Die Auflösung des Ost-West-Konflikts, die deutsche Wiedervereinigung, der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Osterweiterung der Europäischen Union haben gänzlich neue Rahmenbedingungen in Europa und den angrenzenden Regionen geschaffen. Die Beziehungen Russlands zum Westen standen auf beiden Seiten zunächst im Zeichen großer Visionen. Für den Westen war und ist Russland aufgrund seiner Größe, seiner geografischen Nähe und seiner Energieressourcen bedeutsam und es liegt im Interesse der EU, das Nutzenpotenzial des Landes freizusetzen und gleichzeitig sein Schadenspotenzial einzudämmen. Man ging in Europa zunächst davon aus, dass sich Russland wie andere post-sowjetische Staaten nach einer Phase der demokratischen Systemtransformation in den Rahmen der liberal-demokratischen Länder einordnen werde. Doch nach diesen anfänglichen Visionen ist man mittlerweile wieder auf dem harten Boden der Realität gelandet.
Trotz pro-westlicher Rhetorik, sind die Zustände in Russland besorgniserregend: Neues Großmachtsbewusstsein und eine demokratische Entwicklung die gekennzeichnet ist von Rückschritt, machen Russland für Viele aus westlicher Sicht zu einer unbekannten, wenn nicht gar unberechenbarer Größe. Manchen scheint es hierzu Lande angebracht, Russland wie einen angeschlagenen Bären zu behandeln, der jederzeit zu unkontrollierbaren Aktionen ausholen könnte.
Dies spiegelt sich auch in den Beziehungen zwischen der EU und Russland. Der jüngste Streit zwischen Polen und Russland über europäische Fleischexporte sorgte sogar dafür, dass die Neuverhandlungen des im November 2007 auslaufenden Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der EU und Russland vorerst auf Eis gelegt werden mussten. Einzelstaatliche Interessen auf Seiten der EU und ein neues russisches Selbstbewusstsein auf der anderen Seite stellen beide Akteure vor eine große Herausforderung: eine Neubestimmung des europäisch-russischen Koordinatensystems. Die vorliegende Arbeit, soll die bisherigen Beziehungen zwischen der EU und Russland näher beleuchten und in einem ersten Teil, die gegenseitigen Ansprüche und Unterschiede beider Akteure herausarbeiten. In einem zweiten Teil wird dann an Hand zweier Fallbeispiele nach den Ergebnissen und der Qualität der Beziehungen gefragt und in den Kontext des PKA gestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Quo vadis Russland?
- Partnerschaft ungleicher Akteure
- Wirtschaftliche und strukturelle Unterschiede
- Normative Unterschiede in der Zielbestimmung
- Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen
- Strategische Partnerschaft oder doch pragmatische Beziehung?
- Tschetschenien - Grenzen einer Partnerschaft
- Kaliningrad – Ein positiver Test der EU – Russland – Beziehungen
- Vom Idealismus zum Pragmatismus
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland und analysiert, ob eine strategische Partnerschaft zwischen den beiden Akteuren möglich ist oder ob die Beziehungen eher pragmatisch geprägt sind. Die Arbeit untersucht die gegenseitigen Ansprüche und Unterschiede beider Akteure und beleuchtet anhand von Fallbeispielen die Ergebnisse und die Qualität der Beziehungen im Kontext des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA).
- Die unterschiedlichen wirtschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen der EU und Russlands
- Die normative Unterschiede in der Zielbestimmung der beiden Akteure
- Die Rolle des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA) in den Beziehungen zwischen der EU und Russland
- Die Auswirkungen von Konflikten wie dem Tschetschenien-Konflikt auf die Beziehungen zwischen der EU und Russland
- Die Bedeutung von pragmatischen Beziehungen in der Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die aktuelle Situation Russlands und die Herausforderungen, die sich aus der Auflösung des Ost-West-Konflikts, der deutschen Wiedervereinigung, dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Osterweiterung der Europäischen Union ergeben haben. Es wird deutlich, dass die Beziehungen Russlands zum Westen von großen Visionen geprägt waren, die jedoch durch die Realität einer neuen Großmachtpolitik und einer demokratischen Entwicklung mit Rückschritten wieder in Frage gestellt werden.
Das zweite Kapitel analysiert die Unterschiede zwischen der EU und Russland im Hinblick auf wirtschaftliche und strukturelle Faktoren. Es wird deutlich, dass die EU eine deutlich größere Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft aufweist als Russland. Die gegenseitige handelspolitische Relevanz ist von einer bedeutenden Asymmetrie gekennzeichnet, wobei Russland stärker von der EU abhängig ist als umgekehrt. Trotz dieser Unterschiede streben beide Akteure eine strategische Partnerschaft an, die jedoch durch die unterschiedlichen Voraussetzungen erschwert wird.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der EU und Russland. Es wird die Bedeutung des Abkommens für die Beziehungen zwischen den beiden Akteuren hervorgehoben und die Herausforderungen bei der Neuverhandlung des Abkommens im Kontext des jüngsten Streits zwischen Polen und Russland über europäische Fleischexporte beleuchtet.
Das vierte Kapitel untersucht anhand von zwei Fallbeispielen, Tschetschenien und Kaliningrad, die Qualität der Beziehungen zwischen der EU und Russland. Es wird deutlich, dass die Beziehungen von einer Mischung aus strategischer Partnerschaft und pragmatischer Zusammenarbeit geprägt sind. Der Tschetschenien-Konflikt zeigt die Grenzen einer Partnerschaft auf, während das Beispiel Kaliningrad die Möglichkeiten einer positiven Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland verdeutlicht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland, die strategische Partnerschaft, die pragmatische Beziehung, die wirtschaftlichen und strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Akteuren, das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA), die Rolle von Konflikten wie dem Tschetschenien-Konflikt, die Bedeutung von pragmatischen Beziehungen und die Herausforderungen der Neuverhandlung des PKA.
- Citation du texte
- Karl Napf (Auteur), 2008, Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113364