Validation - Ein neuer Weg im Umgang mit dementen Menschen


Pre-University Paper, 2003

23 Pages, Grade: 1


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was versteht man unter Morbus Alzheimer?
2.1 Ursachen des Morbus Alzheimer
2.2 Symptome

3. Was ist eine Demenzerkrankung?
3.1 Ursachen der Demenz
3.2 Auf welche Warnsignale sollte man achten?

4. Verhaltensweisen dementer Menschen verstehen lernen

5. Wer ist Naomi Feil?

6. Bedeutung der Validation

7. Lebensstadien und ihre Aufgaben nach Erik Erikson

8. Voraussetzung für eine erfolgreiche Validation

9. 4 Phasen der Aufarbeitung

10. Anwendung der Validation in der Praxis

11. Zusammenfassung und Schlusswort

12. Literaturverzeichnis

13. Eidesstattliche Erklärung

1. Einleitung

Kommt Ihnen dieser Zustand auch bekannt vor? Sie wollen jemanden anrufen, wählen die Telefonnummer, aber Sie erinnern sich nicht, was Sie Ihren Gesprächspartner eigentlich fragen wollten? Sind Sie ständig auf der Suche nach Ihrem Schlüsselbund? Vergessen Sie nicht auch manchmal die Geburtstage Ihrer Verwandten und Bekannten? Wenn Sie sich in diesen Situationen wiedererkennen können, dann geht es Ihnen wie mir. Es ist natürlich, dass bei uns Menschen im Laufe des Lebens Erlerntes, Erlebtes und Erworbenes wieder verloren geht, denn unser Gehirn ist in der Lage, das Gedächtnis zu sortieren. Es speichert die für uns wichtigen Informationen im Langzeitgedächtnis und ordnet Unwichtiges in das Kurzzeitgedächtnis. Das „Vergessen“ liegt also in unserer Anatomie und ist normal. Treten aber im fortgeschrittenem Alter immer häufiger Gedächtnisstörungen auf, könnte dies ein erstes Anzeichen für eine Demenz oder eine Alzheimer – Krankheit sein.

In der Bundesrepublik Deutschland leben etwa zwischen 800000 und 1,2 Millionen Demenzkranke. Es ist zu erwarten, dass diese Zahl in der Zukunft unaufhörlich ansteigen wird, da die Anzahl der alten Menschen wächst und die Demenz vorwiegend ab dem 60. Lebensjahr auftritt (vgl. Anlage 1 und 2).

Die Betreuung dieser Patienten bringt eine besondere Herausforderung an die Pflegekräfte mit sich. Es ist nur schwer zu begreifen, warum ein dementer alter Mensch ganz unverständliche Verhaltensweisen an den Tag legt, beispielsweise das ständige Ein- und Ausräumen des Kleiderschrankes, das Zerschneiden von Handtaschen und das Sammeln von Lebensmitteln.

Man braucht viel Einfühlungsvermögen, Verständnis und Fingerspitzengefühl im Umgang mit diesen Betroffenen. Der demente Mensch steckt voller Gedanken und Emotionen, die er gern der Außenwelt mitteilen möchte. Gefühle, die ein Leben lang eingesperrt waren, möchte er herauslassen. Bestimmte Äußerungen und Verhaltensweisen ergeben nur für ihn einen Sinn. Um diesen zu erfahren, müssen wir, die Pflegepersonen, uns ganz auf die individuelle Persönlichkeit einstellen. Das heißt also, den alten Menschen nicht mit Medikamenten ruhig zu stellen, wenn er schreit und ihn nicht durch Fixierung an Stuhl oder Bett zu fesseln, bloß weil er die Gänge auf und ab läuft und somit einen reibungslosen Tagesablauf des Altenheimes stören könnte.

Schenkt man den Gefühlen und Bedürfnissen keine Aufmerksamkeit, fühlt sich ein Mensch unverstanden, schlecht und einsam. Das geht einem Demenzkranken ebenso wie einem „gesunden“ Menschen. Trotz seiner Gedächtnisstörung hat er ein Recht auf die Wahrung seiner Identität.

Ein neue Möglichkeit des Umgangs mit dementen alten Menschen ist die von der Amerikanerin Naomi Feil entwickelte Methode der Validation. Validation ist ein Weg, um den Zugang zu dementen, verwirrten alten Menschen zu ermöglichen. Für alle, die in einem Pflegeberuf arbeiten ( Altenpfleger, pflegende Angehörige ), finde ich persönlich dieses Thema sehr wichtig. Aber auch jeder andere Mensch sollte darüber Bescheid wissen, da es unerwartet auch ihn betreffen kann. Ich will in dieser Facharbeit unter anderem erklären, was Demenz und Alzheimer bedeuten, wie Validation definiert wird, welche Grundsätze und Ziele sie verfolgt und ich möchte Vorschläge nennen, wie man Validation in der Praxis anwenden kann.

2. Was versteht man unter Morbus Alzheimer?

Morbus Alzheimer (Morbus = Krankheit) gehört zu den häufigsten Demenzformen. Die Nervenzellen, die vorwiegend für das Gedächtnis und das Denken verantwortlich sind, werden im Verlauf dieser Erkrankung so zerstört, dass sie nicht wieder hergestellt werden können.

2.1 Ursachen des Morbus Alzheimer

Es gibt teilweise noch unbekannte Auslöser, aber man hat festgestellt, dass Alterungsprozesse, Gehirnschädigungen und Erbfaktoren eine wichtige Rolle spielen.

2.2 Symptome

Alzheimer entwickelt sich langsam über Jahre hinweg. Vom Auftreten der ersten Anzeichen wird sie in ein frühes, mittleres und spätes Stadium unterteilt, die ganz unterschiedliche Beschwerden hervorrufen. Jedes dieser Stadien dauert durchschnittlich 3 Jahre.

Patienten im frühen Stadium leiden zunehmend an Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Antriebsschwäche und Lustlosigkeit. Sie benötigen zwar Hilfe bei der Kontoführung, versorgen ihren Alltag aber selbstständig. Dagegen sind Patienten im mittleren Stadium auf fremde Hilfe angewiesen. An- und Ausziehen, Essen, Kochen, Waschen, Einkaufen, Sauber machen und das Regeln der Finanzen und Geschäfte, all das können sie nicht mehr alleine. Tages- und Uhrzeit werden durcheinander gebracht, Haus und Straße nicht wieder erkannt und Gegenstände verlegt. Die Symptome verschlimmern sich so weit, dass Alter, eigener Beruf und die Namen von Ehepartner und Kinder vergessen werden. Zum Beispiel macht sich dies bemerkbar, wenn Alzheimer - Patienten anfangen, ihre Eltern zu suchen, die schon längst tot sind. Sie warten auf die Kinder bis die aus der Schule kommen, obwohl diese bereits erwachsen sind und eine eigene Familie haben. Die Kranken spüren die Veränderungen, die in ihrem Körper vor sich gehen. Sie sind gereizt und aggressiv.

Es kann vorkommen, dass sie das Pflegepersonal des Diebstahls beschuldigen oder es werden Gegenstände gesehen , die gar nicht vorhanden sind.

Alzheimer - Patienten, die sich bereits im fortgeschrittenem Stadium befinden, leiden an einem hochgradig geistigen Verfall. Sie sind meist nicht mehr in der Lage, sich eindeutig verbal zu äußern. Einzelne Wörter, die von sich gegeben werden, ergeben für den Außenstehenden keinen Sinn. Stuhl- und Harninkontinenz treten auf. Die Betroffenen sind in allen Lebensbereichen stark hilfsbedürftig. Durch den körperlichen Abbau ist es diesen Menschen unmöglich, sich alleine fortzubewegen. Die Folge ist die Bettlägrigkeit. Der Organismus ist so geschwächt, dass die meisten Patienten schließlich an leichten Infektionen oder einer Lungenentzündung sterben.

3. Was ist eine Demenzerkrankung?

Das Wort „Demenz“ stammt aus dem lateinischen und heißt wörtlich übersetzt „Weg vom Geist“ bzw. „ohne Geist“. Darunter versteht man einen Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Die Gedächtnisleistung verschlechtert sich bei der Entwicklung dieser Krankheit enorm. Zu Beginn tritt nur eine Störung des Kurzzeitgedächtnisses auf, die aber im späteren Verlauf auch das Langzeitgedächtnis betrifft. Mühsam erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten gehen verloren und die Betroffenen benötigen zunehmend Hilfe bei der Verrichtung des alltäglichen Lebens. Des weiteren treten Persönlichkeitsveränderungen und emotionale Störungen auf.

3.1 Ursachen einer Demenz

Es gibt viele verschiedene Ursachen, die zu einer Demenz führen können. Hauptsächlich werden zwei Formen unterschieden:

1. Primäre Demenzen

Sie entstehen durch eigenständige Hirnerkrankungen. Rund 60 - 80% aller Demenzen werden durch die Alzheimer - Krankheit verursacht. Es können aber auch andere Einflussfaktoren wie Erbschäden, entzündliche Vorgänge und Umwelteinflüsse eine Rolle spielen.

2. Sekundäre Demenzen:

Diese treten als Folge verschiedener Grunderkrankungen, wie zum Beispiel Stoffwechselerkrankungen, Vitaminmangelzuständen, Drogen- und Alkoholvergiftungen, Schädel- und Hirnverletzungen und Herz- und Kreislauferkrankungen, auf.

Behandelt man diese Grundkrankheiten, sind sekundäre Demenzen sogar heilbar.

3.2 Auf welche Warnsignale sollte man achten?

Um ein frühzeitiges erkennen der Erkrankung zu gewährleisten, müssen erste Symptome ernst genommen werden:

Zum Beispiel können Störungen in der Merkfähigkeit auftreten. Es werden kurzzeitig zurückliegende Ereignisse vergessen, wie zum Beispiel der aufgedrehte Wasserhahn oder der eingeschaltete Herd.

Die Betroffenen haben Probleme, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.

Sie können sich verbal nur undeutlich verständigen, da durch die verminderte Gedächtnisleistung auch einfachste Wörter nicht mehr einfallen.

Die Patienten verlieren den Spaß an ihren früheren Hobbys und kapseln sich immer mehr vom sozialen Umfeld ab. Sie haben Schwierigkeiten, alltägliche Handlungen auszuführen.

Ein weiteres Anzeichen für eine Demenz ist der Verlust der zeitlichen und örtlichen Orientierung.

Zum Beispiel werden Uhrzeit und Wochentage verwechselt und sogar die eigene Straße und das Wohnhaus nicht wiedererkannt.

Ein weiteres Problem ist die Kontoführung. Demenzkranke haben Schwierigkeiten, Zahlen zu ordnen und Rechnungen durchzuführen. So kann schnell der Überblick über finanzielle Angelegenheiten verloren gehen. Des weiteren können Fehleinschätzungen von Gefahren, starke Persönlichkeitsveränderungen, Stimmungsschwankungen und Stuhl- und Harninkontinenz auftreten.

4. Verhaltensweisen dementer Menschen verstehen lernen

Wie bereits erwähnt, sind bei dementen alten Menschen das Denken, Fühlen und Handeln verändert. Sie können sich aber an ihr vergangenes Leben noch sehr genau erinnern, auch wenn es zur Zeit nicht mehr abgerufen werden kann. Sie erinnern sich an die Freuden, aber auch an Leid der Kinder- und Jugendzeit. Alte Wunden und Probleme brechen wieder auf. Konnte ein dementer Mensch diese Konflikte nicht lösen, so hat er jetzt das Bedürfnis, alles aufzuarbeiten. In der Pflege zeigt sich dies unter anderem durch aggressives Verhalten, Desinteresse, Ablehnung der Pflege, Nahrungsverweigerung, Unruhen und nächtliches Umherwandern. Die Patienten scheinen ständig auf der „Suche- nach- irgendetwas“ zu sein.

Dies ist nur ein Bruchteil von Reaktionen verwirrter alter Menschen. Es gibt noch viele mehr. Einige davon möchte ich auch im Laufe dieser Arbeit vorstellen.

Als Pflegekraft muss ich mir jetzt die Frage stellen, wie ich diesen Menschen helfen kann. Wie verstehe ich, warum sie so handeln und was sie damit ausdrücken möchten, wenn sie mir es nicht mehr sagen können? Es ist natürlich leichter, ein Beruhigungsmittel zu verabreichen, die Zimmer abzuschließen und die Schlüssel der Schränke und Türen zu entfernen, aber hilft man diesen Menschen damit wirklich? Da muss es noch andere Wege geben - und die gibt es auch! Um einen Zugang zu dementen Menschen zu ermöglichen, entwickelte die Amerikanerin Naomi Feil die Methode der Validation. Ich entdeckte diesen neuen Weg zufällig bei einer im Fernsehen ausgestrahlten Dokumentation über den Umgang mit verwirrten alten Menschen und war sofort fasziniert vom Ausmaß der Wirkung auf die Betroffenen.

5. Wer ist Naomi Feil?

Naomi Feil wurde 1932 in München geboren. Im Alter von vier Jahren verließ sie mit ihrer Familie Deutschland und ging nach Amerika.

Naomi Feil hat seit ihrem siebten Lebensjahr mit älteren Menschen zu tun gehabt, da sie in einem Altenheim aufwuchs, wo der Vater als Psychologe und Verwalter tätig war. Ihre Mutter war die erste diplomierte Sozialarbeiterin, die in einem Seniorenheim arbeitete und dort eine Abteilung für Soziale Dienste aufbaute.

Naomi Feil studierte Sozialarbeit und Psychologie. Nach ihrem Abschluss kehrte sie in das Altenheim des Vaters zurück, um dessen Arbeit fortzusetzen. Sie wollte während ihrer Tätigkeit dementen Menschen helfen, bessere Kontaktmöglichkeiten zu knüpfen.

Sie legte damals großen Wert auf die Gruppenarbeit. Doch bald musste sie feststellen, dass jede Person in ihrer eigenen Welt lebte und kaum auf andere Gruppenmitglieder reagierte, außer wenn Musik gespielt und Gefühle in Erinnerung gebracht wurden. Die Betroffenen wurden zunehmend feindseliger und zogen sich immer mehr zurück, je häufiger man sie mit der Wirklichkeit konfrontierte. Zum Beispiel war da die alte Frau, die unbedingt schnell nach Hause musste, um den Kindern das Essen zu kochen. Man wollte dieser Dame klar machen, dass die Kinder schon groß sind und sie nun im Altenheim lebe. Daraufhin war sie äußerst schockiert und aggressiv.

Diese Geschichte und noch viele andere hielten Naomi Feil davon ab, demente Menschen in der Realität zu orientieren. Das war die Geburtsstunde der Validation.

6. Bedeutung der Validation

Das aus dem lateinischen stammende Wort „valid“ bedeutet „Wert“. Validation heißt demnach so viel wie Wertschätzung und Gültigkeit. Es ist ein Kommunikationsmittel, mit dem man besser auf bestimmte Äußerungen und Verhaltensweisen dementer Menschen eingehen kann. Anstatt den verwirrten, alten Menschen ständig zu korrigieren, akzeptiert man seine aktuelle Gefühlslage. Bestehende Sorgen, Ängste, Tränen und Probleme werden ernst genommen und nicht ausgeredet oder heruntergespielt, zum Beispiel indem gesagt wird „Es ist doch nicht so schlimm“ oder „Heut ist so schönes Wetter, wer wird denn da traurig sein“. Wir dürfen nicht beurteilen, was für diesen Menschen furchtbar ist und was nicht.

Durch die Validation werden die Gefühle des Dementen angenommen. Dies ist für den Kranken sehr bedeutungsvoll, denn er spürt, dass es da noch jemanden gibt, der seine Welt und seine Vorstellung von der Realität versteht. Validation heißt „Mit den Augen des anderen sehen“- das schafft Geborgenheit, Sicherheit und Wohlbefinden. Durch diesen Weg werden das Selbstwertgefühl wieder hergestellt und Stress abgebaut. Ein gelebtes Leben wird gerechtfertigt und es können ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit ausgetragen werden. Die Betroffenen werden dadurch ruhiger und es brauchen keine Beruhigungsmittel verabreicht oder Fixierungen angewendet werden. Die Kommunikation und die Körpersprache verbessern sich und der demente Mensch fühlt sich psychisch und physisch sehr wohl.

Validation setzt sich aus folgenden Wertvorstellungen zusammen:

1. Jeder Mensch ist einmalig und muss als Persönlichkeit geachtet werden.
2. Jeder Mensch ist wertvoll, egal in welchem Stadium der Desorientierung er sich befindet.
3. Es gibt immer eine Ursache dafür, warum ein dementer Mensch so handelt.
4. Nicht nur Veränderungen des Gehirns sind Ursache des Verhaltens, sondern auch körperliche und seelische Veränderungen und prägende Erlebnisse, die im Laufe seines Lebens stattgefunden haben.
5. Ein alter Mensch wird niemals dazu gezwungen, sein Verhalten zu ändern. Es sei denn, er will es selbst.
6. Es wird nicht über einen alten Menschen geurteilt. Er wird so respektiert wie er gerade ist
7. In jedem Lebensabschnitt müssen bestimmte Aufgaben gelöst werden. Schafft man diese nicht, kann das zu psychischen Problemen führen.
8. Durch Empathie (einfühlendes Verstehen) und Verständnis kann man das Vertrauen des alten Menschen gewinnen. Dadurch verliert er seine Ängste und seine Würde wird gestärkt oder wieder hergestellt.

Auf Punkt 7 möchte ich noch etwas näher eingehen.

7. Lebensstadien und ihre Aufgaben nach Erik Erikson

Erikson, ein Psychologe, war zu der Erkenntnis gelangt, dass jedes Lebensstadium seine gewissen Aufgaben hat, die sich im Laufe der Entwicklung ändern. Ob wir jene Aufgaben in dem dafür vorgesehenen Alter lösen, hängt davon ab, wie gut wir die in unserem früheren Lebensabschnitt gemeistert haben.

Im Säuglingsalter muss das Baby lernen zu vertrauen, dass die Mutter zurück kommt und es nicht in Hunger und Kälte allein gelassen wird. Das Kind wird mit der Zeit feststellen, dass seine Mutter immer zu ihm hält und es gewinnt Vertrauen.

Hat der Säugling aber nie gelernt, Vertrauen zu fassen, weil die Mutter nicht für ihn da war, kann das Folgen für sein späteres Leben haben. Im Kindergarten wird er andere dafür verantwortlich machen, wenn er fällt. Später hegt er Mißtrauen gegenüber Mitmenschen. Diese Person hat ein vermindertes Selbstwertgefühl, weil seine Mutter ihm nie gezeigt hat, dass auch er liebenswert ist. Er fühlt sich als Opfer der Gesellschaft. Wenn dieses Kind später als alter Mann inkontinent ist, wird er anderen vorwerfen, ihn an seinem Toilettengang zu hindern. Wenn sein Gehör immer schlechter wird, beschuldigt er das Pflegepersonal, sie hätten den Fernseher zu leise gestellt.

Auch unbewältigte Ängste der Kindheit können im Alter wieder auftauchen. Wurde ein kleines Mädchen zur Strafe in einen dunklen Keller gesperrt, wird sie immer Angst im Dunkeln haben, da sie nicht gelernt hat, sich mit Ängsten auseinanderzusetzen. Als alte Frau schreit und weint sie, wenn es Nacht wird oder ihr Augenlicht zunehmend schlechter wird.

Körperliche Verluste im Alter wecken die Erinnerungen an Verluste in der Kindheit.

Im nächsten Stadium, der Kindheit, lernt man, sich unter Kontrolle zu halten. Wir befolgen Regeln und Verbote und freuen uns diese eingehalten zu haben. Zum Beispiel haben wir Spaß, ohne die Hilfe der Mutter allein auf die Toilette zu gehen.

Wir machen die ersten Erfahrungen beim Fahrrad fahren und wenn man als Säugling gelernt hat zu vertrauen, dann wird es uns nichts ausmachen, uns manchmal dabei zu verletzen.

Wurde uns aber in der Kindheit ständig gesagt „Weine nicht“, „Mach dich nicht schmutzig“ oder „Achte auf deine Sachen“, wenn man immer Angst haben muss, etwas falsches zu tun, dann wird uns bis ins hohe Alter das Bedürfnis nach absoluter Kontrolle begleiten. Zum Beispiel, klammert sich eine alte Frau aus Angst zu fallen an das Pflegepersonal fest oder sie lässt ihre Handtasche nicht einen Augenblick aus den Augen, aus Angst diese zu verlieren.

Sie wird sich nie den Verlusten des Alters stellen können, aus Angst, Fehler zu machen.

Während der Jugend werden Interessen entdeckt, die außerhalb der Familie liegen. Wir versuchen, uns abzunabeln und wollen unsere eigenen Fehler machen. Während der Pubertät wird ausgetestet, inwieweit man sich gegen die Regeln der Eltern widersetzen kann. Wenn wir als Kind gelernt haben, dass uns die Eltern trotz Konflikten lieben, kann man einen Aufstand gegen Vater und Mutter wagen. Hat man sich aber in den früheren Stadien eingeprägt, nicht grenzenlos geliebt zu werden, dann wird man, aus Angst die Liebe der Eltern ganz zu verlieren, immer lieb und brav sein und die Normen nicht verletzen. Wir werden später nie eine Autoritätsperson sein. Wir werden unsere Meinung nicht vertreten, sondern tun das, was andere sagen. Wir sind nicht selbstständig, sondern von anderen abhängig. Wir haben Angst allein zu sein. Zum Beispiel wird sich so ein alter Mensch sehr an die Familie und das Pflegepersonal klammern und extrem oft über seine Schmerzen und Probleme klagen.

Die Aufgabe im Erwachsenenalter besteht darin, eine enge Verbindung mit anderen Menschen einzugehen. Dies kann uns nur gelingen, wenn wir während der Jugend eine Identität erworben haben. Wir haben keine Probleme damit „Ich liebe dich“ oder „Ich hasse dich“ zu sagen. Sollten wir trotzdem in unseren Gefühlen verletzt worden sein, zerbrechen wir nicht daran, sondern stehen wieder auf.

Ist es uns aber versagt geblieben sein, frühere Lebensaufgaben richtig zu lösen, werden wir Probleme haben, Beziehungen zu führen. Die Angst, verlassen und zurückgewiesen zu werden, ist groß, deshalb wird man sich lieber von anderen abgrenzen. Im Altenheim sitzen wir einsam in unserem Zimmer und sind nicht fähig, mit anderen Kontakte zu knüpfen. Wir sind allein mit körperlichen Gebrechen und fliehen in die eigene Welt.

In der Lebensmitte müssen wir uns mit persönlichen Verlusten auseinandersetzen. Man muss sich eingestehen, dass das Alter immer weiter voranschreitet und zum Beispiel die Haare langsam dünner werden, Ausdauer und Konzentration nachlassen und Falten hinzu kommen. Der eine oder andere muss den Verlust der Arbeit hinnehmen oder sogar den Tod des Partners.

Uns wird bewusst, nicht ewig auf dieser Welt zu leben. Mancher sucht sich neue Aufgaben für die Zukunft ( Ehrenamt, Sportverein, Reisen).

Haben wir aber früher gelernt, immer vorbildlich zu sein und nie die Beherrschung zu verlieren, dann können wir im Alter unsere Gefühle nicht der Außenwelt mitteilen. Wir sind allein mit all den Problemen, gestehen uns die Verluste selbst nicht ein und haben Angst davor, neue Wege zu gehen. Deshalb wird an alten Rollen festgehalten. Für einen dementen alten Mann wird sein Spazierstock zum Dreschflegel, weil es früher sein Beruf war, das Getreide zu dreschen. Oder eine verwirrte Frau nimmt ihre Hand als Baby wahr, da sie immer eine Mutter sein möchte.

Nach Erikson ist das letzte Stadium das Alter. Dort bestehen unsere Aufgaben darin, auf ein gelebtes Leben zurückzuschauen, darin Sinn zu finden und sich auf das Sterben vorzubereiten.

Ziel ist es, für sich sagen zu können: „ Ich kann akzeptieren, was ich bin, was ich war und was ich nicht war.“[1]

Zweifeln wir jedoch an Entscheidungen in früheren Jahren und können das oben genannte Ziel nicht mit uns vereinbaren, werden wir unzufrieden und verlieren jegliche Hoffnung in uns. Den im Alter auftretenden Schwächen können wir nichts entgegensetzen, weil wir die Stärken, die noch in uns stecken, nicht erkennen.

Unbewältigte Gefühle wie Hass, Wut und Schuld werden uns das restliche Leben begleiten.

Das letzte Stadium laut Naomi Feil ist das hohe Alter. Die Menschen, die sich in diesem Lebensbereich befinden, haben ein Bedürfnis, alle die Aufgaben aufzuarbeiten, an denen sie gescheitert sind. Gefühle und Erinnerungen aus vergangenen Tagen tauchen plötzlich wieder auf, die der Außenwelt mitgeteilt werden möchten. Bei dementen Menschen äußert sich dies sehr oft in unverständlichen Verhaltensweisen.

Zum Beispiel:

Die Heimbewohnerin, die Zuwendung sucht, weint und vom Pflegepersonal abgewiesen wird, empfindet den gleichen Schmerz wie damals, als die Mutter sie kühl zurückwies. Die aggressive schimpfende Frau, die sonst eher zurückhaltend war, lebt vielleicht endlich die Wut aus, die ihr als liebe und ausgeglichene Mutter ein Leben lang verwehrt war.

oder

Der alte Herr, der peinlich genau seine Socken auf dem Nachtschrank ordnet, wird wütend, wenn man diese durcheinander bringt. Er wiederholt aber nur die Anordnung seines früheren Arbeitsplatzes, wo er alles schnell zur Hand haben musste.

oder

Die alte Dame, die ständig in ihrem Kleiderschrank alle Lebensmittel sammelt, hat Angst vor Hunger, den sie einst in schlechten Zeiten erleben musste.

oder

Die Klientin schlägt wütend um sich, wenn ihr sich eine männliche Pflegeperson nähert. Es tauchen in ihr jene Ängste und Schmerzen wieder auf, die sie empfand, als sie im Krieg von Soldaten vergewaltigt wurde.

8. Voraussetzung für eine erfolgreiche Validation

Ein Validationsanwender (kurz VA) weiß, dass demente Menschen mit der Realität nicht mehr zurecht kommen und sie sich deshalb in ihre eigene kleine Welt zurückziehen. Dort herrschen ihre Regeln und Gesetze. Deshalb steht nicht die Person des VA im Vordergrund, sondern die des Dementen. Das heißt, eigene Gefühle, Gedanken und Meinungen werden dem Menschen, den man validieren möchte, nicht aufgezwungen.

Das könnte zur Folge haben, dass sich der Demente noch weiter zurückzieht und das Vertrauen verliert. Dies macht die Validation bei späteren Versuchen noch schwerer.

Ein VA sollte sich immer nach den drei Grundsätzen bei der Begleitung alter Menschen richten:

Wertschätzen statt widersprechen = Akzeptanz

Es hat keinen Sinn, einen dementen Menschen ständig darauf hinzuweisen, wie sein tatsächliches Alter lautet, wie spät es ist und wo er sich gerade befindet. Der VA kann auch nicht beurteilen, was richtig und falsch ist. In erster Linie zählen nur die Bedürfnisse und Gefühle des dementen Menschen. Was er denkt, sagt und fühlt, ist richtig, auch wenn ein VA anderer Meinung ist. Der alte Mensch wird so akzeptiert, wie er ist und was er tut.

Begleitend, mit einfühlendem Verstehen zur Seite stehen = Empathie

Durch Einfühlungsvermögen versucht der VA, die Gefühle und die Körperhaltung des verwirrten alten Menschen aufzunehmen und widerzugeben (spiegeln). Ein VA sieht mit den Augen des anderen und hilft diesem Menschen dabei, seine Identität zu finden und Unbewältigtes aus der Vergangenheit aufzuarbeiten.

Spürbar ehrlich, also echt in seinen Gefühlen bleiben = Kongruenz

Alte Menschen spüren, wenn Gefühle nicht echt gemeint sind. Das macht sie unglücklich, misstrauisch und sie fühlen sich unverstanden. Ein VA kann auch auf starke Gefühle des dementen Menschen eingehen und sie empathisch wiedergeben, ohne etwas vorzutäuschen.

Um eine individuelle Begleitung zu gewährleisten, sollte ein VA Informationen über die Biographie des Dementen in Erfahrung bringen. Unter anderem folgende:

- In welchem sozialen Hintergrund ist er aufgewachsen und wie lebte er bis zuletzt?
- Wie wurde die Freizeit gestaltet? Welche besondere Fähigkeiten, Fertigkeiten und Ressourcen hat diese Person?
- Welche einschneidenden Erlebnisse gab es für diese Person, zum Beispiel Krieg oder Tod einer geliebten Person.
- Gibt es unbewältigte Lebensaufgaben und schwere Lebenskrisen?
- Was konnte im Leben verwirklicht werden und was nicht?
- Welche zwischenmenschlichen Beziehungen pflegt diese Person? Besteht Kontakt zur Familie, Freunden oder Bekannten?
- Welchen Beruf oder Ehrenämter hat diese Person ausgeübt?
- An welchen Dingen kann er sich erfreuen und wogegen hat er eine besondere Abneigung?
- Welche Bedeutung hat die Religion in seinem Leben?
- Wie geht er mit Problemen und Verlusten des Alters um?

Solche Daten erhält man beispielsweise durch ein gezieltes Gespräch mit dem Betroffenen und seinen Angehörigen, wobei man auch auf spontane Äußerungen im Alltag achten sollte. Zusätzlich können Arztberichte und Akten eingesehen werden.

9. 4 Phasen der Aufarbeitung

Wie oben bereits beschrieben, weiß ein VA, dass es für einen sehr alten Menschen besonders wichtig ist, unbewältigte Lebensaufgaben aufzuarbeiten, bevor er zufrieden sterben kann. Dabei durchläuft eine Person 4 Phasen. Naomi Feil unterscheidet verschieden Abschnitte, die ein dementer Mensch während seines Rückzuges in die Vergangenheit durchlebt und die unterschiedliche Reaktionen von einem Begleitenden verlangen.

1. Phase: Mangelnde Orientierung

Es machen sich erste Defizite in der Orientierung und dem Gedächtnis bemerkbar. Der Betroffene spürt die Veränderungen und grenzt sich von anderen Dementen ab. Auffällig ist eine angespannte Körperhaltung und eine schroffe Stimme. Auf der Gefühlsebene ist er nicht ansprechbar und lehnt Berührungen, liebevolle Zuwendung und Nähe ab.

⇒ In dieser Zeit sollten die Betreuenden Respekt haben und die Abwehrhaltung des alten

Menschen akzeptieren.

2. Phase: Zeitverwirrtheit

Es treten Desorientierung, Gedächtnis- und Sprachverlust auf. Die Kontrolle über Körper und Geist geht immer mehr verloren, deshalb ist Hilfe im Alltag nötig. Der Rückzug in die Vergangenheit beginnt. Gefühle und Bedürfnisse von damals gewinnen die Oberhand.

⇒ Ein Begleiter sollte jetzt auf diese Gefühle eingehen und Nähe und Berührungen geben.

3. Phase: Wiederholende Bewegungen

Der demente Mensch zieht sich in seine eigene Welt zurück und erlebt sie noch einmal. Es tritt ein starker Bewegungsdrang auf.

⇒ Der demente Mensch kann jetzt weniger über die Sprache erreicht werden, sondern durch

Berührung, Blickkontakt und das Aufgreifen und Mitvollziehen seiner Bewegungen.

4. Phase: Vegetieren

Es werden Personen nicht mehr erkannt, kaum Bewegungen gezeigt und die sind Augen häufig geschlossen.

⇒ Kontakt und Wertschätzung können nur noch über Berührung, Atmung und Anregen der

Sinnesorgane, zum Beispiel durch Musik und Düfte, vermittelt werden.

10. Anwendung der Validation in der Praxis

Jeder, der mit verwirrten alten Menschen lebt oder arbeitet, kann die Techniken der Validation erlernen. Dazu benötigt man nur „…8 Minuten ehrliches, offenes, urteilsfreies, mitfühlendes Kommunizieren und Zuhören“.[2] Dies ist nicht aufwendig und benötigt keine großen Vorbereitungen.

Es ist wichtig, den Rückzug des dementen Menschen zu akzeptieren und seine eigenen Gedanken und Gefühle in den Hintergrund zu stellen, um die der dementen Person zu verstehen. Sie soll die Möglichkeit bekommen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und nicht in die Phase des Vegetierens zu geraten.

Eine professionell angewendete Validation verbessert nicht nur das Leben des alten Menschen, sondern erleichtert auch die Arbeit des Pflegepersonals.

Folgende Techniken sollte ein Validationsanwender beherrschen:

1. Zentrieren ( „sich auf die Mitte einstellen“)

Um sich auf einen dementen Menschen einzustellen, muss ein VA seine negativen Gefühle loslassen können. Durch die Anwendung einer bestimmten Atemtechnik kann dies erreicht werden. Um in einen Entspannungszustand zu gelangen, atmet man mehrmals hintereinander tief ein und aus.

2. W- Fragen stellen, um Einzelheiten zu erfahren, ohne Gefühle zu verletzen

Ein alter Mensch, der sich in der Aufarbeitungsphase seines Lebens befindet, möchte nicht gern mit seinen eigenen Gefühlen konfrontiert werden. Um das Vertrauen der Pflegeperson während eines Gespräches zu gewinnen, stellt ein VA nur Tatsachenfragen, die mit wer, was, wo, wann und wie beginnen.

Die Frage „warum“ etwas geschehen ist, wird vermieden.

3. Blickkontakt herstellen

Um den Kontakt zu einem alten Menschen herzustellen, ist es von größter Bedeutung, Blickkontakt zu halten. Auch Menschen mit eingeschränkter Sehkraft spüren genau, wenn ihnen jemand tief in die Augen schaut.

4. Mit deutlicher, sanfter und liebevoller Stimme sprechen

Ein alter Mensch, der das Bedürfnis nach Liebe und Sehnsucht zeigt, muss mit einer verständnisvollen Stimme angesprochen werden. Erinnerungen an frühere Zeiten werden somit geweckt und diese Person wird sich wohl fühlen.

Ist dieser Betroffene jedoch aufgeregt und wütend, sollte diese Technik nicht angewendet werden, weil sie den Gemütszustand nur noch verschlimmern kann. In einem solchen Fall richtet man sich nach Technik 7.

5. Bewegungen und Gefühle spiegeln

Diese Technik wird bei den Menschen angewandt, die durch Worte nicht mehr zu erreichen sind, das heißt, die sich bereits in Phase 3 und 4 befinden und in ihrer eigenen heilen Welt leben.

Beim Spiegeln werden die Körperhaltung, Körperspannung und der Gemütszustand des Gegenübers aufgenommen und wiederholt. Ein VA sollte nicht das Gefühl verbreiten, dass er diese Bewegungen nachäfft, denn sonst fühlt sich der alte Mensch verspottet. Respektvolles Spiegeln heißt, den anderen ernst nehmen.

Das Spiegeln ermöglicht den Begleitenden, in die Gefühlswelt des verwirrten Menschen einzutauchen und eine Beziehung auch ohne Worte aufzubauen.

6. Berührungen einsetzen

Im Frühstadium der Demenz empfindet der Betroffene gut gemeinte Berührungen eher als unangenehm. Dies ändern sich aber später zunehmend.

Bei einem verwirrten Menschen, der andere Personen nicht mehr erkennt, werden durch sanftes Streicheln des Gesichtes und der Hände Erinnerungen aus der Kindheit geweckt. Die Altenpflegerin wird so zu seiner Mutter, die ihn tröstet, wenn es ihm nicht gut geht.

7. Wiederholen

Demente Menschen fühlen sich oft erst richtig verstanden, wenn der Gesprächspartner seine Aussagen noch einmal wiederholt. Ein VA muss darauf achten, die gleichen Wörter und Schlüsselwörter zu benutzen. Die Lautstärke und Schnelligkeit sollten dabei ebenfalls übereinstimmen.

8. Symbole verstehen lernen

Desorientierte Menschen suchen sich häufig Ersatzobjekte, um einerseits vergangene Erinnerungen hervorzurufen und anderseits ihre Bedürfnisse auszudrücken. Zum Beispiel ist eine Handtasche für eine Frau Ausdruck der weiblichen Identität. Außerdem kann eine Hand zum Baby werden, ein Stationsgang wird zur Straße und ein Rollstuhl zum Auto oder Fahrrad.

Um eine individuelle Validation anwenden zu können, sollte ein VA die Bedeutung der Symbole für den jeweiligen Menschen entschlüsseln.

Ich muss dazu bemerken, dass man keine allgemein geltenden Regeln für die Betreuung alter und verwirrter Menschen aufstellen kann. Jede Pflegeperson ist individuell und natürlich reagiert auch jeder Pfleger unterschiedlich auf bestimmte Situationen.

Weiterhin besteht die Gefahr, Gefühle und Verhaltensweisen nicht richtig einzuschätzen und falsch zu interpretieren. Zum Beispiel kann ich einen aggressiven Klienten nicht mit Berührungen und guten Worten beruhigen wollen, wenn er wütend ist und diese Wut gern ausleben möchte.

„Validierende Pfleger müssen sich in die Welt des alten Menschen hineinversetzen, sich seinen Gefühlen anpassen und erst dann die verbalen oder non – verbalen Techniken einsetzen.“[3]

11. Zusammenfassung und Schlusswort

Die Pflege von Demenzkranken unterscheidet sich von einer „normalen“ Kranken- und Altenpflege dadurch, dass die Fähigkeit des Erkrankten zum Mitarbeiten und Mitmachen zunehmend nach lässt. Der Pflegende muss mitfühlen, mitdenken und schließlich entscheiden, was das Beste für diesen Menschen ist. Dabei sind emotionale Bedürfnisse genauso wichtig wie die körperliche Pflege. Der Umgang mit Demenzkranken ist nicht nur für Pflegende, sondern auch für Angehörige belastend und führt schnell an die eigenen Grenzen. Letztere fühlen sich oft durch die Betreuung eines Verwandten überlastet. Die dauernde Aufmerksamkeit, die der Kranke fordert, kostet Kraft und Geduld. Als Zeichen der Überforderung kommen Wut und Aggressionen gegenüber dem Dementen auf. Meist wird dann als letzter helfender Ausweg die Verlegung in ein Pflegeheim veranlasst. Aber soweit muss es nicht kommen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Angehörige, die die Techniken der Validation erlernt haben, eine besondere Fähigkeit im Umgang mit dem geliebten Menschen entwickelten und in Stressituationen besser zurecht kamen. Dies gilt besonders auch für das Personal in Altenheimen, Sozialstationen und allen anderen Pflegeeinrichtungen. Nachweislich können durch die Validation Frustrationen vermindert bzw. abgebaut und

Burnout – Gefühle verhindert werden. Die in einer Interaktion stehenden Partner (Validationsanwender und alter Mensch) empfinden wieder Freude aneinander und die Zufriedenheit des Pflegers bei der Arbeit wächst.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass eine richtig angewendete Validation viel Zeit in Anspruch nimmt, die aber in vielen Alten- und Pflegeheimen nicht gegeben ist. Als zukünftige Altenpflegerin, stehe nicht selten in einem Intrarollenkonflikt.

Dies bedeutet, dass unterschiedliche Anforderungen von mehreren Seiten gestellt werden, die sich nur schlecht miteinander vereinbaren lassen. Zum Beispiel setzt die Pflegedienstleitung eine gewisse Fachkompetenz, Einsatzbereitschaft und eine Schnelligkeit bei der Ausübung der mir anvertrauten Aufgaben voraus. Weiterhin soll ich den Erwartungen der Kollegen in Richtung Teamfähigkeit gerecht werden. Der alte Mensch rückt dabei oftmals in den Hintergrund. Aber ich habe diesen Beruf nicht gewählt, um ein „Spielball“ zwischen unterschiedlichen Ansichten zu sein. Für mich ist jeder Klient gleich viel wert. Es liegt mir am Herzen, dass auch andere Menschen, speziell Pflegekräfte, offen für die Weiterentwicklungen im Umgang mit Demenzkranken sind.

Deshalb müssen alle Senioreneinrichtungen in Zukunft auch alteingesessene Pflegekräfte optimal auf diesem Gebiet weiterbilden, denn wie ich am Anfang bereits erwähnt habe, werden die Demenzerkrankungen im Laufe der nächsten Jahre stark zunehmen.

Ein Altenpfleger muss ein Gespür dafür entwickeln, die Gefühle eines dementen Menschen zu erkennen und darauf einzugehen. Ich weiß, dies ist für einen Berufsanfänger sehr schwer . Ich hoffe aber, dass ich mit dieser Ausführung einen Einblick in die für mich richtige Betreuung dementer und alter Menschen geben konnte und es die Arbeit für alle, die in einem Pflegeberuf arbeiten, erleichtern wird.

12. Literaturverzeichnis

- „Validation – Ein Weg zum Verständnis verwirrter alter Menschen“, Naomi Feil, 6. Auflage, Reinhardts Gerontologische Reihe 1992
- „Validation in Anwendung und Beispielen“, Naomi Feil, 3. Auflage, Reinhardts Gerontologische Reihe 1993
- „Wenn das Gedächtnis nachlässt – Ratgeber für die häusliche Betreuung demenzkranker älterer Menschen“, Bundesministerium für Gesundheit, 2000
- Altenpflege in Ausbildung und Praxis, Ilka Köther/Else Gnamm, Thieme – Verlag, 2000
- Altenpflege Konkret – Sozialwissenschaften, Karl Stanjek, Urban & Fischer Verlag,1998
- Altenpflege/Geriatrie, Hans-Udo Zennek/ Otto Ungerer/ Christel Liedtke, Verlag Dr. Felix Büchner Handwerk und Technik Gmbh, 1999
- Spezielle Pflegeplanung in der Altenpflege, Ingrid Völkel/Marlies Ehmann, Urban & Fischer, 2000
- Psychatrie – Lehrbuch für Klinik, Praxis und Beratung, Faust, Gustav Fischer Verlag, 1995
- „Verwirrt, verschroben, abgeschoben?“- Ratgeber für Angehörige von Demenzpatienten, Deutsches Grünes Kreuz,2002
- „Alzheimer- Was kann ich tun ?“- Erste Hilfen für Betroffene, Christa Matter/Hans- Jürgen Freter, Alzheimer Gesellschaft Berlin e.V., 2002
- Validation – Begleitung dementer alter Menschen, Wahlvortrag im Fach Kommunikationspsychologie von Heidi Lachnitt, 30.03.1998
- Alzheimer Forum – Wissenswertes über Alzheimer und Demenz, www.alzheimerforum.de

13. Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.

Ort, Datum Unterschrift

[...]


[1] Naomi Feil, 1993 Seite 30

[2] Feil, Naomi, 1993 Seite 49

[3] Feil, Naomi, 1993 Seite 246

Excerpt out of 23 pages

Details

Title
Validation - Ein neuer Weg im Umgang mit dementen Menschen
Course
Altenpflege
Grade
1
Author
Year
2003
Pages
23
Catalog Number
V108015
ISBN (eBook)
9783640062195
File size
526 KB
Language
German
Keywords
Validation, Umgang, Menschen, Altenpflege
Quote paper
Cindy Wolf (Author), 2003, Validation - Ein neuer Weg im Umgang mit dementen Menschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108015

Comments

  • renee mancini on 9/23/2010

    hallo habe nur eine frage,arbeite in einem altersheim(luxemb) dort haben wir auch eine ältere dame mit demenz.die sagt ständig was soll ich nun tun,hat auch wie beschrieben einen sehr starken bewegungs drang das den ganzen tag .wie ragiere ich richtig bei der dame da sie auch jedes wort wiederholt was mann ihr sag?????

  • guest on 10/18/2007

    Wissen keinen Rat.

    Guten Tag,
    aufmerksam habe ich die Facharbeit durchgelesen und bin von den Erkenntnissen, die die Krankheit in sich trägt, sehr beeindruckt und kann alles geschriebene verstehen und nachvollziehen, da meine 92-jährige Mutter die Alzheimerkrankheit hat und sich in der letzten Phase befindet.
    Ein ganz großes Problem ist beim Toilettengang oder Windelwechsel verstärkt aufgetreten. Sie leistet kräftemäßig großen Widerstand dagegen und die Schwestern im Heim müssen sie sehr derb festhalten, um überhaupt die Hygiene durchführen zu können. Es ist ein Teufelskreis. Hat der Widerstand durch grobe Behandlung begonnen oder ist es dem Fortschreiten der Krankheit zuzuschreiben. Auf jeden Fall ist es für alle Beteiligten immer ein Kraftakt und es macht mich sehr traurig, daß meine Mutter so derb behandelt werden muß, um die Hygiene überhaupt durchführen zu können . Hat man damit Erfahrungen. Vielen Dank Sabine Bergner

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Title: Validation - Ein neuer Weg im Umgang mit dementen Menschen



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