Evidentia als Verfahren zur Darstellung von Liebesakten. Ein analytischer Vergleich von zwei Heftromanen


Dossier / Travail de Séminaire, 2020

24 Pages, Note: 2,0

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund

3. Der Heftroman Lassiter – Der härteste Mann seiner Zeit

4. Der Heftroman G-man Jerry Cotton

5. Vergleich der Heftromane

6. Fazit

7. Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

„Die Geschichte des Romans fesselte mich so stark, dass ich mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören konnte.“ „Vieles von dem, was ich gelesen habe, wirkte so real, dass ich dachte, ich sei selbst ein Teil der Geschichte.“ „An manchen Stellen konnte ich sogar die Ereignisse vor meinen Augen abspielen sehen.“ Solche und weitere ähnliche Aussagen hört man von einigen Leserinnen und Lesern, die über spannende Bücher oder allgemein spannende Texte erzählen. Doch wie schaffen es die Autorinnen und Autoren solcher Bücher und Texte so viele Menschen an ihr Geschriebenes zu fesseln? In der Literatur gibt es einige Möglichkeiten, um genau diesen Effekt in Texten zu erzeugen. Bestimmte Darstellungsformen, Verfahren oder gewisse sprachliche Mittel werden für die Erzeugung einer fesselnden Geschichte genutzt. Es wird versucht, die Geschichten so real wie möglich darzustellen, sodass sich die Leserinnen und Leser in die Geschichten hineinversetzen können oder die Geschehnisse beim Lesen vor Augen sehen. Dadurch entstehen für die Rezipientinnen und Rezipienten reale sowie spannende Situationen beim Lesen. Ein besonderes Verfahren, das solch eine Wirkung auslöst, ist die Evidentia. Die Evidentia umfasst verschiedene Verfahren und Techniken.

Um dieses Verfahren der Evidentia geht es in der folgenden Hausarbeit. Dabei lautet das Thema: „Evidentia als Verfahren zur Darstellung von Liebesakten – Ein analytischer Vergleich von zwei Heftromanen“ Das Ziel der Hausarbeit liegt darin, zwei Heftromane in Bezug auf die angewandten Verfahren und Techniken der Evidentia insbesondere in den Liebesszenen miteinander zu vergleichen und dabei deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszustellen. Die Art und Weise sowie auch die Häufigkeit und Intensität der verwendeten Verfahren der Evidentia unterscheidet sich in den jeweiligen Büchern, Texten, Heftromanen, etc. Aus diesem Grund soll beispielhaft anhand der Heftromane Lassiter und das Trio des Todes aus der Heftserie Lassiter – Der härteste Mann seiner Zeit und dem Heftroman Reich, schön – und gefährlich! aus der Heftserie G-man Jerry Cotton dieser Aspekt miteinander verglichen werden.

Zunächst wird ein theoretischer Hintergrund geschaffen, in dem zum einen die Verfahren der Evidentia näher beschrieben werden und zum anderen auf die Bedeutung und Merkmale von pornographischer sowie erotischer Darstellungsweisen in der Literatur eingegangen wird. Im nächsten Kapitel wird zunächst ein Heftroman aus der Heftromanserie Lassiter – Der härteste Mann seiner Zeit inhaltlich näher beschrieben, wobei dann im Anschluss die angewendeten Verfahren der Evidentia in den Liebesszenen analysiert werden. Gleiches wird auch im darauffolgenden Kapitel in einem Heftroman aus der Heftromanserie G-man Jerry Cotton analysiert. Dann folgt im nächsten Kapitel der Vergleich dieser beiden Romane, wobei es sich dabei um die Untersuchung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anwendung der Techniken der Evidentia handelt. Mit einem abschließenden Fazit wird die Hausarbeit abgerundet.

2. Theoretischer Hintergrund

Im folgenden Kapitel wird zum einen das Verfahren der Evidentia näher erläutert und zum anderen wird auf die Merkmale pornographischer und erotischer Darstellungsweisen in der Literatur kurz eingegangen, da diese auch insbesondere in den Heftromanen, die im weiteren Verlauf untersucht werden, eine Rolle spielt.

2.1 Evidentia

Der Begriff der Evidentia oder auch der Evidenz ist sowohl im griechischen als auch im lateinischen bekannt. Es handelt sich dabei um die „Augenscheinlichkeit, Anschaulichkeit, Einsichtigkeit, Offenkundigkeit“.1 Zu Zeiten von Aristoteles wurde die Evidentia als eine Möglichkeit zur Gestaltung einer lebendigen Rede verstanden. Dabei geht es um das „Vor-Augen-Führen“ einer Handlung.2 Übertragbar ist das Verfahren der Evidentia gleichermaßen auch auf literarische Gattungen.

Die Evidentia wird in verschiedenen Bereichen verwendet. Sie ist ein Bestandteil in der Philosophie, im Rechtswesen und in der Rhetorik. In der Philosophie wird von der Evidenz gesprochen, wenn es sich um gesicherte Erkenntnisse handelt. Im Rechtswesen umfasst die Evidentia je nach geographischer Lage verschiedene Bereiche.

Auf dem europäischen Kontinent (a) folgt er traditionell den philosophischen Bestimmungen ˂Offenkundigkeit, Eindeutigkeit, Gewißheit˃, ohne dabei einen eigenständig rechtlichen Gehalt zu gewinnen. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis dagegen (b) dient E. [E. = Evidenz] innerhalb des Verfahrensrechts als Fachbezeichnung für das gesamte Beweisrecht ˂law of evidence˃.3

Im Verwendungsbereich der Rhetorik werden unter der Evidentia Mittel verstanden, die durch Veranschaulichung eine Einsicht hervorrufen. Die Evidentia wird als ein Oberbegriff verstanden, der verschiedene Techniken umfasst. All diese Techniken ermöglichen das „Vor-Augen-Stellen“ einer vergangenen Handlung.4 Die Evidentia beinhaltet Verfahren zur Verlebendigung und zur Detaillierung. Unter der Verlebendigung ist zu verstehen, dass etwas Abwesendes so real und anwesend dargestellt wird, dass es vergegenwärtigt wird, sodass es beim Hören oder Lesen vor den Augen in Erscheinung tritt. Diese Wirkung kann bspw. mit Hilfe von lebendigen Metaphern erzeugt werden. „Energetische Metaphern“ werden dann verwendet, wenn unlebendige Dinge mit Lebendigem gleichgestellt werden.5 Zu dem Verfahren der Detaillierung zählt eine „ausmalende Beschreibung, plastische Ausprägung und Modellierung“.6 Diese bewirken, dass die Phantasie der Hörerinnen und Hörer einer Rede oder der Leserinnen und Leser von Texten sehr stark aktiviert wird. Eine starke Aktivierung wird demnach durch klare und deutliche Beschreibungen von Abbildungen erzeugt.7 Detaillierte Beschreibungen, die natürlich und glaubhaft erzählt werden, bewirken, dass die erzählte Handlung wie eine wahre Geschichte erscheint.8 Zudem ist die Vorstellung umfassender, wenn der Sinneseindruck ausgeprägter ist.9 D. h., dass die Phantasie durch Begriffe, welche die Sinneswahrnehmung ansprechen, beeinflusst wird. Die Evidentia hat durch die Detaillierung den Effekt, dass die Emotionen bei Hörerinnen und Hörern oder Leserinnen und Lesern gesteigert werden.10 Durch emotives Vokabular können die Emotionen der Figuren in Texten besser verdeutlicht werden, sodass auch Leserinnen und Leser sich in die Gefühlswelt der Figuren hineinversetzten können. Dadurch wird das Verständnis über eine bestimmte Szene in einer emotionalen Weise geprägt. Eine weitere Wirkung, die die Evidentia hervorruft, wird von Weise folgendermaßen beschrieben:

Wenn nun irgend ein lustiges Exempel uns vor Augen kömmet/ so vergessen wir aller Furcht/ und bringen in der süssen Einbildung/ gleich als ein einem Traume/ etliche Stunden zu/ da wir uns alles Glücke mehr als möglich vorstellen. Und wenn auch unser unvollkommener Zustand der Gedancken Lust widersprechen wil/ so haben wir doch an diesem heimlichen Selbstbetruge ein solches Vergnügen/ daß wir uns bey der nächsten Gelegenheit gar gern wieder fangen lassen.11

Zur Vergegenwärtigung einer Handlung sind in Fabeln Übertreibungen keine Seltenheit.12 Darüber hinaus sind nicht nur detaillierte Beschreibungen zur Überzeugung von Leserinnen und Lesern notwendig, sondern auch eine angemessene alltägliche Sprache.13 Eine alltägliche Sprache, die beim Lesen einfach zu verstehen ist, sorgt dafür, dass ein Immersionseffekt entsteht. Dies bedeutet für die Rezipientinnen und Rezipienten, dass sie in die fiktive Geschichte bzw. Handlung hineintransportiert werden und die Möglichkeit erhalten, das Fiktive mitzuerleben.14

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Evidentia mit ihren verschiedenen Verfahren und Techniken in Reden oder literarischen Gattungen mit dem Ziel eingesetzt wird, dass eine möglichst lebendige, reale Vergegenwärtigung von bereits geschehenen Handlungen für Hörerinnen und Hörer bzw. Leserinnen und Leser ermöglicht wird.

2.2 Pornographische und erotische Darstellungen in der Literatur

Es gibt zahlreiche Romane, die die verschiedensten Inhalte präsentieren. Diese reichen von Kriminalromanen bis hin zu Liebesromanen. Einige beinhalten pornographische oder erotische Aspekte. Worin sich die beiden Punkte unterscheiden, soll nun geklärt werden.

Das Merkmal von pornographischen Romanen ist eine Verkettung von unterschiedlichen sexuellen Handlungen. Die Verkettung verschiedener sexueller Handlungen setzt voraus, dass nicht nur „normale“ Liebesakte präsentiert werden, sondern alle möglichen Varianten, um eine zahlreiche Aneinanderreihung der Handlungen zu ermöglichen. Dadurch wird all das, was für die Darstellung der Liebesszene notwendig ist, in diesem Zwecke mit in die Handlung integriert. Hierzu zählen nicht nur verschiedene Personen, sondern auch bspw. Tiere oder bestimmte Orte. So werden Liebesakte sowohl zwischen heterosexuellen als auch zwischen homosexuellen Personen beschrieben. Doch um eine noch größere Variation an Geschlechtsakten darstellen zu können, die ein pornographischer Roman voraussetzt, sind Bisexualität, Sodomie und Inzest keine Tabuthemen.15 Die Regel „jeder mit jedem jederzeit an jedem Ort“ beschreibt, wie der „Idealfall“ aussehen sollte, damit die Vollständigkeit der Variationsmöglichkeiten erreicht wird.16 Auch wird die Anzahl an beteiligten Personen erhöht, um weitere Möglichkeiten der Variation bzw. Kombinationsmöglichkeiten hervorzurufen. Unterschiede zwischen den Personen sind ebenfalls Maßnahmen zur weiteren Differenzierung. Hierzu zählen Unterschiede im Aussehen oder im sozialen Status, den die Personen aufweisen. Darüber hinaus spielen Exkremente, Sadismus und Masochismus sowie Gewalttätigkeiten ebenfalls in einigen Geschlechtsakten eine Rolle. Deutlich wird, dass Tabu-Überschreitungen zu pornographischen Romanen dazugehören, um die zahlreichen Verkettungen verschiedener Liebesakte zu ermöglichen.17

Personen, die Teil der sexuellen Handlungen sind, sind lediglich Objekte für die Sexualität.18

Wenn ein Held als Subjekt sexuellen Handelns, dem alle anderen zum Objekt werden, vorgeführt wird, ist dieser Held so sehr dem Prinzip der Sexualität unterworfen, daß auch sein Subjekt-Sein nur sehr eingeschränkt gilt.19

Subjekte gelten demnach in solchen Romanen als Objekte. Ein erotischer Roman ist im Vergleich zu einem pornographischen Roman nicht eindeutig. Es wird zwar andeutend gesprochen, doch was genau gemeint ist, wird nicht offen dargelegt. Zweideutigkeiten, Verschleierungen, Entblößungen und Erwartungen, die erweckt, intensiviert, manchmal erfüllt und manchmal nicht erfüllt werden, gehören zu den Merkmalen der Erotik.20 Bspw. werden Geschlechtsorgane der Frauen oder Männer in erotischer Literatur metaphorisch umschrieben, während sie in pornographischer Literatur direkt bezeichnet werden.21

3. Der Heftroman Lassiter – Der härteste Mann seiner Zeit

Im folgenden Kapitel wird ein Heft aus der Heftromanserie Lassiter – Der härteste Mann seiner Zeit näher untersucht. Dabei handelt es sich um das Band 2466 mit dem Titel Lassiter und das Trio des Todes. Diese Heftromanserie spiegelt das Genre des Westerns wider. Nicht nur die typischen Merkmale des Westerns werden in diesen Heftromanen aufgegriffen, sondern stellen sexuelle Handlungen ebenfalls einen großen Bereich des Inhalts dar.

3.1 Inhalt

Der Heftroman Lassiter und das Trio des Todes handelt von einer Geschichte, in der Lassiter als US-Marshal und Agent der „Brigade Sieben“ mit seinen Kolleginnen und Kollegen versucht das „Trio des Todes“, welche als Auftragsmörder arbeiten, ausfindig zu machen. Dabei spielt sich die Geschichte zum Teil auf einem Schiff und zum Teil zwischen verschiedenen Hotels ab.22

Die Handlung fängt damit an, dass Ben Green, ein ehemalgier Agent der Wells, Fargo & Company, nach einem Geschlechtsakt mit Rita Lennon von Judith Benson, Jack Melbourne und Suzanne Tuesday, dem „Trio des Todes“, ermordet wird. Dabei wurde die Ermordung Ben Greens von seiner Ex-Frau in Auftrag gegeben. Bei dem Mord kommen auch zwei weitere US-Marshals ums Leben. Nach diesem Vorfall haben einige Agentinnen und Agenten der Wells, Fargo & Company das Ziel, die Person oder die Personen zu schnappen, die den Mord begangen haben. Zu den Agenten zählen Lassiter sowie Edgar Stewart und Helena Robinson, welche die einzige weibliche Agentin ist. Während sie gemeinsam Pläne schmieden, kommen sich Lassiter und Helena näher, sodass es auch zwischen den beiden zu einem Liebesakt kommt. Robbie Brown, der ein Komplize des „Trios“ ist, bespricht mit Suzanne, wie die Geldübergabe mit Mrs. Green für den erfolgreich abgeschlossenen Auftrag ablaufen soll. Die Geldübergabe wird von Henry Donald Miller, einem Arbeiter der Wells, Fargo & Company, beobachtet. Währenddessen macht Lassiter bei einer Besprechung mit seinen Kolleginnen und Kollegen den Vorschlag, dass er als Lockvogel in die Rolle einer Person schlüpft, die ermordet werden soll, um so das „Trio“ ausfindig zu machen und dann fassen zu können. Henry beobachtet, dass eine blonde reizende Frau das Hotel verlässt. Er weiß jedoch nicht, dass es sich dabei um Suzanne handelt. Schon gleich erkennt er Mrs. Green, die aus ihrer Tasche ein Bündel, welches in ein weißes Tuch umschlagen ist, herausholt und auf ein Schaufenster legt. Nun wartet Henry darauf, dass das Bündel von dem gesuchten Mörder oder der gesuchten Mörderin abgeholt wird. Doch statt einer Person, taucht ein Pudel auf, der mit dem Bündel im Maul in einen Pferdestall rennt. Henry verfolgt den Hund bis in den Pferdestall und trifft dort auf die Blondine. Sie gibt ihm das weiße Bündel, das er gesucht hat. Während es zwischen den beiden zu einem Liebesakt kommt, wird Henry von Suzanne erstochen. Sie nimmt ihm das Geldbündel weg und entflieht. Nachdem Lassiter und seine Kolleginnen und Kollegen von einem weiteren Mord mit einem ähnlichen Ablauf, wie bei Ben Green, mitbekommen haben und davon ausgehen, dass auch dieser Mord von den gleichen Personen durchgeführt worden ist, beschließen sie nun endgültig Lassiters riskanten Vorschlag in die Tat umzusetzen. Edgar Stewart, der von Lassiters Plan überzeugt war, gibt den Auftrag zur Ermordung Lassiters auf. Dabei handelt es sich um Francis O’Hara (Lassiter), der umgebracht werden soll. Während Francis auf dem Schiff mit anderen Personen Kartenspiele spielt, verliebt sich Suzanne in ihn. Ihr Auftrag ist jedoch ihn zu vergiften und dem Tod nahezubringen, sodass Judith und Jack nur noch den „Rest“ erledigen müssen. Bei einem Vergewaltigungsversuch, den zwei Kartenspieler an Suzanne ausüben, rettet Lassiter Suzanne und bringt sie in ihr Zimmer. In ihrem Zimmer haben sie Geschlechtsverkehr, wobei Suzanne sich so sehr in Francis verliebt, dass sie es nicht schafft, ihn zu vergiften. Als sie ihn beim Namen nennt, ohne dass sie sich vorher persönlich kennengelernt haben, wird Lassiter bewusst, dass sie zum „Trio“ gehören muss. Der Agent verlässt ihr Zimmer und berichtet Helena und Edgar von der Lage. Suzanne kommt angerannt, um Francis vor Judith und Jack zu warnen. Dabei kommt es aus dem Nichts zu vielen Schießereien. Helena Robinson, Suzanne Tuesday und Jack Melbourne sterben aufgrund der Schüsse. Robbie Brown und Judith Benson werden erhängt. Mit einem schmerzenden Herzen bleibt Lassiter alleine zurück.23

3.2 Analyse der Liebesszenen

Im Heftroman Lassiter und das Trio des Todes spielen sich vier Liebesakte ab. Die sexuellen Handlungen sind zum größten Teil umfangreich beschrieben und finden zwischen den bekannten Figuren im Roman statt. Ein Geschlechtsakt, der mehr als eineinhalb Seiten beschrieben wird, findet zwischen Ben Green und Rita Lennon statt. Der nächste spielt sich auf über zwei Seiten zwischen Lassiter und Helena Robinson ab. Die dritte Liebesszene ist etwa eine Seite lang beschrieben und findet zwischen Henry Donald Miller und Suzanne Tuesday statt. Die letzte sexuelle Handlung spielt sich auf zwei Seiten des Heftromans zwischen Lassiter, der in die Rolle eines Francis O’Haras geschlüpft ist, und Suzanne Tuesday ab.

Der erste Liebesakt findet weit am Anfang der Handlung zwischen Ben Green und Rita Lennon in Bens Kajüte statt. Die Handlung wird aus einer heterodiegetischen Erzählperspektive beschrieben. Dies ist bedeutend für die beschriebene Handlung, da eine Leserin oder ein Leser auch als eine außenstehende Person sich so die Situation besser vorstellen kann. Außerdem liegt ein Wechsel zwischen interner sowie externer Fokalisierung vor, wobei die externe Fokalisierung überwiegt. Mit Hilfe der internen Fokalisierung wird das Innenleben Ben Greens an einigen Stellen beschrieben. Durchaus mehr Textstellen weisen eine externe Fokalisierung auf, weshalb in diesen Textbereichen auch mehr Dialoge stattfinden, sodass die Gedanken der Figuren dadurch deutlich werden. Der beschriebene Liebesakt weist zahlreiche Merkmale der Evidentia auf. Das Verfahren der Detaillierung wird über die gesamte Szene deutlich. Dabei werden bestimmte Nomen mit passenden Adjektiven beschrieben, sodass Leserinnen und Leser eine genauere Vorstellung von dem Gelesenen haben. „Weiße Brüste“, „üppige Busen“ oder „pochendes Glied“ sind Beispiele für solche Detaillierungen.24 Leserinnen und Leser werden mit Hilfe von emotiven Begriffen und Umschreibungen in die erotische Gefühlswelt der Figuren hineinversetzt. Mit Aussagen wie „[…] keuchte sie, noch ganz atemlos von dem langen Kuss“, „[…] es fühlte sich verdammt gut an, […]“ und „stöhnte er“ (S. 8) begreifen die Rezipientinnen und Rezipienten des Heftromans die lust- sowie erregungsvollen Emotionen der beiden Figuren. Beim Lesen der Handlung wird der Sinneseindruck dadurch gestärkt, dass Aussagen, die die Sinnesvorstellung bekräftigen, verwendet werden. Mit Aussagen wie „duftender Haut“, „stöhnte laut“, „schlaff und weich und feucht war ihr Körper jetzt“ (S. 9) prägen sich die Vorstellungen der Leserinnen und Leser weiter aus. In der gesamten Szene werden die Riech-, Seh-, Hör- und Tastsinne angesprochen. Darüber hinaus werden einige Hyperbeln im Text deutlich. „[…] saugte sich an seinen Lippen fest“, „ich brenne“ (S. 8) oder „bebende Lippen“ (S. 9) sind Beispiele für solche Übertreibungen, wodurch ein Maximum der Gefühlsintensität an die Rezipientinnen und Rezipienten gesteigert wiedergegeben wird. Zudem werden außer den Techniken der Evidentia auch weitere Mittel für die genaue Beschreibung der sexuellen Handlung verwendet. Dabei werden pornographische Begriffe, die in der Gesellschaft zum Teil als „Tabuwörter“ angesehen werden, nicht ausgespart. Einige dieser Begriffe sind bspw. „Busen“ (S. 8), „Glied“, „Brüste“ und „Warzen“ (S. 9). Da diese Begriffe eindeutig offene Begriffe darstellen, wird eine reale sexuelle Handlung, welche die reale Vorstellung der Leserinnen und Leser anregt, hergestellt. Außerdem ist auffällig, dass die beschriebene sexuelle Handlung häufig Vergleiche beinhaltet. Beispiele hierfür sind „es brennt wie ein Feuer in meinem Schoß, […]“ oder „zufrieden betrachtete er sie, so zufrieden, wie ein Jäger seine erlegte Beute betrachtete“ (S. 8). Solche Vergleiche sorgen für eine Verstärkung des Gedankengangs der Leserinnen und Leser. Darüber hinaus wird zur näheren lebendigen Veranschaulichung des Höhepunkts des Liebesakts die Personifikation und zugleich auch eine Hyperbel „als er kam, glaubte er, Sterne tanzen zu sehen“ (S. 9) verwendet.

[...]


1 Ansgar Kemmann: „Evidentia, Evidenz“. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hg. v. Gert Ueding. Bd. 3. Tübingen 1996. S. 33.

2 Ebd., S. 41.

3 Kemmann: „Evidentia, Evidenz“, S. 36f.

4 Ebd., S. 40.

5 Ebd., S. 41.

6 Ebd., S. 40.

7 Vgl. ebd., S. 42.

8 Vgl. Christian Weise 1681. S. 30., zit. nach Andreas Solbach: Evidentia und Erzähltheorie. Die Rhetorik anschaulichen Erzählens in der Frühmoderne und ihre antiken Quellen. Bd. 2. München 1994. S. 90.

9 Vgl. Kemmann: „Evidentia, Evidenz“, S. 41.

10 Vgl. ebd., S. 43.

11 Christian Weise 1681. S. 35f., zit. nach Solbach: Evidentia und Erzähltheorie. S. 91.

12 Vgl. Kemmann: „Evidentia, Evidenz“, S. 44.

13 Vgl. Solbach: Evidentia und Erzähltheorie. S. 91.

14 Vgl. Seminar: Schundliteratur vom 04.11.2019.

15 Vgl. Hans Dieter Zimmermann: Schema-Literatur. Ästhetische Norm und literarisches System. Bd. 299. Stuttgart u. a. 1979. S. 87.

16 Susan Sontag 1968, zit. nach. Zimmermann: Schema-Literatur. S. 87.

17 Vgl. Zimmermann: Schema-Literatur. S. 87f.

18 Vgl. ebd., S. 88.

19 Zimmermann: Schema-Literatur. S. 88.

20 Vgl. Roland Barthes: Sade, Fourier, Loyola. Frankfurt 1974., S. 33.

21 Vgl. Seminar: Schundliteratur vom 02.12.2019.

22 Vgl. O. V.: Lassiter. Der härteste Mann seiner Zeit. Band: 2466 „Lassiter und das Trio des Todes.“, o. O. 2019.

23 Vgl. O. V.: „Lassiter und das Trio des Todes.“

24 O. V.: „Lassiter und das Trio des Todes.“, S. 8f. (Im Folgenden wird nach dieser Ausgabe unter Angabe der Seitenzahl im fortlaufenden Unterkapitel zitiert.)

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Evidentia als Verfahren zur Darstellung von Liebesakten. Ein analytischer Vergleich von zwei Heftromanen
Université
University of Wuppertal
Note
2,0
Année
2020
Pages
24
N° de catalogue
V1130309
ISBN (ebook)
9783346491114
ISBN (Livre)
9783346491121
Langue
allemand
Mots clés
Schundliteratur, Heftromane, Evidentia, AnalysevonLiebesakten, Liebesakte, Analyse, Vergleich
Citation du texte
Anonyme, 2020, Evidentia als Verfahren zur Darstellung von Liebesakten. Ein analytischer Vergleich von zwei Heftromanen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1130309

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