Die Arbeit bewertet die Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte in der Insolvenz mit dem Ziel der Sanierung des Schuldnerunternehmens. Restrukturierung und Sanierung ist ein Thema, das nahezu jedes Unternehmen betrifft oder während der Betriebszeit betreffen kann. Unternehmenskrisen stellen eine große Herausforderung für das Unternehmen selbst dar und bringen weitreichende gesellschaftliche Probleme mit sich. Zu deren Bewältigung existieren keine einheitlichen Lösungen.
Es gibt lediglich Grundregeln und Erfolgsfaktoren für die Erstellung von Restrukturierungs- bzw. Sanierungskonzepten sowie Anhaltspunkte für ein erfolgreiches Umsetzungsmanagement, auf die zurückgegriffen werden können. Entscheidend für einen dauerhaften Erfolg ist ein ganzheitliches Restrukturierungskonzept, das das Überleben des Krisenunternehmens sichert und die Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer wiederherstellt. Hierzu muss die strategische Neuausrichtung des Konzerns mit der Herstellung eines nachhaltigen Erfolgspotenzials sowie die operative und finanzielle Restrukturierung einbezogen werden.
Fünf Jahre nach Inkrafttreten des ESUG wurden im August 2018 die vorwiegend praktischen Erfahrungen mit dessen Anwendung evaluiert. Der über 350-seitige Abschlussbericht des Expertenteams kommt zu dem Ergebnis, dass die durch das ESUG eingeführten Änderungen von der Praxis weitgehend positiv angenommen worden sind und eine Rückkehr zum früheren Recht durch nichts veranlasst ist. Allerdings schlägt der Bericht zu Einzelfragen Änderungen vor, welche die grundsätzliche Ausrichtung des ESUG nach Ansicht der Bundesregierung nicht infrage stellt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Sanierung von Schuldnerunternehmen
- I. Das Unternehmen in der Krise
- II. Ziel der Sanierung
- III. Überblick zu den Möglichkeiten einer Unternehmenssanierung
- 1. Außergerichtliches Verfahren
- 2. Die gesetzlichen Verfahren des deutschen Rechts
- a) Gerichtliche Kontrolle
- b) Insolvenzplanverfahren
- c) Übertragende Sanierung
- d) Eigenverwaltung
- C. Erweiterter Handlungsspielraum zur Sanierung von Unternehmen in der Insolvenz durch Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte
- I. Rechtslage vor Einführung des ESUG
- 1. Problemstellung
- 2. Blockademöglichkeiten der Gesellschafter vor Einführung des ESUG
- a) Ausgangslage für eine Reform
- b) Einzelne Blockademöglichkeiten der Gesellschafter
- c) Gegenmittel durch den Insolvenzverwalter vor Einführung des ESUG
- aa) Rechtsstellung der Gesellschafter
- bb) Konstruktion schuldrechtlicher Ansprüche des Insolvenzverwalters
- cc) Fehlende Praxistauglichkeit der schuldrechtlichen Ansätze
- 3. Zwischenergebnis
- II. Gesellschaftsrechtliche Eingriffsmöglichkeiten durch die Einführung des ESUG
- 1. Überblick der wesentliche Änderungen
- a) Allgemeines Verständnis des Gesetzgebers bei der ESUG Reform
- b) Zentrale Änderungsnormen
- c) Einbeziehung der Gläubiger
- d) Eingriff in die Anteilsrechte und Organisation des Schuldners
- e) Schutzfunktionen
- 2. Eingriffsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters
- a) Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
- b) Das insolvenzrechtliche Freigabeverfahren
- c) Ausschluss der Differenzhaftung
- d) Erleichterungen durch Form- und Abgabefiktion
- e) Sonstige Pflichten und Eingriffsbefugnisse
- f) Fazit
- 3. Bewertung der ESUG-Reform
- 1. Überblick der wesentliche Änderungen
- III. Neue Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens
- 1. Dogmatische Einordnung des § 225a Inso
- 2. Grundsatz des § 225a Abs. 1 Inso
- a) Ausdrückliche Regelung
- b) Persönlicher Anwendungsbereich
- c) Gegenständlicher Anwendungsbereich
- 3. Gesellschaftsrechtlich zulässige Regelungen des § 225a Abs. 3
- a) Grundnorm
- b) Reichweite der Vorschrift
- 4. Der Dept-Equity-Swap als Spezialfall in § 225a Abs. 2
- a) Hintergrund der ausdrücklichen Normierung
- b) Regelungsgehalt
- c) Allgemeines zur rechtlichen Umsetzung
- d) Rechtliche Umsetzung durch Kapitalschnitt bei Kapitalgesellschaften
- aa) Vereinfachte Kapitalherabsetzung
- bb) Kapitalerhöhung
- (1) Verfahren
- (2) Einlageprüfung
- (3) Differenzhaftung
- (4) Gerichtliche Kontrolle
- cc) Bezugsrechtsausschluss
- dd) Abfindung der Altgesellschafter
- ee) Zusammenfassung
- e) Umsetzung durch Ausgliederungsverfahren
- f) Wertung des Sanierungsinstrumentes
- aa) Vorteile des Dept-Equity-Swaps
- (1) Gewinnung von Gläubiger und Neuinvestoren
- (2) Erhöhung der Sanierungschancen
- (3) Kalkulierbarkeit durch Reduzierung der Differenzhaftung
- bb) Risiken des Dept-Equity-Swaps
- (1) Überbewertung der Einlage
- (2) Kein Debt-Equity-Swap gegen den Willen der Gläubiger
- (3) Nachrangigkeit der Gesellschafterdarlehen
- aa) Vorteile des Dept-Equity-Swaps
- g) Zusammenfassung
- 5. Kündigungsausschluss für Vertragspartner nach Abs. 4
- 6. Austrittsrecht und Abfindung nach Abs. 5
- 7. Vereinbarkeit des § 225 a InsO mit höherrangigem Recht
- a) Deutsches Verfassungsrecht
- b) Europarecht
- aa) Vereinbarkeit mit der 2. KapRL
- bb) Publizitätsrichtlinie
- 8. Bewertung der Neuregelung des § 225a InsO
- a) Aktuelle Diskussion in der Literatur
- b) Eigene Bewertung der Neuregelung
- aa) Systematische Einordnung des § 225a InsO
- bb) Regelungslücke des Abs. 3
- (1) Verhältnis von Insolvenzrecht zu Gesellschaftsrecht und Umfang der gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahme
- (2) BGH-Entscheidung als Ende des grundsätzlichen Vorrangs des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht?
- (3) Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe
- cc) Anwendbarkeit des § 225a InsO auf belastete Geschäftsanteile?
- dd) Barkapitalerfordernis beim Kapitalschnitt
- c) Fazit
- 9. Praktische Besonderheiten bei Eingriffen in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte
- a) Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten und Ausschluss von Gesellschaftern
- b) Gruppenbildung und Stimmrechte der Anteilsinhaber
- c) Die Erstreckung des Obstruktionsverbots
- d) Die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten am Beispiel des Falls Suhrkamp
- aa) Sachverhaltsübersicht zum Suhrkamp-Fall
- bb) Treuepflichtbindung im Insolvenzverfahren
- cc) Bewertung
- e) Minderheitenschutz
- aa) Minderheitenschutz am Beispiel des Falls Suhrkamp
- bb) Auswirkungen auf die Praxis
- f) Fazit
- 10. Zusammenfassung
- D. Sanierungsalternativen mit Eingriff in Anteilsrechte
- I. Übertragende Sanierung als wichtigste Alternative zum Dept-Equity-Swap
- 1. Das Sanierungsinstrument und Vorüberlegungen zur Wahl der Sanierungsvariante
- 2. Vorteile einer übertragenden Sanierung
- 3. Risiken der übertragenden Sanierung
- 4. Fazit
- II. Die doppelnützige Treuhand als Sanierungsinstrument zur Insolvenzvermeidung
- I. Übertragende Sanierung als wichtigste Alternative zum Dept-Equity-Swap
- E. EU-Restrukturierungsrichtlinie: Die Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsinstruments
- F. Ergebnis und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese wissenschaftliche Arbeit befasst sich mit dem Thema der Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte in der Insolvenz mit dem Ziel der Sanierung des Schuldnerunternehmens. Die Arbeit analysiert die Rechtslage vor und nach Einführung des ESUG (Gesetz zur Modernisierung des Insolvenzrechts) und untersucht die neuen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens, insbesondere den Dept-Equity-Swap.
- Rechtslage vor und nach Einführung des ESUG
- Eingriffsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte
- Bewertung der ESUG-Reform
- Dept-Equity-Swap als Sanierungsinstrument
- Sanierungsalternativen zum Dept-Equity-Swap
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit befasst sich mit der Einleitung und gibt einen Überblick über das Thema und die Zielsetzung. Das zweite Kapitel beschreibt die Sanierung von Schuldnerunternehmen im Allgemeinen, einschließlich der verschiedenen Verfahren und Möglichkeiten. Das dritte Kapitel analysiert die Rechtslage vor Einführung des ESUG und die Blockademöglichkeiten der Gesellschafter. Anschließend wird die Einführung des ESUG und seine Auswirkungen auf die Eingriffsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters untersucht.
Das vierte Kapitel befasst sich mit den neuen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens, insbesondere mit dem Dept-Equity-Swap. Es werden die rechtlichen Grundlagen, die Voraussetzungen und die praktische Umsetzung des Dept-Equity-Swaps diskutiert. Darüber hinaus werden die Vorteile und Risiken dieses Sanierungsinstrumentes betrachtet.
Das fünfte Kapitel behandelt die Sanierungsalternativen zum Dept-Equity-Swap, wie die übertragende Sanierung und die doppelnützige Treuhand. Das sechste Kapitel befasst sich mit der EU-Restrukturierungsrichtlinie und der Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsinstruments. Abschließend werden im siebten Kapitel die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick gegeben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen des Insolvenzrechts und des Gesellschaftsrechts. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Unternehmenssanierung, Insolvenzplanverfahren, Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte, ESUG, Dept-Equity-Swap, übertragende Sanierung, EU-Restrukturierungsrichtlinie, vorinsolvenzliches Restrukturierungsinstrument.
- I. Rechtslage vor Einführung des ESUG
- Quote paper
- Dr. iur. Martina Achzet (Author), 2020, Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte in der Insolvenz mit dem Ziel der Sanierung des Schuldnerunternehmens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1037809