Können Einzelpersonen gesellschaftliche Phasenumbrüche auslösen? Betrachtung am Beispiel der Person Rosa Parks


Seminar Paper, 2021

25 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Betrachtung und Einordnung
2.1 USA, Südstaaten, 1950er-Jahre
2.2 Situation in Montgomery, Alabama, Busverkehr
2.3 Rosa Parks
2.4 Proteste

3. Systemtheoretische Annäherung nach Niklas Luhmann
3.1 Welche Aspekte bietet die systemtheoretische Annäherung nach Niklas Luhmann?
3.2 Definition der Begriffe
3.3 Anwendung auf Rosa Parks

4. Politikwissenschaftliche Annäherung nach Chenoweth/Stephan
4.1 Welche Aspekte bietet das Buch „Why civil resistance works“ von Chenoweth/Stephan?
4.2 Thesen des Buches
4.3 Anwendung auf Rosa Parks

5. Interdisziplinäre Annäherung an den Begriff Schlüsselfigur und deren individuellen Einfluss
5.1 Welche Aspekte bietet der wissenschaftliche Text von Gailing/Ibert?
5.2 Definitionen der Schlüsselfiguren
5.3 Anwendung auf Rosa Parks

6. Zusammenfassung

7. Fazit

8. Literatur- und Abbildungsverzeichnis

Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 1) Facebook-Teaser des Deutschlandfunks zu einem Artikel über die Kinderbuchreihe „Little people, big dreams“

1. Einleitung

Diese Arbeit befasst sich mit dem Wirken von Einzelpersonen auf Phasenübergänge in der Gesellschaft am Einzelfall-Beispiel der Figur Rosa Parks im Rahmen der Aufhebung der Rassentrennung im Bussystem von Montgomery, Alabama in den 1950er-Jahren. In der Naturwissenschaft bezeichnen Phasenübergänge strukturelle Wechsel, beispielsweise Wechsel von einem Aggregatzustand in einen anderen. Dieser Arbeit verwendet den Begriff Phasenübergang im Sinne eines gesellschaftlichen Wandels mit grundsätzlicher Änderung der Spielregeln, hier am Beispiel Rosa Parks: einer nachweislichen Änderung der gesetzlichen Grundlagen.

Der Prozess rund um die Aufhebung der Rassentrennung im Bussystem von Montgomery spielte in der Geschichte um die Aufhebung der Rassentrennung in den USA eine bedeutende Rolle. Aus ihr ging eine weitere bekannte Figur hervor nämlich Martin Luther King Jr. Die Arbeit ist ein Versuch, sich von verschiedenen Seiten dem möglichen Einfluss einer einzelnen Person auf ein System zu nähern, und möchte Ansätze für eine mögliche tiefere Untersuchung anbieten.

Im Zuge der Geschichte hat es immer wieder Einzelpersonen gegeben, die im kollektiven Gedächtnis mit dem Thema Wandel in Verbindung gebracht werden können. Von Phasenübergang kann hier noch nicht gesprochen werden, es muss von Einzelfall zu Einzelfall geprüft werden, ob eine grundsätzliche Änderung im System wirklich stattgefunden hat. Hier finden sich also einer­seits diktatorische Herrscher wie Adolf Hitler oder Josef Stalin, andererseits friedliche Vertreter wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King Jr. Es überwiegen die männlichen Vertreter. Diese Arbeit setzt sich deshalb bewusst mit einer Frau auseinander. Die Wahl fiel auf Rosa Parks, weil sie im Zuge der aktuellen „Black lives matter“-Bewegung zunehmende Wahrnehmung in der Öffentlichkeit erfahren hatte (siehe Abb. 1, vgl. auch Korsche J. 2021, Prange De Oliveira 2020) und gewisser­maßen eine Galionsfigur wider Willen darstellt, die trotzdem im Prozess um die Aufhebung der Rassentrennung eine sehr zentrale Rolle (Lutteroth 20131) innehatte.

Die Arbeit nähert sich diesem Prozess aus verschiedenen Blickwinkeln. Zunächst folgt eine historische Betrachtung und örtliche Einordnung. Dann folgen drei Näherungen aus unterschied­lichen sozialwissenschaftlichen Richtungen. Zunächst ein Versuch, das Geschehen aus Sicht der Systemtheorie von Niklas Luhmann (Luhmann 2017, Baraldi et al. 1997) zu analysieren. „Versuch“ deshalb, weil es im Rahmen einer Semesterarbeit kaum möglich ist, Luhmanns Systemtheorie vollumfäng­lich zu erfassen und anzuwenden. Es ist daher eher ein Impuls für einen tieferen Einstieg und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ein weiterer Zugang erfolgt über das Buch „Why civil resistance works“ von Erica Chenoweth und Maria Stephan (Chenoweth, Stephan 2012). Sie vergleichen auf einer breiten Datenbasis den Erfolg von friedlichen und gewaltsamen Protesten und deren Erfolgsaussichten. Sie arbeiten dann Faktoren heraus, die sie als relevant für die Zielerreichung erachten. Eine dritte Näherung geht von einem Fachartikel aus: „Schlüsselfiguren: Raum als Gegenstand und Ressource des Wandels“ von Ludger Gailing und Oliver Ibert (Gailing, Ibert 2016). Auch wenn dieser Artikel sich einem anderen Fachgebiet widmet, nämlich der Raumforschung, so bietet er im einleitenden Teil einen sozialwissenschaftlich interdisziplinären Überblick2über verschiedene Arten der Schlüsselfiguren, die für die Betrachtung der Geschehnisse rund um die Figur Rosa Parks interessant sind.

Die Arbeit rollt also die Geschichte rund um Rosa Parks historisch auf und betrachtet dann aus drei Richtungen und mit verschiedenen Methoden die Figur und ihre mögliche Wirkung auf das umgebende System. Am Ende findet sich eine Zusammenfassung der Erkenntnisse und ein Ausblick auf weitere mögliche Forschungsfragen.

2. Historische Betrachtung und Einordnung

2.1 USA, Südstaaten, 1950er-Jahre

Rosa Parks wurde 1913 in Tuskegee, Alabama als Rosa McCauley geboren und starb 2005 in Detroit, Michigan. Verschiedene wichtige Eckpunkte der Geschichte der USA in dieser Zeit werden in diesem Absatz zum besseren Verständnis der Figur und der Geschehnisse kurz beleuchtet.

Amerikanischer Bürgerkrieg (Sezessionskrieg) 1861 – 1865

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(Abb. 2) Orange markiert: Tuskegee, Alabama, der Geburtsort von Rosa Parks. Detroit, Michigan, hier verstarb Rosa Parks. Die orangene Linie markiert die Grenze zwischen Nord- (oberhalb) und Südstaaten (unterhalb) (https://www.britannica.com/place/ the-South-region)

Zwischen 1861 und 1865 fand der Amerikanische Bürgerkrieg, auch Sezessionskrieg genannt, statt. Bis zu diesem Zeitpunkt bestanden die heutigen USA noch aus den Nordstaaten und den konföderierten Südstaaten. Im Süden war die Sklaverei weit verbreitet, was vor allem dem Fokus auf landwirtschaftliche Industrie mit Anbau von Baumwolle zuzuschreiben ist. Die Sklaven als günstige Arbeitskräfte boten einen enormen Vorteil, auf den die Farmer nicht verzichten wollten. Der Sklavereigegner und Präsident der Nordstaaten Abraham Lincoln führte den Krieg gegen Jef­ferson Davis als Präsident der konföderierten Staaten an. Der Norden gewann und es gründeten sich die Vereinigten Staaten von Amerika.

„The mortality rates of the war were staggering—there were about 620,000 deaths out of a total of 2.4 million soldiers. The South was devastated. But the Union was preserved, and slavery was abolished.“((1) Britannica 2021)

Rekonstruktion und Industrialisierung 1865 — 1914

In dieser Phase nach dem Sezessionskrieg wurde die Sklaverei abgeschafft, die Rassentrennung allerdings blieb in weiten Teilen des Südens aufrecht und wurde vor allem durch das Urteil des Supreme Court Plessy vs. Ferguson auf Jahrzehnte hinaus zementiert. Der relativ hellhäutige Schwarze3Homer Plessy hatte am 7. Juni 1892 ein Erste-Klasse-Ticket für einen Platz im Abteil der East Louisiana Railway gekauft, der nur für Menschen weißer Hautfarbe gestattet war. Er nahm Platz und informierte den Schaffner über seine Abstammung, der ihn daraufhin auf­forderte, den Platz zu wechseln. Plessy weigert sich und wurde angeklagt.

„Plessy v. Ferguson, legal case in which the U.S. Supreme Court, on May 18, 1896, by a seven-to-onemajo­rity(one justice did not participate), advanced the controversial „separate but equal“ doctrine for assessing the constitutionality of racial segregation laws. Plessy v. Ferguson was the first major inquiry into the meaning of the Fourteenth Amendment's (1868) equal-protection clause, which prohibits the states from denying „equal protection of the laws“ to any person within their jurisdictions. Although the majority opinion did not contain the phrase „separate but equal,“ it gave constitutional sanction to laws designed to achieve racial segregation by means of separate and supposedly equal public facilities and services for African Americans and whites.“((2) Britannica 2021)

Auf Basis dieses Urteils wurden viele weitere Urteile zur Rassentrennung gefällt, die unter dem Begriff Jim-Crow-Gesetze zusammengefasst werden. Beispielsweise gab es nach Rasse getrennte Toiletten, Verbote von gemischten Eheschließungen und getrennte Schulen.

(National Park Service, U.S. Departement of Interior)

„Jim Crow was the name of a minstrel routine (actually Jump Jim Crow) performed beginning in 1828 by its author, Thomas Dartmouth (Daddy“) Rice, and by many imitators, including actor Joseph Jefferson. The term came to be a derogatory epithet for African Americans and a designation for their segregated life. ”((3) Britannica 2021)

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(Abb. 3) Stilisierte Darstellung der fiktiven Figur Jim Crow

Erster Weltkrieg 1914 — 1918

Am 16. September 1914 wurde in den USA die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, der auch die Schwarze Bevölkerung mit einschloss. Etwa 3 Millionen Schwarze Soldaten wurden rekrutiert, davon etwa 2. Millionen in Frankreich eingesetzt. (vgl. Keene 2002)

Zwischen den Kriegen: Roaring Twenties, Great Depression

Nach dem ersten Weltkrieg erlebten die USA einen wirtschaftlichen Aufschwung: Es gab vieler­orts Lohnerhöhungen, in den Städten blühten Kunst und Kultur auf. Allerdings ist hier auch anzumerken, dass der Ku-Klux-Klan einen Aufschwung erlebte und man versuchte, die „golden door“ für alle Nichtweißen zu schließen. Die „Roaring Twenties“ endeten mit dem Börsencrash 1929 und einer ökonomischen Talfahrt, die vor allem die ärmsten Bevölkerungsteile am härtesten traf.

(Saylor Academy 2012)

Zweiter Weltkrieg 1939 — 1945

Im Zweiten Weltkrieg kämpften auf Seiten der USA rund 100.000 Afro-Amerikaner. Perfider­weise kämpften hier also von Rassentrennung betroffene Menschen in Europa in strikt nach Haut­farbe getrennten Regimenten mit jeweils weißen Vorgesetzten gegen den Rassismus in Europa. (SZ.de 2015)

2.2 Situation in Montgomery, Alabama, Busverkehr

Die Situation rund um den öffentlichen Verkehr in Montgomery, Alabama, war beeinflusst von den Jim Crow-Gesetzen und somit stark geprägt von der Rassentrennung. Schulbusse waren weißen Kindern vorbehalten, Schwarze Kinder mussten zu Fuß gehen. Im öffentlichen Verkehr hatten die Busse 36 Reihen, die ersten 4 Reihen waren weißen Passagieren vorbehalten. In den letzten 10 Reihen durften Menschen schwarzer Hautfarbe sitzen. In den mittleren Reihen war es Schwarzen Personen erlaubt, Platz zu nehmen, bis ein weißer Passagier die Mittelreihen beanspruchte. Dann musste eine komplette Sitzreihe geräumt werden. Schwarze Passagiere auf diesen Mittelplätzen waren oft der Willkür des Busfahrers ausgeliefert.

Anzumerken ist hier, dass auf Militärbasen auch in den Südstaaten keine Rassentrennung herrsch­te, sodass es durchaus vorkam, dass Schwarze Menschen, die dort arbeiteten, normal“ Bus fahren konnten, im öffentlichen Verkehr aber wieder der Segregation ausgesetzt waren.

Eine weitere Schikane bestand darin, Schwarze Menschen beim Busfahrer vorn ein Ticket lösen zu lassen, um sie dann zum Aussteigen zu nötigen und hinten wieder einsteigen zu lassen. Einige Busfahrer fuhren während dieses Prozederes einfach los. Eine adäquate Handhabe gegen diese Form der Willkür gab es nicht.

(Brinkley 2005: 57)

2.3 Rosa Parks

Kindheit

Rosa Parks wurde am 4. Februar 1913 in Tuskegee, Alabama geboren. Der Vater verließ die Familie ungefähr zeitgleich mit der Geburt ihres Bruders Sylvester 1915. Das Umfeld war christlich geprägt und der Einfluss der Ideen von Booker T. Washington spürbar. Washington war ein in Tuskegee aktiver Pädagoge und Reformer. Er setzte sich für die Rechte der Schwarzen Bevölkerung ein, war allerdings kein direkter Gegner der Rassentrennung. ((4) Britannica)

Schule

Parks besuchte 1918 die Zwergschule für Schwarze Kinder und arbeitete ab ihrem 6. oder 7. Lebensjahr auf der Baumwollplantage mit. Das durchschnittliche Schuljahr für Schwarze Kinder dauerte nur ca. 5 Monate.

1923 gab es einen dokumentierten Zwischenfall, bei dem Rosa einen weißen Jungen schubste, der sie belästigt hatte. Ihre Großmutter war außer sich, weil der zu dieser Zeit im Süden sehr akti­ve Ku-Klux-Klan keine großen Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen machte und Lynchen durchaus nicht unüblich war. (Wunderlich 2009) Der Vorfall hatte allerdings keine weiteren Folgen, weil die Mutter des betreffenden Jungen von Maßnahmen absah.

1924 besuchte Parks die Montgomery Industrial School for Girls, anschließend die Booker T. Washington Junior High. Eine Highschool für Schwarze Jugendliche gab es noch nicht.

1926 begann sie ein Studium am Alabama State Teachers College for Negroes4“, das sie zwischen­zeitlich unterbrach, um die Pflege ihrer Großmutter und später Mutter zu übernehmen.

1933 schloss sie das Studium zur Lehrerin ab, fand aber keinen adäquaten Job. Während und nach dieser Zeit verdingte sie sich als Näherin. (Brinkley 2005)

Erwachsene

1931 lernte sie den Friseur Raymond Parks kennen. Er war aktives Mitglied der NAACP (Natio­nal Association for Advancement of Colored People) und engagierte sich politisch für die Rechte Schwarzer Menschen.

1932 fand die Hochzeit statt. 1941 begann Rosa, als Sekretärin bei der Air Force zu arbeiten und erlebte auf der Militärbasis den öffentlichen Verkehr ohne Rassentrennung. 1943 war sie die erste Frau auf der NAACP-Jahresversammlung. Bis dato war das Engagement in der NAACP Männern vorbehalten gewesen, da die Teilnahme von Frauen wegen starker Aktivitäten des Ku-Klux-Klan als zu gefährlich galt. Parks wurde Schriftführerin in der NAACP.

1943 ließ der Busfahrer James F. Blake sie vorn ein Ticket lösen. Parks ging im Bus nach hinten durch, was ihm missfiel. Er zerrte sie am Ärmel aus seinem Bus. Eine Situation, die nachhaltig wirken sollte.

Rosa Parks versuchte mehrfach, sich in die Wählerlisten eintragen zu lassen. Entgegen dem euro­päischen System muss man sich in den USA als WählerIn registrieren und verschiedenen Gruppen wird der Zugang erschwert. 1945 gelang ihr dritter Versuch zur Registrierung.

Ende 1945 kehrte Parks Bruder James McCauley aus dem 2. Weltkrieg zurück und wurde, wie viele Schwarze Veteranen, massiv diskriminiert. Er zog daraufhin nach Detroit. Die dort boomende Industrie versprach Arbeitsplätze und auch in Bezug auf die Aufhebung der Rassentrennung war man dort schon deutlich fortschrittlicher.

2.4 Proteste

Vorbemerkungen

Im Vorfeld der Ereignisse rund um den Busboykott ereigneten sich einige relevante Dinge. Im Juni 1953 weigerte sich in Baton Rouge, Louisiana, Reverend T. J. Jemison, seinen Sitzplatz in einer der mittleren Reihen frei zu machen. Der Busfahrer lenkte seinen Wagen kurzerhand zur nächsten Polizeistation. In einem anhängigen Prozess bekam der Geistliche Recht, woraufhin die weißen Busfahrer in Baton Rouge streikten. Der Vorfall hat keine weiteren Folgen, wurde aber von Civil-Rights-Bewegungen wahrgenommen und beobachtet.

Am 2. März 1955 blieb die 15-jährige Claudette Colvin auf einem der Mittelplätze sitzen und wurde in Handschellen abgeführt. Die NAACP überlegte dort bereits, sich diesen Fall für einen größer angelegten Protest zu eigen zu machen, sah aber davon ab, weil sie die schwangere Schülerin als Symbolfigur nicht für geeignet hielt.

Am 18. Oktober 1955 blieb die 18-jährige Schulabbrecherin Mary Louise Smith im Bus sitzen und wurde gerichtlich belangt. Auch sie wurde von der NAACP als ungeeignet betrachtet, da man ihren Vater fälschlicherweise für einen Alkoholiker hielt.

1954 zog Martin Luther King Jr. nach Montgomery. Er übernahm hier das Amt des Pastors der Dexter Avenue Baptist Church.

Protest und Boykott

Am 1. Dezember 1955 fuhr Parks von der Arbeit gegen 18 Uhr nach Hause und traf im Bus mit James F. Blake auf den Busfahrer, der sie 12 Jahre zuvor am Ärmel aus dem Verkehrsmittel gezogen hatte. Ein weißer Passagier fand im vorderen Bereich keinen Platz und wies die in Reihe 5 sitzen­den vier Schwarzen an aufzustehen. Rosa Parks blieb sitzen und wurde verhaftet.

Sie galt als unbescholten und gläubige Christin und wurde auf dieser Basis von der NAACP als besonders geeignet betrachtet, Symbolfigur des gewaltlosen Widerstands zu werden. Man fragte sie nach ihrer Zustimmung und nach kurzer Überlegung willigte sie ein.

Neben der männlich geprägten NAACP war noch ein weiterer, weiblich geprägter Verband sehr aktiv, das WPC (Women's Political Council) rund um Jo Ann Gibson. Sie arbeiteten in weiteren Folge eng mit dem NAACP zusammen und organisierten einen Großteil der Kommunikation der Proteste, angefangen mit der Produktion von 35.000 Handzetteln, die zu einem eintägigen Busboykott am 5. Dezember 1955 aufriefen.

Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 4) Flugzettel mit Notizen, der zu einem eintägigen Boykott des Bussystems in Montgomery am 5. Dezember 1955 aufrief, mutmaßlich verfasst und produziert von Jo Ann Gibson

Ebenfalls holte die WPC die Kirchenvertreter ins Boot, die maßgeblich dazu beitrugen, dass die Proteste größtenteils friedlich verliefen, und die über sogenannte mass meetings auch Informatio­nen zu den Protesten verbreiteten.

Außerdem organisierten die Frauen des WPC Menschen, die in Wohnvierteln von Tür zu Tür gingen und über geplante Aktionen informierten.

Am 4. Dezember druckte der Montgomery Advertiser, eine weiße Tageszeitung , auf der Titelsei­te einen Artikel über die Ankündigung zum Busboykott und räumte diesem auch in weiterer Folge mediale Präsenz ein. Vermutlich ist ersterer Artikel eher der Sensationslust geschuldet: Eigentlich wollte man aus Angst vor Restriktionen die Protest-Aktion geheim halten, vermutlich wollte aber eine Hausangestellte gegenüber ihrer Dienstgeberin loyal sein und ließ die Information durch­sickern. So gelangte sie dann zunächst in die weiße Presse , in der es unüblich war, dass über Schwarze Themen auf Titelseiten berichtet wurde. Trotzdem trugen die weißen Zeitungen so zur Verbreitung der Informationen natürlich bei.

[...]


1 „Als der Busfahrer ihren Platz forderte, blieb sie sitzen: Das kostete Rosa Parks Job und Heim, doch sie inspirierte Martin Luther King Jr. und wurde zur Mutter der Bürgerrechtsbewegung. Parks war nicht die erste Frau, die im Bus protestierte - aber die erste, die das Zeug zur Ikone hatte.“ (Lutteroth 2013)

2 Hier wäre ein tieferes Eintauchen in die Schlüsselfiguren-Thematik sicher interessant. Um den Rahmen dieser Semesterarbeit nicht zu sprengen, bleibt der vorliegende Text aber eher an der Oberfläche.

3 Angelehnt an den Leitfaden für JournalistInnen „Über Schwarze Menschen in Deutschland berichten“ (Schearer, Haruna 2014) nutzt dieser Text die großgeschriebene Schreibweise „Schwarz“ um zu verdeutlichen, dass es sich hier um ein konstruiertes Zu­ordnungsmuster und keineswegs um eine gegebene Eigenschaft handelt, die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist.

4 Dieser Begriff wird in der Arbeit nur als Eigenname oder Zitat genutzt. Er setzte sich als Eigenbezeichnung. v. a. in den Südstaaten in der Zeit zwischen dem Bürger- und 1. Weltkrieg durch und wurde als Abgrenzung zur Bezeichnung colored verwendet, bevor er später von der Bezeichnungblack abgelöst wurde. (vgl. Brock 2019: 10)

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Details

Title
Können Einzelpersonen gesellschaftliche Phasenumbrüche auslösen? Betrachtung am Beispiel der Person Rosa Parks
College
University of Applied Sciences Vorarlberg
Course
Phasenübergänge in komplexen Systeme
Grade
1,0
Author
Year
2021
Pages
25
Catalog Number
V1133473
ISBN (eBook)
9783346505576
ISBN (Book)
9783346505583
Language
German
Keywords
können, einzelpersonen, phasenumbrüche, betrachtung, beispiel, person, rosa, parks, luhmann, schlüsselfiguren, niklas luhmann, black lives matter, rassentrennung, segregation, usa, südstaaten, schlüsselperson, einfluss
Quote paper
Katy Bayer (Author), 2021, Können Einzelpersonen gesellschaftliche Phasenumbrüche auslösen? Betrachtung am Beispiel der Person Rosa Parks, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1133473

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