Laszlo Moholy-Nagy und die Dynamik der Großstadt


Seminar Paper, 2002

18 Pages, Grade: 1


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. MOHOLY-NAGY: KÜNSTLER ZWISCHEN ZWEI WELTKRIEGEN
2.1. Biografie
2.2 Krieg und Kunst

3. MOHOLY IN BERLIN
3.1 Suprematismus, Dadaismus, Aktivismus und Konstruktivismus
3.2 Theoretisch Schriften und Manifeste

4. SKIZZE ZU EINEM FILMMANUSKRIPT
4.1 Montagecharakter der Dynamik der Großstadt
4.1.1 Das Medium der Fotografie
4.1.2 Bewegung, Tempo und Dynamik
4.1.3 Lichterfahrungen in der Großstadt
4.2 Ziel des Filmversuchs

5. AUSBLICK

6. SCHLUSSWORT

7. BIBLIOGRAPHIE

1. EINLEITUNG

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg löste nicht nur einen politischen, sondern auch einen gesellschaftlich-kulturellen Wandel aus. Die Menschen fanden sich in einem Chaos entgegengesetzter Ideologien und revolutionärer Gedanken wieder. Auch vor den Formen der Kunst machte die Revolution keinen Halt. So wie die Ordnung des Lebens ins Wanken geriet, so erschwerte sich auch die Beziehung der Künstler zueinander, zur zerrütteten Gesellschaft und zum Kunst(hand)werk an sich. Die unterschiedlichen Lebens- und Kunstauffassungen teilten die Künstler in verschiedene Lager. Einige waren bereit, ihre Schöpfungen gegen materielle Werte aufzuwiegen und sich dem Willen der Gesellschaft anzupassen, andere wiederum kapselten sich mit ihresgleichen als „Märtyrer“ im Zeichen der Kunst von der Außenwelt ab. Nur in einer handvoll Männer und Frauen lebte der aufrichtige Glaube „an die Erlösung des Menschen durch die [...] Gestaltung der Welt“[1] weiter. Einer, der sein schöpferisches Lebenswerk untrennbar mit diesem Glauben verband, war der ungarische Künstler Lászlò Moholy-Nagy.

In dieser Arbeit geht es mir darum herauszufinden, welche Rolle Moholy-Nagy in diesem künstlerischen Umbruch zuzuschreiben ist. Um diese Frage zu erörtern, möchte ich im Besonderen Moholys Filmmanuskript Dynamik der Großstadt[2] untersuchen, das 1921/22 während seiner Berliner Zeit entstand. Meiner Meinung nach wird der Dynamik der Groß-Stadt zu wenig Beachtung geschenkt – im Lebenswerk von Moholy-Nagy und für die Bedeutung der Kunstwelt allgemein. Ich werde diese These im Laufe meiner Arbeit ausführlicher erläutern. Ich möchte zuerst damit beginnen darzustellen, wer Moholy-Nagy war und was ihn zu dem einzigartigen Künstler gemacht hat, als der er heute bekannt ist. Aufbauend auf diesen Punkten werde ich zeigen, wie seine Erfahrungen im Leben, im Speziellen seine Kriegserlebnisse, und die Begegnung mit anderen Künstlern, Einfluss auf seine künstlerische Tätigkeit ausgeübt haben. Bei meinen Untersuchungen beziehe ich mich neben Moholys erstem eigenen Werk „Malerei, Fotografie, Film“ auf „Fotos und Fotogramme“ von Andreas Haus, „Moholy-Nagy“ von Krisztina Passuth und auf „Moholy-Nagy, ein Totalexperiment, von seiner zweiten Frau Sibyl Moholy-Nagy.

2. MOHOLY-NAGY: KÜNSTLER ZWISCHEN ZWEI WELTKRIEGEN

2.1 Biografie

Moholy-Nagy kam am 20. Juli 1895 in dem kleinen ungarischen Dorf Bárcbarsód als mittleres von drei Kindern zur Welt. Sein Vater verspielte das Familiengut und wanderte nach Amerika aus. Aus Armut war seine Mutter gezwungen, den ältesten Sohn Jenò zu reichen Verwandten ins Ausland zu schicken. László wuchs zusammen mit seinem jüngeren Bruder Àkos bei seinem Onkel in der Gemeinde Mohol auf, nach der er sich später auch benannte. Da er ohne Vater aufwuchs, war er in Ungarn dem ständigen Spott der traditionell denkenden Dorfbewohner ausgesetzt. Obwohl Moholy merkte, dass er „so anders“[3] war, reifte in ihm der feste Glaube, ein besonderer Mensch zu sein: „Meine Seele weiß, dass eine Zeit kommen wird, da der Spott der Leute mich nicht mehr trifft, da ich meinen Kopf hochtragen werde und mein Geist frei sein wird, weil die Welt meinen Namen kennt.“[4] Nach der Schule begann Moholy in Budapest ein Jurastudium und wurde 1914 zum Kriegsdienst für Ungarn-Österreich eingezogen: eine Zeit, die Moholy bis an sein Lebensende prägte.

1920 siedelte er nach Berlin über, vermählte sich ein Jahr später mit seiner erste Frau Lucia (1931 lernte er seine zweite Frau Sibyl kennen) und veröffentlichte zusammen mit Raoul Hausmann, Hans Arp und Iwan Puni den Aufruf zur Elementaren Kunst[5], auf den ich noch näher eingehen werde. Zwischen 1921 und 1922 entstand sein Drehbuchentwurf Dynamik der Großstadt. 1923 berief ihn Walter Gropius ans Weimarer Bauhaus, das 1926 nach Dessau verlegt wurde. Moholy unterrichtete im Bauhaus bis zu dessen Auflösung im Jahr 1928 als Leiter der Metallwerkstatt und des Vorkurses. Nach seinem Austritt aus dem Bauhaus durchlebte Moholy-Nagy als Maler eine Krise. In dieser Zeit arbeitete er an zahlreichen Fotografien, Studien, und Schriften: „Er schrieb, weil er nicht malte und nicht unterrichtete.“[6] 1934 emigrierte er nach Amsterdam und ging ein Jahr später nach London. 1937 siedelt er in die USA über und übernahm die Leitung des „New Bauhaus“ in Chicago, das jedoch wegen finanzieller Schwierigkeiten ein Jahr später geschlossen wurde. 1938 gründete Moholy seine eigene „School of Design“ (1944 folgte die Umbenennung in Institute of Design). Im Jahr 1946 starb er in Chicago an den Folgen seiner Leukämie-Erkrankung.

2.2 Krieg und Kunst

Als Moholy 1914 an die Front berufen wurde, begann ein Wendepunkt in seinem Leben. „In vier blutigen Jahren wurde Moholy zum Mann. [...] Die Sauforgien seiner Offizierskameraden und der Abscheu darüber ließen ihn zu Abstinenzler und zum Nichtraucher werden; die mutwillige und sinnlose Zerstörung von Material und Maschinen, die der Menschheit hätten dienen können, wirkte auf sein Verhältnis zu Materialwerten und ihrer Erhaltung.“[7]

Durch seine Kriegserfahrungen erwachte in Moholy-Nagy der Wunsch, mit seiner Kunst etwas am Menschen zu verändern. Bis zu seiner Verwundung im Jahr 1916, widmete sich Moholy-Nagy der Dichtung. Erst in der Abgeschiedenheit seines Krankenlagers fühlte er den Drang in sich, die Wirklichkeit des Krieg malerisch festzuhalten. Seine ersten Bilder malte er – noch ziemlich unbeholfen, da ihm die praktische Übung fehlte – mit Ölkreide: „Mein Auge war nicht ausgebildet zu sehen. Eher „hörte“ ich die literarische Bedeutung des Bildes, als dass ich seine Formen und visuellen Elemente gesehen hätte.“[8] Schließlich entdeckte er um 1919 Licht, Farbe und Form für sich. Vorbild standen ihm bei seinen ersten Werken die Maler der Renaissance, ganz besonders van Gogh.

Sein Wunsch, Maler zu werden, wurde nach dem Krieg immer größer. Dennoch fühlte er einen inneren Konflikt, der ihn immer wieder zweifeln ließ: „Kann ich für mich selbst das Privileg der Kunst beanspruchen, wenn alle Menschen gebraucht werden, um die Probleme des bloßen Überlebens zu lösen?“[9] Sein Verantwortungsbewusstsein für die Gesellschaft jedoch siegte, denn er war überzeugt, durch die Kunst sein Bestes für die Menschheit zu geben.

[...]


[1] Moholy-Nagy, Sibyl: Laszlo Moholy-Nagy, ein Totalexperiment. Neue Bauhausbücher 13, Mainz-Berlin 1972, S. 13

[2] Moholy-Nagy, Laszlo: Dynamik der Groß-Stadt. Skizze zu einem Filmmanuskript, in: MA, Jg. IX, Nr. 8-9, 1924. Vgl. auch: Moholy-Nagy, Laszlo: Malerei, Fotografie, Film, München 1927, S. 120-135

[3] Moholy-Nagy, Sibyl, Ein Totalexperiment, a.a.O., S. 21

[4] ebenda, S. 20

[5] Hausmann, Raoul/Arp, Hans/ Puni, Iwan: Aufruf zur Elementaren Kunst, in: De Stijl, 1921, Nr. 10, S. 156

[6] Passuth, Krisztina: Moholy-Nagy. Weingarten 1986, S. 66

[7] Moholy-Nagy, Sibyl, Ein Totalexperiment, a.a.O., S. 22

[8] Moholy-Nagy, Laszlo: The New Vision and Abstract of an Artist, New York 1947

[9] Moholy-Nagy, Sibyl, Ein Totalexperiment, a.a.O., S. 25

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Details

Title
Laszlo Moholy-Nagy und die Dynamik der Großstadt
College
University of Constance  (Medienwissenschaften)
Course
Montage und Collage als intermediale Verfahren
Grade
1
Author
Year
2002
Pages
18
Catalog Number
V11366
ISBN (eBook)
9783638175456
ISBN (Book)
9783638842020
File size
536 KB
Language
German
Keywords
Moholy-Nagy, Laszlo, Dynamik der Großstadt
Quote paper
Amely Braunger (Author), 2002, Laszlo Moholy-Nagy und die Dynamik der Großstadt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11366

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