Handreichung zur Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit (10. Klasse Gymnasium)


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29 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeine Hinweise

2 Arbeitsverfahren für die Themen- und Materialsuche
2.1 Recherche

3 Arbeitsschritte
3.1 Eigenanteil
3.2 Zwischenbericht und Konsultationen mit dem Betreuer

4 Umgang mit Quellen
4.1 Direktes und indirektes Zitieren

5 Bestandteile der Arbeit

6 Formale Vorgaben

7 Mögliche Bewertungskriterien

8 Anlage: Literatur- und Quellenverzeichnis

9 Abbildungsverzeichnis (auch Abbildungsnachweis oder Bildquellen)

1 Allgemeine Hinweise

Die Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit ist in einigen Bundesländern eine Voraussetzung für die Zulassung zum Abitur. Aus dieser Feststellung erwächst die Bedeutung dieser Leistung. Sie dient der Vorbereitung auf weitere wissenschaftliche Arbeiten in Schule, Studium und Beruf und soll zu einer ersten eigenständigen Forschungsarbeit anregen, diese fördern und unterstützen. Ebenso wie alle Fach- oder Seminararbeiten an Universitäten und Hochschulen wird auch eine wissenschaftliche Arbeit (je nach Bundesland auch als „Komplexe Leistung“ oder „Facharbeit“ bezeichnet) an Gymnasien wissenschaftlichen Kriterien unterworfen.

2 Arbeitsverfahren für die Themen- und Materialsuche

Grundsätzlich empfiehlt es sich, ein Thema zu wählen, zu dem Sie bereits Vorwissen haben und das Sie wirklich interessiert. (Vielleicht besitzen Sie sogar schon Literatur zu einem bestimmten Themengebiet.) Sich mit einem Thema auf wissenschaftlicher Ebene auseinanderzusetzten, welches Sie gerade erst selbst „entdecken“, kann Ihren Arbeitsprozess erschweren. Ebenso sollten Sie gleich zu Beginn den obligatorischen „Eigenanteil“ in Ihre Überlegungen einbeziehen. Es gibt unglaublich viele interessante Themen, wovon sich aber nicht alle eignen, da ein sinnvoller „Eigenanteil“ nicht immer möglich ist.

Des Weiteren sollte Ihr Arbeitsthema mindestens eine Leitfrage (Fragestellung) bzw. eine These (mitunter auch als Hypothese bezeichnet) zulassen, welche Sie wissenschaftlich untersuchen können.

Als These bezeichnet man eine Behauptung oder einen Leitsatz, der wissenschaftlich belegt werden muss. (Anstatt einer These kann auch eine Leitfrage (Fragestellung) formuliert werden.) Gute wissenschaftliche Thesen sind idealerweise so kurz wie möglich und so lang wie nötig. Gute Thesen bestehen aus vollständigen Sätzen mit einfachem Satzbau. Gute Thesen sind prägnant formuliert. Gute Thesen beinhalten keine Floskeln. Gute Thesen sind keine Tatsachenbehauptungen oder Fakten. Gute Thesen sind sachlich formuliert. Gute Thesen regen zur Diskussion an.

Darüber hinaus wecken vor allem „ungelöste“ Probleme oder ungeklärte Fragen wissenschaftliche Neugier und eigenen sich gut als Thema.

Beispiel

„Thomas Mann war ein deutscher Schriftsteller“ ist keine These, denn sie lässt keinen Diskussionsspielraum zu. Dagegen ist der Aussagesatz: „Das Werk Thomas Manns wurde durch seine Homosexualität geprägt“ sehr wohl eine These, über die diskutiert werden kann.

Beispiele, wie ein Arbeitsthema formuliert werden könnte:

Thema der wissenschaftlichen Arbeit:

„Andy Warhol und das Konzept der seriellen Reproduktion als Meilenstein der Pop-Art“

Eine dazugehörige Leitfrage (Fragestellung) wäre:

„Kann Andy Warhols Konzept der seriellen Reproduktion als Weiterentwicklung oder vielmehr als Banalisierung der Kunst verstanden werden?“

Oder als These formuliert:

„Andy Warhols Konzept der seriellen Reproduktion kann als Weiterentwicklung der Kunst verstanden werden.“

In der Regel wird die Leitfrage (Fragestellung) bzw. die These in der Einleitung thematisiert und so dem Leser vorgestellt. Je nach Arbeitsthema und dessen Formulierung besteht außerdem die Möglichkeit, die Leitfrage (Fragestellung) bzw. die These dem Thema als „Untertitel“ anzuschließen. Grundsätzlich spricht auch nichts dagegen, mehrere Leitfragen (Fragestellungen) oder Thesen zu formulieren. Hierbei sollten Sie unbedingt darauf achten, dass die verschiedenen Leitfragen (Fragestellungen) bzw. Thesen einen logischen Zusammenhang zu der Gliederung Ihrer Arbeit aufweisen.

Im Folgenden einige gute Beispiele, wie ein Arbeitsthema formuliert werden könnte:

- Das Selfie als Ausdruck der Individualisierung der Gesellschaft – Beginn einer neuen Kulturgeschichte?
- Marie Curie als Pionierin und Grenzgängerin: Untersuchung der Biographie Marie Curies im Hinblick auf die Überwindung bestehender Konventionen oder die Formung einer grenzüberschreitenden Identität.
- „Hurra-Patriotismus“ oder „Weltuntergangsstimmung“? – Exemplarischer Vergleich der Presseberichterstattung zum Ausbruch des ersten Weltkrieges in Medien aus unterschiedlichen Regionen
- Chaos statt Musik – Analyse der Wechselwirkung konkreter Lebensbedingungen und künstlerischer Gestaltung im Werk Schostakowitschs
- Untersuchung von Müsliverpackungen nach mathematischen Gesichtspunkten
- Der Toleranzgedanke in Lessings Drama Nathan der Weise und seine Bedeutung für unsere Zeit

Quellen1

Beispiele dafür, wie ein Arbeitsthema nicht formuliert werden sollte:

- Schwarze Löcher
- The Beatles
- Albert Einstein
- Der Zweite Weltkrieg

Auch gut zu wissen: Je mehr Literatur bereits zu Ihrem Thema existiert, desto anspruchsvoller und aufwendiger wird sich der gesamte Arbeitsprozess gestalten!

Suchen Sie beispielsweise im Katalog der Universitätsbibliothek Leipzig https://katalog.ub.uni-leipzig.de/Search/Advanced nach dem Stichwort „Zweiter Weltkrieg“, erscheinen 8163 Ergebnisse (lokale Bestände), darunter 8057 Buchtitel.

Geben Sie hingegen den Begriff „Selfie“ in die Suchmaske ein, erscheinen gerade mal 112 Ergebnisse, darunter überschaubare 16 deutschsprachige Buchtitel.

Auch sehr hilfreich: Überlegen Sie im Vorfeld, welches Ziel Sie mit Ihrer Arbeit erreichen möchten. Im Folgenden finden Sie einige Anregungen in Form von Fragen, die Ihnen dabei helfen sollen, sich über das Ziel Ihrer Arbeit bewusst zu werden:

…Möchten Sie einen Beitrag zum Verständnis über ein bestimmtes Thema leisten?

…Möchten Sie Klarheit in eine Kontroverse/Konflikt bringen?

…Möchten Sie auf etwas Vergessenes hinweisen?

…Möchten Sie Neues bekannt machen?

…Möchten Sie eine Behauptung überprüfen?

…Möchten Sie einen Sachverhalt analysieren?

…Möchten Sie ein Werk interpretieren?

…Möchten Sie Theorien/Positionen vergleichen?

…Möchten Sie Argumente für und gegen eine wissenschaftliche Position diskutieren?

…Möchten Sie einen Zusammenhang untersuchen?

Oftmals ergeben sich auch Überschneidungen mehrere Ziele, die sich innerhalb einer Arbeit berücksichtigen lassen. Grundsätzlich sollten Sie jedoch darauf achten, nicht zu viele Ziele erreichen zu wollen.

Quellen2

Fazit:

Ein gutes Thema lässt die Formulierung (mindestens) einer präzisen Leitfrage (Fragestellung) bzw. einer These zu, die so bearbeitet werden kann, dass nicht ausnahmslos bereits bestehende Literatur bzw. Internetinhalte zusammengefasst werden. Neben den zugrunde liegenden fachlichen Inhalten soll die Arbeit maßgeblich durch eigene Gedanken, die Vernetzung neu erworbenen Wissens, selbstständige Schlussfolgerungen sowie die kritische Bewertung recherchierter Quellen bestimmt werden.

2.1 Recherche

Für die Themen- und Materialsuche sind gezielte Arbeitsverfahren notwendig. Dafür geeignete Arbeitstechniken sind die Literaturrecherche sowie die Informationsbeschaffung.

Die Recherche ist eine wichtige Arbeitstechnik für die Vorbereitung einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Ziel, eigenständig relevantes Material zu ermitteln, zu sammeln, auszuwerten und für die direkte Verwendung aufzubereiten. Dies kann als gerichtetes und ungerichtetes Suchen erfolgen. In der Vorbereitungsphase sind dabei im Besonderen folgende Informationsquellen zu nutzen:

- Fachbücher (Primär-und Sekundärquellen),
- Aufsätze/Artikel in Fachzeitschriften,
- Online-Publikationen (Online-Ressourcen)
- Umfragen und Interviews,
- Experimente oder Versuche,
- fachspezifische Dokumentationen,
- Tabellen, Schaubilder, Diagramme, Skizzen und andere bildhafte Darstellungen,
- Objekte auf Datenträgern, Ton- und Videoaufnahmen,
- Filme und TV-Sendungen,
- Handbücher und Fachlexika,
- Informationsbroschüren und
- „Graue Literatur“ (Veröffentlichungen von Organisationen, Institutionen, Vereinen, Behörden usw.)

Internetrecherche

Da die Inhalte von Internettexten teilweise ungeprüft (mitunter auch fehlerhaft) sind, sollten sie besonders kritisch betrachtet werden. Im Gegensatz zur Veröffentlichung gedruckter Werke durch Fachverlage unterliegen im Internet publizierte Texte keinen standardisierten Qualitätsmechanismen. Selbst Beiträge, die durch die Nennung eines Autors seriös erscheinen, können frei erfunden sein. Prinzipiell sollten Online-Publikationen nur herangezogen werden, wenn zu den behandelten Fachthemen keine anderen als die Internetquellen zugänglich sind.

In Folge dessen muss jede im Internet veröffentliche Information gründlich „begutachtet“ werden. Diesbezüglich sollten folgende Aspekte hinterfragt werden:

- Ist der Internetauftritt wissenschaftlich oder eher kommerziell orientiert?
- Wie aktuell ist der Eintrag?
- Sind ein Titel und ein Verfasser angegeben?
- Ist der Verfasser ein „Fachmann“/Experte?
- Wie glaubwürdig ist der Inhalt?
- Weist die Seite ein Impressum auf (verpflichtend für Publikationen und Webseiten)?
- Ist kein Impressum ermittelbar, sollte man die Inhalte bzw. die Dokumente dieser Seite besser nicht weiter verwerten.3

3 Arbeitsschritte

Um die notwendigen Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge absolvieren zu können, sollte der nachfolgende Algorithmus eine zentrale Funktion einnehmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Erstellung von Exzerpten bietet sich folgendes Format an:

Quellenangabe:

Autor (Nachname, Vorname). Titel. eventuell Untertitel. Auflage. Verlag. Ort. Erscheinungsjahr. Seitenangaben.

Standort (Bibliothek) und genaue Signatur:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Thematische Zuordnung innerhalb der eigenen Arbeit:

3.1 Eigenanteil

Themenbezogen bieten sich eigene Datenerhebungen an, die aus Experimenten/Studien, Interviews, Befragungen, Beobachtungen usw. hervorgehen. Erkenntnisse, die auf diesem Wege gewonnen werden (man spricht hier von empirischer Datenerhebung, empirisch: durch Erfahrungen/Beobachtungen gewonnene Erkenntnisse), sind jedoch nur dann sinnvoll, wenn man sich vorher mit der entsprechenden Fachliteratur auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus sollte im Vorfeld klar sein, wie sich die gewonnen Daten zweckmäßig auswerten und logisch in die Arbeit einfügen lassen.

Wichtig: Der Eigenanteil (wie der Name bereits verrät) muss auf Erkenntnissen basieren, die auf eigene Recherche- und Untersuchungsarbeiten zurückzuführen sind. Außerdem legt der Verfasser durch seinen Eigenanteil dar, auf welche Art und Weise die Leitfrage (Fragestellung) bzw. die These seiner Arbeit beantwortet wurde.

3.2 Zwischenbericht und Konsultationen mit dem Betreuer

„[…] Es ist ratsam, sich vom Betreuer regelmäßig ein Feedback geben zu lassen.4

Ein Zwischenbericht dient maßgeblich dazu, sowohl sich selbst auch seinem Betreuer (oder auch seinen Mitschülern) über die Fortschritte der Arbeit zu berichten. Der Gedankenaustausch kann neue Impulse schaffen, Anregungen geben sowie Kritikpunkte aufzeigen, die das weitere Vorgehen positiv beeinflussen bzw. zielgerichtet voranbringen können.

Persönliche Termine mit dem betreuenden Fachlehrer sollten gut vorbereitet sein. Diesbezüglich bietet es sich an, konkrete Fragen bereits im Vorfeld schriftlich festzuhalten. Dies erleichtert das Erarbeiten von Lösungen. Auch das Besprechen von Auszügen bzw. Entwürfen der Arbeit kann Gegenstand eines Treffens sein. In diesem Fall bietet es sich an, dem betreuenden Fachlehrer diese bereits im Vorfeld zu übersenden. Sich aus dem Gespräch ergebende Absprachen/Festlegungen, Ziele und/oder weitere Arbeitsaufträge sollten stets zu einem konkreten Termin vereinbart und entsprechend umgesetzt werden.

[...]


1 Vgl. Land Nordrhein-Westfalen vertreten durch die Bezirksregierung Münster (Hrsg.) 2017. Facharbeiten – Themenauswahl. https://www.schuelerwettbewerb.eu/Projekte/ForumOstWest/Forum-6-1/index.php (08.07.2019) Vgl. Richter, Saskia. 2012. Hinweise zur Formulierung von Thesen, Hypothesen und Leitfragen. Stiftung Universität Hildesheim. https://www.uni-hildesheim.de/media/fb1/sozialwissenschaften/Dateien_Sozialwissen schaften/Material_fuer_Studierende/Hinweise_zur_Thesenbildung.pdf (08.07.2019)

2 Kruse, Otto. Keine Angst vor dem leeren Blatt. Campus. Frankfurt am Main. 2007. May, Yomb. Kompaktwissen Wissenschaftliches Arbeiten: Eine Anleitung zu Techniken und Schriftform. Reclam. Leipzig. 2010.

3 Vgl. May. 2010. S. 43.

4 Zit. nach: May. 2010. S. 30.

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Details

Title
Handreichung zur Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit (10. Klasse Gymnasium)
Author
Year
2020
Pages
29
Catalog Number
V1133793
ISBN (eBook)
9783346509642
ISBN (Book)
9783346509659
Language
German
Keywords
Wissenschaftliches Schreiben, Zitieren, Quellenangaben, Recherche, Arbeitstechniken, Aufbau, Bewertung
Quote paper
Anja Göbel (Author), 2020, Handreichung zur Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit (10. Klasse Gymnasium), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1133793

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