Nachhaltigkeitsberichterstattung der deutschen Versicherungswirtschaft

Status quo und Entwicklungsmöglichkeiten aus Sicht der Allianz Gruppe und Munich RE


Bachelor Thesis, 2021

78 Pages, Grade: 1,4

Anonymous


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Hinführung zum Thema
1.1 Motivation und Ziel der Arbeit
1.2 Fragestellungen
1.3 Struktur der Arbeit

2. Grundbegriffe zur Nachhaltigkeit
2.1 Bedeutung der Nachhaltigkeit
2.2 Nachhaltige Angebote
2.3 Nachhaltige Investitionen

3. Umweltberichte als Säule der Nachhaltigkeitsberichterstattung
3.1 Allgemein
3.2 Agenda
3.3 GRI und United Global Compact
3.4 Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK) und GRI

4. Methodik
4.1 Standards und Richtlinien zur Berichterstattung
4.1.1 Status Quo und ESG (Environment Social Government) -Kriterien
4.1.2 Principles of Responsible Investment (PRI)
4.2 Publizierte Nachhaltigkeitsaspekte
4.2.1 Munich RE
4.2.2 Allianz
4.3 Vergleich der publizierten Nachhaltigkeitsaspekte
4.4 Systematische Literaturanalyse nach vom Brocke
4.4.1 Research Scope und Konzeptionalisierung des Themenbereichs
4.4.2 Zusammenfassung der Kernaussagen der Fachliteratur

5. Diskussion

6. Fazit und Ausblick
6.1 Allgemein
6.2 Beantwortung der Forschungsfragen
6.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abstract

Umweltaffine Konsumenten hinterfragen, ob Produkte und Dienstleistungen nachhaltig hergestellt wurden. Das gilt auch für Dienstleistungen der Versicherungsbranche. In den Unternehmen müssen daher entsprechende Maßnahmen getroffen werden, um diesen Anforderungen und Ansprüchen gerecht zu werden. Um eine tatsächlich gelebte Nachhaltigkeit im Unternehmen zu erzielen, müssen die Bedürfnisse aller Stakeholder bezüglich der Nachhaltigkeit ermittelt und mithilfe einer Wesentlichkeitsanalyse bewertet werden. Zudem muss die Bedeutung entsprechender Maßnahmen hinsichtlich der Nachhaltigkeit für den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens beurteilt werden.

In dieser Bachelorarbeit wird untersucht, wie sich der Status Quo der Versicherungsbranche hinsichtlich der Nachhaltigkeit gestaltet und ob und inwieweit Nachhaltigkeit in den Unternehmen tatsächlich realisiert wird. Zu diesem Zweck werden zunächst die Grundbegriffe der Nachhaltigkeit beleuchtet und diverse allgemeine Standards und Richtlinien zur Nachhaltigkeit, wie die siebzehn Sustainable Development Goals (SDGs) der Agenda 2030, die Vorgaben der Global Reporting Initiative sowie des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) geschildert. Um einen Einblick in die tatsächlich gelebte Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche zu erhalten, werden im praktischen Teil die Nachhaltigkeitsmaßnahmen und -richtlinien der Versicherungsunternehmen Allianz bzw. der Allianz-Gruppe und der Munich RE geschildert und miteinander verglichen.

Abkürzungsverzeichnis

AOA Asset Owner Alliance

BaFin Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen

BfG Bank für Gemeinwirtschaft

BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

BMZ Bundesministerium für Zusammenarbeit und wirtschaftliche Entwicklung

BPI Bruttoinlandsprodukt

CE Europäische Konformität

CO2 Kohlenstoffdioxid

CI Corporate Identity

CLP Classification, Labelling and Packaging of Chemicals

CRM Customer Relationship Management

CSR Corporate Social Responsibility

DMA Disclosure on Management Approach

DNK Deutscher Nachhaltigkeitskodex

ECON Ausschuss für Wirtschaft und Währung

EFFAS Europäischen Finanzexpertenverbands

EFTA Europäische Freihandelsassoziation

EIOPA Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge

EK Europäische Kommission

EMAS EG-Öko-Audit-Verordnung

ESAS European Supervisory Authorities

ESFS Europäischen Finanzaufssichtssystems

ESG Environment Social Government

ESGC Environment Social Government Combined

ETF Exchange Traded Fund

EU Europäische Union

EU-VO EU-Verordnung

FCKW Fluorkohlenwasserstoffe

FDL Finanzdienstleistungen

FSB-TSFD Financial Stability Board Task Force für klimabezogene finanzielle Angaben

FSC Forest Stewardship Council

GRI Global Reporting Initiative

HLPF High-Level Political Forum

IAEG-SDG Interagency and Expert Group on SDG Indicators

IFAC International Federation of Accountants

IIRC International Integrated Reporting Committee

ILO Internationale Arbeitsorganisation

IÖW Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung

IPCC Intergovernmental Panel of Climate Change

IR International Integrated Reporting Framework

MSC Marine Stewardship Council

MSCI Morgan Stanley Capital International

P & C property and casualty

PAIS Principal Adverse Impacts on Sustainability

PRI Principles of Responsible Investment

RIG Responsible Investment Guidelines

RNE Rat für Nachhaltige Entwicklung

SBTI Science Based Targets Initiative

SCM Supply-Chain-Management

SDG Sustainable Development Goal

SRI Socially Responsible Investments

UGC United Global Compact

UN Vereinte Nationen

UNFCCC United Nations Framework Convention on Climate Change

UWG Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb

VNR Voluntary National Review

VO Verordnung

VorstAG Gesetz zur (angemessenen) Vorstandsvergütung

VR Volksrepublik

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Geschäftsbeziehung und soziale und ökologische Ansprüche

Abbildung 2: Nachhaltige Wertschöpfungskette

Abbildung 3: Energie-Label für Haushaltsgeräte

Abbildung 4: Einfacher Wirkungspfad unternehmerischer Aktivität

Abbildung 5: Agenda 2030, SDGs 1 bis

Abbildung 6: Agenda 2030, Ziele 9 bis

Abbildung 7: 10 Prinzipien der UN Global Compact Initiative

Abbildung 8: 400+ - ESG-Scores

Abbildung 9: Frequenz der Schlüsselbegriffe aus Tabelle

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Auflistung bereits existierender Maßnahmen hinsichtlich der Nachhaltigkeit im Unternehmen

Tabelle 2: Nachhaltigkeitsstandards und -Produktsiegel

Tabelle 3: Prinzipien des verantwortlichen Investments (PRI)

Tabelle 4: ESG-Prozesse der Allianz

Tabelle 5: Vergleich publizierte Nachhaltigkeitsaspekte Munich RE und Allianz Gruppe

1. Hinführung zum Thema

Der Begriff der Nachhaltigkeit sowie nachhaltig oder „fair“ produzierte Waren und Dienstleistungen haben seit der Jahrtausendwende immer mehr an Bedeutung erfahren. Auch das über gesetzliche Vorgaben hinausreichende ökologische und soziale Engagement von Unternehmen hat seit diesem Zeitraum stetig zugenommen. Nachhaltigkeit wird mittlerweile als integraler Bestandteil eines Unternehmens gewertet.1 Die Ursachen dafür sind in einem zunehmenden Bewusstsein für nachhaltige Aspekte von Konsumenten und in der Gesellschaft sowie in Unternehmen zu finden. Unternehmen streben in einem Zeitalter dynamischer und flexibler Märkte aufgrund von Globalisierung und Digitalisierung nach einer Abgrenzung ihrer Produkte und Dienstleistungen gegenüber der Konkurrenz und nach einer Steigerung der Unternehmensreputation.2

Durch diese unternehmerischen Aktivitäten ergibt sich auch eine Verantwortung für die gesellschaftliche Entwicklung. Staatliche Richtlinien und Vorgaben können das Handeln von Unternehmen nur begleiten oder regulieren, aber nicht ersetzen. Aufgrund der rasanten Entwicklung digitaler Technologien sowie Entwicklungen der Demographie und der Globalisierung stehen Unternehmen aktuell unter einem erhöhten Wettbewerbsdruck. Von den Aktivitäten eines Unternehmens ist abhängig, wie viele Zukunftschancen für Mitarbeiter bestehen. Zudem wird eruiert, welche Effekte das unternehmerische Handeln auf das Allgemeinwohl hat und ob Unternehmen dazu in der Lage sind, einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.3

Resultate des Unternehmensratings und Bewertungen von Finanzanalysten beweisen, dass wirtschaftlicher Erfolg und ein wirksames Nachhaltigkeitsmanagement im Unternehmen keine Gegensätze bedeuten. Vielmehr dient ein Nachhaltigkeitsmanagement langfristig dem Unternehmenserfolg. Komponenten eines erfolgreichen Nachhaltigkeitsmanagements umfassen Qualitäts-, Risiko- und Umweltmanagement sowie die Berücksichtigung der Anforderungen von Mitarbeitern, eine sozial- und umweltschonende Orientierung der Wertschöpfungskette und der Informationssysteme sowie die Bekämpfung von Korruption. Es besteht eine hohe Anzahl von Richtlinien und Standards, die von Institutionen und Umwelt-Initiativen formuliert wurden, um das Umwelt-Reporting von Unternehmen sicherzustellen. Diese Regelungen sollen soziale und ökologische Aspekte systematisch und dauerhaft in ein Unternehmensmanagement sowie dessen Berichterstattung verankern. Werden diese Aspekte vernachlässigt oder nicht im Unternehmensmanagement sowie dem Reporting integriert, kann dies negative Effekte auf den Unternehmenserlös und langfristig negative Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben.4

Durch die Implementierung der Sustainable Development Goals (SDGs) der Agenda 2030, die Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) und die Regelungen des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) haben sich diverse Verpflichtungen für Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben.5 Erste Nachhaltigkeitsberichte entstanden Ende der 1980er Jahre aus der Umweltberichterstattung von Chemiekonzernen, die ihre Reputation in der Öffentlichkeit verbessern wollten. Andere Unternehmen begannen zu demselben Zeitpunkt, Nachhaltigkeitsberichte zu publizieren. Dabei handelte es sich jedoch um kleine oder mittelständische Unternehmen, die als Vorbild für andere Unternehmen dienen wollten und über ihre Umwelt-Aktivitäten berichten wollten.6

Seit Implementierung der EG-Öko-Audit-Verordnung (EMAS) im Jahr 1995 wurden weitere Umweltberichte anderer Unternehmen publiziert. Diese werden jedoch als reine Umweltberichte betrachtet und stellen keine Nachhaltigkeitsberichte im Sinn der Agenda 2030, der GRI-Richtlinien oder der DNK-Regelungen dar. Erst eine Dekade später haben Unternehmen damit begonnen, über ökologische, ökonomische und soziale Unternehmensthemen zu informieren. Mittlerweile stellt die Berichterstattung zu diesen Themen den Normalfall dar.7

International wurde die Berichterstattung bezüglich der Nachhaltigkeit durch die Regelungen der GRI vorangetrieben. Gefördert wurde diese zudem durch die gestiegene Bedeutung ökologisch-ethischer Investitionen (Socially Responsible Investments, SRI) und den damit verbundenen Indices, wie dem Dow Jones Sustainability Group Index. SRI-Ratingagenturen bewerten die Leistung von Unternehmen hinsichtlich ökologischer und sozialer Aspekte und stützen sich dabei auf die vom jeweiligen Unternehmen veröffentlichten Nachhaltigkeitsreport.8

Die ersten Länder, in denen eine gesetzliche Verpflichtung zu Nachhaltigkeitsberichten bestand, waren Dänemark und die Niederlande. Seit dem Jahr 2003 sind die zweihundert größten börsennotierten Unternehmen dazu verpflichtet, innerhalb ihrer Geschäftsberichte Zahlen und andere Informationen zu Umweltschutzbemühungen vorlegen. In Deutschland besteht diese Verpflichtung seit dem Jahr 2006. Diese bezieht sich jedoch nicht wie in Frankreich auf die zweihundert größten börsennotierten Gesellschaften. Unternehmen sind in Deutschland dazu verpflichtet, wenn diese für den Geschäftserfolg Bedeutung haben. Ähnliche Verpflichtungen hinsichtlich des Verfassens eines Nachhaltigkeitsberichts existieren auch in anderen europäischen Ländern. Im Jahr 2014 wurde auf europäischer Ebene eine Erweiterung dieser Berichtspflichten mit der Richtlinie 204/-95/EU beschlossen. Drei Jahre später wurde beschlossen, diese Richtlinie in deutsches Recht einfließen zu lassen und Unternehmen zu einem CSR-Bericht zu verpflichten.9

1.1 Motivation und Ziel der Arbeit

Die beiden Versicherungsunternehmen Allianz Gruppe und die Munich RE engagieren sich bereits seit Dekaden um die Implementierung sozialer und umweltgerechter Aspekte im Unternehmen. Die Auffassungen hinsichtlich der (intern) gelebten Nachhaltigkeit im Unternehmen ist bei beiden Unternehmen jedoch unterschiedlich. Nähere Ausführungen finden sich dazu im praktischen Teil dieser Bachelorarbeit. Es kann angenommen werden, dass beide Unternehmen – auch aufgrund der unterschiedlichen Historie – unterschiedliche Nachhaltigkeits-Ansätze und in der Umweltberichterstattung verfolgen. Es wird zudem angenommen, dass sich daraus ein Lerneffekt ergibt und damit Implikationen für die Zukunft ausgesprochen werden können. Die damit verbundenen Fragestellungen lauten wie folgt.

1.2 Fragestellungen

1. Wie gestaltet sich der Status Quo der Versicherungsbranche hinsichtlich der Nachhaltigkeit und der Berichterstattung zur Nachhaltigkeit?
2. Welche Entwicklungsmöglichkeiten bzw. Verbesserungsmaßnahmen existieren, um eine interne und externe Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche zu gewährleisten?

1.3 Struktur der Arbeit

Diese Bachelorarbeit enthält eine Einleitung in Kapitel 1. Ab Kapitel 2 beginnt der theoretische Teil, in dem Grundbegriffe zur Thematik der Nachhaltigkeit erläutert werden. In Kapitel 3 werden Umweltberichte als Säulen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erläutert. Im praktischen Teil der Bachelorarbeit werden die Standards und Richtlinien sowie der Status Quo der Versicherungsbranche hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung untersucht. In Bezug auf diese werden die Versicherungsunternehmen Allianz und Munich RE geschildert und verglichen. Hierzu folgt eine systematische Literaturanalyse nach vom Brocke (2009) immer mit dem Fokus auf der Berichterstattung hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Versicherungsunternehmen Allianz und Munich RE. In Kapitel 5 wird das Resultat diskutiert und Implikationen ausgesprochen. Kapitel 6 enthält ein abschließendes Fazit, in dem die Forschungsfragen beantwortet werden und einen Ausblick.

2. Grundbegriffe zur Nachhaltigkeit

2.1 Bedeutung der Nachhaltigkeit

Der Begriff der Nachhaltigkeit und des nachhaltigen Wirtschaftens lässt sich auf von Carlowitz (1645-1714) zurückführen, der diesen Begriff im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft im Jahr 1713 nutzte. Von Carlowitz schlug vor, nur so viele Bäume abzuholzen, wie diese innerhalb eines vorhersehbaren Zeitraums nachwachsen können. Damit sollte der Baumbestand langfristig gewährleistet werden. Internationale Bedeutung erhielt dieser Begriff durch den Bericht der Brundtland-Kommission im Jahr 1987. Diese Kommission hatte den Auftrag, langfristige und zudem umweltschonende Entwicklungspolitik-Perspektiven zu entwickeln. Im Bericht der Kommission wird erwähnt, dass eine dauerhafte (wirtschaftliche) Entwicklung die gegenwärtigen Bedürfnisse befriedigt, ohne das Risiko einzugehen, dass künftige Generationen diese nicht befriedigen können. Die Basis für diese Definition stellen die globalen räumlichen und zeitlichen Zusammenhänge dar. Es soll zudem eine gerechtere Verteilung von Wohlstand und Wachstum zwischen den Nord- und Südländern erreicht werden.10

Nachhaltig bedeutet im wirtschaftlichen Kontext, Gewinne umwelt- und sozialverträglich zu erzielen. Das heißt, Gewinne sollen nicht erwirtschaftet werden, um diese dann in Umwelt- und Sozialprojekte zu investieren, um eine gelebte Nachhaltigkeit im Unternehmen zu erreichen.11 Die kontinuierlich stattfindende Klimaerwärmung sowie das globale Bevölkerungswachstum zwingen Unternehmen zu einem Wandel. Durch den stetig steigenden Energiebedarf und den damit verbundenen CO2-Emissionen, die den Treibhauseffekt verstärken, muss ein Umdenken in den Führungsetagen der Unternehmen hinsichtlich der Nachhaltigkeit stattfinden.12

Konsumenten sind zunehmend umweltaffin und berücksichtigen bei ihren Kaufentscheidungen, ob Produkte und Dienstleistungen „fair“ und umweltschonend hergestellt wurden. Unternehmen legen bereits seit den 1980er Jahren den Schwerpunkt auf die Nachhaltigkeit. Allerdings lag der Schwerpunkt bis dahin auf der umweltschonenden Produktion von Waren und Dienstleistungen. Im Unterschied zu den 1980er Jahren liegen die Herausforderungen für Unternehmen heute darin, dass Nachhaltigkeit glaubhaft für Konsumenten dargestellt und im Unternehmen tatsächlich gelebt wird. Green Marketing hat in diesem Kontext nur dann den gewünschten Effekt, wenn dies vom Unternehmen nicht nur werbewirksam in Social-Media-Kanälen und in Werbebotschaften vermittelt wird.13

Daher reicht es auch nicht aus, Produkte und (finanzielle) Dienstleistungen mit dem Label der Nachhaltigkeit auszustatten. Nachhaltigkeit muss im Unternehmen als ganzheitliches Konzept verstanden werden. Unternehmen profitieren bei der Anwendung von gelebter Nachhaltigkeit im Unternehmen durch den geringeren Verbrauch von Ressourcen, verringerte volatile Emissionen sowie einem kleineren CO2 (Kohlenstoffdioxid)-Abdruck.14

Bei Finanzdienstleistungen (FDL) steigt die Beliebtheit nachhaltiger Investitionen an den Finanzmärkten. Auch bei Finanzprodukten und Anlagemöglichkeiten wird Nachhaltigkeit bevorzugt. Depots, die Unternehmen umfassen, die ihre Umsätze durch Atomkraft, fossile Brennstoffe oder mit Waffen generieren, sind wenig attraktiv. Im Marketingbereich haben Green Investments bisher einen deutlichen Nachholbedarf bezüglich privater Anleger.15 Beispielsweise können Unternehmen Konsumenten nachhaltige Angebote unterbreiten.

2.2 Nachhaltige Angebote

Als Bestandteil der Wertschöpfungskette können Unternehmen diverse Rollen erfüllen. Konsumenten können Anforderungen hinsichtlich des sozialen und ökologischen Engagements eines Unternehmens formulieren. Unternehmen können Nachhaltigkeitsanforderungen an Stakeholder, wie beispielsweise Lieferanten, stellen und die Einhaltung spezifischer Nachhaltigkeitsaspekte fordern.16 Abbildung 3 zeigt diese Zusammenhänge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Geschäftsbeziehung und soziale und ökologische Ansprüche17

Haben Geschäftskunden einen gesteigerten Anspruch hinsichtlich sozialer und ökologischer Anforderungen an ein Unternehmen, können diese darauf reagieren und sich frühzeitig mit Nachhaltigkeitsaktivitäten positionieren. Auf diese Art können Unternehmen auch Vorteile in der Lieferanten-Bewertung generieren. Dies gilt jedoch nicht branchenübergreifend. Zudem ist der Mehrwert sozialer und ökologischer Unternehmensaktivitäten im Rahmen der Neukunden-Gewinnung sowie bei der Kundenbindung von der Branche und den jeweils angebotenen Produkten und Dienstleistungen abhängig.18 Neben diesen Vorteilen können diese Aktivitäten auch einen positiven Einfluss auf die öffentliche Reputation eines Unternehmens haben.19

Nachhaltiger Konsum hat Auswirkungen auf alle Phasen der Wertschöpfungskette. Dieser muss im gesamten Produkt-Life-Cycle berücksichtigt werden. Aus Konsumenten-Sicht bedeutet dies, dass nachhaltige Kaufentscheidungen zu einer Verbesserung der Wertschöpfungskette hinsichtlich der Nachhaltigkeit beitragen können, wie Abbildung 3 verdeutlicht.20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Nachhaltige Wertschöpfungskette21

Wie bereits erwähnt, können Prüfsiegel, Standardisierungen und Umweltzeichen dazu dienen, Konsumenten auf umweltfreundliche Produkte zu verweisen. Diese Prüfsiegel und Standards können zudem zu effizienten und transparenten Marktverhältnissen beitragen und eine Basis für eigenverantwortliche Konsumenten-Entscheidungen hinsichtlich des Erwerbs nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen fördern.22

Produktbezogene Nachhaltigkeitsmerkmale werden von Unternehmen im Marketing sowie in der Öffentlichkeitsarbeit sowie für die interne und externe Kommunikation verwendet. Um nicht seriöse oder banale Aussagen zu vermeiden, wurde die Norm DIN EN ISO 14020 entwickelt, die klare Vorgaben zu produktbezogenen Nachhaltigkeitsinformationen enthält. Mithilfe der dort enthaltenen Formulierungen sollen zudem Angebot und Nachfrage von umweltschonenden Produkten und Dienstleistungen gefördert werden. Zudem existieren gesetzliche Vorschriften, wie das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), dass sich auf die Werbemaßnahmen bezieht. Diese dürfen laut UWG keine irreführenden Angaben umfassen und nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Das bedeutet, Unternehmenswerbemaßnahmen hinsichtlich nachhaltiger und umweltschonender Produkte und Dienstleistungen müssen wahrheitsgetreue und korrekte Informationen enthalten, um Konsumenten eine Orientierung für Kaufentscheidungen zu liefern. Der Irreführungsbegriff bezüglich der Umweltschutzaspekte von Produkten und Dienstleistungen ist in Deutschland streng geregelt. Diese Regelungen werden bezüglich nachhaltiger Produktbezeichnungen deswegen so seriös gehandhabt, weil ein gesteigertes Umweltbewusstsein von Konsumenten zu einer erhöhten Beachtung von umweltbezogenen Werbemaßnahmen geführt hat. Diese können Konsumenten auch emotional beeinflussen, daher müssen umweltschonende Aspekte von Produkten und Dienstleistungen von Unternehmen transparent dargestellt und ggf. auf Produkten abgebildet werden, um eine Irreführung von Konsumenten zu vermeiden.23

Für die Kennzeichnung von umweltschonenden Produkten und Dienstleistungen bestehen zudem gesetzliche Vorgaben. Grundsätzlich entstehen Umweltkennzeichnungen auf seitens der Unternehmen auf freiwilliger Basis. Sie sollen die positiven umweltschonenden Attribute von Produkten oder Dienstleistungen markieren. Diese Kennzeichnungen haben weder Gebots- noch Verbotscharakter. Der Erfolg und die Durchsetzung dieser Kennzeichen basieren auf dem Umweltengagement von Unternehmen sowie der Glaubwürdigkeit dieser Kennzeichen gegenüber Konsumenten. Die gesetzlichen Vorgaben zur Kennzeichnung umweltschonender Produkte umfassen die CE-, die Energieverbrauchs- sowie die CLP (Classification, Labelling and Packaging of Chemicals)-Kennzeichnung.24

Mit der Europäischen Konformität (CE) müssen alle Produkte, die durch ihre Form oder Beschaffenheit eine oder mehrere EU (Europäische Union)-Richtlinien oder -Verordnungen tangieren, vor dem Inverkehrbringen in der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) oder der Schweiz, gekennzeichnet werden. Davon betroffen sind beispielsweise Elektrogeräte oder Spielzeuge. Mit dieser Kennzeichnung bestätigen Unternehmen die Einhaltung der Anforderungen, die sich aus den europäischen Harmonisierungsrechtsvorschriften ergeben, wie beispielsweise die Mindestanforderungen an energieverbrauchsrelevante Produkte oder die Bereitstellung von Umweltinformationen für Konsumenten. Außerdem wird mit der CE-Kennzeichnung bestätigt, dass die Konformitätsbewertung laut den anzuwendenden Regeln durchgeführt wurde.25

Eine Kennzeichnung des Energieverbrauchs muss an Haushaltsgeräten seitens der Unternehmen aufgebracht werden. Diese Informationen müssen Details zur Energieeffizienz-Klasse, zum Energieverbrauch und weitere Umweltangaben enthalten. Zu diesem Zweck existieren EU-VOs (EU-Verordnungen) sowie Produkt-Etiketten und Datenblätter, die für die Kennzeichnung genutzt werden können. Konsumenten werden so über die Energieeffizienz und andere Umweltparameter informiert, wie Abbildung 4 zeigt.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Energie-Label für Haushaltsgeräte27

Die CLP-VO (VO EG Nummer 1272/2008) zur Kategorisierung und Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen gilt EU-weit. Über das global einheitliche Vorgehen hinsichtlich dieser Kategorisierung mit Gefahren-Piktogrammen und -Texten sollen die Risiken, die für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bestehen, auf ein Mindestmaß reduziert werden. Durch den CLP-VO-Erlass wurden die Stoff- und die Zubereitungsrichtlinien nach Ablauf eines Übergangszeitraums ersetzt.28

2.3 Nachhaltige Investitionen

Die Ursprünge nachhaltigen Investments, die in Nordamerika und England zu finden sind, können bis ins viktorianische Zeitalter zurückverfolgt werden. Geprägt wurden diese von Mitgliedern der Quäker-Bewegung, die bereits vor der industriellen Revolution Investments außerhalb der Sklaverei und Waffenproduktion getätigt haben. Zudem wurde kein Kapital in die sogenannten „sin stocks“ (Unternehmen der Alkohol-, Glückspiel- und Tabakindustrie) investiert. Im angelsächsischen Raum hat sich daraus der Begriff des ethischen oder des sozial verantwortlichen Investments entwickelt. Mit der Auflage des US-amerikanischen Pioneer Fund in Boston erfuhr der Ethikgedanke Einzug in das Fonds-Investment.29

Dieser Fonds sollte die Bedürfnisse streng religiöser Gruppen erfüllen. Vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs und damit verknüpften Friedensbewegungen erhielt der Ethikgedanke bei Investments eine höhere Bedeutung. Einer der Ursachen lag im Versuch von Aktionären, die Geschäftspolitik des Giftgas-Herstellers Dow Chemicals zu beeinflussen. Ende der 1970er und 1980er Jahre wurden in den USA neue ethische Fonds, wie etwa der Pax World Fund (1970) oder der Dreyfuß Fund (1972) aufgelegt. Das Interesse an ethisch ausgerichteten Fonds wuchs kontinuierlich mit dem Vietnamkrieg und der steigenden Ablehnung gegenüber der Apartheid-Politik in Südafrika. Diese Ablehnung wurde mit einem Boykott gegenüber den US-amerikanischen Unternehmen, wie General Electric und General Motors ausgedrückt. Seit etwa zwei Dekaden wurde das Prinzipien-geleitete Investment auf den Ökologie-Sektor erweitert. Die Ursachen hierfür liegen in Umweltkatastrophen, wie Phopal, Exxon Valdez, Seveso oder Tschernobyl sowie einem zunehmenden Konsumenten-Bewusstsein hinsichtlich globaler Umweltprobleme, wie dem Klimawandel und dem Treibhauseffekt. Daher steigt nicht nur ökologisches Investment, sondern auch Investment in Klima- und Umwelt-Technologien, wie erneuerbare Energien und knapp werdende Ressourcen.30

Im Deutschsprachigen Raum starteten erste ökologie-orientierte Investments mit Angeboten der im Jahr 1974 begründeten GLS Gemeinschaftsbank e.G. sowie der im Jahr 1988 begründeten Ökobank e.G. Zu diesen Anlagemöglichkeiten zählten Festgeld-Anlagen und (Raten-)Sparkonten. Der erste tatsächliche Umweltfonds wurde im Jahr 1989 von der Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) aufgelegt (Luxinvest ÖkoRent). Die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin) lässt jedoch die Bezeichnung „ethisch“ für Fonds mit ökologisch-ethischen Anlagekriterien nicht zu. Die BaFin begründet dies damit, dass der Ethik-Begriff nicht genau definiert werden kann und aus diesem Grund keine eindeutige Abgrenzung zu anderen Fonds vorgenommen werden kann, was dem Anleger-Schutz widerspricht. Daher werden viele Fonds im Luxemburg aufgelegt.31

[...]


1 Vgl. Schwalbach / Schwerk, 2019, S. 204.

2 Vgl. Kuttner, 2019, S. 269.

3 Vgl. Obenland / Martens, 2017, S. 7.

4 Vgl. Kemper / Hall / Ballantine, 2019, S. 2-3.

5 Vgl. Fischer, 2017, S. 36-37.

6 Vgl. Obenland / Martens, 2017, S. 7.

7 Vgl. EMAS, 2021, o. S.

8 Vgl. GRI, 2019, o. S.

9 Vgl. BMAS, 2021, o. S.

10 Vgl. Kemper et al., 2019, S. 2-3.

11 Vgl. Scheerer, 2019, S. 3-4.

12 Vgl. ebenda.

13 Vgl. Kemper et al., 2019, S. 2-3

14 Vgl. ebenda.

15 Vgl. ebenda.

16 Vgl. Ruppert-Winkel, 2017, S. 22.

17 Eigene Darstellung, in Anlehnung an Ruppert-Winkel, 2017, S. 22.

18 Vgl. Ruppert-Winkel / Böhm / Brunn / Funcke / Kress-Ludwig / Papke / Scherf 2017, S. 23.

19 Vgl. Axjonow et al., 2016, S. 216.

20 Vgl. Umweltbundesamt, 2020, o. S.

21 Vgl. ebenda.

22 Vgl. ebenda.

23 Vgl. BMU, 2019, S. 19; auch UWG, 2020, o. S.

24 Vgl. ebenda, S. 20-21.

25 Vgl. BMU, 2019, S. 21.

26 Vgl. ebenda.

27 Vgl. ebenda.

28 Vgl. BMU, 2019, S. 21-22.

29 Vgl. Werner, 2009, S. 79 f.

30 Vgl. ebenda.

31 Vgl. Werner, 2009, S. 79 f.

Excerpt out of 78 pages

Details

Title
Nachhaltigkeitsberichterstattung der deutschen Versicherungswirtschaft
Subtitle
Status quo und Entwicklungsmöglichkeiten aus Sicht der Allianz Gruppe und Munich RE
College
University of Cooperative Education Mannheim
Grade
1,4
Year
2021
Pages
78
Catalog Number
V1060092
ISBN (eBook)
9783346494481
ISBN (Book)
9783346494498
Language
German
Notes
Die empirische Analyse (praktischer Teil/empirischer Teil) wurde anhand einer Literaturanalyse bearbeitet. Das Ergebnis der Forschungsfragen der Bachelorarbeit wurde anhand dieser und dem theoretischen Teil beantwortet.
Keywords
Nachhaltigkeit, Berichterstattung, Versicherung, Allianz, Münchner Rück, deutsche Versicherung, Versicherungswirtschaft, Sustainability, Marketing
Quote paper
Anonymous, 2021, Nachhaltigkeitsberichterstattung der deutschen Versicherungswirtschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1060092

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