hab` nun mahl diese unglückliche Passion für die Vernunft! Ich liebe sie, obgleich sie mich nicht mit Gegenliebe beglückt. 22 Diese unglückliche Passion für die Vernunft zeigt sich bereits ein halbes Jahr nach der Konversion. Der Christ Heinrich Heine besucht offensichtlich noch immer jüdische Gottesdienste, wie aus einem Brief Heines an Moses Moser hervorgeht: Vorigen Sonnabend war ich im Tempel, und habe die Freude gehabt eigenohrig anzuhören wie Dr Salomon gegen getaufte Juden loszog, und besonders stichelte, wie sie von der bloßen Hoffnung eine Stelle (ipsissima verba) zu bekommen, sich verlocken lassen dem Glauben ihrer Väter untreu zu werden. Ich versichere Dir, die Predigt war gut und ich beabsichtige den Mann diese Tage zu besuchen. 23 Und wie einst der jüdische König Salomon im Hoheliede die christliche Kirche besungen, und zwar unter dem Bilde eines schwarzen, liebeglühenden Mädchens, damit seine Juden nichts merkten; so habe ich in unzähligen Liedern just das Gegentheil, nämlich die Vernunft besungen, und zwar unter dem Bilde einer weißen, kalten Jungfrau, die mich anzieht und abstößt, mir bald lächelt, bald zürnt, und mir endlich gar den Rücken kehrt. 24 So wie König Salomon die christliche Kirche unter dem Bilde eines schwarzen, liebeglühenden Mädchens besungen hat, um seine Juden zu täuschen, besingt Heine in unzähligen Liedern das Judentum unter dem Bilde einer weißen, kalten Jungfrau - einem Bild der Jungfrau Maria - um die Christen zu täuschen und sie glauben zu machen, er besinge die christliche Kirche. Die Jungfrau steht hier für das Christentum, das Heine bald lächelt, bald zürnt, und [ihm] endlich gar den Rücken dreht. Es hat ihm gelächelt, als Heine sich von der Taufe eine Stelle als Professor versprochen hat, aber Heines Erwartungen wurden enttäuscht. Letztendlich hat ihm das Christentum ganz den Rücken gekehrt:Ist es nicht närrisch, kaum bin ich getauft so werde ich als Jude verschrieen. 25

Die Offenbarung des Geheimnisses seiner unglücklichen Liebe - hier nicht zu seiner Cousine, sondern zum Judentum - giebt [...], Madame, einen Maaßstab zur Würdigung [seiner] Narrheit, Sie sehen, daßsolche von außerodentlicher Art ist, und großartig hervorragtüber das gewöhnliche närrische Treiben der Menschen.26 . Hier wie im Rest des Kapitels ironisiert Heine sein eigenes Christ-Sein. Er bezeichnet seine Narrheit als von außerordentlicher Art, so hoch, daß sie hochüber den Engeln ragt. Seine Narrheit macht ihn zum Riesen mit Sieben-meilenstiefeln.27 Seine Erwartungen an seine neue Religion haben sich nicht erfüllt. Die Karriere, der Aufschwung für seine Persönlichkeit ist ausgeblieben.

Man könnte Heine tatsächlich als Marranen bezeichnen28, denn auch er ist - wie die zwangsgetauften Juden der spanischen Inquisition - trotz seiner Taufe im Herzen noch immer Jude. Immer wieder redet er von der jüdischen Bevölkerung als ,,wir", er zählt sich also noch immer zu den Juden - wohl auch, weil er weiß, daß er für die Gesellschaft immer der Jude bleiben wird. Es ist aber ganz bestimmt daßes mich sehnlichst drängt dem deutschen Vaterlande Valet zu sagen. Minder die Lust des Wanderns als die Qual persönlicher Verhältnisse (z. B. der nie abzuwaschende Jude) treibt mich von hinnen. [...] Wie tief begründet ist doch der Mythos des ewigen Juden! Im stillen Waldthal erzählt die Mutter ihren Kindern das schaurige Mährchen, die Kleinen drücken sichängstlich an den Herd, draußen ist Nacht - das Posthorn tönt - Schacherjuden fahren nach Leipzig zur Messe -. Wir die wir die Helden des Mährchens sind, wir wissen es selbst nicht. Den weißen Bart, dessen Saum die Zeit wieder verjüngend geschwärzt hat, kann kein Barbier abrasieren.29 Für seine neue Religion hat er nur Haß übrig: Da mahl die Rede von Büchern ist, so empfehle ich Dir Gollownins Reise nach Japan. Du ersiehst daraus daßdie Japaner das civilisirteste, urbanste Volk auf der Erde ist. Ja, ich möchte sagen das christlichste Volk, wenn ich nicht zu meinem Erstaunen gelesen wie eben diesem Volke nichts so sehr verhaßt und zum Greul ist als eben das Christenthum. Ich will ein Japaner werden. Es ist ihnen nichts so verhaßt wie das _. Ich will ein Japaner werden. 30

Viele Jahre später - 1850 in Paris - wird Heinrich Heine seinem Freund Alexandre Weill in einem Gespräch gestehen: On ne change pas de religion.On en quitte une qu'on n'a plus pour une autre qu'on n'aura jamais.Je suis baptisé, mais je ne suis pas converti. 31

3. Literaturverzeichnis

Heine, Heinrich: Ideen. Das Buch Le Grand. In: Heinrich Heine. Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Hg. von Manfred Windfuhr Hamburg: Hoffmann und Campe 1973, Bd. 6

Heine, Heinrich: Säkularausgabe. Werke, Briefwechsel, Lebenszeugnisse. Hg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar und dem Centre National de la Recherche Scientifique in Paris, Berlin: Akademie-Verlag und Paris: Editions du CNRS, 1970

Heinrich Heine. Gespräche. Hg. von Dr. Hugo Bieber, Berlin: Welt-Verlag 1926

Briegleb, Klaus: Bei den Wassern Babels. Heinrich Heine, jüdischer Schriftsteller in der Moderne. München: dtv, 1997

Campe, Joachim Heinrich: Wörterbuch der Deutschen Sprache. Braunschweig 1809

Gidal, Nachum T.: Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik. Köln: Könemann Verlagsgesellschaft, 1997

Liedtke, Christian: Heinrich Heine. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1997

Weigand, Hermann J.: Heine's ,,Buch Le Grand." In: JEGP 18 (1919), S. 102-136

[...]


1 Hermann J. Weigand: Heine's ,,Buch Le Grand", S. 113

2 Joachim Heinrich Campe: Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 3, S. 453

3 Joachim Heinrich Campe: Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 4, S. 340

4 vgl. Hermann J. Weigand: Heine's ,,Buch Le Grand", S. 114ff

5 Heinrich Heine: Ideen. Das Buch Le Grand. DHA 6, S. 214

6 Heinrich Heine: Ideen. Das Buch Le Grand. DHA 6, S. 213 Zitate aus dem Primärtext sollen im Folgenden durch Fettdruck gekennzeichnet werden, um der Verfasserin die ständige Wiederholung des Titels in den Fußnoten zu ersparen

7 DHA 6, S. 213

8 DHA, S. 213

9 Nachum T. Gidal: Die Juden in Deutschland... S. 154

10 vgl. Christian Liedtke: Heinrich Heine. S. 56f

11 Goyim = Christ, Reschoim = Judenfeind

12 Brief an Moses Moser, Oktober 1825, HSA 20, S. 216

13 DHA 6, S. 213

14 Brief an Moses Moser, Oktober 1825, HSA 20, S. 215

15 Brief an Moritz Embden, 11. Mai 1825, HSA 20, S. 196

16 Brief an Moses Moser, 27. September 1823, HSA 20, S. 113

17 DHA 6, S. 214

18 Brief an Moses Moser, 9. Januar 1826, HSA 20, S. 234

19 DHA 6, S. 214

20 Brief an Moses Moser, 14. Dezember 1825, HSA 20, S. 227

21 DHA, S. 215

22 DHA 6, S. 215

23 Brief an Moses Moser, 14. Dezember 1825, HSA 20, S. 227

24 DHA 6, S. 215

25 Brief an Moses Moser, 9. Januar 1826, HSA 20, S. 235

26 DHA 6, S. 216

27 DHA 6, S. 216

28 vgl. Klaus Briegleb: Bei den Wassern Babels. S. 5ff

29 Brief an Moses Moser, 8. Juli [August] 1926, HSA 20, S. 265

30 Brief an Moses Moser, Oktober 1825, HSA 20, S. 215

31 Heinrich Heine. Gespräche. S. 313

Fin de l'extrait de 11 pages

Résumé des informations

Titre
Ideen zu den "Ideen". Mutmaßungen über die Bedeutung des Bildes der Narren und Vernünftigen im XV. Capitel von Heinrich Heines - Ideen. Das Buch Le Grand
Université
Free University of Berlin
Cours
GK A/B Heinrich Heine
Note
1-
Auteur
Année
2000
Pages
11
N° de catalogue
V99998
ISBN (ebook)
9783638984300
Taille d'un fichier
454 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Hausarbeit befaßt sich mit der Thematik der Narren und Vernünftigen im 15. Kapitel des Werkes von Heinrich Heine.
Mots clés
Ideen, Mutmaßungen, Bedeutung, Bildes, Narren, Vernünftigen, Capitel, Heinrich, Heines, Ideen, Buch, Grand, Heinrich, Heine
Citation du texte
Carina Glaubitz (Auteur), 2000, Ideen zu den "Ideen". Mutmaßungen über die Bedeutung des Bildes der Narren und Vernünftigen im XV. Capitel von Heinrich Heines - Ideen. Das Buch Le Grand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99998

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