Das Wichtigste vorweg:
- Urban Legends verbreiten unwahrheiten und müssen hinterfragt werden.
- Gerade während dem Studium ist es wichtig Wissen kritisch zu hinterfragen und zu recherchieren.
Was sind Urban Legends?
Der Mensch liebt Schauergeschichten, skurrile Anekdoten und Fun Facts. Diese werden heute oft zu Urban Legends, die auch als moderne Sagen oder Mythen bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um Geschichten oder angebliche Fakten, die mündlich, per E-Mail/Online-Chat oder über die sozialen Medien verbreitet werden und deren Ursprung sich meist nicht mehr zurückverfolgen lässt. Oft sind es kleine Gruselgeschichten, die angeblich dem:der Freund:in eines:einer Bekannten passiert sind, dessen oder deren Name nicht bekannt ist. Teilweise nehmen sie aber auch größere Dimensionen an und werden in den klassischen Medien verbreitet. Das passiert beispielsweise, wenn Forschungsergebnisse gefälscht oder falsch gedeutet werden oder Journalist:innen unzureichend recherchieren, so dass fehlerhafte Informationen in Zeitungen und Co. landen. Gerade in Zeiten von Social Media können sich Urban Legends rasend schnell verbreiten. Anhand von drei Beispielen zeigen wir dir, wie sie entstehen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben können.
Der Bubbletea-Mythos
Der Bubbletea-Trend ist zurück. Aber war das Getränk nicht eigentlich krebserregend? Das zumindest wurde 2012 in einer Studie der Technischen Hochschule Aachen verkündet und zog eine mediale Welle der Entrüstung nach sich. Das nordrhein-westfälische Landesamt für Lebensmittelüberwachung untersuchte daraufhin 84 Bubbletea-Proben und entdeckte – wie viele andere Tests, die seither durchgeführt wurden – keine Auffälligkeiten. Die Folgen waren dennoch weitreichend: Die Menschen waren verunsichert und die Bubbletea-Läden, die meist erst kürzlich geöffnet hatten, verschwanden in kurzer Zeit von der Bildfläche. Erst 2021 erlangte das taiwanesische Getränk mit Hilfe von Social Media wieder Beliebtheit. Mittlerweile wird nur noch vor dem starken Zuckergehalt gewarnt und die Aachener Studie ist online nicht mehr auffindbar. Ob es sich bei dieser um eine Verleumdungskampagne oder um einen Forschungsfehler gehandelt hat, ist nicht mehr nachvollziehbar.
Der Spinnenmythos
Spinnen sind vielen Menschen ein Graus. Entsprechend abstoßend ist der Gedanke, dass wir jedes Jahr acht Spinnen im Schlaf verschlucken. Dieser Mythos hält sich schon lange hartnäckig. Lisa Holst schrieb 1993 in einer Kolumne für das Magazin PC Professional darüber, wie leichtgläubig Menschen sein können und wie schnell sich Gerüchte verbreiten. Um ihre These zu stützen, veröffentlichte sie eine Liste falscher Fakten, darunter auch der Spinnenmythos. Genau dieser wurde über Mundpropaganda und das Internet weiterverbreitet – ironischerweise ohne den Zusammenhang mit der Kolumne zu nennen. Bei näherer Betrachtung macht der Mythos kaum Sinn: Ein schlafender Mensch erzeugt Vibrationen, die Spinnen eher abschrecken als anlocken und selbst wenn sich eine Spinne in den Mund verirren würde, würden wir sie eher ausspucken als herunterschlucken.
Der Zehn-Prozent-Mythos
Das Gehirn ist faszinierend und seine Funktionsweisen nur schwer greifbar. Ein Mythos, der sich wacker hält, ist, dass wir nur zehn Prozent unseres Gehirns nutzen. Angeblich hat das sogar Albert Einstein gesagt, auch wenn es dafür keinerlei Belege gibt. Das Gerücht machen sich einige Menschen wie der Scientology-Gründer Ron Hubbard für die eigenen Zwecke zunutze: So wird beispielsweise noch heute propagiert, dass Scientology dabei hilft, auch die restlichen 90 Prozent des Gehirns nutzbar zu machen. In Wahrheit verwenden wir durchaus mehr von unserem Gehirn, vermutlich sogar 100 Prozent. Allerdings nutzen wir die verschiedenen Gehirnbereiche nach Bedarf und nicht gleichzeitig. Auf diese Weise können wir uns auf bestimmte Aufgaben konzentrieren. Trotzdem werden oft einige, teils weit voneinander entfernte Bereiche miteinander vernetzt. Eine genaue Angabe, wie viel Prozent des Gehirns wann aktiv genutzt werden, ist also schwierig.
Was Urban Legends ausmacht und wie man sie entlarvt
Wie an den drei Beispielen deutlich wird, halten sich manche Urban Legends über einen sehr langen Zeitraum. Logisch, denn die (sozialen) Medien berichten lieber über schockierende Gerüchte als über deren rationale Aufklärung. Gerade beim Bubbletea-Mythos hatte das verheerende Auswirkungen für viele Menschen, denn die Bubbletea-Verkäufer:innen haben damit ihre Existenzgrundlage verloren. Aber auch der Zehn-Prozent-Mythos kann unschöne Folgen haben, wenn er für Verschwörungstheorien genutzt wird. Im Fall des Bubbletea-Mythos und des Spinnenmythos hat nur eine einzige fehlerhafte Quelle für Furore gesorgt. Ein falsches Forschungsergebnis oder eine Kolumne können hohe Wellen schlagen, auch wenn sie längst widerlegt oder aufgeklärt wurden. Bei der Recherche der Urban Legends ist mir außerdem aufgefallen, dass es gar nicht so leicht ist, die „Wahrheit“ hinter den Mythen herauszufinden. Die zahlreichen Suchergebnisse enthalten teils (leicht) unterschiedliche Informationen. Es ist daher wichtig, sich auf verschiedene und vor allem auch seriöse Quellen zu berufen. Wenn du also das nächste Mal eine besonders unglaubliche, ekelerregende oder gruselige Geschichte hörst oder vereinfachte „Fakten“ serviert bekommst, solltest du lieber einmal mehr recherchieren, um herauszufinden, was dahintersteckt.
Recherche im Studium
Gerade in der Wissenschaft ist eine umfassende und genaue Recherche unerlässlich. Sich auf eine einzige Quelle zu berufen ist wenig ratsam, da auf diese Weise schnell unvollständige oder fehlerhafte Informationen verbreitet werden. Im Studium lernst du, Quellen und Sekundärliteratur zu analysieren, zusammenzufassen und kritisch zu hinterfragen. In Haus- und Abschlussarbeiten kannst du deine Fähigkeiten dann unter Beweis stellen. Wichtig ist hier, dass du deine Argumente gut begründest und ordentlich aus anderen Texten zitierst. Gerade Online-Quellen oder Studien solltest du außerdem genau überprüfen, bevor du daraus zitierst. So trägst du mit deiner Arbeit zu einer vielfältigen und aktuellen Forschung bei und gerätst nicht in Gefahr, die nächste Urban Legend zu produzieren.
Hier sollten deine „Urban Legend-Alarmglocken“ schrillen:
- unglaubliche, ekelerregende oder gruselige Geschichten
- komische Geschichten, die angeblich einem:einer unbekannten Freund:in eines:einer Bekannten passiert sind
- schockierende „Fakten“, die plötzlich überall im Internet kursieren
- Aussagen, die angeblich von berühmten Personen getroffen wurden – nur wo und wann weiß niemand mehr
- pseudowissenschaftliche Berichte ohne fundierte Belege
Unsere Buchempfehlungen zum Thema:
Diese Artikel könnten dich auch interessieren:
Dir gefällt unser Magazin? Dann melde dich jetzt zu unserem GRIN-Newsletter an!