Digitalisierung in der medizinischen Ultraschallausbildung. Einsatzmöglichkeiten virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden


Masterarbeit, 2020

111 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung und Zielsetzung

2 Ausgangslage und Problemstellung
2.1 Heutiger Stellenwert des Ultraschalls
2.2 Die zunehmende Mobilität der Geräte
2.3 Relevanz und Problematik der Ausbildungssituation
2.3.1 Abhängigkeit der Untersuchungsqualität des Bedieners
2.3.2 Relevanz guter Ultraschallausbildung
2.3.3 Relevanz des praktischen Trainings
2.3.4 Problematik der Ausbildungssituation
2.4 Zwischenfazit

3 Ultraschalltechnik
3.1 Grundlagen der Bilderzeugung mit Ultraschall
3.1.1 Schallköpfe
3.1.2 Bildaufbauverfahren
3.1.3 Ultraschallartefakte
3.2 Relevanz für die Ultraschallausbildung

4 Medizinische Einsatzgebiete des Ultraschalls
4.1 Überblick der Anwendungsbereiche
4.2 Relevanz für die Ultraschallausbildung

5 Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik
5.1 Die Ultraschallvereinbarung
5.2 DEGUM, ÖGUM, SGUM
5.3 Weitere Qualitätsansätze

6 Studentische Ultraschallausbildung im deutschsprachigen Raum
6.1 Ausbildungsansätze im Medizinstudium und ihre Vor- und Nachteile
6.1.1 Ultraschall als didaktisches Tool zum Erlernen medizinischen Grundlagenwissens
6.1.2 Theoriekurse
6.1.3 Üben mit echten Geräten und Patienten oder Kommilitonen
6.1.4 Üben mit Simulatoren
6.1.5 Computerbasierte Lehrmethoden
6.1.6 Blended Learning
6.1.7 Peer Teaching
6.1.8 Skills Lab Konzepte
6.2 Status Quo der Ausbildungssituation im deutschsprachigen Raum
6.2.1 Art und Umfang der Ultraschalllehre
6.2.2 Relevante Faktoren für eine qualitätssichernde Ultraschallausbildung
6.2.3 Integration der Ultraschallehre in den Curricula
6.3 Empfehlungen zu einer standardisierten und qualitätssichernden Ultraschallausbildung

7 Digitalisierung in der Ultraschallausbildung
7.1 Virtuelle Trainingsmethoden und ihre Vor- und Nachteile
7.1.1 „Virtuell“
7.1.2 Virtuelle Trainingsmethode für unterwegs: „SonoSim“
7.1.3 Virtual Reality
7.1.4 Mobile Endgeräte
7.2 Spielbasierte Trainingsmethoden und ihre Vor- und Nachteile
7.2.1 „Gamification“, „serious games“ und „spielbasierte Lehrmethoden“
7.2.2 Ultraschallwettbewerbe
7.2.3 Ultraschallspiele ohne Sonde
7.2.4 Ultraschallspiele mit Sonde
7.3 Vorteile virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden für die Ultraschallausbildung
7.4 Einsatzmöglichkeiten virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden in der Ultraschallausbildung am Beispiel des SonoGames
7.5 Handlungsempfehlungen am Beispiel des SonoGames

8 Diskussion

9 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Die vorliegende Masterarbeit gibt einen Überblick über die medizinische Ultraschallausbildung im deutschsprachigen Raum. Aufgrund der hohen Relevanz der studentischen Ausbildung für die Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik, ist es das Ziel, die Ausbildungssituation auf etwaige Defizite zu erforschen und somit das Verbesserungspotential möglicher virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden herauszufinden sowie deren Einsatzmöglichkeiten genauer zu beleuchten. Anhand einer ausführlichen Literaturrecherche konnte herausgefunden werden, dass der Platz der Ultraschallehre in der studentischen Ausbildung bisher noch nicht definiert wurde und systematische Lücken sowie der Bedarf weiterer Qualitätsansätze und innovativer Ausbildungsansätze bestehen um den Weg zu einer standardisierten und qualitätssichernden Ultraschallausbildung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang können virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden sinnvoll eingesetzt werden, um mit geringem Ressourcenaufwand die Verbesserung der praktischen Ultraschallkompetenzen zu ermöglichen und folglich die Ausbildungssituation zu verbessern.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 7.1 Die SonoSim Ultrasound Training Solution mit Scan-Pad

Abb. 7.3 Benutzeroberfläche des SonoGames, Erkennen eines geometrischen Objektes

Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Masterarbeit die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

1 Einleitung und Zielsetzung

Ultraschall liefert seit Jahrzehnten wertvolle, hochwertige, diagnostische Bilder (Rykkje, Carlsen, & Nielsen, 2019, S. 1). Der technische Fortschritt hat zu einer zunehmend besseren Bildqualität und immer leistungsfähigeren Geräten geführt, so dass der Ultraschall in allen medizinischen Bereichen nicht nur in Diagnostik, sondern auch in Intervention und Therapie ein unverzichtbarer Bestandteil des klinischen Alltags geworden ist. Aufgrund des nicht invasiven Charakters und der fehlenden Strahlenexposition hat sich die Sonographie als risikofreie und unbedenkliche Methode bewährt. Als leicht zugängliches und am Bett des Patienten verwendbares Gerät, hat Ultraschall das Potential die Patientensicherheit zu verbessern. Wenn jedoch ungeübte Anwender das Gerät verwenden, könnte das Ergebnis schädlich sein (Konge, Albrecht-Beste, & Nielsen, 2014, S. 95).

Als einer der wenigen Nachteile der Sonographie wird vor allem die starke Bedienerabhängigkeit diskutiert, die erheblichen Einfluss auf die Sicherung der Untersuchungsqualität haben kann (Fröhlich et al., 2017, S. 285). Die Grundqualifikation des untersuchenden Arztes ist entscheidend für die diagnostische Qualität der Bilder. Somit stellen die Inhalte der Aus- und Weiterbildung sowie die eingesetzten Lehr- und Trainingsmethoden die wesentlichen Faktoren für die Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik dar. Erforderliche Grundlagen, wie anatomische und physikalische Kenntnisse sowie die körperliche Untersuchung sind bereits fester Bestandteil des Medizinstudiums. Spezifische Ultraschallkenntnisse und -fertigkeiten werden jedoch nicht an allen medizinischen Fakultäten ausreichend theoretisch vermittelt und praktisch angewandt (Mostbeck & Kathrein, 2018). Die Bildinterpretation sowie die Durchführung einer guten Ultraschalluntersuchung bleiben schwierige Aufgaben, die vor allem viel praktisches Üben und spezifische Fähigkeiten erfordern (Dietrich, 2018; Stoiber et al., 2008). Daraus ergibt sich die Frage, ob die medizinische Ausbildungssituation der Relevanz des praktischen Trainings und die genutzten Lehr- und Trainingsmethoden einer effizienten Schulung gerecht werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der bereits heute bestehenden und zukünftig noch wachsenden Digitalisierung, wie sie nicht nur in der Medizin, sondern auch im Ausbildungskontext stattfindet.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, digitale Trainingsmethoden vorzustellen, die eine neuartige Ultraschallausbildung ermöglichen und den Anforderungen an eine adäquate und qualitätssichernde Ultraschallehre entsprechen. Motivation dafür ist die Erkenntnis, dass virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden idealerweise eingesetzt werden können, um effektives Lernen in einem risikofreien und sicheren Umfeld mit geringem Ressourcenaufwand zu ermöglichen (Latham et al., 2019). Es besteht der Bedarf leicht verfügbarer Lehrmethoden, die optimal zur Verbesserung der praktischen Kompetenzen eingesetzt werden können und somit der Relevanz des praktischen Trainings gerecht werden. Klassische Ausbildungsansätze werden in der medizinischen Lehre zunehmend infrage gestellt (Konge et al., 2014, S. 95). Vor diesem Hintergrund gewinnen innovative und digitalisierte Lehr- und Trainingsmethoden zunehmend an Bedeutung, um die traditionellen, eher passiven Lehrformen abzulösen oder zumindest zu ergänzen. Virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden fördern die Produktivität und Motivation der Studenten durch einen interaktiven Lehrprozess und können einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Ausbildungssituation leisten (Boulger et al., 2018; Kim & Tsui, 2019).

Die dabei zu erforschende Hypothese lautet, dass die Ultraschallausbildung von einem heterogenen Charakter geprägt ist und, dass obwohl der Großteil der Fachärzte in der beruflichen Laufbahn damit in Berührung kommt und die Ultraschalldiagnostik einen hohen Stellenwert im klinischen Alltag besitzt, die Verankerung in der medizinischen Ausbildung ein notwendiges Verbesserungspotential aufweist. Daraus ergibt sich die Frage, inwiefern virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden in Hinblick auf mögliche Lücken und Defizite in der Ultraschallehre eingesetzt werden können. Somit lautet das zweite Ziel dieser Arbeit, die konkreten Einsatzmöglichkeiten dieser Trainingsmethoden genauer zu beleuchten, um die Ergebnisse in einen, für die Ultraschallausbildung relevanten Kontext einzugliedern. Weiterhin soll die vorliegende Arbeit einen Rahmen schaffen, um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, mit dem Bestreben die weite Verbreitung und Implementierung digitalisierter Trainingsmethoden zu begünstigen und voranzutreiben, um folglich die Ausbildungssituation verbessern zu können.

Aus diesen Aspekten ergeben sich nun folgende Forschungsfragen:

- Wie sieht der aktuelle Entwicklungsstand der medizinischen Ultraschallausbildung aus?
- Welche virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden gibt es und wie können diese in der Ultraschallausbildung eingesetzt werden?
- Welche Handlungsempfehlungen können ausgesprochen werden um den Einsatz virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden zu fördern und deren Nutzen zu konkretisieren?

Um die entsprechenden Ergebnisse in der späteren Diskussion besser einordnen zu können, wird in einem ersten Schritt die wissenschaftliche Relevanz dieser Arbeit hervorgebracht und die Problemstellung definiert (Kap. 2). Der heutige Stellenwert der Sonographie sowie die zunehmende Mobilität der Geräte werden in Relation zur Ultraschallausbildung thematisiert. Insbesondere die Bedienerabhängigkeit sowie die Relevanz des praktischen Trainings werden näher beleuchtet und die Problematik der Ausbildungssituation skizziert.

In einem zweiten Schritt wird auf die Ultraschalltechnik und ihre Besonderheiten eingegangen (Kap. 3). Hieraus können weitere Faktoren abgeleitet werden, die die Relevanz des praktischen Trainings hervorheben und die technischen Rahmenbedingungen virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden aufzeigen. Insbesondere das Ableiten der notwendigen praktischen Schlüsselqualifikationen für eine gute Ultraschalluntersuchung spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Eine Übersicht der medizinischen Einsatzgebiete des Ultraschalls wird gegeben (Kap. 4) um aufzuzeigen, dass die Standardisierung und feste Implementierung der Ultraschallausbildung maßgeblich für die Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik sind. Neben den technischen Rahmenbedingungen und den Anwendungsbereichen des Ultraschalls sind die technische Qualitätssicherung sowie die Regelung der Qualifikation des Untersuchers weitere wichtige Aspekte, um die Anforderungen an digitale Trainingsmethoden definieren zu können. Dafür werden qualitätssichernde Maßnahmen sowie Empfehlungen und Richtlinien durchleuchtet (Kap. 5).

Anschließend wird ein Überblick der studentischen Ultraschallausbildung im deutschsprachigen Raum gegeben mit dem Ziel, mögliche Lücken und Defizite herauszuarbeiten (Kap. 6). Die eingesetzten Ausbildungsansätze und deren Vor- und Nachteile sowie Art und Umfang der Ausbildung werden vorgestellt. Daraus ergeben sich relevante Faktoren und konkrete Anforderungen an eine qualitätssichernde und standardisierte Ultraschallehre. Hierauf baut dann folglich das Verbesserungspotential der digitalen Trainingsmethoden auf. Zudem dienen die Ergebnisse als Basis zum Aufzeigen der Einsatzmöglichkeiten und Handlungsempfehlungen virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden.

In einem letzten Schritt werden vorhandene virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden vorgestellt (Kap. 7.1 und 7.2) sowie deren Vor- und Nachteile für die Ultraschallausbildung diskutiert (Kap. 7.3). Anhand der vorausgehenden Ergebnisse werden die Einsatzmöglichkeiten genauer betrachtet (Kap. 7.4) und Handlungsempfehlungen ausgesprochen (Kap. 7.5), um die weite Verbreitung und Implementierung virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden zu fördern und deren Nutzen für die Ultraschallausbildung zu optimieren.

Zur Beantwortung der gegenständlichen Forschungsfragen wurde auf eine sensitive Recherche zurückgegriffen. Ziel dieser Recherche war es, nationale und internationale Studien, Monographien, Zeitschriftenaufsätze und weitere Literatur zu den bestehenden Forschungsfragen zu identifizieren und dabei möglichst alle relevanten Treffer zu finden, da das ausgewählte Forschungsthema trotz einer bestimmten Spezifikation (virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden) auch ein weit gefasstes Spektrum aufweist (die medizinische Ultraschallausbildung). Das ausgewählte Forschungsthema weist keine besonderen fach- oder datenbankspezifischen Merkmale auf. Sowohl virtuelle und spielbasierte Trainingsmethoden als auch die medizinische Ultraschallausbildung stellen Unterkategorien bestimmter Fachrichtungen dar, wie beispielsweise Digitalisierung in der Ausbildung und das Medizinstudium. Es wurde eine passende Suchstrategie generiert und in diversen elektronischen Datenbanken, Fachzeitschriften und Suchmaschinen angewendet. Hierzu wurden Suchbegriffe mithilfe von Booleschen Operatoren identifiziert. Um eine angemessene Bearbeitung der Forschungsfrage zu gewährleisten, wurden Ein- und Ausschlusskriterien definiert. Die gewählten Einschlusskriterien berücksichtigen zeitliche, räumliche (i.d.R. deutschsprachiger Raum), sprachliche (deutsch und englisch) und thematische Faktoren. Ausschlusskriterien waren die, bereits im Titel oder Abstract erkennbare fehlende Relevanz, Aktualität und Zugangshürden. Für Literatur, die den Einschlusskriterien entsprach, jedoch nicht frei zugänglich war, wurden die Autoren angeschrieben. Die eingeschlossene Literatur wurde zunächst gruppiert, analysiert, verglichen und anschließend kritisch bewertet. Daraus wurden eigene Schlussfolgerungen gezogen und die Ergebnisse in einem logischen Zusammenhang zu den Forschungsfragen aufgearbeitet und zusammengeführt.

2 Ausgangslage und Problemstellung

2.1 Heutiger Stellenwert des Ultraschalls

Die Ultraschalldiagnostik spielt heutzutage weltweit die entscheidende Rolle im Bereich der medizinischen Bildgebung und ist seit ihrer Einführung vor etwa einem halben Jahrhundert in der Geburtshilfe und Frauenheilkunde zum Bestandteil fast aller medizinischen Fachdisziplinen geworden (Dietrich, Sirlin, O’Boyle, Dong, & Jenssen, 2019b; Bundesamt für Strahlenschutz, 2018). Ultraschall dient in seiner Herkunft vor allem der klinischen Erstuntersuchung eines Traumapatienten, um Flüssigkeitsansammlungen zu erkennen (Gillman & Kirkpatrick, 2012). Heutzutage ergänzt Ultraschall, aufgrund seiner ständigen Weiterentwicklung, immer mehr klinische Verfahren und hat sich auf viele weitere Bereiche erweitert, wie etwa die Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin [DEGUM], n. d.-d; Recker & Michels, 2015). Es werden allein im ambulanten vertragsärztlichen Bereich jährlich mehr als 60 Millionen Ultraschalluntersuchungen durchgeführt.

Der größte Vorteil der Sonographie ist das schmerzlose und risikofreie Arbeiten, weil keine Belastung durch ionisierende Strahlung entsteht und es sich hierbei um ein minimalinvasives Verfahren handelt (Deutsche Röntgengesellschaft, n. d.). Weitere Vorteile gegenüber anderen Verfahren, wie der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT), sind die geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten (Dirks, n. d.-b) sowie die höchste Detailauflösung (Dietrich, 2018). Außerdem von großer Bedeutung sind die schnelle Verfügbarkeit und die Portierbarkeit, weil mit handhabbaren Geräten effizient am Bett des Patienten gearbeitet werden kann. Insbesondere in der Notfallmedizin beziehungsweise im Bereich Point-of-care Ultraschall (POCUS) verschaffen tragbare, miniaturisierte Sonographiegeräte einen Vorteil und liefern innerhalb kürzester Zeit Bilder aus dem Inneren des Körpers (Schlotterbeck, Fraunhofer, Hübner, & Moshage, 2003, S. 124). Dadurch wird Ultraschall nicht nur zu diagnostischen Zwecken, sondern auch als problemlösungsorientiertes Tool eingesetzt (Dietrich et al., 2019b). Zudem erlaubt der Ultraschall die Beantwortung morphologischer Fragestellungen in Echtzeit und somit das Erstellen diagnostischer Befunde mit minimalem Zeitaufwand (Kassenärztliche Bundesvereinigung [KBV], 2016). Die Sonographie ist heutzutage fester Bestandteil einer normal verlaufenden Schwangerschaft (Jenderka & Delorme, 2018, S. 285) und gewinnt aufgrund der wenig invasiven und am Krankenbett verfügbaren Eigenschaften zunehmende Bedeutung bei geriatrischen und dementen Patienten (Fröhlich et al., 2017). In der Palliativmedizin kommt die Besonderheit des Ultraschalls, Diagnostik und persönliche Zuwendung miteinander zu verbinden, eigens zum Ausdruck (Nürnberg et al., 2017). Die Sonographie begleitet somit den Patienten im weitesten ärztlichen Sinne von der Geburt bis zum Lebensende ohne Nebenwirkungen oder merkliche Belastung (Nürnberg, Jenssen, Cui, Ignee, & Dietrich, 2015).

Die Anzahl der Operationen und Prozeduren im Bereich der bildgebenden Diagnostik in deutschen Krankenhäusern hat sich seit 2005 bis 2017 mehr als verdoppelt (Statistisches Bundesamt, 2019). Aktuell gilt die Sonographie als das am häufigsten genutzte bildgebende Verfahren (Deutsche Röntgengesellschaft, n. d.). Insbesondere in Rehaeinrichtungen sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen belegt die Ultraschalldiagnostik Platz 1 (Offermanns & Löffert, 2017). Durch die oben genannten Vorteile liegt es nahe, dass der Ultraschall die potentiell gefährlichen Röntgenuntersuchungen zunehmend abschaffen wird. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) macht sich stark dafür, dass das konventionelle Röntgen in allen sinnvollen Bereichen zunehmend durch die risikofreie und unschädliche Sonographie ersetzt wird (Dirks, n. d.-a). Denn Deutschland steht im europäischen Vergleich auf Rangplatz 1 durchgeführter Röntgenuntersuchungen mit 140 Millionen im Jahr 2014, was 1,7 Untersuchungen pro Einwohner entspricht (Radtke, 2019a; Radtke, 2019b; Becker, 2004). Eckert, Ackermann, Schweiger, Radeloff und Liedgens (2012) sehen vor allem im Zuge knöcherner Verletzungen, wie beispielsweise der distalen Unterarmfraktur, dass die Sonografie in diesem Bereich durch die ebenso erfolgreichen Nachweise bzw. durch das ebenso sichere Ausschließen von Frakturen als sichere Alternative zum konventionellen Röntgen in Frage kommt. Somit werden schädliche Effekte ionisierender Strahlung sowie kumulative Schäden vermindert und verhindert, was speziell im Kindesalter von großer Bedeutung ist. Auch hinsichtlich verschiedenster Verletzungen des Thoraxes verspricht die Sonographie mit deutlich höherer Häufigkeit von diagnostizierten Rippenfrakturen und Pleuraergüssen sowie durch bessere Differenzierung von kardiogenen gegenüber pulmonalen Ursachen sicherere und hilfreichere Ergebnisse im Vergleich zum Röntgen (Morf, 2018, S. 1244; Shreves & Pour, 2013; Wüstner et al., 2005). Auch Mathis (2018) fand heraus, dass das Thoraxröntgen eine geringere Sensitivität (77%) aufweist als die Lungensonographie (88-97%) und empfiehlt daher die vermehrte Anwendung der Lungensonographie anstelle des Röntgens. Des Weiteren versprechen die vielen Einsatzmöglichkeiten des POCUS, also die Ultraschalldiagnostik direkt am Ort des Geschehens, dass das Röntgen zunehmend in den Hintergrund geraten wird (Schmid & Dodt, 2018, S. 572 f.). Mithilfe des Lungenultraschalls kann in kürzester Zeit geklärt werden, ob ein Notfallpatient mit akuter Dyspnoe unter einer kardialen Dekompensation mit pulmonaler Stauung, einer akut exazerbierten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, einem Pneumothorax oder einer Pneumonie leidet und somit rasch die entsprechende Therapie eingeleitet werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Sonographie in der Evaluierung bestimmter Krankheitsbilder und Verletzungen eine einfache, schnell verfügbare, am Krankenbett einsetzbare, zuverlässige Methode ohne Strahlenbelastung darstellt, welche deutlich mit dem konventionellen Röntgen konkurriert und somit einen festen Platz in der primären Diagnostik einnimmt. Auch aufgrund der zunehmenden Portierbarkeit des Ultraschalls, liegt es nahe, dass dieser zukünftig MRT und CT in den Schatten stellen wird (Dietrich et al., 2019b, S. 1). Denn weltweit haben fast zwei Drittel der Menschheit keinen Zugang zu bildgebenden Verfahren (Pan American Health Organisation, 2012).

2.2 Die zunehmende Mobilität der Geräte

Der am häufigsten diskutierte Trend in der Ultraschalldiagnostik ist die zunehmende Mobilität und Handhabbarkeit - das Ergebnis einer rasanten Technologieentwicklung. Es gibt einen regelrechten Boom an mobilen Geräten. In zahlreichen Zeitschriften und Publikationen wird der Ultraschall als das „neue Stethoskop des 21. Jahrhunderts“ betitelt und es wird diskutiert, ob der Ultraschall das bisher übliche Symbol für den Arztberuf im digitalen Zeitalter ablösen wird (Hackenbroch, 2016; Müller-Lissner, 2014; Hermann, 2013; Sartori, 2013). Damit der Ultraschall das Stethoskop wirklich ablösen wird, ist die uneingeschränkte Mobilität notwendig. In diesem Zusammenhang kamen in den letzten Jahren zahlreiche innovative Trends mit unterschiedlichen Besonderheiten auf den Markt (Rykkje et al., 2019, S. 12). Manche Geräte kombinieren Wandler und Bildschirm in einer Einheit, bei anderen wird der Wandler an ein Tablet oder Smartphone angeschlossen, andere wiederum sind drahtlos verbunden. Bereits im Jahr 2002 wurden auf der MEDICA Ultraschallgeräte in der Größe eines Laptops oder Stethoskops vorgestellt (Heidelbach, 2002).

Um den Überblick zu erleichtern kann zwischen konventionellen, mobilen und handgeführten Geräten unterschieden werden (Dietrich et al., 2019a, S. 272-273; Dietrich, Cui & Piscaglia, 2012). Konventionelle Geräte fassen alle nicht mobilen, großen, traditionellen Geräte zusammen, die unter anderem einen Anschluss an eine Stromverbindung benötigen und nicht mit Batterien oder Akkus auskommen. Nachteile dieser konventionellen Geräte sind die fehlende Portierbarkeit, längere Startzeiten und der damit verbundene Zeitverlust (Fischer et al., 2002, S. 312). Die mobilen Geräte haben häufig die Größe eines Laptops, sind portierbar, kommen mit Batterien aus und haben schnellere Startzeiten als die konventionellen Geräte (Dietrich et al., 2019a, S. 273; Dietrich et al., 2012). Diese können auch am Bett des Patienten angewandt werden, zum Beispiel mithilfe eines Tragegurts oder eines kleinen Schiebewagens, auf dem diese installiert sind. Handgeführte Geräte sind im Gegenzug zu den mobilen Geräten mit der Größe und Form eines Tablets oder Smartphones noch flexibler und bieten die zusätzlichen Vorteile, dass sie mit nur einer Hand anwendbar sind, schneller verfügbar und zu einer noch schnelleren Diagnose, sowohl stationär als auch in weiteren Settings genutzt werden können (Nielsen et al., 2018, p. 31).

Die erste mobile appbasierte Ultraschall-Lösung „Lumify“ wurde 2017 auf der MEDICA von dem Technikunternehmen Philips vorgestellt - eine kompakte, leichte Sonde (96 bis 136 Gramm), die per USB-Kabel an ein mobiles Endgerät, wie beispielsweise das Smartphone oder Tablet, angeschlossen werden kann und mithilfe einer App als Diagnosegerät fungiert (Philips, 2017). Bisher gibt es drei verschiedene Sonden: Linear, konvex und sektoriell. Ein weiteres Ultraschallgerät, bei dem die Technologie vollständig in der Sonde verbaut ist und welches gegenwärtig das kleinste erhältliche Gerät ist, ist das „V-Scan Extend“ von dem Hersteller GE Healthcare mit nahtloser Integration in drahtlose Netzwerke und DICOM-gestützte Krankenhausinformationssysteme (GE Healthcare, n. d.-b; GE Healthcare, n. d.-a). Dieses Gerät verbindet Linear- und Sektorschallkopf in einem, so dass der Schallkopf nicht umgesteckt werden muss und stellt B-Mode und Doppler-Bildgebung bereit.

Die miniaturisierten Geräte passen in die Tasche des Arztkittels und sind somit jederzeit und überall verfügbar und einsetzbar. Diese Art von sonographischer Diagnostik, die direkt am Ort des Geschehens, also meistens am Bett des Patienten, mithilfe mobiler, handhabbarer und vom Stromnetz unabhängiger Geräte stattfindet, ähnlich der Technik des Stethoskops, wurde von der European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB) unter dem Begriff „Echoskopie“ zusammengefasst, um diese von der herkömmlichen Sonographie zu unterscheiden (Dietrich et al., 2012). Hierbei wird die Sonographie nicht nur als Diagnosemittel verstanden, sondern auch als Komponente der körperlichen Untersuchung. Eine Studie, welche die diagnostische Genauigkeit von Studenten unter Verwendung von handhabbaren Geräten und Kardiologen unter Verwendung der Auskultation vergleicht, zeigte, dass die Studenten 78% der pathologischen Elemente korrekt identifizierten, während die Kardiologen 49% korrekt identifizierten (Kobal et al., 2005). Trotzdem weisen die EFSUMB und die Autoren Gillman und Kirkpatrick (2012, S. 5) darauf hin, dass diese miniaturisierten Geräte nicht für alle klinisch relevanten Situationen in Frage kommen. Dieser innovative Ansatz wird beispielsweise nicht mit dem FAST Konzept (Focused Assessment with Sonography in Trauma) konkurrieren können, sondern vielmehr seinen Platz in ergänzender Routineuntersuchung finden, also nicht als Alternative hierzu, sondern als einen Teil davon. Auch Rykkje et al. (2019, S. 12) sehen die handhabbaren Geräte als vorteilhafte Ergänzung zu herkömmlichen Vorrichtungen, insbesondere im Bereich körperliche Untersuchung, Notfallmedizin und FAST. Dietrich (2018, S. 1268) beschriebt die Echoskopie als eine Ultraschallmethode zur Beantwortung von Ja/Nein-Fragestellungen, wodurch eine Ausschlussdiagnostik nicht möglich ist.

Neben der „Echoskopie“, kam der Begriff des visuellen Stethoskops auf (Dietrich et al., 2019a, S. 273). Der Hersteller HD Medical Group hat das weltweit erste visuelle Stethoskop auf den Markt gebracht: „ViScope“ (HD Medical Group, 2018). Dieses sieht aus wie ein herkömmliches Stethoskop und verbindet Auskultation mit Echokardiographie. Es ermöglicht nicht nur das Sehen von Herzgeräuschen in Echtzeit auf einem Display, sondern auch das Speichern dieser digitalen Daten für weitere Analysen und Berichte. Die angemessene Dokumentation ermöglicht das Teilen der Daten mit Kollegen und kann für das Üben von Studenten im Bereich Auskultation genutzt werden (HD Medical Group, 2018; Gillman & Kirkpatrick, 2012, S. 5). Gillman und Kirkpatrick (2012, S. 6) sehen allerdings auch klare Grenzen im Bereich Asthma und chronische obstruktive Lungenerkrankungen sowie hinsichtlich der hohen Kosten dieser Geräte.

Ob und inwiefern die Echoskopie in der täglichen Routine eingesetzt werden wird, hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab (Chui et al., 2014). Zum einen von der technischen Entwicklung dieser Geräte, insbesondere hinsichtlich Größe, Kosten und Bildqualität. Zum anderen von der Implementierung und Standardisierung dieses Ansatzes in der studentischen Ausbildung. Hier könnten handgeführte Geräte der zunehmenden Anfrage an qualitativer und quantitativer Ausbildungsqualität gerecht werden (Nielsen et al., 2018, p. 35). Somit bleibt unklar, ob die tragbaren Smartphone-Ultraschall-Geräte vielleicht bald um die Hälse der Ärzte baumeln.

2.3 Relevanz und Problematik der Ausbildungssituation

Obwohl die Sonographie traditionsgemäß als unbedenklich angesehen wird, ist die Sicherung der Untersucherqualität maßgeblich abhängig von der Grundqualifikation der untersuchenden Ärzte (Konge et al., 2014, S. 95).

„Der größte Nachteil der Sonografie ist die Bedienerabhängigkeit.“

(Fröhlich et al., 2017, S. 285)

Somit hängt die Qualität diagnostischer Ultraschalluntersuchungen neben der technischen Qualitätssicherung vorwiegend vom Ausbildungsstand des anwendenden Arztes ab. Die Inhalte der Aus- und Weiterbildung sowie die genutzten Lehr- und Trainingsmethoden sind entscheidend für die Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik. Im Folgenden soll die Relevanz der Ausbildungssituation genauer beleuchtet werden sowie kurz die Problematik dieser angerissen werden um folglich die Ausgangslage dieser Arbeit zu konkretisieren.

2.3.1 Abhängigkeit der Untersuchungsqualität des Bedieners

In Deutschland werden die Untersuchungen standardmäßig durch behandelnde Ärzte der jeweiligen Fachdisziplinen durchgeführt und nicht etwa wie in angelsächsischen Ländern durch speziell geschulte medizinische Sonographie-Assistenten oder sogenannte „Sonographers“, die die Ultraschallbilder an Ärzte und Radiologen zur weiteren Befundung weitergeben (Heling et al., 2018, S. 12; Mostbeck & Kathrein, 2018, S. 256; Edwards & Sidhu, 2017, S. 480). Vorteilhaft ist dabei, dass bessere Ergebnisse erzielt werden können, aufgrund der Möglichkeit, die bei der Untersuchung entstehenden Informationen sofort für die Behandlung nutzen zu können (Dirks, n. d.-c). Heling et al. (2018, S. 12) betonen diesen Vorteil mit dem Argument, dass eine sichere Diagnostik auch nur dann möglich ist, wenn die Untersucherkompetenz nicht auf andere, in der medizinischen Hilfe Tätige delegiert wird. Ein Editorial von Edwards und Sidhu (2017) führte 2017 zu heftigen Diskussionen bezüglich der Delegation der Untersucherkompetenz auf nicht ärztliches Personal (Heling et al., 2018; Arning 2017; Seitz, 2017). In Großbritannien werden Ultraschalluntersuchungen vorwiegend von sogenannten „Sonographers“ durchgeführt, welche sich ausschließlich auf das Gebiet der Sonographie spezialisiert haben, keine ärztliche Ausbildung vorweisen, jedoch als Selbstständige im nationalen Gesundheitsdienst tätig sind (Edwards & Sidhu, 2017, S. 480; Dietrich et al., 2019b). Außerdem gilt der Ultraschall hier nicht als diagnostischer Standard, im Gegensatz zu den deutschsprachigen Ländern, sondern CT und MRT werden bevorzugt und sind für die Bestätigung der Diagnose notwendige Untersuchungen (Arning, 2017). Ultraschall hingegen, dient als Screeningtest und nicht zur Herleitung von Enddiagnosen. Dieser Unterschied, sowie die dadurch angedeutete Differenzierung in der Qualität der diagnostischen Techniken, wird eben durch die Unterschiede der durchführenden Untersucher und deren Qualifikation erklärt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz beinhaltet Ultraschalldiagnostik auch immer die Kompetenz, klinische Befunde zu erheben und korrekt einzuordnen, wofür ärztliches Fachwissen gefordert ist (Heling et al., 2018, S. 12). Somit ist eine hohe Qualifikation nicht nur bezüglich der Anwendung der Technik gefordert, sondern auch hinsichtlich der Interpretation von Befunden.

Bei der Sonographie geht es nicht nur um die Darstellung von Körperstrukturen in Echtzeit oder der standardisierten Erfassung von Messwerten, sondern der Anwender verändert und beeinflusst während der Untersuchung auch den diagnostischen Prozess hinsichtlich Durchführung und Umfang sowie die Technik selbst, wodurch synchron der klinische Aspekt der Untersuchung auf ärztlicher Basis umformuliert wird (Strobel & Meng, 2018, S. 252). Die Diagnose ist somit direkt abhängig von dem Untersucher, insbesondere dessen ärztlichem Wissen und klinischer Erfahrung. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient spielt eine größere Rolle als bei anderen diagnostischen Verfahren, wie etwa CT und MRT. Während der Untersuchung wird direkt mit dem Patienten kommuniziert und Befunde und Konsequenzen werden unmittelbar mitgeteilt. Das ärztliche Gespräch in Verbindung mit der Qualifikation des Arztes ermöglicht erst die genaue Diagnose (Seitz, 2017, S. 662). Außerdem wird die Besonderheit des Ultraschalls, die ärztliche Zuwendung zum Patienten, in der heutigen Zeit der Digitalisierung, von Seiten der Patienten sehr geschätzt (Maio, 2014). Die Zwischenmenschlichkeit der Ultraschalluntersuchung sollte nicht durch die Propagierung, Ultraschall beruhe vor allem auf der Anwendung einer Technik, an Wichtigkeit verlieren. Die Bedeutung des klinischen Ultraschalls als fachärztliche Tätigkeit und somit als fester Bestandteil der medizinischen Aus- sowie Weiterbildung sollte hervorgehoben werden (Heling et al., 2018; Seitz, 2017).

2.3.2 Relevanz guter Ultraschallausbildung

Aufgrund des individuellen Charakters von Ultraschall, gibt es im Gegensatz zu CT- und MRT- Untersuchungen, keine Standardprotokolle zur Anwendung der Ultraschalldiagnostik, so dass auch unerfahrene Anwender die Technik im vollen Umfang verstehen könnten (Dietrich et al., 2017a, p. 54). Häufig wird diese Untersucherabhängigkeit sowie die damit verbundene Subjektivität der Befunde als negativer Ansatz diskutiert (Hagendorff, Kruck, & Merz, 2008, S. 208). Eine konsequente und den hohen Ansprüchen der Qualitätssicherung gerecht werdende Standardisierung würde solch negative Ansätze durch geringere Intra- und Interobserver- Variabilität vermeiden und zu einer Verbesserung der Reproduzierbarkeit der erhobenen Befunde sowie allgemein des Stellenwertes in der Ultraschalldiagnostik führen. Die Aussagekraft der Sonographie würde optimiert und Fehlinterpretationen vermieden werden. Von dem Untersucherstatus lassen sich spezielle Anforderungen ableiten, unter anderem deswegen, weil die Sonographie als diagnostisches und nicht rein technisches Verfahren therapeutisches Handeln nach sich ziehen kann, welches wiederum gravierende Konsequenzen für den Patienten haben kann. Gut ausgebildete Untersucher sind sehr wichtig, da ohne eine ausreichende Ausbildung eine unzureichende Untersucherqualität zu falschen diagnostischen Befunden und somit zu inadäquaten, als auch unnötigen Untersuchungen, Behandlungen und Eingriffen führen kann (Konge et al., 2014, S. 95).

2.3.3 Relevanz des praktischen Trainings

Der richtigen und optimalen Anwendung von Ultraschall gehen zielgerichtete Ausbildung und extensives praktisches Training voraus (Dietrich et al., 2019b; Konge, Albrecht-Beste & Nielsen, 2015). Die Ultraschalltechnik kann nicht einfach nur gelehrt werden, sie muss auch geübt werden. So schrieb Seitz:

„Ultraschall ist wie Geige spielen, auch da muss man lange üben, bis man vorspielen kann.“ (Seitz, 2012, S. 518)

In mehreren Studien konnte dargelegt werden, dass die Anzahl der durchgeführten Scans in der Ausbildung in Abhängigkeit mit der Genauigkeit der Diagnostik steht und das praktische Üben unerlässlich für eine gute Ultraschallausbildung ist. In einer Studie von Tolsgaard et al. (2019) zeigten nur 56,6% der Teilnehmer mit über 100 Scans eine zuverlässige Diagnostik. In einer weiteren Studie von Tolsgaard et al. (2014) wurden mehr als 24 Monate klinischer Erfahrung und ein spezialisiertes Training während 12-24 Tagen als notwendig für die selbstständige und sichere transvaginale und transabdominale Ultraschalluntersuchung erachtet. Die EFSUMB und das American Institute of Ultrasound in Medicine (AIUM) empfehlen etwa 300 durchgeführte und überwachte Scans als Voraussetzung für die freie Praxis (EFSUMB, n. d.-a; American Institute of Ultrasound in Medicine [AIUM], 2019). Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert eine Mindestanzahl durchgeführter Untersuchungen für die verschiedenen Anwendungsbereiche (KBV, n. d., S. 20). Die geforderten Fallzahlen würden viele Qualitätsprobleme lösen, haben allerdings eher Empfehlungscharakter, da die Umsetzung in weiter Ferne liegt (Seitz, 2012).

2.3.4 Problematik der Ausbildungssituation

Trotz der Erkenntnis, dass die praktischen Fertigkeiten die grundlegende Voraussetzung für gut ausgebildete Untersucher darstellen, ist das praktische Üben im Medizinstudium in den meisten Fällen nur in geringem Maße möglich (Mostbeck & Kathrein, 2018; Teistler, 2019). Jedem Studenten sollte die Möglichkeit zum umfangreichen, praktischen Üben des Ultraschalls während seiner Ausbildung gegeben sein und dies bereits von Beginn des Studiums an. Neben mangelnden Qualitätsstandards sind es fehlende und/oder veraltete Ultraschallgeräte sowie der nicht sachgerechte Einsatz dieser, die ursächlich für eine mangelhafte interdisziplinäre Ausbildung in der Ultraschalldiagnostik sind (Mostbeck & Kathrein, 2018, S. 256; Pfandzelter, Sander, Balhar, & Langer, 2012, S. 3). Im Vergleich zu CT und MRT werden in der Ultraschalldiagnostik häufiger Prozess- und Ergebnisqualitätsmängel attestiert. Die Zahl an Patienten mit geeigneten Charakteristika für die Ultraschallausbildung ist limitiert und die zeitlichen Ressourcen der Ausbilder sind begrenzt (Mostbeck & Kathrein, 2018, S. 256). Dies ist unter anderem auf eine zunehmende Arbeitsverdichtung und -belastung zurückzuführen (Merz, Tercanli, & Steiner, 2013). Aus diesen Gründen können die geforderten Fallzahlen nicht erreicht werden und das praktische Üben bleibt begrenzt.

In Deutschland existieren noch keine einheitlichen Standards zur medizinischen Ultraschallausbildung (Dirks, n. d.-c; Hagendorff et al., 2008, S. 208). Gerade wegen des heutigen hohen Stellenwertes der Sonographie im medizinischen Alltag sollte diese schon frühzeitig Bestandteil des Medizinstudiums sein (Recker & Michels, 2015). Die Ultraschallausbildung deutscher Mediziner erfolgt jedoch zu einem Großteil innerhalb der Facharzt-Weiterbildung und der beruflichen Entwicklung und nicht innerhalb des Medizinstudiums (Räschle & Hari, 2018, S. 1255). Derzeit gibt es in Deutschland kein umfassendes und standardisiertes Konzept zur Integration der Ultraschallehre in den medizinischen Lehrplänen (Hempel, Schröper, Pfister, & Michels, 2019). Zudem sind die Qualitätssicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Ausbildung unzureichend. So werden beispielsweise in der Ultraschallvereinbarung keine Inhalte der Ultraschallkurse definiert (Worlicek, 2017) sowie Anforderungen an die didaktische und pädagogische Kompetenz im Rahmen der Qualifikation des Ausbilders. Es fehlen Qualitätsstandards.

2.4 Zwischenfazit

Die Ultraschalldiagnostik hat einen regelrechten Boom im Bereich Mobilität erlebt und ist aufgrund der immensen Vorteile aus vielen Fachbereichen der Medizin nicht mehr wegzudenken. Ultraschall wird immer mehr in der Notfall- und Intensivmedizin sowie am Bett des Patienten genutzt und begleitet den Patienten als diagnostisches Tool sein ganzes Leben lang. Dagegen steht jedoch die Ausbildungssituation. Durch die einfache Zugänglichkeit und den erhöhten Nutzen der Sonographie, führen immer mehr Ärzte Ultraschalluntersuchungen durch und sollten somit auch immer mehr Ultraschall-Kenntnisse haben. Ultraschall wird trotz der hohen Bedienerabhängigkeit teilweise in der ärztlichen Fortbildungsphase ohne das notwendige Basiswissen und die technischen Fähigkeiten angewandt. Ein solides Grundwissen und gute praktische Fertigkeiten sind jedoch notwendig für den kompetenten und sinnvollen Einsatz von Ultraschall. Obwohl der Nutzen für den Patienten abhängig von der diagnostischen Genauigkeit der Untersuchung ist, gilt die Ausbildungssituation als unzureichend. Der Platz des Ultraschalls in den Lehrplänen der medizinischen Fakultäten ist derzeit sehr unterschiedlich und das praktische Üben im Medizinstudium kommt zu kurz. Somit besteht eine Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungsqualität, woraus sich ein dringendes Verbesserungspotential der Ultraschallausbildung, insbesondere der vorhandenen Trainingsmethoden ergibt. Denn ein standardisiertes qualitativ hochwertiges Training ist entscheidend für den Patientennutzen, die Patientensicherheit und die Qualitätssicherung in der Ultraschalldiagnostik.

3 Ultraschalltechnik

3.1 Grundlagen der Bilderzeugung mit Ultraschall

Die verschiedenen Techniken des Ultraschalls werden zusammen als „multiparametrischer Ultraschall“ bezeichnet (Mostbeck & Kathrein, 2018, S. 256). Denn Ultraschall kann heutzutage nicht einfach anhand eines Anwendungsbereiches oder einer bestimmten Technik erläutert und verstanden werden. Neben der Bilddarstellung in Echtzeit in 2D, 3D oder auch 4D gibt es mehrere verschiedene Dopplertechniken mit einer Reihe von technologisch fortgeschrittenen Ultraschallsonden, die in der Lage sind, Bilder von ausgezeichneter Qualität mit hoher anatomischer Genauigkeit zu erzeugen (Varsou, 2019). Neben der steigenden Anzahl an Untersuchungen sind es vor allem die technische Weiterentwicklung der Sonographie und der Einsatz neuer moderner Verfahren und Techniken, wie beispielsweise die kontrastmittelverstärkte Sonographie, die, durch Steigerung der Bildqualität, eine immer schnellere und genauere Diagnostik ermöglicht haben (Heling et al., 2018, S. 13; Fischer et al., 2002, S. 312). Im Folgenden sollen die Grundlagen der Bilderzeugung mit Ultraschall erläutert werden, um daraus relevante Ergebnisse für die Ultraschallausbildung herauszuarbeiten.

3.1.1 Schallköpfe

Ein Ultraschallsystem besteht aus Gerätekonsole, Schallkopf, Monitor und Dokumentationseinrichtung. Der Schallkopf, auch Schallsonde oder Transducer genannt, dient zum Abstrahlen und Empfangen der Echos bzw. die im Schallkopf eingebauten Wandlerelemente dienen zur Umwandlung der elektrischen Signale in akustische Signale und umgekehrt (KBV, n. d., S. 62). Für die überwiegende Mehrheit der technisch-medizinischen Anwendungen bestehen diese Wandler aus piezoelektrischen Keramikscheiben. (Jenderka & Delorme 2018, S. 287). Charakteristisch für moderne, hochwertige Schallsonden ist eine große Bandbreite, da diese zur Verbesserung des Auflösungsvermögens dient. Die in der Sonographie eingesetzten Schallköpfe unterscheiden sich bezüglich der Anzahl und Anordnung der Piezoelemente, Größe der Schalleintrittsfläche in den Körper und Geometrie des Schnittbildes. Diese Faktoren bestimmen mitunter die jeweiligen Anwendungsbereiche. In Tab. 3.1 sind die verschiedenen in der Ultraschalldiagnostik benutzten Schallköpfe sowie deren Bilddarstellung übersichtlich dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3.1 Schallköpfe in der Ultraschalldiagnostik

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jenderka & Delorme, 2018, S. 288-289; KBV, n. d., S. 60-63

3.1.2 Bildaufbauverfahren

Grundlage der Ultraschalldiagnostik ist das Impuls-Echo-Prinzip (Jenderka & Delorme, 2018, S. 290). Die Ultraschallwellen senden beim Eindringen in das Gewebe einen gerichteten Impuls aus, so dass die Schallintensität reflektiert wird und verwertbare Echos entstehen. Über den Zeitverzug des Echos kann die Entfernung des reflektierenden Gewebes ermittelt werden. Der Schallkopf wandelt die empfangenen Echos in elektrische Signale um, die zur Bilddarstellung genutzt werden. Die grundlegenden Techniken sind der A- und B-Modus sowie die Duplex- und die Dopplersonographie. Beim A-Modus (das A steht für Amplitude) werden die Amplituden (die Intensität) der Ultraschallechos als Funktion der Laufzeit bzw. des Abstandes der echogebenden Struktur vom Schallkopf als eindimensionale Abbildung dargestellt (World Health Organisation, 2011, p. 11-12). Diese Methode wird heutzutage kaum mehr benutzt, da im Vergleich zu anderen Methoden nur wenige Informationen geliefert werden. Beim B-Modus (das B steht für Brightness = Helligkeit) werden die Amplituden der Ultraschallechos als Bildpunkte mit unterschiedlichen Helligkeiten dargestellt, wodurch ein 2D-Grauwert- Ultraschallschnittbild entsteht.

Die Duplex-Sonographie meint insbesondere die Kombination von B-Modus und Dopplerspektrum (KBV, n. d., S. 60-62). Ein Dopplerspektrum (auch Dopplersonographie) dient als Verfahren zum Aufzeigen eines Doppler-Effektes, bzw. zur Messung der Frequenzverschiebung von abgestrahlter und empfangener Ultraschallwelle. Dadurch können die Blutflussgeschwindigkeit in Gefäßen und die Verteilung der Strömung dargestellt werden (Jenderka, 2009, S. 15; Jenderka & Delorme, 2018, S. 297). Beim CW-Doppler (continuous wave) werden kontinuierlich Ultraschallwellen emittiert und empfangen (KBV, n. d., S. 60-62). Dabei ist keine Tiefeninformation möglich. Beim PW-Doppler (pulsed wave) werden Ultraschallwellen abwechselnd emittiert und empfangen, wodurch die Tiefenzuordnung möglich wird und das Doppler-Signal von einem definierten Ort gewonnen werden kann. Bei der farbkodierten Dopplersonographie (auch Farbdoppler) wird die Dopplerinformation nicht in Grauwerten, sondern in verschiedenen Farben dargestellt. Anders gesagt wird fließendes Blut im Ultraschallbild farbig dargestellt. Das Farbduplex-Verfahren, auch farbkodierte Duplexsonographie genannt, meint die gleichzeitige Anwendung des B-Modus und des Farbdopplers (Jenderka & Delorme, 2018, S. 299). Der Powerdoppler meint die ausschließliche Messung des Doppler-Signals ohne die Bestimmung der Fließgeschwindigkeit und Richtung. Vorteile des Power-Dopplers sind, dass sehr geringe Strömungen nachgewiesen werden können sowie die Unempfindlichkeit gegenüber Aliasing (siehe Tab. 3.2).

Prinzipiell erreichen erfahrene Ultraschallanwender eine gute gedankliche, räumliche Vorstellung des Untersuchungsgebiets durch manuelles Schwenken des Schallkopfes (Jenderka & Delorme, 2018, S. 295). Die dreidimensionale Sonographie greift dieses Prinzip auf und ermöglicht die Aufklärung der räumlichen Beziehungen der anatomischen Strukturen, deren Form und Volumen. Zu Beginn der 3D-Sonographie wurden zur Abbildung eines sogenannten multiplaren Bildes drei senkrecht aufeinander stehende zweidimensionale Bildebenen gleichzeitig auf dem Monitor dargestellt (Merz & Chaoui, 2019, S. 290). Heutzutage ermöglichen die rasanten Fortschritte in der Computertechnologie sowie die Entwicklung spezieller 3D-Schallköpfe die Darstellung anatomischer Strukturen in nahezu fotografischer Abbildungsqualität. Es können nicht nur, wie bei der CT und MRT, mehrere Bildebenen gleichzeitig dargestellt werden, sondern auch rekonstruierte Bildebenen demonstriert werden, die sich mit der herkömmlichen 2D-Snonographie weniger gut darstellen lassen. Zudem sind die räumlichen Bilder vom Untersucher besser beurteilbar und auch für die Patienten leichter zu verstehen als einzelne Schnittebenen. Der qualifizierte Einsatz der 3D-Sonographie erfordert eine hohe Lernkurve sowie kontinuierliches Training und gutes räumliches Vorstellungsvermögen (Merz, 2015, S. 4). Trotz des hohen Beitrages der 3D-Sonographie in der pränatalen Diagnostik und der zahlreichen technischen Entwicklungen weisen die Autoren Jenderka und Delorme (2018, S. 295) daraufhin, dass der Nutzen der 3D-Sonographie für die Diagnostik nicht überschätzt werden soll, da Schallhindernisse (Luft und Knochen) unvermeidbar sind und Oberflächensimulationen durch schwierige Segmentierung erschwert werden. Ausnahme stellt dabei das Gesicht des Fötus dar, da dieses sich gut vor dem echofreien Fruchtwasser abhebt.

3.1.3 Ultraschallartefakte

Artefakte sind Bildfehler, die zu einer fehlerhaften, nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Bilddarstellung führen (Jenderka & Delorme, 2018, S. 292). Allgemein werden bei der Generierung von Ultraschallbildern bestimmte Faktoren angenommen, wie beispielsweise eine konstante Schallwellengeschwindigkeit oder eine gradlinige Ausbreitung der Schallwellen. Diese Annahmen sind jedoch häufig nicht identisch mit der praktischen Realität, so dass durch die Interaktion der Ultraschallwellen mit Gewebestrukturen und Fremdkörper methodenbedingte und systeminhärente Bildfehler entstehen (Tuma et al., 2016, S. 433). Grundsätzlich entstehen Artefakte durch Reflektion, Absorption, Streuung, Brechung und Beugung der Schallwellen im menschlichen Körper, aber auch unzureichende Geräteeinstellungen können ursächlich sein. In Tab. 3.2 ist eine Klassifizierung der häufigsten Artefakte aufgeführt. Teilweise können Artefakte durch spezielle Scanverfahren (beispielsweise Spatial Compounding), optimierte Geräteeinstellung sowie Variation der Patientenlage und der Schallkopfposition reduziert werden (Tuma et al., 2016, S. 448).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3.2 Klassifizierung der häufigsten Artefakte

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Jenderka, 2009; Jenssen et al., 2016; Kollmann, 2018; Tuma, 2016

Die Bedeutung von Artefakten ist ambivalent. Einerseits gelten diese als störend und können die diagnostische Aussage erschweren oder sogar Fehldiagnosen begünstigen (Tuma et al., 2016). Andererseits können sie in vielen Fällen wichtige Informationen für die Befunderhebung liefern und werden somit gezielt diagnostisch genutzt (Jenderka & Delorme, 2018, S. 292). Dies ist beispielsweise bei bestimmten Krankheitsbildern, wie etwa einem Lungenödem oder einer Lungenerkrankung der Fall (Morf, 2018, S. 1246). Hier verursachen echoreiche Reverberationsartefakte die sogenannten B-Linien, die an der Lungenoberfläche entstehen, wenn die Lunge der Thoraxwand anliegt. Eine Schallverstärkung oder ein Randschatten können wichtige Kriterien für das Vorliegen einer Zyste sein oder eine Schallauslöschung kann zur Differenzierung kleiner Gallenblasensteine von Polypen dienen (Tuma et al., 2016, S. 447). Normales Lebergewebe ist echoarm, während bei einer Leberverfettung vermehrt akustische Grenzflächen und somit auch Streuung und Dämpfung auftreten, wodurch die Fettleber sich echoreich darstellt (Jenderka & Delorme, 2018, S. 294). Die normale Schilddrüse ist echoreich. Bei der Basedow-Schilddrüse, eine Form der Schilddrüsenüberfunktion, schrumpfen die Follikeln, die Streuung nimmt ab und die Schilddrüse ist echoarm.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass für die korrekte klinische Befundung von Ultraschallbildern, neben der grundsätzlichen Kenntnis von Anatomie und pathologischer Veränderungen, das Wissen über die Entstehung und Vermeidung von Artefakten sowie deren Interpretation unabdinglich ist (Tuma et al., 2016, S. 448). Wichtiger Bestandteil der studentischen Ultraschallausbildung ist es zu lernen, häufige Artefakte erkennen und reduzieren zu können (Kollmann, 2018, S. 1275). Dabei können simulationsbasierte Testobjekte helfen, die physikalischen Ursachen zur Entstehung des einzelnen Artefaktes praktisch zu verifizieren und somit den Studierenden später im Berufsalltag die Wiedererkennung von Artefakten zu vereinfachen.

3.2 Relevanz für die Ultraschallausbildung

Es wird deutlich, dass Ultraschallaufnahmen, im Gegensatz zu CT und MRT auf den ersten Blick einen geringeren Informationsgehalt bieten (Teistler, 2004, S. 92). Somit sind physikalisches Grundverständnis, dreidimensionales Vorstellungsvermögen und handwerkliches Geschick des Untersuchers notwendig, um einerseits ein aussagekräftiges Ultraschallbild zu erzeugen und andererseits dieses auch korrekt zu interpretieren und qualitative Befunde erstellen zu können beziehungsweise aus diesen Informationen eine Diagnose durchzuführen (Stoiber et al., 2008). Der Anwender muss die Schallkopfführung und die Hand-Augen-Koordination beherrschen (Ourahmoune, Hamitouche, & Larabi, 2018). Grundvoraussetzung dafür ist, dass er in der Lage ist, sich, anhand seines anatomischen Wissens und einer 2D-Ansicht die anatomische Struktur des dreidimensionalen Körpers vorzustellen, denn Ultraschallbilder sind im Wesentlichen zweidimensionale Schnitte von dreidimensionalen Objekten (Birchall, 2015; Hegarty, Keehner, Cohen, Montello, & Lippa, 2007, p. 286). Die hierfür benötigte Fähigkeit ist das visuell-räumliche Verständnis, welches somit eine besonders wichtige Rolle in der Ultraschalldiagnostik einnimmt, wie auch in anderen medizinischen Disziplinen. Diese Eigenschaft fehlt dem unerfahrenen Studenten jedoch häufig und bereitet ihm somit Schwierigkeiten, denn das Verständnis räumlicher Zusammenhänge zur mentalen Rekonstruktion der Schnittbilder erfordert Training und Erfahrung (Hegarty et al., 2007, p. 303; Teistler, 2004, S. 1).

Daraus ergibt sich die Frage, welche Methoden idealerweise eingesetzt werden können um die visuell-räumlichen und visuell-motorischen Fähigkeiten zu trainieren (Hegarty et al., 2007, p. 288). Neue Technologien wie Computervisualisierungen und virtuelle Trainingsumgebungen eignen sich optimal zur Ausbildung medizinischer Studenten, da diese im Gegensatz zu herkömmlichen Lehrmethoden eine höhere Flexibilität aufweisen, Änderungen von bestimmten Parametern leichter zulassen und mit geringem Aufwand wiederverwendet werden können. Hegarty et al. (2007, p. 309) haben herausgefunden, dass insbesondere die Interaktion mit 3D- Visualisierungen über eine intuitive Benutzeroberfläche die Leistung beim Erstellen und Erkennen von Schnittbildern verbessern kann. Ein gutes Beispiel zum gezielten Training der visuell-räumlichen und visuell-motorischen Fähigkeiten sind räumliche Fähigkeitstests mithilfe von interaktiven Computervisualisierungen, bei denen geometrische Formen verwendet werden (Hegarty et al., 2007; Rochford, 1985; Teistler, 2019). Mögliche Übungen innerhalb dieser Tests sind die Rotation, Visualisierung und das Erstellen oder Erkennen von Schnittbildern dieser Formen. Um ein 2D-Bild aus einer computervisualisierten 3D-Struktur oder einem 3D- Objekt zu erstellen, muss der Anwender zunächst eine interne Darstellung der Struktur oder des Objektes konstruieren (Hegarty et al., 2007, p. 304-305). Dann muss er versuchen sich vorzustellen, das Objekt zu schneiden, wobei es hilft, das Objekt mental zu rotieren. Schließlich muss er versuchen diesen imaginären Schnitt zu visualisieren. Dabei gilt, dass der Lerneffekt größer ist und es hilft, wenn die Lernenden mithilfe einer 3D-Visulaisierung die Kontrolle über die verschiedenen Ansichten haben und die Objekte aktiv manipulieren können, da hierdurch mehr nützliche Informationen bereitgestellt werden. Zudem werden dadurch neben den visuell­räumlichen Fähigkeiten auch die visuell-motorischen Fähigkeiten trainiert.

Die technikbasierte Komplexität der Ultraschalldiagnostik sowie die mögliche Schwierigkeit, ein 2D-Schnittbild aus einem 3D-Körper korrekt zu interpretieren und die Relevanz dieser Fähigkeit für eine gute Ultraschalluntersuchung, unterstreichen einmal mehr die Bedeutsamkeit des praktischen Übens mit den geeigneten Trainingsmethoden während der Ultraschallausbildung. Es ist wichtig, dass den Studenten ausreichend Möglichkeit geboten wird und geeignete Methoden und Materialien zur Verfügung gestellt werden ihr visuell­räumliches Verständnis und die visuell-motorischen Fähigkeiten zu trainieren, da diese Schlüsselqualifikationen für eine gute Ultraschalluntersuchung in allen Anwendungsbereichen darstellen.

4 Medizinische Einsatzgebiete des Ultraschalls

4.1 Überblick der Anwendungsbereiche

Durch rasante Technologieentwicklungen haben sich die Einsatzmöglichkeiten der Ultraschalldiagnostik in den letzten Jahren deutlich erweitert. Neben der bereits weit verbreiteten Anwendung der Ultraschalltechnik in der Kardiologie und Geburtshilfe erstreckt sich die Sonographie heutzutage auf viele weitere Bereiche wie die Innere Medizin, Notfall- und Intensivmedizin, Anästhesiologie, Chirurgie, Dermatologie und zahlreiche andere Fachbereiche (Bundesamt für Strahlenschutz, 2018; DEGUM, n. d.-d). Dabei spielen sonographische Verfahren nicht nur im Bereich Diagnostik eine bedeutende Rolle, sondern auch im Rahmen von Interventionen.

Durch den nicht-invasiven und unschädlichen Charakter gilt die Sonographie als das wichtigste bildgebende Verfahren in der Geburtshilfe und Gynäkologie (Jenderka & Delorme, 2018, S. 285). Insbesondere der hohe Standard der dreidimensionalen Ultraschalltechnik ermöglicht heutzutage in der pränatalen Diagnostik ein besonderes visuelles Erlebnis, sowohl für die werdenden Eltern, als auch für den Untersucher selbst (Merz, 1995, S. 154). Dieser kann mithilfe der 3D-Sonographie leichter komplexe Fehlbildungen diagnostizieren, was sonst nur mit sehr hohem räumlichem Vorstellungsvermögen möglich wäre. Zudem kann der Ausschluss einer Fehlbildung leichter nachgewiesen bzw. den Eltern das Nichtvorhandensein eines speziellen Defektes glaubhafter demonstriert werden. Mit der 4D-Oberflächendarstellung ist es zudem möglich, Bewegungen des Fötus wie in einem Echtzeitvideo darzustellen (Merz, 2015).

Mithilfe der Sonographie ergeben sich neue Möglichkeiten für die Krebsdiagnostik und - therapie. Ultraschall ist elementarer Bestandteil der Mammadiagnostik, insbesondere zur Früherkennung und Diagnose bei Erkrankungen der Brust (Würstlein et al., 2014). Im Zusammenhang von Brustkrebs konnte gezeigt werden, dass die Sonographie gegenüber der Mammografie eine höhere Treffsicherheit mit zunehmender Brustdichte leistet (Madjar, 2009). Außerdem gilt die Sonographie als bedeutendes Verfahren zur Früherkennung von Lebertumoren (DEGUM, 2012). Mithilfe der Kontrastmittelsonographie können sogar kleinste Lebertumoren aufgespürt und genau eingegrenzt werden. Mit modernen Verfahren, wie dem hoch-intensiven fokussierten Ultraschallverfahren können die auftretenden Schmerzen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs gelindert und der Tumor verkleinert werden (DEGUM, 2018).

Die Ultraschalldiagnostik gilt als eine der belebendsten Innovationen auf dem Gebiet der Regionalanästhesie und hat in den letzten Jahren einen enormen Einfluss auf die Entwicklung dieses Anwendungsbereiches in der Praxis ausgeübt (Kim & Tsui, 2019; Woodworth, Chen, Horn, & Aziz, 2014). Entscheidende Verbesserungen durch die ultraschallgestützte Regionalanästhesie im Vergleich zu anderen Techniken zur Nervenlokalisation sind eine erhöhte Erfolgsrate bei der Nervenblockade, eine schnellere Einwirkzeit, geringere Mengen an Lokalanästhetika und ein geringeres Risiko für Komplikationen, so dass Ultraschall heutzutage von vielen Experten als Standard bei der Versorgung von peripheren Nervenblockaden angesehen wird (Kim & Tsui, 2019, p. 13). Außerdem ermöglichte die Sonographie neue Bauch-, Rumpf-, und Thoraxwandblockaden (DEGUM, n. d.-c).

Das Aufkommen von tragbaren und handhabbaren Geräten hat den Weg für das Gebiet der fokussierten Ultraschalldiagnostik geebnet, wodurch der Einsatz der Sonographie in der Notfall- und Intensivmedizin heute nicht mehr wegzudenken ist (Hempel et al., 2019, S. 519; Michels et al., 2017). Die Notfallsonographie, welche auch unter dem Begriff FAST bekannt ist, wird vom DEGUM Arbeitskreis Notfallsonographie als „eine problemorientierte und qualifizierte Bedside-Sonographie am Notfallpatienten als Fortsetzung und Vertiefung der klinischen Untersuchung mit technischen Hilfsmitteln“ definiert (Osterwalder et al., n. d., S. 3). Diese ist ortsunabhängig sowie organ- und regionenübergreifend und meint vor allem die symptom-, problem- oder patientenorientierte Sonographie bei kritisch kranken Patienten (Heinz & Seibel, n. d.; Osterwalder et al., n. d.). Aufgrund der Relevanz schneller Entscheidungsfindung in Notfallsituationen stehen hier die zielgerichtete Erstbehandlung durch eine schnelle Diagnose oder durch das Ausschließen bestimmter Krankheitsbilder sowie das Eingrenzen der Problematik auf eine fachspezifische Fragestellung im Fokus (Böer, 2014, S. 136 f.). Zur Standardisierung der fokussierten Notfallsonographie kann das sogenannte RUSH (Rapid Ultrasound in Shock and Hypotension) Protokoll verwendet werden. Dieses Konzept ermöglicht die strukturierte Beurteilung von hypotonen, schockierten Patienten durch schnelles Eingrenzen der möglichen Ursachen (sono4you graz, n.d., S. 3). Dafür werden anhand bestimmter strukturierter Schritte in kürzester Zeit Herz, Abdomen, Vena Cava Inferior und Thorax geschallt.

Ähnlich der Notfallsonographie kam in den letzten Jahren vermehrt der Begriff Point-of-Care Ultraschall (POCUS) auf. Bisher gibt es keine einheitliche Definition für POCUS. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass POCUS sich dahingehend von dem konventionellen Ultraschall unterscheidet, dass der Patient nicht mehr zum Gerät in den Untersuchungsraum, welcher sich traditionell in einer speziellen Abteilung befindet, sondern, das Gerät zum Patienten gebracht wird (Dietrich et al. 2019a, S. 272). POCUS kann sowohl mit konventionellen Geräten, als auch mit mobilen und handhabbaren Geräten stattfinden. Der Fokus liegt dabei vor allem auf dem Einsatz am Ort des Geschehens (Dietrich et al., 2017a, p. 50). Insbesondere im Hinblick auf Untersucher, die nur begrenzten Zugang zu Patienteninformationen haben, jedoch eine klinische Diagnose bereitstellen müssen, bieten handhabbare Ultraschallgeräte einen enormen Vorteil und erweitern den Einsatz der Sonographie maßgeblich (Dietrich et al., 2012). Somit gewinnt POCUS zunehmend an Bedeutung in der Notaufnahme und auf der Intensivstation, in der Erstversorgung, am Unfallort, im Rettungswagen und generell am Krankenbett, das heißt in den Bereichen, in denen der Bedarf, den zielgerichteten Prozess der Diagnostik zu beschleunigen, besonders hoch ist (Schmid & Dodt, 2018, S. 572; Mancusi, Carlino, & Sforza, 2019). Im Vordergrund stehen dabei nicht die weitreichende Untersuchung und Befundung, sondern die sichere, schnelle und fokussierte Diagnose im Rahmen der Erstuntersuchung sowie das Vermeiden von gegebenenfalls unnötigen weiteren Untersuchungen. POCUS meint das schnelle Erkennen von Problemen sowie die lösungsorientierte Durchführung am Ort der Entscheidungsfindung (Dietrich, 2018). Dabei wird sich auf die Beantwortung von klaren Ja/Nein-Fragestellungen konzentriert (Dodt & Buerke, 2018; Olgers et al., 2019).

Auch im Rahmen von Hausbesuchen, insbesondere hinsichtlich ländlicher Gebiete sowie bei geriatrischen, dementen und palliativen Patienten wird POCUS immer wichtiger (Frauendorf, Thierock, Parthe, Schmailzl, & Nuernberg, 2018; Fröhlich et al., 2017). In einer Studie von Fröhlich et al. (2019) konnte gezeigt werden, dass handhabbare Geräte die klinische Entscheidungsfindung bei geriatrischen Patienten verbessert. Zudem werden Stress und Belastungen bei Transporten und Ortswechsel vermieden, wodurch das Risiko eines Delirs geringer ist. Bestimmte Risiken und Krankheiten können durch präventive Untersuchungen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Bei Möglichkeit zur direkten therapeutischen Intervention kann sogar die stationäre Einweisung verhindert werden (Nürnberg et al., 2015). Des Weiteren betonen Dietrich et al. (2017a, p. 54) den Nutzen von POCUS in einem Umfeld mit nicht optimalen Bedingungen, wie es etwa in Dritte Welt Ländern oder Katastrophengebieten der Fall ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 111 Seiten

Details

Titel
Digitalisierung in der medizinischen Ultraschallausbildung. Einsatzmöglichkeiten virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden
Hochschule
Fachhochschule Flensburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
111
Katalognummer
V1021567
ISBN (eBook)
9783346414892
ISBN (Buch)
9783346414908
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ultraschall, Medizinlehre, Digitalisierung
Arbeit zitieren
Alisha Blasen (Autor:in), 2020, Digitalisierung in der medizinischen Ultraschallausbildung. Einsatzmöglichkeiten virtueller und spielbasierter Trainingsmethoden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1021567

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