Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Organizational Behavior
2.1 Arbeitsteilung
2.2 Standardisierte Verfahren
2.3 Herrschaft und Hierarchie
2.4 Indoktrination
2.5 Kommunikation
3 Systemtheorie nach Luhmann
3.1 Systeme und ihre Abgrenzung zur Umwelt
3.2 Autopoiesis und Selbstreferenz
3.3 Beobachtung
3.4 Kommunikation
4 Gegenüberstellung Systemtheorie und Organizational Behavior ..
4.1 Führung und Veränderung
4.2 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
4.3 Kritik
5 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Das soziale Zusammenleben der Menschen in Gemeinschaften bis hin zur gesamten Gesellschaft ist Gegenstand der Soziologie. Im Vordergrund stehen Sinn und Strukturen des sozialen Handelns innerhalb der Gesellschaft, aber auch deren Teilbereiche wie soziale Systeme, Gruppen, Institutionen und auch Organisationen. Dabei werden die Phänomene und Beobachtungen jedoch meist nicht auf rein individuelles Verhalten zurückgeführt, sondern beziehen sich hauptsächlich auf das Gesamtbild von Beziehungen, Strukturen und Relationen innerhalb der Gesellschaft, bzw. deren Teilbereiche. Anders als bei den Naturwissenschaften gibt es für die soziologischen Theorien keinen Konsens im Bezug auf eine einheitliche Grundlagentheorie. Daher ist die Soziologie durch unterschiedliche Paradigmen und Ansätze geprägt. Organizational Behavior und die Systemtheorie von Luhmann sind dabei nur zwei von vielen Ansätzen.1 Der OB Ansatz gehört zwar, nach Vertretern wie Bernhard Miebach, eher in den Bereich der Handlungstheorien, dennoch spielen die Organisationen eine entscheidende Rolle bei diesem Ansatz. Hauptsächlich geht es dabei um das Verhalten von Mitgliedern in Gruppen und Organisationen und wie deren Aktivitäten durch Organisationen beeinflusst werden. Die soziale Systemtheorie von Niklas Luhmann ist eine Weiterentwicklung des OB Ansatzes. Sein Ansatz ist durch die Gesellschaft als ein umfassendes soziales System, das alle anderen sozialen Systeme in sich einschließt und eine Allgemeingültigkeit für sich erhebt, geprägt.
Die Ansätze für erfolgreiche Führung sind in den letzten Jahrzehnten u.a. um die Begriffe Organizational Behavior und Luhmann’sche Systemtheorie erweitert worden. Somit müssen sich die Führungskräfte mit diesen Führungsansätzen, deren theoretischen Hintergründen und ihren Auswirkungen in der Führungspraxis auseinandersetzen.
Dazu wird im zweiten Kapitel zunächst auf den Ansatz des OB eingegangen, speziell die Entscheidungsprämissen stehen hierbei im Vordergrund. Das dritte Kapitel umfasst den Ansatz von Niklas Luhmann. Die soziologische Systemtheorie wird mit dem Schwerpunkt der Ausdifferenzierung des Systems ggü. der Umwelt erläutert. Die Gegenüberstellung von OB und der sozialen Systemtheorie wird im vierten Kapitel thematisiert. Vor allem Führung und Veränderungen werden hierbei behandelt. Das fünfte Kapitel rundet diese Arbeit mit einer kritischen Auseinandersetzung innerhalb der Zusammenfassung ab.
2 Organizational Behavior
Organizational Behavior geht bis in die dreißiger Jahre auf Chester Barnard (1886-1961) zurück, der bereits Organisationen als Handlungssysteme definierte. Der praktische Nutzen für die Industrie entstand in den späten fünfziger bzw. den frühen sechziger Jahren, während man versuchte die Probleme des menschlichen Verhaltens aus verschiedenen Perspektiven zu verstehen und in die Führung mit zu integrieren. Es kann als verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie übersetzt werden.1 Im Vordergrund steht die Untersuchung des menschlichen Verhaltens und der Gruppen innerhalb von Organisationen. Die wichtigste Annahme ist, dass die Mitglieder der Organisation als Umwelt für die Organisationen gelten und müssen, zum Überleben der Organisation, mit Anreizen zu Beiträgen motiviert werden. Dabei geben sich die Mitglieder bereits mit brauchbaren Lösungen zufrieden, weil sie unter begrenzter Rationalität entscheiden. Organisationen stellen mit Arbeitsteilung, Hierarchie, Indoktrination, Verfahrens- und Kommunikationsabläufen Entscheidungsprämissen zur Verfügung, auf diese Weise wird Komplexität reduziert. Die Führungs- und Managementebenen sowie die Unternehmenskultur haben einen direkten Einfluss auf Organizational Behavior.2
2.1 Arbeitsteilung
Mit Hilfe der Arbeitsteilung werden Arbeitsaufgaben in Teilaufgaben zerlegt und an einzelne arbeitsausführende Mitarbeiter zugewiesen. Dadurch wird der Fokus auf abgegrenzte Problembereiche möglich und reduziert damit die Komplexität für den einzelnen Entscheiden Viele Wirkzusammenhänge können somit vernachlässigt und die Entscheidungsfindung erleichtert werden, was aber auch durchaus zu widersprüchlichen Zielsetzungen und Handlungen führen kann. Arbeitsteilung ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn diese durch die Organisation personell, zeitlich und räumlich aufeinander abgestimmt werden. Nur so kann die Aufgabenstellung einheitlich abgesichert werden.45
2.2 Standardisierte Verfahren
Standardisierte Verfahren3 4 5 bestimmen wie gewisse Aufgaben zu erledigen sind. Die Organisation erfährt dadurch eine Berechenbarkeit. Auf ein bestimmtes Ereignis folgt eine festgelegte Reaktion. Es wird zwischen zwei Arten der Ausführung von standardisierten Verfahren unterschieden. Ausführungsprogramme reagieren auf die gleichen Ereignisse mit gleichen, oder zumindest annähernd gleichen, Reaktionen. Sie eignen sich besonders für stabile Rahmenbedingungen und Routinefälle. Zweckprogramme erleichtern in komplexen Situationen die Entscheidungsfindung. Sie legen nur das Ziel bzw. den Zweck fest. Dem Entscheider werden Auswahl der Mittel und Lösungsweg überlassen. Beide Verfahren bzw. Programme entlasten, durch standardisierte Vorwegnahme von Entscheidungsprämissen6, den Entscheider. Werden die Programme dezentral ausgelegt, fällt die Koordination nur noch an den Schnittstellen an.7
2.3 Herrschaft und Hierarchie
Hierarchien sind meist mit Herrschaft und Autorität eng verbunden. Dabei handelt es sich ebenfalls um Entscheidungsprämissen. Diese Entscheidungsprämissen beeinflussen die Handlungen der Mitglieder in Richtung der Organisationsziele und beruhen auf Akzeptanz von Vorgaben. So akzeptieren die arbeitsausführenden Mitglieder üblicherweise die Entscheidungen der Vorgesetzten als Prämisse der eigenen Entscheidung. Damit werden sie zum Instrument um die Organisationsziele zu erreichen. Die Verhaltensmöglichkeiten des Arbeitsausführenden werden durch die Vorgabe von Entscheidungsprämissen stark eingeschränkt, wodurch dieser aber auch von Unsicherheit und Komplexität entlastet wird.8
2.4 Indoktrination
Indoktrination schränkt den Handlungsspielraum und die Verhaltensmöglichkeiten des Einzelnen ein. Damit können die von der Organisation erwünschten Entscheidungsprämissen in Form von Wissen, Fähigkeiten und Identifikation dem Entscheider angeeignet werden. Auf diese Weise soll er dann von sich aus, im Sinne der Organisation, entscheiden und handeln.9
2.5 Kommunikation
Kommunikation dient ebenfalls dazu Unsicherheiten zu reduzieren und Entscheidungsspielräume einzuschränken. Die Mitarbeiter erhalten über sog. Kommunikationskanäle Informationen die einerseits als Koordination und andererseits als Unsicherheitsabsorption dienen. Dabei unterscheidet man zwischen formalen und informalen Kommunikationskanälen.
Formale Kommunikationskanäle koordinieren das arbeitsteilige Handeln. Sie versorgen die Mitarbeiter gezielt mit gewissen Informationen, um ihnen den Verhaltensspielraum aufzuspannen oder zu begrenzen. Informale Kommunikationskanäle sind hingegen viel enger mit den sozialen Strukturen der Organisation verknüpft. Die Selektion und Weitergabe von Informationen findet demnach nicht nur vom Entscheider statt, den die Organisationsstrukturen und Kommunikationskanäle selbst selektieren, sondern auch durch Informationsweitergabe und Abschirmung. Derartige Entscheidungsprämissen finden auf allen Ebenen der Organisation in allen Richtungen statt. Die eigentliche Unsicherheitsabsorption findet dabei durch das Ziehen von Schlussfolgerungen aus mehrdeutigen Informationen statt.10
3 Systemtheorie nach Luhmann
Niklas Luhmann (1927-1998) baut seine soziologische Systemtheorie auf den Grundlagen des Organizational Behavior Ansatzes auf. Er setzte sich seiner Zeit mit diversen Aspekten der klassischen Systemtheorie auseinander und hinterfragte die Organisationslehre. Durch die starke Auslegung des Systembegriffs auf die internen Beziehungen des Systems wurde die Umwelt seiner Meinung nach zu stark vernachlässigt. Aber gerade die permanente Anpassung der Elemente an die dynamischen Umweltbedingungen sah er als notwendig für das System an.11 Darin liegt auch der primäre Ansatz der Luh- mann’schen Systemtheorie, denn das System wird nicht durch Gegenstände definiert, sondern durch die Differenzierung zwischen der Umwelt und dem System selbst.12 Die Systeme bestehen dabei nur aus Kommunikationszusammenhängen, wobei Kommunikation auch Handlungen beinhalten kann. Die Systeme lassen sich wiederum in drei Arten unterscheiden. Biologische, psychische und soziale Systeme (zu denen die gesamte Gesellschaft und alle gesellschaftlichen Bestände gehören). Diese stehen in gewissen Zusammenhängen zueinander, die Luhmann als strukturelle Kopplung definiert.13 Seine Forschung bezieht sich vor allem auf soziale Systeme und deren Kontext.14 Außerdem erhebt Luhmann mit seiner Systemtheorie einen Universalanspruch, d.h. es wird der gesamte Bereich derWirklichkeit abgedeckt. Alles ist demnach ein System.15 Im Folgenden werden einige der wichtigsten Begriffe aus der Luhmann’schen Systemtheorie erläutert. Dabei ist es fast gar nicht möglich einen Begriff zu erläutern, ohne dabei auf einen anderen zu verweisen.
3.1 Systeme und ihre Abgrenzung zur Umwelt
Luhmann definiert das System als „eine organisierte Komplexität, die durch Selektion einer Ordnung operiert“.16 Das Ganze ist somit mehr als die Summe der Einzelteile. Das System besteht nicht aus Dingen oder Materie, sondern aus deren Beziehungen und Operationen. Operationen sind dabei die kleinsten Elemente in die sich ein System zerlegen lässt.17 Das System ist offen und geschlossen zugleich. Materie und Energie kann offen mit der Umwelt ausgetauscht werden. Informationen hingegen können nicht von außen in das System eingebracht werden. Das bezeichnet Luhmann als operativ geschlossen, was sich in den systemeigenen Kommunikationen, Codes, Programmen und Medien wiederspiegelt. „Die Systemleistung besteht darin, eine vorhandene (UmweltKomplexität zu reduzieren. Zwischen System und seiner Umwelt besteht damit immer ein Komplexitätsgefälle.“18 Daraus ergibt sich, dass die Komplexität eines Systems immer geringer sein muss als die seiner Umwelt. Um sich selbst als System zu definieren und von der Umwelt abgrenzen zu können, muss das System ständig beobachten. Jede Beobachtung ist ein systeminterner Vorgang, also eine Konstruktion innerhalb des Systems durch eben dieses System. Deshalb kann eine Beobachtung nicht sich selbst zum beobachteten Gegenstand haben. Alles was ein System außer sich selbst beobachtet ist seine Umwelt, die wiederum aus anderen Systemen besteht. Ohne Umwelt gäbe es kein System, daher istjedes System auf eine oder mehrere Umwelten angewiesen.
Der Mensch bzw. die Menschen sind nach Luhmann keine Systeme. Menschen bestehen stattdessen aus dem Zusammenschluss mehrerer eigendynamischer Systeme. Das biologische System ist der Körper. Das psychische System bildet das Bewusstsein, von Luhmann auch als Person bezeichnet. Das soziale System erzeugt die menschlichen Handlungen.19
Luhmann beschreibt, dass alle Systeme letztendlich zwei Leitprinzipien folgen. Der der Differenzierung zwischen System und Umwelt sowie Autopoiesis. Alles was nach diesen Prinzipien operiert ist nach Luhmann ein System.20
[...]
1 Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (2006), S. 169f.
2 Vgl. o.V. (o.J.), www.onpulson.de.
3 Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (2006), S. 179f.
4 Vgl. Piekenbrock (o.J.), www.wirtschaftslexikon.gabler.de.
5 Standardisierte Verfahren werden in der gängigen Literatur auch als Programme bezeichnet.
6 Entscheidungsprämissen legen den Spielraum für Entscheidungen fest, wirken aber nicht kausal aufsie ein.
7 Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (2006), S. 180f.
8 Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (2006), S. 181f.
9 Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (2006), S. 182.
10 Vgl. Berger/Bernhard-Mehlich (2006), S. 183f.
11 Vgl. Luhmann (1964), S. 23.
12 Vgl. Luhmann (1984), S. 115 ff.
13 Vgl. Krause (1999), S. 46.
14 Vgl. Luhmann (1993), S. 31.
15 Vgl. Luhmann (1987), S. 163.
16 Luhmann (1984), S. 46.
17 Vgl. Luhmann (1984), S. 46ff.
18 Berghaus (2003), S. 36.
19 Vgl. Berghaus (2003), S. 31f.
20 Vgl. Berghaus (2003), S. 36.