Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG UND AUSGANGSLAGE
2. BURNOUT
2.1. Definition
2.2. Ursachen
2.3. Schlussfolgerungen zur Prävention
3. POSITIVE PSYCHOLOGIE
3.1. Einführung
3.2. Resilienz
3.3. Das DICTA-Resilienz-Inventory
3.4. Das PENN Resiliency Training
4. ZUSAMMENFASSUNG & HANDLUNGSEMPFEHLUNG
5. LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS
1. Einleitung und Ausgangslage
Die Basis der Fragestellung „Positive Psychologie im Unternehmen: Welche Interventionen sind für die Einführung erster Maßnahmen zur Prävention von Burnout geeignet?“, welche in der vorliegenden Arbeit behandelt werden soll, stellt die folgende fiktive Ausgangslage dar, welche sich an allgemein bekannten Entwicklungen orientiert:
In einem mittelständischen Unternehmen stiegen die Zahlen der Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund von Burnout-Erkrankungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich. Geschäftsführer und Führungskräfte lasen in diversen Umfragen von renommierten Krankenkassen, dass bereits 6 von 10 Befragten, gelegentlich an Burnout-Symptomen leiden und dass Burnout-Fälle auch immer häufiger schon früh in der Berufslaufbahn der Betroffenen zu finden sind. Der Unternehmensleitung führt dies deutlich vor Augen, dass Burnout eine ernst zu nehmende Erkrankung der heutigen Tage ist.
Aus diesem Grund wurde ich - im Personalwesen des Unternehmens tätig und als Psychologische Beraterin zertifiziert - damit beauftragt einen ersten Vorschlag für die Einführung von innerbetrieblichen Burnout-Präventionsmaß- nahmen zu machen. Durch meine Ausbildung ist mir die Richtung der Positiven Psychologie in Verbindung mit Burnout-Prävention bekannt. Aus diesem Grund fokussiere ich mich darauf, ein geeignetes Konzept aus der Positiven Psychologie zu identifizieren und daraus resultierend Interventionen als ersteingesetzte Maßnahme vorzuschlagen.
Zu diesem Zweck findet im ersten Schritt eine Definition der Erkrankung Burnout statt. Zudem wird analysiert, wodurch sie ausgelöst wird, um daraufhin erste Schlussfolgerungen für die Präventionsmaßnahmen zu ziehen. Im nächsten Schritt gehe ich auf die Positive Psychologie sowie ein ausgewähltes Konzept dieser psychologischen Richtung ein. Zuletzt findet basierend darauf eine Zusammenfassung und Handlungsempfehlung statt.
2. Burnout
2.1. Definition
Als Burnout wird ein langanhaltender Erschöpfungszustand bezeichnet, der sich auf mentaler, körperlicher, emotionaler und sozialer Ebene auswirkt. Aus dem Englischen übersetzt bedeutet Burnout so viel wie „ausgebrannt sein" (vgl. Pilz-Kusch 2020, S. 18 f.). Pilz-Kusch zitiert Dr. Manfred Nelting, der den Prozess sowie die schwerwiegenden Folgen sehr treffend beschreibt: Burnout ist „eine Sytemerregung aus einer anhaltenden, sich allmählich aufschaukelnden Hyperstressreaktion. Diese leitet einen Auflösungsprozess der psycho-physischen Selbstregulierung ein [...] und mündet meist in eine manifeste schwere Depression“. (Pilz-Kusch 2020, S. 19) Sie sagt weiterhin: „Der Mensch ist im Endstadium [der Krankheit] nicht mehr in der Lage, zu arbeiten beziehungsweise Leistung zu erbringen.“ (Pilz-Kusch 2020, S. 22)
Bereits in den 70er-Jahren konnte beobachtet werden, dass ein „Ausbrennen“ vor allem in Berufen beobachtet werden konnte, bei denen anderen Menschen geholfen wurde (beispielsweise im medizinischen oder auch edu- kativen Bereich). Mittlerweile fühlen sich jedoch immer mehr Menschen aller Alters- und Berufsgruppen regelmäßig im Job gestresst und von Burnout bedroht, was unter anderem auf die steigenden Anforderungen in der Berufswelt und die zunehmende Komplexität unserer Umwelt zurückgeführt wird (vgl. Pilz-Kusch 2020, S. 26 f.).
Im Jahre 2012 starteten erste Versuche, das Burnout-Phänomen näher zu definieren. Von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde wurde beispielsweise eingebracht, dass sich der Erschöpfungszustand über mehrere Wochen und Monate zieht und selbst kurze Erholungsmöglichkeiten nicht zu einer Besserung führen. Ansonsten war Burnout lediglich als zusätzliche Diagnose im internationalen Katalog zur Klassifizierung von Krankheiten (ICD) aufgeführt. Nach jahrzehntelanger Diskussion wurde das Burnout-Syndrom jedoch im Mai 2019 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im internationalen Katalog zur Klassifizierung von Krankheiten aufgenommen (vgl. Pilz-Kusch 2020, S. 19 f.). Wir haben es hier also mit einer Erkrankung zu tun, die bereits länger beobachtet werden konnte und sich schleichend durch die massive Zunahme der Krankheitsfälle ihren Platz auf unserer Agenda gesichert hat.
Eine einheitliche Symptomatik gibt es allerdings nicht und außerdem überschneiden sich die Symptome mit denen anderer Krankheiten. Weiterhin kann sich das Krankheitsbild von Burnout aus unterschiedlichen Anzeichen zusammensetzen. Das macht die Identifizierung der Krankheit schwierig (vgl. Pilz-Kusch 2020, S. 25). Pilz-Kusch unternimmt dennoch einen Versuch und fasst die Symptome grob in 4 Ebenen zusammen:
- Sinken von Arbeits- und Leistungsfähigkeit: Es ist beispielsweise zu beobachten, dass Fehler zunehmen, die Motivation nachlässt, die Arbeitsmoral sinkt und insbesondere neue Aufgaben überfordernd wirken. Die Krankschreibungen nehmen zu.
- Nachlassen von mentaler und emotionaler Stabilität: Es sind beispielsweise Stimmungsschwankungen, Weinanfälle, vermehrt negative Gedanken, Angst, Selbstzweifel und ein Gefühl von Sinnlosigkeit zu erkennen.
- Sinken der körperlichen Leistungsfähigkeit: Anzeichen sind hier beispielsweise Schweißausbrüche, zunehmende Schmerzen aller Art, Schlafstörungen, Suchtverhalten, zunehmende Infekt-Erkrankungen aufgrund eines geschwächten Immunsystems.
- Nachlassen der sozialen Kompetenz: Der Umgang mit Menschen aus der Arbeitswelt (Kunden, Kollegen, Patienten, etc.) sowie aus dem privaten Umfeld verändert sich negativ. Das lässt sich erkennen an steigender Gereiztheit oder auch Aggressivität, fehlendem Mitgefühl, verminderter Kommunikation oder häufigen Beziehungsproblemen (vgl. Pilz-Kusch 2020, S. 30 f.).
Aus den aufgeführten Punkten lässt sich ableiten, dass diese negative Beeinflussung der Mitarbeiter für Unternehmen ökonomische Folgen mit sich zieht. Beispielsweise muss der Wegfall einer Arbeitskraft kompensiert werden, Fehler müssen korrigiert werden und im schlimmsten Fall fallen auch Aufträge und Kunden weg. Das verdeutlicht nochmals die Dringlichkeit der Einführung von Präventionsmaßnahmen innerhalb der fiktiven Ausgangslage.
2.2. Ursachen
Hinsichtlich der Hauptursache von Burnout sind sich die meisten Forscher darüber einig, dass chronischer Stress am Arbeitsplatz und eine fehlende Verarbeitung dessen - ob während der Arbeits- oder Freizeit - dazu beiträgt und die Krankheit aufrechterhält (vgl. Pilz-Kusch 2020, S. 18 ff.).
Stress entsteht durch die Freisetzung von Stresshormonen, welche eine Aktivierung des Gehirns und einen zusätzlichen Energienachschub in Bedrohungssituationen veranlassen, um für Kampf oder Flucht bereit zu sein. Adrenalin stimuliert dabei das sympathische Nervensystem und erhöht Herzschlag sowie Blutdruck. Diese biologische Abfolge war und ist auch heutzutage noch in einigen Situationen für das Überleben eines Menschen notwendig. Allerdings begegnen uns potenziell lebensbedrohliche Gefahren heute wesentlich seltener. Dennoch sind diese Zentren aktiv und setzen Stresshormone in unserem (Arbeits-)Alltag frei, wenn etwas droht schiefzulaufen, sich Konflikte anbahnen, man unter Zeitdruck steht oder ähnliches (vgl. Hillert & Albrecht 2020, S. 29 f.). „Im Gegensatz zum Säbelzahntiger, der [...] dann irgendwann verschwunden ist, folgt in der Arbeitswelt ein Stressor auf den nächsten. Das führt dazu, dass das Stress-System kaum je ganz heruntergefahren wird. Es ist zwar Stress, aber eben kein lebensbedrohlicher. Leider ist der Mensch für eben solche Konstellationen nicht konstruiert worden." (Hillert & Albrecht 2020, S. 30)
Als Ursache für Burnout kommen jedoch unzählige weitere interpersonale, unternehmens- und umweltbezogene Faktoren in Frage. Exemplarisch führt Stangl an, dass eine „neuere Studie des Instituts für Psychologie der Universität Graz mit mehr als 500 Angestellten, Arbeitgebern und Führungskräften zeigte, dass der Faktor Gerechtigkeit in einem Unternehmen eine entscheidende Rolle spielt, denn überall dort, wo das Gerechtigkeitsempfinden hoch war, lag das Burnout-Syndrom erheblich niedriger." (lexikon.stangl.eu; abgerufen am 08.06.2021)
Pilz-Kusch verweist auf Ergebnisse von Schulze, der vor allem die Menschen gefährdet sieht, die im helfenden Kontakt mit anderen Menschen tätig sind wie beispielsweise Ärzte aber auch Menschen in der Hotelbranche oder Angestellte der Agentur für Arbeit. Sie führt auch Baune an, der Menschen mit einer hohen Leistungsbereitschaft als besonders gefährdet ansieht, weil sie ihre eigenen Grenzen missachten und ihre Bedürfnisse vernachlässigen. Gleiches gilt für Personen, die immer den Erwartungen anderer entsprechen möchten. Sie nennt außerdem Faktoren wie die Erholungsunfähigkeit, Perfek- tionismus, bestimmte Jobmerkmale wie beispielsweise lange Arbeitszeiten, hoher Termindruck, mangelnde Anerkennung, paralleles Arbeiten an mehreren Aufgaben, ständige Erreichbarkeit, etc. Aber auch Belastungen im persönlichen Bereich wie beispielsweise die Pflege eines Angehörigen oder Beziehungsstress kann ein Auslöser sein. Hinzu kommt, dass die Ursachen für den Stress nicht nur in der Gegenwart liegen müssen, sondern beispielsweise durch die unverarbeitete persönliche Lebensgeschichte auch der Vergangenheit oder durch Ängste vor Dingen, die passieren könnten, auch der Zukunft entspringen können (vgl. Pilz-Kusch, S. 25 f.).
2.3. Schlussfolgerungen zur Prävention
Sicherlich gibt es einzelne Bereiche im Unternehmen, die durch eine direkte Veränderung zur Verhinderung von Burnout beitragen können, wie beispielsweise die Stärkung kollegialer Beziehungen und die Kommunikation innerhalb einer Firma oder die flexible Gestaltung der Arbeitszeiten, um den Anforderungen des Privatlebens nachkommen zu können. Auch ist es bestimmt sinnvoll Trainings anzubieten, die die Mitarbeiter im Umgang mit Stress schulen, um das Risiko der Belastung durch chronischen Stress zu minimieren. Da Stress jedoch nicht die einzige Ursache von Burnout ist, würde man meiner Ansicht nach damit lediglich an der Oberfläche kratzen. Das Leben ist unberechenbar. Eine belastende Situation im Privatleben kann jederzeit eintreten und bei interpersonalen Diskrepanzen wie beispielsweise Perfektionismus, durch die sich der Mitarbeiter selbst sabotiert, können auch gutgemeinte Unternehmensstrukturen nicht weiterhelfen, zumal sie die Fülle der in Frage kommenden Ursachen niemals komplett abdecken könnten.
Obwohl Burnout also als Erkrankung resultierend aus chronischem Stress bei der Arbeit definiert wird, möchte ich in der vorliegenden Arbeit aufgrund der Ausführungen der vorherigen Kapitel den Fokus auf die fehlende Verarbeitung von Stress legen, anstatt lediglich auf die Vermeidung von Stress bzw. der Ursachen an sich. Zur Prävention ist es nach meiner Ansicht in erster Linie notwendig, die persönlichen Ressourcen und Kompetenzen zu stärken, die dazu beitragen, die berufliche und private Gesamtbelastung eigenverantwortlich in Balance zu halten. Wichtig für die Vermeidung von Burnout ist es, die Selbstregulierung des Individuums zu aktivieren. Ist das Individuum nämlich nicht selbst in der Lage, seine persönlichen Ressourcen zu steuern, eigene psychische und physische Bedürfnisse zu erkennen und ihnen nachzugehen sowie diese zu kommunizieren, versiegen die Bemühungen eines Unternehmens im Sande.
An dieser Stelle möchte ich auf den folgenden Seiten als Lösungsansatz auf die Positive Psychologie und den Forschungsstand des Konzeptes der Resili- enz eingehen.
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