Warum wurde gerade das konservative Bayern zum Motor für unmittelbare Demokratie


Seminararbeit, 2003

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Verfassungsrechtliche Gegebenheiten

Anwendung und Nutzen

Reformen

Abschluss

Anhang

Einleitung

Dieses Essay beschäftigt sich mit der Frage der Entwicklung, Ausgestaltung und Akzeptanz der direktdemokratischen Möglichkeiten in Bayern. Dabei gilt es zu klären, ob Bayern als „Motor für unmittelbare Demokratie“ bezeichnet werden kann oder ob andere Länder in ihrer Entwicklung und Ausgestaltung nicht vielleicht viel weiter gegangen sind.

Um diesen Fragen nachzugehen werden im ersten Schritt verfassungsrechtliche Gegebenheiten untersucht, um Voraussetzungen vergleichbar zu machen. Im zweiten Schritt wird die Durchführung eines Volksbegehren bis hin zum gebilligten Volks-entscheid in Bayern dargestellt und ein Vergleich zu angestrengten Volksbegehren und durchgeführten Volksentscheiden in den deutschen Bundesländern angestellt. Auch ein Blick nach Europa findet an dieser Stelle statt. Im weiteren Verfahren wird auf Reformvorschläge eingegangen. Abschließend sollen die aufgeworfenen Fragen beantwortet werden.

Verfassungsrechtliche Gegebenheiten

Die, am 1. Dezember 1946 durch Volksentscheid angenommene Bayerische Verfassung (BV) ist gekennzeichnet durch die besondere Hervorhebung unmittelbarer Demokratie. Bei der Ausgestaltung der Volksrechte im einzelnen wird diese Schwerpunktsetzung fortgeführt. So sprechen explizit der Artikel 5 Absatz 1 BV von der gesetzgebenden Gewalt durch das Volk und der Volksvertretung und der Artikel 7 Absatz 2 BV von der Ausübung der Rechte des Staatsbürgers durch Teilnahme an Wahlen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, sowie Volksbegehren und Volksentscheiden. Nach Artikel 18 Absatz 3 BV kann der Landtag auf Antrag von einer Million wahlberechtigter Staatsbürger durch Volksentscheid abberufen werden. Die Verfassung kann nach Artikel 75 BV ausschließlich durch Volksentscheid geändert werden.( Heußner/ Jung 1999: S. 159 f)

Auch die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gingen mit ihren Verfassungen in gutem demokratischen Brauch um. Diese wurden durch Verfassungsreferendum den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt. (Jung/ Knemeyer: 2001 S.30)

In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen, sowie in Sachsen-Anhalt und Berlin sind seit 1990 ebenfalls neue Landesverfassungen in Kraft getreten. In mehr als der Hälfte aller Bundesländer hat also eine tiefgreifende Änderung der rechtlichen Grundordnung stattgefunden, und durchweg ging damit eine Entscheidung für mehr direkte Demokratie einher. Aber es wurden nicht nur Volksbegehren und Volksentscheid neu eingeführt, wo sie bislang fehlten. Vielmehr ist hervorzuheben, das mit deutlich niedrigeren Hürden beim Volksbegehren, so in Schleswig-Holstein mit 5 % und in Brandenburg mit 4 % der Beginn des Verfahrens bewusst erleichtert wurde. Zum Aufschwung der direkten Demokratie gehört auch, dass in einigen alten Ländern die Hürden für die Volksgesetzgebung drastisch gesenkt wurden. Das Quorum beim Volksbegehren, in der Nachkriegszeit den Staat schützend hoch auf 20 % festgesetzt, haben Bremen, Berlin und Rheinland-Pfalz inzwischen halbiert. In Nordrhein-Westfalen haben Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und SPD dieses Vorhaben im Juni 2000 in ihre Koalitionsvereinbarung aufgenommen. (Jung/ Knemeyer: 2001 S. 29) Besonders hervorzuheben ist aber die Quorenfreiheit des Bayerischen Freistaates. Dadurch ist gewährleistet, dass bei Volksentscheiden allein die Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Staatsbürger maßgebend ist. Dabei gilt die Quorenfreiheit sowohl für einfache wie für verfassungsändernde Gesetze. (Heußner/ Jung 1999: S. 160) Herausragend zu erwähnen ist an dieser Stelle ebenfalls das Recht der Popularklage, wonach jeder bayerische Staatsbürger laut Artikel 98 (4) BV die Möglichkeit besitzt ein Gesetz zu rügen, welches ein Grundrecht verfassungswidrig einschränkt (Heußner/ Jung 1999: S. 169).

Noch rasanter vollzog sich der Wandel der direkten Demokratie in den neunziger Jahren auf der Kommunalebene. Dort hatte bislang nur ein einziges Land, Baden-Württemberg, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid eingeführt (1956). Über drei Jahrzehnte fand dieses Beispiel keine Nachahmung. Erst 1990 ging auch hier Schleswig-Holstein voran. Bis 1994 folgten Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen, sowie die fünf ostdeutschen Bundesländer diesem Beispiel und nahmen Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in ihre neuen Kommunalverfassungen auf. Erst 1995 setzte Bayern per Volksgesetzgebung den kommunalen Bürgerentscheid durch. Als zuletzt 1997 das Saarland aufgeschlossen hat, hatte sich damit auch auf der kommunalen Ebene die direkte Demokratie flächendeckend durchgesetzt. (Jung/ Knemeyer 2001: S. 30)

Warum aber hatte die Einführung von Bürgerbegehren und –entscheid in Bayern solange auf sich warten lassen? Erste Bestrebungen direkte Demokratie auch auf kommunaler Ebene einzuführen gab es bereits 1949. Damals forderte der Bayerische Landtag die Staatsregierung einstimmig auf, einen Gesetzentwurf für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vorzulegen. Wilhelm Hoegner kam dem als Innenminister 1951 nach und bezeichnete das Vorhaben als Kernstück einer modernen, demokratischen Gemeindeordnung. Die Abstimmung im Landtag endete jedoch mit einer knappen Niederlage von 87 Ja- , zu 96 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. Fünf Jahre später führte Baden-Württemberg als erstes Land Bürgerbegehren und –entscheid, wie oben beschrieben ein.

Anwendung und Nutzen

Der Weg zum Volksentscheid ist nicht leicht. Der alleinige Blick in die Bayerische Verfassung täuscht über den steinigen Weg hinweg. Diverse Formalitäten sind zum Einbringen eines Volksentscheides nötig. Als erstes müssen nach Formulierung eines Gesetzentwurfes 25.000 Unterschriften frei gesammelt werden. Dann wird der Zulassungsantrag beim Innenministerium gestellt. Dort wird das Vorhaben umfassend auf Verfassungs- und Rechtmäßigkeit geprüft. Mit Ablehnung, gegen die Widerspruch beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingelegt werden kann, ist zu rechnen sofern der bayerische Staatshaushalt durch den Gesetzentwurf betroffen ist oder wenn die Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht gegeben ist.

Wenn der Zulassungsantrag Erfolg hatte, müssen die nach Artikel 74 Absatz 1 BV erforderlichen 10 Prozent der stimmberechtigten Staatsbürger das Volksbegehren unterstützen. Dabei ist diesmal die freie Unterschriftensammlung nicht möglich. Vielmehr müssen diese in Amtsräumen der Gemeinden persönlich abgegeben werden. Dabei beträgt die Eintragsfrist nach einer im Jahre 1968 vorgenommenen Halbierung der Zeit lediglich 14 Tage. Sind dann die knapp 900.000 notwendigen Unterschriften erreicht, wird das Volksbegehren dem Landtag zugeleitet. Auch hier gibt es zunächst eine Prüfung auf formale und sachliche Gültigkeit.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Warum wurde gerade das konservative Bayern zum Motor für unmittelbare Demokratie
Hochschule
Universität Potsdam  (FB Politik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
14
Katalognummer
V10590
ISBN (eBook)
9783638169691
Dateigröße
477 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unmittelbare demokratie, volksbegehren, volksentscheid, bürgerbegehren, bürgerentscheid, plebiszit, referendum
Arbeit zitieren
Torsten Krause (Autor:in), 2003, Warum wurde gerade das konservative Bayern zum Motor für unmittelbare Demokratie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10590

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