In dieser Seminararbeit geht es um das Thema künstliche Intelligenz aus einer philosophisch/theoretischen Perspektive. Ich starte mit einer Definition verschiedener Intelligenzbegriffe aus psychologischen sowie allgemeinen Lexika, um dann anhand einiger Beiträge über Intelligenz aus der einschlägigen Informatik-Literatur speziell auf den Begriff der künstlichen Intelligenz einzugehen. Ich vertrete dabei die These, dass KI immer sozial sein muss, d.h. einen dem Menschen ähnlichen Sozialisationsprozess durchlaufen haben muss, um den reibungslosen Ablauf von Mensch-Maschine-Interaktionen zu gewährleisten bzw. damit die Zuschreibung von Intelligenz an eine Maschine überhaupt gerechtfertigt ist. Die Arbeit trägt daher den Titel "Künstliche Intelligenz und Sozialität". Mir ist bewusst, dass hinter dieser These die viel stärkere These steht, dass Intelligenz generell ein soziales Phänomen bzw. eine soziale Kategorie (aber auch ein soziales Konstrukt!) ist, d.h. nur in sozialen Kontexten erworben und eingesetzt wird. Natürlich wird auch kurz auf den Begriff der Sozialisation eingegangen.
Die ganze Arbeit streift und diskutiert dabei immer wieder klassische Fragen aus der Debatte um die künstliche Intelligenz.
Inhalt
Psychologische bzw. allgemeine Definition
Künstliche Intelligenz
Sozialisation
Sind nur „sozialisierte“ Maschinen intelligente Maschinen?
Rezeption und Reflektion
Literaturverzeichnis
Das Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI), das sich mit (der Frage nach) der Modellierung von „intelligenten“ Maschinen und der Nachahmung intelligenten menschlichen Verhaltens am Computer beschäftigt, hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen, auch unter Geistes- und Sozialwissenschaftlern. Im Folgenden möchte auch ich mich mit diesem Thema auseinandersetzen. Ich vertrete dabei die These, dass KI immer sozial sein muss, d.h. einen dem Menschen ähnlichen Sozialisationsprozess durchlaufen haben muss, um den reibungslosen Ablauf von Mensch-Maschine-Interaktionen zu gewährleisten bzw. damit die Zuschreibung von Intelligenz an eine Maschine überhaupt gerechtfertigt ist. Mir ist bewusst, dass hinter dieser These die viel stärkere These steht, dass Intelligenz generell ein soziales Phänomen bzw. eine soziale Kategorie (aber auch ein soziales Konstrukt!) ist, d.h. nur in sozialen Kontexten erworben und eingesetzt wird. Bevor ich dies diskutiere, halte ich es jedoch für notwendig, auf die Begriffe „Intelligenz“ sowie „Sozialisation“ einzugehen sowie darauf, welche Art von Maschinen ich im Sinn hatte, als ich mir dieses Thema wählte. Dazu möchte ich zuerst anhand einiger Definitionen aus psychologischen sowie allgemeinen Lexika kurz das dort vorherrschende Intelligenzverständnis darlegen, anschließend anhand einiger Beiträge über Intelligenz aus der einschlägigen Informatik-Literatur referieren, wie der Begriff „Intelligenz“ informatisch verstanden wird. Im Anschluss daran möchte ich dann auf die soziale Komponente von Intelligenz eingehen und erläutern, warum diese m.E. für die Konstruktion „intelligenter“ Maschinen von so entscheidender Bedeutung ist. Zum Schluss werde ich dann noch einmal reflektieren, warum dieses Vorhaben die Ingenieure der KI möglicherweise vor große (technische) Schwierigkeiten stellen könnte.
Psychologische bzw. allgemeine Definition
Was genau ist „Intelligenz“? In der Psychologie gilt Intelligenz als ein „hypothetisches Konstrukt, das zur Erklärung der Feststellung gemacht wurde, dass Personen sich darin unterscheiden, wie gut oder schlecht sie bei sehr unterschiedlichen Testaufgaben abschneiden, mit denen das Gedächtnis, die praktische Urteilsfähigkeit, die Vorstellungskraft, bestimmte numerische Fähigkeiten und andere kognitive Leistungsbereiche erfasst werden“ (Tewes/Wildgrube, 1999, S. 180) Eine einheitliche und verbindliche Definition dessen, was Intelligenz eigentlich ist gibt es bisher nicht. „Als im Jahre 1921 eine [psychologische – d. Verf.] Fachzeitschrift 17 der führenden Spezialisten um eine Bestimmung von Intelligenz bat, erhielt sie 14 unterschiedliche Definitionen, bei 3 Enthaltungen. Eine erneute Befragung nach 65 Jahren ergab kein grundsätzlich anderes Bild: Wiederum variierten die Antworten beträchtlich. Natürlich waren sie auch von denen der ersten Umfrage verschieden. Man ist sich also unter den Psychologen nicht recht einig.“ (Urchs, 2002, S. 49/59) Eine einfache, aber auch nur im Deskriptiven verharrende Definition stammt von William Stern, „der Intelligenz als Flexibilität des Denkens und die Fähigkeit zur Anpassung an die Erfordernisse neuer Situationen beschreibt“ (ebd.). Auch Versuche, Intelligenz anhand einzelner Fähigkeiten wie z.B. Gedächtnis, schlussfolgerndem Denken oder räumlichem Vorstellungsvermögen fest zu machen greifen letztendlich auf Merkmale zurück, die selbst nur wissenschaftlich-theoretische Konstrukte darstellen, welche nicht unmittelbar und eindeutig definiert werden können (Vgl. ebd.). Daher einigte man sich irgendwann resigniert auf die – eher ironisch zu verstehende – Formel, dass Intelligenz letztendlich das sei, was mit Hilfe von Intelligenztest gemessen wird, wobei auch hier Schwierigkeiten in der Hinsicht auftraten, dass die jeweiligen Messergebnisse davon abhängen, „wie gut der Proband Sprache und die jeweiligen Begriffe beherrscht, mit deren Hilfe die Aufgaben formuliert sind“ (Cruse u.a., 1999, S. 97), worauf man u.a. begann, kulturunabhängige Tests zu entwickeln. „Damit konnte man die Situation zwar verbessern, aber die prinzipiellen Probleme bleiben bestehen. Stets geht auch zum Beispiel die Konzentrationsfähigkeit und die Motivation des Probanden in das Messergebnis ein“ (ebd.).
Schaut man sich weiter in der einschlägigen Literatur um, trifft man in diesem Zusammenhang auf Definitionen wie die von Anne Anastasi, „die Intelligenz als diejenige Fähigkeit beschreibt, in der sich kulturell erfolgreiche von weniger erfolgreichen Personen unterscheiden“ (Tewes/Wildgrube, 1999, S. 181), d.h. Menschen, die sich in einer gegebenen Kultur/Gesellschaft anhand der dort geltenden Maßstäbe für Erfolg und Misserfolg als erfolgreich im „Überlebenskampf“ bewähren. Weiterhin werden als wichtige Merkmale von Intelligenz gern Flexibilität und Adaptionsvermögen genannt: „Intelligente Personen unterscheiden sich demzufolge von weniger intelligenten darin, dass es ihnen leichter fällt, sich in neuen Situationen zurechtzufinden, wesentliche Aspekte von unwesentlichen zu unterscheiden, Beziehungen zu erkennen, die vordergründig nicht sofort einsichtig sind. Strategien zur Lösung von Problemen zu entwickeln und diese auf ihre Effektivität hin zu vergleichen und auch gemäß der Einsicht in ein Problem zu handeln“ (ebd.).
Eine generelle Frage ist die danach, ob Intelligenz eine einheitliche, unteilbare Fähigkeit sei, oder ob sie die Summe vieler Einzelfähigkeiten darstellt. Hierbei steht auch heute noch die Meinung, „dass es einen Faktor (g-Faktor genannt) gäbe, der die generelle Intelligenz einer Person beschreibe, der Ansicht gegenüber, dass Intelligenz ein multifaktorielles Phänomen sei“ (Cruse u.a., 1999, S. 98). Die Anzahl dieser verschiedenen Faktoren variiert dabei von sieben (nach Howard Gardner: logisch-mathematische Fähigkeit, sprachlich-räumliches Denken, körperlich-kinästhetische Fähigkeiten, musikalische Fähigkeiten, sprachliche Fähigkeiten, Verständnis für zwischenmenschliche Probleme sowie Fähigkeiten, sich ein Bild von der eigenen Person machen zu können) bis 120 (Vgl. Cruse u.a., 1999, S. 98). Wobei in diesem Zusammenhang natürlich auch stets die Frage im Vordergrund stand, wie die jeweiligen Merkmale gemessen werden können.
In jüngster Zeit unterscheidet man gerne verschiedene „Arten“ von Intelligenz, wie die soziale Intelligenz. „Bei der sozialen Intelligenz untersucht man Fertigkeiten der sozialen Interaktion: Erkennen von Stimmungen durch mimische oder sprachliche Signale, Gedächtnis für Gesichter und Namen oder auch Sinn für Humor.“ (Urchs, 2002, S. 51) Auch der Begriff „emotionale Intelligenz“, mit dem man den persönlichen Erfolg oder Misserfolg jedes Menschen im täglichen Leben in Verbindung bringt (Vgl. Urchs, 2002, S. 51/52), erfreut sich in den letzten Jahren – gerade im populärwissenschaftlichen und alltäglichen Gebrauch – höchster Beliebtheit. „So sinnvoll ein Aufspalten des Intelligenzbegriffes in eine Mannigfaltigkeit von Konzepten, die einzelne Facetten von Intelligenz bestimmen, auch sein mag, es ersetzt die Suche nach einer Definition von Intelligenz nur durch das Bedürfnis nach vielen einzelnen Definitionen.“ (ebd.)
Die Hirnforschung sowie die Modelle der künstlichen Intelligenz boten in den letzten Jahren auch hier neue Anregungen zur Erklärung und zum Verstehen des Phänomens Intelligenz. Problematisch ist hierbei jedoch, dass sich die Definitionen menschlicher und künstlicher Intelligenz spätestens seit den 50er Jahren gegenseitig beeinflussen und damit verwischen: Galt es am Anfang, das was bei Menschen als intelligentes Verhalten verstanden wurde, auf einer Maschine nachzubilden, begann man nun, einen eher „kybernetischen“ Ansatz zu vertreten, in dem menschliche Intelligenz als ein informationsverarbeitendes System begriffen wurde, das – in Analogie zur intelligenten Maschine – aus Speichern, Prozessoren und Steuerstrukturen besteht und auf Datenstrukturen arbeitet (Vgl. Görz, 2000, S. 4). Auf diese Weise hat man die Antwort auf die Frage, was Intelligenz nun eigentlich sei, ebenso elegant umgangen wie mit der bereits erwähnten, zugegebenermaßen eher ironisch zu verstehenden Antwort, dass Intelligenz letztendlich das sei, was Intelligenztests messen. Ziel dieses Ansatzes ist es nicht, „intelligente Systeme zu konstruieren, nachdem ein Verständnis menschlicher Intelligenz erlangt wurde, sondern menschliche Intelligenz durch die Konstruktion solcher Systeme verstehen zu lernen“ (ebd.). Eine klare Trennlinie zwischen dem Intelligenzbegriff der Psychologen und dem der KI-ler zu ziehen gestaltet sich inzwischen also höchst schwierig, da die KI sich der Intelligenzkriterien der Psychologie bedient hat, welche ihrerseits daraufhin ein Intelligenzverständnis entwickelt hat, das auf Vorstellungen und Modellen von Forschern der KI basiert. Seit der Erfindung der Kybernetik beeinflussen sich das psychologische Intelligenzvorstellungen und die der KI-ler wechselseitig, so dass sich nur noch sehr schwer mit Sicherheit sagen lässt, ob die Modellvorstellung von intelligenten Systemen als symbolverarbeitende Systeme eigentlich eine originär psychologische oder kybernetische Vorstellung ist.
Künstliche Intelligenz
Zu den Aspekten des psychologischen Intelligenzbegriffes, die nun auch der Forschungszweig übernommen hat, der sich mit der Modellierung von „Intelligenz“ am Computer beschäftigt, gehört die Vorstellung von rationaler Intelligenz, die den Intelligenzbegriff in der KI lange Zeit bestimmte. Rationale Intelligenz bedeutet „das Vermögen, in Begriffen zu denken und logische Schlüsse zu ziehen“ (Cruse u.a., 1999, S. 93) sowie „die Fähigkeit nach bestimmten Regeln mit Symbolen festgesetzter Bedeutung zu operieren“ (ebd.).
Betrachtet man ein sog. „intelligentes“ System (sei dies nun ein Mensch, eine Maschine, eine Gesellschaft oder eine Gattung z.B. von Säugetieren im Laufe der Evolution), so wird man feststellen, dass es ein Unterschied ist, ob wir von „intelligent“ als einer Eigenschaft eines Systems sprechen, oder von „Intelligenz“ als Fähigkeit eines Systems. „Man kann von einer intelligenten Lösung sprechen, ohne damit zu meinen, dass das System, welches diese Lösung darstellt, als solches die Fähigkeit der Intelligenz besitzt“ (Cruse u.a., 1999, S. 99). Man unterscheidet in diesem Zusammenhang den adverbialen vom nominalen Gebrauch des Begriffs Intelligenz bzw. ans Englische angelehnt von „prozessualer Intelligenz“ (adverbialer Gebrauch, Intelligenz als Eigenschaft) und „inhaltlicher Intelligenz“ (nominaler Gebrauch, Intelligenz als Fähigkeit). Das eine, die nominale Intelligenz bezieht sich dabei auf die Fähigkeit eines Systems, intelligent handeln zu können, während der adverbiale Gebrauch des Begriffes Intelligenz sich eher auf das intelligent Sein eines Systems bezieht. Ersteres ist dabei eher dynamisch und aktiv, während letzteres statisch und passiv ist. Dabei versteht es sich von selbst, „dass nicht jedes intelligente System auch (nominale) Intelligenz besitzen muss“ (ebd.). Daran anknüpfend begannen Intelligenzforscher, den Begriff Intelligenz weiter zu fassen und sich am Intelligenzverständnis der Biologie zu orientieren, das Intelligenz häufig mit „adaptivem Verhalten“ (intelligenter Systeme) gleichsetzt. „Nicht das Verhalten an sich, sondern Verhalten im Kontext einer gegebenen Umwelt bestimmt die Bewertung der Intelligenz“ (Cruse u.a., 1999, S. 101). Diesen Gedanken weiterführend hat L. Steels folgenden Definitionsversuch unternommen: „Ein System ist intelligent, wenn es in einer gegebenen und einer sich ändernden Umwelt die Chancen seiner Selbsterhaltung im Vergleich zu seinem aktuellen Zustand verbessern kann“ (Cruse u.a, 1999, S. 104).
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