Trennung von Staat und Religion. Ein notwendiger Schritt für die Entwicklung?


Dossier / Travail, 2020

13 Pages, Note: 2,0


Extrait


0. - Inhaltsverzeichnis

- 1. - Einleitung

- 2. - Hauptteil
- 2.1. - Themengebiet Indien
- 2.2. - Themengebiet China
- 2.3. - Themengebiet Korea

- 3. - Schlussteil

- 4. - Quellenverzeichnis

1. - Einleitung

Die Religiosität des Menschen diente, aus Betrachtung historischer Ereignisse, des öfteren als Mittel der Politik, um moralische und ethische Werte zu vermitteln, die den Machthabern entgegen kamen, oder gar zur Legitimation dieser Machtinhaber genutzt wurden. Nicht nur die christlichen Kirchen hatten ihren weiten Einfluss in die Politik und Gesellschaft, auch im süd- ostasiatischen Raum hatte die Religion eine starke Beziehung zu den Machtinhabern und ihrer Bevölkerung, auch im negativen Sinne. Ist die Trennung von Staat und Religion ein notwendiger Schritt für die Entwicklung der Moderne? Die religiösen Praxen und ihre zahlreichen Feste zeugen von positiv behafteten Sagen und Mythen einer vermeintlich besseren Zeit, doch wie sah die Politik der früh hinduistischen Gesellschaft aus? Im nachfolgenden betrachten wir uns im Rahmen des Lektüremoduls "Themen süd- und ostasiatischer Religionen" den Einfluss und Nutzen des Glaubens für die historische Politik und die fortbestehenden Feste und Praxen aus ausgewählten Lektüren an.

2.1. - Gebiet Indien

Bereits in den ältesten und grundlegendsten Überlieferungen des Hinduismus, den vedischen Texten, sind erste Hinweise des politischen Denkens zu finden, wie im Gesetzbuch des Manu aus der vorchristlichen Zeit 800-600, in der die "Religion nicht nur mit jenseitiger Erlösung (moksha) zu tun [hat], sondern auch mit religiöser Ordnung in der Welt (dharma)" (Klimkeit 1981: 28). Zusammen mit moksha und dharma bildet die politische Lebensordnung (artha) und Liebe (karma) die vier Lebensziele (purushartha) und somit die stark miteinander verflochtene Verbindung der Politik und Religion (vgl. Ebd.: 28). Die frühsten indischen Vorstellungen von Staat, Königtum und Gesellschaft lässt sich in der Sammlung von über 1000 Hymnen der Rituale und Opfer, dem Rigveda, finden. Indra, der König der Götter, stellte sich nach dem Hymnus zufolge im Kampf der arischen Einwanderer gegen die Asuras (Dämonen), die von der altheimischen Bevölkerung repräsentiert wurden (vgl. Ebd.: 28). Es resultiert aus dem Mythos im Rigveda die Drei-Klassen Aufteilung, die als Vorreiter des Kastensystems Indiens betrachtet werden könnte. Die arischen Einwanderer wurden unter Priester, Krieger und Ackerbau-Treiber aufgeteilt und die Nichtarischen unter die vierte Klasse der Dienerschaft, nach dem Mythos, die vier Kasten entsprangen vom Körper des Urmenschen Purusha mit ihren jeweiligen Aufgaben (vgl. Manu 1: 31; nach Klimkeit 1981: 41). Die Brahmanen und Opferpriester schlugen die Brücke des Religiösen mit dem König in ihrer Stellung als Berater, denn Dharma (die Grundordnung) "[...] ist die religiöse und soziale Ordnung, die in einer kosmischen Ordnung wurzelt. [...] Jeder [hat] in der Gesellschaft seine kosmisch auferlegte Aufgabe zu erfüllen" (Klimkeit 1981: 33). Für jede Schicht der Gesellschaft bieten der Dharmasatra, unter anderem das bereits genannte Gesetzbuch des Manu, grundlegendes für eine Lebensführung, die ein besseres Leben in der nächsten Existenz garantiert. So hat auch der König auf sein Dharma-Gesetz zu achten, zu dessen Auslegung die Brahmanen hinzugezogen wurden (vgl. Ebd: 33). Im Falle des Königs ist es der Rajadharma, die Aufgabe des Königs, der seine Herrschaft legitimiert, aber auch auf seine Grenzen hinweist (vgl. Manu 9: 245-249; nach Klimkeit 1981: 40). Der König gilt als Verkörperung Indras und der Strafe in Person (danda), wo durch eine "Dreifizierung der Strafe" stattfindet (Manu 7: 14; nach Klimkeit 1981: 36-37). Es ist die innenpolitische Aufgabe des Königs, seinem Volk zu Helfen, die eigenen Dharma-Aufgaben erfüllen zu können (vgl. Manu 1: 102; nach Klimkeit 1981: 41). So muss er aber auch im außenpolitischen Sinne die Erweiterung des Reiches und seiner Macht anstreben, denn "der [...] König, der von den Vorschriften absieht, [...] wird bald zu Falle gebracht" (Klimkeit 1981: 40). Die Brahmanen stehen in der Kastenhierarchie über dem König, denn "Könige wünschen (von ihren Untertarnen) Frömmigkeit, und die Brahmanen sind die Brücke zur Frömmigkeit. Deshalb sollte ein König stets bemüht sein, die Zweimal-Geborenen (d.h. die Brahmanen) zu beschützen" (Ebd.: 38), jedoch sind sie vom König abhängig und bilden keine eigene Institution wie die christlichen Kirchen. Die Vergöttlichung des Königs endet nicht mit der Assoziation zu Indra, der Staat ist ebenfalls eine göttliche Instanz, die zum Schutz ihrer Bürger dient, wodurch die Sanktionsgewalt ihre Legitimation erlangt (vgl. Ebd.: 39). "[...] Die Furcht vor danda [...] ist die einzige Kraft [...]", so heißt es, [...] die Menschen in Ordnung hält" (Ebd.: 45). Die Bedeutsamkeit der Erweiterung des Machteinflusses könnte aus der hohen Wertschätzung der Inder zum Reichtum ergründet werden, dessen "[...] Besitz [...] so hoch geschätzt [wird], dass er sogar das Seelenheil zu vermitteln vermag, denn mit Geld kann man durch Gaben an die Brahmanen das Seelenheil erkaufen" (Ebd.: 47). Das Streben nach gutem Verhältnis zum Dharma und den Aufgaben des Königs, seinem Volk bei ihren Aufgaben zu verhelfen, besitzt jedoch auch seine Kehrseite. Im Arthasastra, die Schrift der konkreten Handlungsweise für den Herrscher aus dem 4. Jh. v. Chr. empfiehlt ein Spionagesystem, wie die Bespitzelung der Bevölkerung bis hinein in die Tempel. Aus diesen Stellen vermerkt man die "radikale Verachtung des Menschen", das auf "ein universales Misstrauen aller gegen alle" hindeutet (Mühlmann 1950: 224). Nicht einmal vor der eigenen Familie darf ein König zurück schrecken und muss seine Feine töten, nach der Kernlehre der Bhagavadgita (vgl. Klimkeit 1981: 51). Dharma erlangt an solch präsenter Bedeutung, dass ihr auch die Funktion der Sicherung für die Reinheit zugesprochen wird. Im Bhagavadgita (Kap. 14) heißt es, die menschliche Natur bestehe aus drei Eigenschaften; Sattva (das Gute/Helle), Rajas (die Leidenschaft) und Tamas (die Finsternis). Die Ausprägung einer Eigenschaft "determiniert den Menschen in der nächsten Existenz" (Gita 14: 14; nach Klimkeit 1981: 68) und verfestigt die vorgegebene Lebensweise nach dem Dharma. Die Reinigung (suddhi), wird zum grundlegenden des neo-hinduistischen Missionsprogramms, die durch Rückbekehrung des Volkes und Landes erreicht werden könne (vgl. Klimkeit 1981: 71). Erst mit den Lehren Buddhas und des Mahavira wurde die macht der Brahmanen, der beamteten Priester und die Legitimation des Königs in Frage gestellt (vgl. Ebd.: 28). Buddha sah bei der Gliederung der Gesellschaft in Klassen die "Auflösung der ursprünglich homogenen Gemeinschaft" und wollte diesen wiederherstellen, weshalb "sein Werk das einer Restauration der Unordnung" gleicht (Ebd.: 43).

Der Hinduismus bietet für jede verehrte Gottheit einen Platz und setzt sie anhand verschiedener Erscheinungsformen in Bezug zueinander, sodass Fürsten und Landbesitzer die Götter der Landarbeiter und Soldaten in ihr hinduistisches Tempel aufnehmen konnten (vgl. Malinar 2009: 129). Dies deutet auf die polytheistische Offenheit der Hindus an, die von Jedem den jeweils verehrten Gott akzeptieren und tolerieren, doch individuell trägt der einzelne Hindu seine am höchsten angesehene Gottheit (vgl. Ebd.: 130). Die in der Bhakti- Tradition gelehrte Liebe an einen Gott, die Ishtadevata (Herzensgottheit), bildet den monotheistischen Aspekt des Hindus. Der einzelne Religiöse erschafft aus dem gesellschaftlichen Polytheismus heraus einen persönlichen, privaten Monotheismus (vgl. Buitenen 1981: 25). Wie bei Buddha und Krishna der Fall ist, werden Götter anderer Religionen als eine der vielen Inkarnationen Vishnus toleriert (vgl. Malinar 2009: 131). Diese Absorptionskraft des Vishnuismus durch Inkarnationen nahm ihren Ursprung bei den Brahmana-Texten, in der Vishnu um den Erhalt des Dharma besorgt war und in 10 Verkörperungen (avataras) zur Rettung kam (vgl. Ebd.: 132). Unter den monotheistisch interpretierten Göttern findet Shiva bereits im Veda Verehrung, dessen Macht im Zusammenhang mit der Überwindung von Begierden und Machterwerb steht und diese Macht durch Askese und Yoga in sexuelle Energie transformiert werden kann. Shivas besondere Rolle in diesem Bereich des Lebens ereignete sich durch die Deutung seiner Verweigerung von Lusterfüllung und Kinderwunsch als starke Potenz (vgl. Ebd.: 138). Mit Gandhi wurde die christliche Idee vom Reich Gottes in Euch aufgegriffen und in Bezug der Ramaverehrung ins hinduistische Reich Rama umgesetzt (vgl. Klimkeit 1981: 88). Die monotheistische Einstellung des einzelnen Hindu findet ihre Interpretationsmöglichkeit, auch bei den fünf Aufgaben, die den höchsten Göttern zugeschrieben wurde. Aufgeteilt unter der Trimuti, wird die Schöpfung der Welt Brahma, der Erhalt der Welt Vishnu und die Zerstörung der Welt Shiva zugeteilt, aber auch einem alleine zugesprochen (vgl. Malinar 2009: 138). "Die Welt ist lila", das göttliche Spiel, beantwortet die theologische Frage nach dem Sinn und Zweck der Weltschöpfung, denn Götter tun, was Götter tun möchten, aber nur so wird der einzelnen Seele die Chance gegeben, die Erlösung zu erlangen (vgl. Ebd.: 138). Schon die Konstruktion des Tempels entspricht der Zuordnung von Himmel und Erde und dient als Zwischenraum (antariksha) zur Vergegenwärtigung der Verbindung des Gläubigen zur verehrten Gottheit (vgl. Ebd.: 140). Puja, die Verehrung des Gottes im Tempel, scheint sich aus den Elementen der traditionellen Bewirtung des Gastes bedient zu haben (vgl. Bühnemann 1988: 33) und beginnt üblicherweise mit der Anrufung Ganeshas, der den ungestörten Ablauf des Rituals gewährleistet. Die Verehrung begleitet den tempelinternen Gott durch den Tag, begonnen vom Wecken bei Sonnenaufgang, bis über die Mahlzeiten, Ankleidungen und der Öffnung des Schreinraums (vgl. Barz 1922: 47-52). In den Bhakti-Traditionen ist der Tagesablauf in acht Yamas, Zeiteinheiten je dreistündig, unterteilt (vgl. Malinar 2009: 157-158). Der Priester benötigt eine rituelle Reinigung, bei der er in einen gottgleichen Zustand über geht. Dabei helfen ihm Mantras, die Gottheiten an/in ihn körperlich einbinden (vgl. Dviveda 1992; 121­122). Die Feste Südindiens richten sich nach dem solaren System, aufgrund dieser variierenden Systeme jährlich spezielle Kalender produziert werden (vgl. Fuller 2004: 291). Ein Monat entspricht dabei 30 Tagen, die auf zwei Hälften unterteilt werden, die der dunklen/ schwarzen (krishnapaksha) und die der hellen/weißen (shuklapaksha). Der dunklen Hälfte werden hohe dämonische Aktivitäten zugesprochen, doch auch zu dieser Zeit finden Feste, wie die Nacht des Shiva (shivaratri), statt. Dieser fällt auf den 13. der dunklen Hälfte des Monats Magha (Januar/Februar), aber auch Krishnas Geburtstag (krishnajanmashtami) zählt zu den allgemein gefeierten hinduistischen Festen, an denen es sich zu fasten gehört und 24 Stunden von den Priestern Hymnen (shatarudriya) rezitiert werden (vgl. Underhill 1991: 29­30). Holi, das Frühjahrsfest, gehört zu den farbenfrohen, karnevalähnlichen Feste, in der das neue Jahr begrüßt wird. Der Sozial-Anthropologe McKim Marriott machte diesbezüglich Erfahrungen aus erster Hand in einem nordindischen Dorf (Kishan Garhi), die den größten religiösen Fest des Jahres mit einem Feuer, zur symbolischen Darstellung der Verbrennung des Winterdämon Holika, begannen. "Holi, is the Festival of Love!" betonte der Nachbar des Anthropologen zur Zeit der Feldforschung und fügte hinzu, dass Krishna ihnen (den Menschen) den Weg der Liebe beibrachte und sie diesen nun mal zelebrieren (vgl. Marriott 1971: 200-203). Frauen, die Männer spielerisch mit Farbbeuteln bewerfen und hymnischer Gesang zeichnen den Tag der Liebe. Eine ähnliche Farbvielfalt nimmt das Lichterfest (divali) ein, bei der die Geschichte um des Königspaars Rama und Sitra gefeiert wird. Dazu gehören Feuerwerke, musikalische Untermalung und Tanzeinlagen (vgl. Malinar 2009: 164). Auch die Pilgerfahrt gehört zu den Bestrebungen eines religiösen Hindu, dessen Ziel die heiligen Orte sind, die als Übergangsmöglichkeiten (titrha) zwischen den Welten gelten, weshalb diesen Orten besonders gute Aussicht für die Suche nach Erlösung zugesprochen wird (vgl. Eck 1981: 232-244). Diese Titrhas entstanden beim Herabstieg der Götter auf die irdische Welt und verbinden die Welten miteinander, um besseren Kontakt aufbauen zu können. Am beliebtesten werden die vier Dhamanas angesteuert. Diese vier Orte sind die besonders bevorzugten Aufenthaltsorte Vishnus und Krishnas (vgl. Malinar 2009: 165). Der Hauptanlass für eine Pilgerreise ist ein Fest am jeweiligen Zielort, da dieser Zeitpunkt als glückverheißend gilt. Jedoch bedarf es an weiteren Voraussetzungen, wie eine Fastenzeit vor der Reise, um seinen Entschluss kund zu tun. Auch die symbolische Mitteilung die Reise auf sich zu nehmen, wird anhand eines Kupferrings, eines Armbands, oder eines roten Gewandes ausgedrückt (vgl. Ebd.: 168).

2.2. - Gebiet China

Neben dem Buddhismus, der seinen Weg von Indien über China in den weiten asiatischen Raum fand, prägte der regional eigene Taoismus die chinesische Religionsgeschichte. Die Verehrung der Götter in ihren spezifischen Tempeln nimmt auch bei den taoistischen Gottheiten eine starke Rolle ein. Der Glaube an die Himmelsherrscherin (Ma-zu) präsentiert diesbezüglich die chinesische Praxis und stellt die Funktion der heiligen Tempel unter anderem in einen erzieherischen Stellenwert (vgl. Reiter 2002: 14). Ausgedrückt durch epische Heiligengeschichten an den Außenwänden und der bildlichen Darstellung von Höllenqualen an den Innenwänden, motiviert der Tempel ihre Anhänger auf dem rechten Weg zu bleiben, vor allem zur Bewahrung der Ahnengeister (vgl. Ebd.: 14). Die zentrale Kultfigur in Erscheinung einer jungen Frau, fand nach den Sagen ihren Ursprung als Lin Mo-niang, die als sechste Tochter eines Beamten in Taiwan geboren wurde. Der taoistische Glaube wurde mit der Konfrontation des Mädchens mit einer Fee verknüpft, als diese Erscheinung einen Talisman hinterließ, mit dessen Hilfe Ma-zu Kranke heilen und Unheil vertreiben konnte (vgl. Ebd.: 18). Im Alter von 28 Jahren verstarb sie und erschien den Seeleuten bei Unwetter zur Hilfe. Diese besonders spezifische Funktion beruht auf ihren Traum über das Unglück ihres Vaters auf hoher See. Über die nachfolgenden Dynastien, in einem Entwicklungszeitraum von knapp 200 Jahren, ähnlicher Ereignisse, ergab sich ihr Titel der Himmelsherrin (vgl. Ebd.:

[...]

Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Trennung von Staat und Religion. Ein notwendiger Schritt für die Entwicklung?
Université
University of Hamburg
Note
2,0
Auteur
Année
2020
Pages
13
N° de catalogue
V1014189
ISBN (ebook)
9783346409843
ISBN (Livre)
9783346409850
Langue
allemand
Mots clés
Religion, Staat, Indien, China, Korea, Hinduismus, Buddhismus, Taoismus
Citation du texte
Onur Gündüz (Auteur), 2020, Trennung von Staat und Religion. Ein notwendiger Schritt für die Entwicklung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1014189

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