Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Prozess des politischen Entscheidens.
Dieser wird vor allem anhand zweier Modelle dargestellt: dem „Muddling
Through“ von Charles Lindblom und dem „Policy Window“ von John W.
Kingdon, einer Übertragung des „Garbage Can Model of Organizational
Choice“ von Michael D. Cohen, James G. March und Johan P. Olsen auf den
politischen Bereich.
In den englischsprachigen Originaltexten wird dieser Prozess auch als „Policy-
Making“ bezeichnet. Es wird also auf die in der Politikwissenschaft übliche
Unterteilung des Politikbegriffs in die drei Dimensionen „Polity“, „Politics“ und „Policy“ zurückgegriffen.
Polity umfasst dabei die für die Politik relevanten Normen und Institutionen
und bildet somit den formalen Ordnungsrahmen für politisches Handeln. Mit
Politics wird der Prozess der politischen Willensbildung bezeichnet, in dem
Konflikte ausgetragen werden. Policy schließlich meint „die Inhalte
gesamtstaatlicher oder bereichsspezifischer verbindlicher Entscheidungen“
und bildet damit die Dimension, die in dieser Arbeit genauer untersucht
werden soll. Policy-Making und politisches Entscheiden werden daher im
Folgenden synonym gebraucht.
Zur näheren Erläuterung der beiden Entscheidungsmodelle werden auch
allgemeinere Konzepte der Organisations-, Entscheidungs- und Systemtheorie
herangezogen.
Diese Seminararbeit ist vor allem eine literaturanalytische Arbeit und will die
Entwicklung der wissenschaftlichen Modellbildung politischer
Entscheidungsprozesse von den späten 1950er Jahren bis Mitte der 1990er
Jahre anhand zweier prominenter Beispiele umreißen.
Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit dem Muddling Through Modell. Der
Ansatz wird vorgestellt (Kapitel 2.1.), seine soziologischen Grundlagen
erläutert (Kapitel 2.2.) und einige Kritikpunkte aufgezeigt (Kapitel 2.3.).
Im zweiten Teil geht es um das Policy Window Modell. Dafür ist zunächst ein
kleiner Exkurs zur Systemtheorie in der Politikwissenschaft nötig (Kapitel 3.1.).
Daraufhin wird das Garbage Can Model Of Organizational Choice in aller
Kürze dargestellt (Kapitel 3.2.), das die Grundlage für das Policy Window
Modell bildet, das in Kapitel 3.3. ausführlicher beschrieben wird. In Kapitel 3.4.
erfolgt ein Rückbezug auf das Muddling Through, indem aufgezeigt wird, welche Kritik Kingdon an Lindbloms Ansatz übt und was das Neue im Policy
Window Modell ausmacht. Dies wird durch eine zusammenfassende
Gegenüberstellung und Beurteilung beider Theorien abgeschlossen (Kapitel
4).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Begriffsdefinition
- Teil A: Muddling Through
- Root- VS. Branch-Methode: Lindbloms Modell politischen Entscheidens
- Soziologische Grundlagen für Lindbloms Theorie
- Kritik an der Kritik: Für und wider Rational Choice
- Teil B: Policy Window
- Policy-Making: Ein linearer oder zyklischer Prozess?
- Systemtheorie in der Politikwissenschaft
- Das Garbage Can Model Of Organizational Choice
- Das Policy Window Modell
- Kritik am Muddling Through Modell
- Fazit: Vergleich der beiden Ansätze
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert den Prozess des politischen Entscheidens anhand zweier prominenter Modelle: „Muddling Through“ von Charles Lindblom und „Policy Window“ von John W. Kingdon. Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Entwicklung der Modellbildung politischer Entscheidungsprozesse von den späten 1950er Jahren bis Mitte der 1990er Jahre zu beleuchten.
- Vergleich der Entscheidungsmodelle „Muddling Through“ und „Policy Window“
- Analyse der soziologischen Grundlagen von Lindbloms Theorie
- Kritik an den beiden Modellen und deren theoretischen Grundlagen
- Einordnung der Modelle in den Kontext der Organisations-, Entscheidungs- und Systemtheorie
- Bedeutung der Modelle für das Verständnis des politischen Entscheidungsprozesses
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in den Prozess des politischen Entscheidens und definiert den Begriff „Policy-Making“. Anschließend wird das „Muddling Through“ Modell von Charles Lindblom vorgestellt. Lindblom unterscheidet zwei Entscheidungsmethoden: die „Rational Comprehensive Methode“ und die „Successive Limited Comparisons Methode“. Die „Rational Comprehensive Methode“ strebt nach einer umfassenden Analyse aller relevanten Faktoren, während die „Successive Limited Comparisons Methode“ auf schrittweise, begrenzte Vergleiche setzt. Die Arbeit beleuchtet die soziologischen Grundlagen von Lindbloms Theorie und analysiert die Kritik an seinem Ansatz.
Im zweiten Teil der Arbeit wird das „Policy Window“ Modell von John W. Kingdon vorgestellt. Dieses Modell basiert auf dem „Garbage Can Model of Organizational Choice“ und betrachtet den politischen Entscheidungsprozess als ein komplexes Zusammenspiel von Problemen, Lösungen und politischen Akteuren. Die Arbeit erläutert die Systemtheorie in der Politikwissenschaft und stellt das „Garbage Can Model“ vor. Anschließend wird das „Policy Window“ Modell im Detail beschrieben. Abschließend wird die Kritik von Kingdon am „Muddling Through“ Modell aufgezeigt und die Unterschiede zwischen den beiden Modellen herausgestellt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das politische Entscheiden, Policy-Making, Muddling Through, Policy Window, Rational Comprehensive Methode, Successive Limited Comparisons Methode, Garbage Can Model, Systemtheorie, Organisationskommunikation, Politikwissenschaft.
- Quote paper
- M.A. Gesa Lüß (Author), 2005, Politisches Entscheiden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112964