Biographie und psychische Krankheit - Die depressive Erkrankung

Eine Einzelfallstudie


Mémoire de Maîtrise, 2008

336 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Forschungsprozess
1.1 Einführende Bemerkung zur depressiven Erkrankung
1.2 Entstehung und Wandel des Forschungsinteresses, Entwicklung des Forschungsdesigns
1.3 Stand der Forschung im untersuchten Feld
1.4 Durchführung der Interviews
1.4.1 Vorüberlegungen und Entscheidungen betreffend der Informantengewinnung
1.4.2 Vorgespräch und Verlauf des Interviews

2. Methodische und theoretische Überlegungen und Konzepte
2.1 Was bringt autobiographisch- narratives Interview hervor?
2.2 Technik des autobiographisch-narrativen Interviews
2.2.1 Gliederung des autobiographisch-narrativen Interviews
2.2.2 Schritte der Textanalyse
2.3 Das Konzept der Verlaufskurve

3. Fallstudie: Susanne Bräuer
3.1 Strukturelle Beschreibung
3.2 Biographische Gesamtformung
3.3 Biographische Arbeit: Theoretische Verarbeitung und handlungsschematische Bearbeitung der Verlaufskurve

4. Literaturverzeichnis

Erklärung

Anhang:

Transkriptionszeichen

Interview mit Susanne Bräuer

1. Forschungsprozess

1.1 Einführende Bemerkung zur depressiven Erkrankung

Bei der vorliegenden soziologischen Studie handelt es sich um eine biographieanalytische Untersuchung zum Thema der psychischen Erkrankung auf der Grundlage narrativer Interviews. Mein Interesse an dem Entwickeln einer Forschungsarbeit zum Thema der psychischen Erkrankung, im Speziellen zu der depressiven Erkrankung, entstand während meiner Arbeit in einer psychiatrischen Klinik, in der ich für ungefähr drei Monate als Praktikantin auf der Depressionsstation angestellt war. Bevor ich genauer auf mein Forschungsvorhaben und den Forschungsprozess eingehe, seien zunächst erst einmal ein paar Informationen zu der psychischen Krankheit Depression gegeben:

Was Statistiken betrifft, so unterscheiden sich die Angaben – um einige Beispiele zu nennen: CHICHA (’03) zufolge gehört die Depression zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung. Es würde geschätzt, dass etwa jeder Fünfte im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen Depression erkrankt. (S. 3) PLENDL (’06) gibt an, dass in Deutschland circa acht Prozent der Bevölkerung, also ungefähr 6,5 Millionen Menschen, an einer depressiven Erkrankung leiden (S. 5). RUDOLF u.a. (’06) ist zu entnehmen, dass von den Personen, die in Deutschland eine Allgemeinarztpraxis aufsuchen, circa zwölf Prozent an einer depressiven Störung leiden (S. B1503). Generell ist jedoch davon auszugehen, dass Frauen doppelt so häufig wie Männer betroffen sind (PLENDL ’06; S. 10 und RUDOLF u.a. ’06; S. B1503), wobei der Zeitpunkt der ersten Erkrankung bei 50 Prozent der Betroffenen vor dem 32. Lebensjahr liegt (RUDOLF ’06; S. B1503).

Was ein weitläufiges Problem darstellt, ist, dass das Vorliegen einer psychischen Erkrankung häufig lange unbemerkt bleibt. RUDOLF u.a. (’06) zufolge trifft dies auf ein Viertel der Betroffenen zu, die aufgrund ihrer Beschwerden einen Allgemeinmediziner aufsuchen (S. B1503). Ursachen für die geringe Erkennungsrate sind insbesondere, dass die Patienten die depressive Symptomatik nicht ansprechen, allein deshalb, weil sie sie selbst nicht erkennen und dass die Beschwerden, die geäußert werden, vom behandelnden Arzt als durch andere medizinische Störungen ausreichend begründet gesehen werden. (RUDOLF u.a. ’06; S. B1504).

Die Depression ist eine Erkrankung des gesamten Körpers; betroffenen sind nicht nur das Denken, die Gefühle und das Verhalten, sondern auch viele Körperfunktionen. Alle Körpervorgänge werden von bestimmten Bereichen des Gehirns über biochemische Prozesse gesteuert. Bei einer Depression tritt eine Veränderung im Gehirnstoffwechsel auf, wobei diejenigen Neurotransmitter aus dem Gleichgewicht geraten, bzw. ein Mangel an denjenigen Botenstoffen vorliegt, die für die Gedanken, die Gefühle und die Körperfunktionen ausschlaggebend sind. (WITTCHEN ’04; S. 10f, 22 und CICHA ’03; S. 11)

Die Hauptsymptome der depressiven Störung sind eine gedrückte, niedergeschlagene Stimmung (und einhergehende pessimistische Sichtweisen), Interessenverlust, erhöhte Müdigkeit, Antriebsmangel und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Hinzutreten können ängstliche Unruhe, vermindertes Konzentrations-, Gedächtnis- und Entscheidungsvermögen, vermindertes Selbstwertgefühl, Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, Suizidgedanken und Suizidhandlungen, Schlafstörungen, verminderter Appetit und Gewichtsverlust und somatische Syndrome (wie z.B. Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden). (RUDOLF u.a. ’06; S. B1503) Je nach Anzahl, Kombination und Ausprägung der Symptome und bei einer mindestens zweiwöchigen Symptomdauer wird die Diagnose einer leichten, mittelgradigen oder schweren depressiven Störung unterschieden (RUDOLF u.a. ’06; S. B1504f).

Eine Depression entsteht dabei durch eine Vielzahl von Umständen. Grundsätzlich kann jedoch fast jeder in seinem Leben an einer Depression erkranken; dies hängt davon ab, ob (z.B. abhängig von Erbfaktoren) eine angeborene biologische „Verletzlichkeit“, bzw. eine, durch in der frühen Lebenszeit andauernde ungünstige Einflüsse, erworbene „Verletzlichkeit“ vorliegt, sowie eine „labile Persönlichkeit“ eine entscheidende Rolle spielt und insbesondere hängt dies davon ab, wie „Schicksalsschläge“ verarbeitet werden, wobei „anfällige“ Person häufiger an einer Depression erkranken. Am häufigsten sind die Ursachen somit in belastenden Ereignissen zu suchen. (WITTCHEN ’04; S. 19) Depressive Episoden können allerdings auch durch körperliche Erkrankungen (z.B. Schlaganfall, Hormonstörungen), durch den Einfluss bestimmter Medikamente, wie auch durch Konsum von Alkohol und Drogen ausgelöst werden (WITTCHEN ’04; S. 17). Durch welches Zusammenspiel von Ursachen eine Depression letztlich verursacht ist, in keinem Fall entsteht die Depression „über Nacht“, sondern entwickelt sich über Wochen, Monate oder gar Jahre hinweg (CICHA ’03; S. 4).

Zur Behandlung einer depressiven Erkrankung gibt es heute eine Vielzahl von bewährten Behandlungsmethoden, die häufig kombiniert angewandt werden: Vorrangig kommen die medikamentöse Therapie, die Psychotherapie und die Verhaltenstherapie zum Einsatz. (CICHA ’03; S. 11ff und PLENDL ’06; S. 16ff)

1.2 Entstehung und Wandel des Forschungsinteresses, Entwicklung des Forschungsdesigns

Es sollte nun also ein grundlegender einführender Überblick über diedepressive Erkrankung gegeben sein; so möchte ich wieder dazu übergehen, wie sich mein Forschungsinteresse entwickelte:

Innerhalb meines Praktikums konnte ich nicht nur viel über die Krankheit Depression (rein klinisch gesehen) lernen, sondern auch viel über therapeutische Verfahren zur Behandlung einer Depression (wie auch über die im Zusammenhang mit einer Depression auftreten könnenden weiteren psychischen Erkrankungen[1] ) und schließlich darüber, was es bedeutet von der Krankheit Depression betroffen zu sein – dies aus vielen subjektiven Perspektiven (der Patienten) heraus. Am hervorstechensten war für mich die Tatsache, dass die meisten Patienten einen Orientierungszusammenbruch erlitten hatten, welcher zu einer Einweisung in die Klinik führte – Orientierungszusammenbruch in dem Sinne, dass den Betroffenen die Fähigkeit zum Alltagsmanagement, die Fähigkeit zur handlungsschematischen Kontrolle des Lebensalltags, also eine wirksame Handlungskompetenz verloren gegangen war. Durch meine Teilnahme an psychotherapeutischen Gesprächen und am verhaltenstherapeutisch orientierten Therapieprogramm konnte ich einen Einblick in das Erleben der Betroffenen gewinnen, das Erleben der alltäglichen Lebenssituation unter dem Aspekt des Orientierungszusammenbruches. Um erst einmal voranzustellen, worauf die verschiedenen Therapieformen abziel(t)en (siehe dazu z.B. PLENDEL ’06; S. 23 und CICHA ’03; S. 14f): Die Psychotherapie stellt zunächst erst einmal ein Gespräch zwischen Patient(en) und Therapeut dar, in welchem die Patienten Einsicht in ihre Probleme gewinnen und lernen diese zu lösen. Diese Gespräche zielen besonders darauf ab die (gestörten) Beziehungsstrukturen des Betroffenen zu analysieren, welche die Depression verursachen oder verstärken und darauf andere, weniger stressfördernde Handlungsstrategien aufzuzeigen. Ziel der Verhaltenstherapie ist es Verhaltensmuster, die zur Depression beitragen oder deren Folge sind, aufzubrechen und zu verändern, bzw. durch alternative Verhaltensweisen zu ersetzen, die die Handlungskompetenz wieder herstellen; Ziel ist es also die Fähigkeiten zur Lebensbewältigung und Problembewältigung wieder aufzubauen. Die kognitive Verhaltenstherapie ist dabei darauf ausgerichtet dem Betroffenen Wege aus seiner negativen, teils unrealistischen Sichtweise, die oft mit einer Depression einhergeht, aufzuzeigen. Das heißt bestimmte Denk- und Handlungsschemata führen zu bestimmten Ergebnissen – unter dem Einfluss der Depression können jene, und so im Fall der besagten Patienten, zu einer Problemverstrickung bis hin zum Zusammenbruch der eigenen Handlungskompetenzen und letztlich zur Auflösung der Fähigkeit zum Alltagsmanagement führen. An dieser Stelle setzt die Therapie an; es wird versucht Routinen aufzubrechen, die wieder und wieder zu den gleichen Problemen führen und als Handlungs-, Interaktions- Problemkontroll- und Problemlösungsstrategien untauglich sind und somit nur zu einer Verschärfung und Kummulation von Problemen im täglichen Leben führen, wobei angestrebt wird diese durch zweckmäßige Denk- und Verhaltensweisen zu ersetzen, die das tägliche Leben (wieder) handhabbar machen und zu einer Verbesserung der (empfundenen) Lebensqualität führen. Dazu ist es notwendig die Entstehung der bisher fehlgeschlagen routinemäßig angewandten Denk- und Verhaltensmuster im Rückblick auf die Lebensgeschichte der Betroffenen aufzudecken und damit gleichzeitig den Prozess des Problematisch-Werdens der Lebenssituation (Traumata, Konfliktsituationen, belastende Ereignisse usw.) zu ergründen.

Es geht mir bei dieser Darstellung weniger darum dem Leser die in der betreffenden Klinik angewandten Therapieformen nahe zu bringen, sondern was aus dieser ausführlichen Darlegung hervorgehen soll, ist, was die Therapie hervorbrachte: Durch meine Teilnahme an den Therapiestunden konnte ich miterleben, wie (vielfältig und tiefgreifend) problematisch das Leben der Patienten geworden war, wie sehr sie darunter litten und wie schwer es ihnen fiel effektiven und befriedigenden Denk- und Wahrnehmungsmustern, sowie wirksamen und befriedigenden Handlungs- und Interaktionskompetenzen mächtig zu werden. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit ein Forschungsinteresse: Wie sieht der Alltag von Personen aus, in deren Leben sich Probleme derart kummuliert haben, dass ihnen die Fähigkeit zur Lebensbewältigung verloren gegangen ist? Wie erleben die Betroffenen ihr tagtägliches Leben und die eigene Handlungsineffizienz? Wird diese überhaupt als solche wahrgenommen? Oder was wird in welcher Form als nicht mehr handhabbar erlebt? Welche Problemverstrickungen können überhaupt dazu führen, dass letztlich eine (stationäre) Therapie notwendig ist? Welche Bedeutung kommt der Therapie, bzw. den therapeutischen Inhalten aus Sicht der Betroffenen zu? Inwiefern kann der Aufenthalt in der Klinik zu einem biographischen Wendepunkt werden? Und schließlich: Welche Rolle spielt die psychische Erkrankung: Wodurch kann eine Depression verursacht sein und wie schlägt sie sich im Leben und Erleben der Betroffenen nieder? Derartige und ähnliche Fragen drängten sich mir mehr und mehr auf. Sicher fanden diese Fragen immer wieder Beantwortung während meines Beiwohnens an den verschiedenen Therapiestunden und der Visite, wie auch durch Berichte des Klinikpersonals und Gespräche mit den Patienten. Dennoch blickte ich stets auf unvollständige Lebensgeschichten, auf Ausschnitte von Lebensgeschichten, da keinen Patienten betreffend alle meine Fragen beantwortet werden konnten (allein deshalb, weil fast dreißig Patienten auf der Depressionsstation waren, weil Personen entlassen und andere eingewiesen wurden und weil ich unmöglich allen oder überhaupt der Mehrzahl der Therapiestunden beiwohnen konnte). Doch es lag in meinem regen Interesse betreffend möglichst vieler Patienten alle meine Fragen beantwortet zu bekommen. So beschloss ich eine Forschungsarbeit zu entwickeln.

Dieses Interesse war auch mehr und mehr davon geleitet, Leser für die Lebenssituation von Personen, die von einer depressiven Erkrankungen betroffen sind, zu sensibilisieren, was der Erfahrung entsprangt, dass die Personen, die ich in der Klinik kennen lernte, häufig über das Unverständnis, die Vorurteile, die Stigmatisierungen und Ausgrenzungspraktiken ihrer sozialen Umwelt und einhergehenden Beeinträchtigungen, meist verursacht durch Scham, im sozialen Leben klagten. Um einmal ein Zitat (das aus einer Aufzeichnung eines Patientengespräches von Dr. Axel Cicha stammt) für das immer noch weit reichende Unverständnis unserer Gesellschaft zu liefern: „Wenn man ein körperliches Wehwehchen hat, wird man gleich von allen Seiten verhätschelt. Wenn man ein seelisches Problem hat, dann kriegt man „den Vogel gezeigt“. (CICHA ’03; S. 7) Doch ebenso entstand dieses Ziel der „Aufklärung“ dadurch, weil ich in der Klinik die Erfahrung machte, dass Betroffene selbst häufig nicht erkennen, was mit ihnen „los ist“ und eben genauso sehr unter ihrem eigenen Unwissenheit leiden, wie unter den Symptomen der depressiven Erkrankung.

Um nun wieder zum Forschungsprozess überzugehen, komme ich dazu, welches Forschungsdesign ich entwickelte: Meine Absicht war es nicht den Informanten die Fragen zu stellen, die mich beschäftigten, sondern es ging mir darum Lebensgeschichten in Erfahrung zu bringen und diese dann dahingehend zu untersuchen, ob sich meine Fragen beantworten lassen, oder ob sich vielleicht ganz neue Themen und Fragen auftun. Es ging mir also nicht darum Hypothesen aufzustellen und diese am Material zu überprüfen, sondern das Datenmaterial sollte gerade Erkenntnisse hervorbringen. So sollte die Forschungsfrage nicht nur für die Informanten möglichst offen gehalten werden, sondern auch für mich als Forscher und damit gegenüber dem betrachteten Forschungsbereich. Daher entschied ich mich für die Erhebung von Datenmaterial die Technik des autobiographisch-narrativen Interviews zu nutzen (zu theoretischen Überlegungen zu dieser Technik siehe 2., S. 23 - 28), um so den Informanten die Ausgestaltung ihrer Erzählung ohne thematische Fokussierungen meinerseits zu überlassen und gleichzeitig die soziale Wirklichkeit aus Sicht der Betroffenen zu erfassen.

Da es im Rahmen der angedachten Arbeit jedoch unmöglich sein würde theoretische Repräsentativität im Sinne einer theoretischen Sättigung[2] zu gewährleisten, also möglichst alle Variationen von lebensgeschichtlichen Prozessen im Hinblick auf meine Fragestellungen und damit ein möglichst breites Spektrum an biographischen Abläufen zu erfassen, verfolgte ich die Absicht durch meine Forschungsarbeit typische Strukturen des Handelns und Erleidens innerhalb von Biographien mit der (zum Zeitpunkt meiner Praktikumsanstellung) aktuellen „Endstation“ psychiatrische Klinik aufzudecken. Nun kann zunächst die Frage aufgeworfen werden, was ich als typisch, jedoch nicht als repräsentativ erachte: Ich verwende den Begriff „typisch“ hier für Muster des Handelns, Erlebens und der Wahrnehmung, sowie für biographische Prozessstrukturen, die trotz der Individualität der Lebensgeschichten in verschiedenen Biographien (mit verschiedenen, ähnlichen oder auch gleichen Ausgangslagen) im Hinblick auf einen erlittenen Orientierungszusammenbruch und zwar im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung, bzw. der Entwicklung einer solchen, in Erscheinung treten – dies ohne jedoch den Anspruch zu erheben auf außerhalb der erfassten Lebensgeschichten liegende „Fälle“ generalisieren zu können, aber zumindest mehrfach auftretende Muster und Strukturen innerhalb der untersuchten Biographien als „typische“ verstehen zu lassen. So beschloss ich drei bis fünf narrative Interviews zu erheben (je nachdem, wie viele angesprochene Personen sich zu einem Interview bereit erklären würden, was dann schließlich auf vier Personen zutraf), eines dieser Interviews in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen, dieses also ausführlich (in allen Arbeitsschritten, siehe dazu 2.2.2 Schritte der Textanalyse, S. 28ff) auszuwerten und die weiteren Interviews diesem in Form von zusammenfassenden Beschreibungen und ausschnitthaften Exempeln vergleichend gegenüberzustellen. Die komparative Analyse sollte sich dabei jedoch nicht derart im Sinne einer „Grounded Theory“ (GLASER/STRAUSS) vollziehen, dass ich über theoretisches Sampling, also durch ständiges Erheben neuen Materials während des Forschungsprozesses, zu theoretischer Sättigung gelangen würde (wie bereits angemerkt, hätte dies den Rahmen der angedachten Arbeit gesprengt[3] ), dennoch sollten durch Vergleiche der drei bis fünf Interviews wesentliche Ähnlichkeiten der Biographien, bzw. der biographischen Prozesse (minimaler Vergleich), sowie bedeutsame Verschiedenheiten (maximaler Vergleich[4] ), so nahm ich an, herausgearbeitet werden können. Das heißt, dass es mir nicht nur darum ging typische Muster und Strukturen innerhalb der erfassten Lebensgeschichten im Hinblick auf meine Fragestellungen herauszuarbeiten, sondern auch darum den sozialen Phänomenbereich in seinen unterschiedlichen Ausprägungen zu erfassen und damit ebenso die Individualität der Biographien hervorzuheben – doch eben nicht derart im Sinne einer „Grounded Theory“, dass es mein Ziel war zu verallgemeinerbaren und generalisierbaren kategorischen Konzeptionen zu gelangen. Der angedachte Rahmen meiner Arbeit schloss also von vorn herein nicht die Absicht ein eine soziologische Theorie zu entwerfen, die eine Anleitung zur Untersuchung eines bestimmten sozialen Phänomens darstellt, Vorhersagen liefert und sich damit für Praxisfelder als brauchbar erweist, sondern es ging mir darum einen Einblick in Biographien psychiatrischer Patienten zu gewinnen, die biographisch relevanten Umstände, insbesondere Erleidensprozesse, die sie überhaupt zu psychiatrischen Patienten werden ließen, zu erfassen und Erfahrungen der Destabilisierung und Restabilisierung der Lebenssituation aus der subjektiven Sichtweise der Betroffenen zu erfassen, um so darauf zu blicken, was dem Leben von Personen, die von einer Depression betroffen sind, gemein sein kann und inwiefern die Erfahrungen unterschiedlicher Natur sein können.

Um den Phänomenbereich des Lebens und des Umgang mit einer psychischen Krankheit – in diesem Fall mit einer Depression – in (in Bezug auf den Rahmen dieser Arbeit) dennoch möglichst weitläufigen Ausprägungen zu erfassen, war es mein Vorhaben, trotz der verhältnismäßig geringen Anzahl an zu erhebenden Interviews, ein breiteres Spektrum an (depressiven) Krankheitsbildern, als lediglich das der „klassischen Depression“ festzuhalten: Ausgehend von der Annahme, dass Personen, denen erst kürzlich die Diagnose Depression gestellt wurde, anders auf ihr Leben zurückblicken, als Personen, in deren Leben die Diagnose bereits lange Zeit zurückliegt, war es mir wichtig zum einen jemanden für ein Interview zu gewinnen, der erst seit kurzer Zeit damit konfrontiert war, an einer Depression erkrankt zu sein und zum anderen jemanden für ein Interview zu gewinnen, in dessen Leben die Depression als integrativer Bestandteil zum Tragen kam. Letzteres bezieht sich darauf, dass bei der Mehrzahl der Betroffenen (55 bis 65 Prozent) nach dem Abklingen einer depressiven Phase im Laufe ihres Lebens weitere depressive Phasen (wenn auch unter Remission der depressiven Symptomatik) auftreten, was als rezidivierende Depression bezeichnet wird. Des Weiteren kann es auch zu einem chronischen Verlauf der depressiven Erkrankung kommen (was bei circa 20 Prozent der Betroffenen der Fall ist). (RUDOLF u.a. ’06; S. B1508) Zusätzlich zu depressiven Phasen können im Langzeitverlauf auch manische Phasen („Hochstimmungen“ im deutlichen Gegensatz zu den „Tiefstimmungen“ der depressiven Phasen) auftreten, was als biopolare Störung (auch manische Depression) diagnostiziert wird (betreffend dieses Krankheitsbildes vgl. z.B. KRÜGER/BRÄUNIG ’04). So hielt ich es für wichtig auch betreffend dieser Form der Depression ein Interview zu erhalten, um in Erfahrung zu bringen, wie Betroffene unter diesen (krankhaften) Stimmungsschwankungen ihren Alltag erleben, bzw. in welchem Zusammenhang biographische Ausschnitte mit Tief- und Hochphasen stehen. Außerdem ist es, wie bereits angemerkt, häufig der Fall, dass im Zusammenhang mit einer Depression weitere psychische Erkrankungen auftreten (s.o.). Da bestimmte Störungen jedoch eine eigene Therapie verlangen (z.B. Suchterkrankungen oder Essstörungen), hielt ich es für zu komplex derartige Krankheitsbilder mit einzubeziehen – allein deshalb, weil es viele zusätzlich auftretende Störungen gibt, was, um einen Gesamtüberblick zu vermitteln, das Erheben von mindestens zehn Interviews verlangt hätte. Und eben weil diverse „Begleiterkrankungen“ eine eigene Therapie verlangen, war es mir während meiner Arbeit auf der Depressionsstation kaum möglich auch in diese Arbeitsfelder vorzudringen und in Kenntnis von Erfahrungen Betroffener zu gelangen, also Vorerfahrungen zu sammeln. Bei den Patienten auf der Depressionsstation wurden jedoch häufig Angst- und Zwangsstörungen diagnostiziert (und im Rahmen der Verhaltenstherapie behandelt). Nicht nur aufgrund der Häufigkeit der Diagnose dieser Störungen, sondern auch gerade deshalb weil Ängste (z.B. Agoraphobie (Angst beim Überschreiten freier Plätze), Klaustrophobie (Angst bei Aufenthalt in geschlossenen Räumen)) und Zwangshandlungen (z.B. Waschzwang, Kontrollzwang)[5] die Lebensführung stark beeinflussen und die Lebensqualität beeinträchtigen, war es für mich wichtig auch eine Person mit einer solchen Störung für ein Interview zu gewinnen. Letztlich erklärten sich vier Personen bereit mir ein Interview zu geben: Einer der Informanten litt an einer rezidivierenden Depression, einer an einer bipolaren Störung und während die Diagnose bei diesen beiden Personen bereits lange Zeit zurücklag, so wurde bei den zwei weiteren Informanten erst kürzlich eine Depression diagnostiziert und bei einem dieser beiden Informanten zusätzlich eine stark ausgeprägte Angst- und Zwangsstörung. (Eine weitere Person, die an einer chronischen Depression litt, konnte ich nicht für ein Interview gewinnen.) Im Vordergrund meiner Arbeit sollte das Interview mit Frau Bräuer stehen[6], die sich zum Zeitpunkt meines sich entwickelnden Forschungsinteresses erstmalig in Therapie befand, die also zu den Informanten gehörte, denen erst kürzlich eine Diagnose gestellt wurde. Die Entscheidung dieses Interview als „Hauptfall“ zu analysieren ergab sich während der Transkription der Interviews, da mir dieses Interview als besonders reichhaltig erschien, was biographische Erleidensprozesse, den Verlust der Fähigkeit zum Alltagsmanagement und das Intervenieren zur Restabilisierung der Lebenssituation seit Beginn der Therapie, also die biographische Relevanz des Klinikaufenthaltes betrifft. Im Laufe der Analyse des Datenmaterials, welches das Interview mit Frau Bräuer lieferte, wandelten sich meine Forschungsabsichten jedoch – ich möchte sagen – grundlegend, da sich herausstellte, dass Frau Bräuers Erzählung, bzw. ihre Lebensgeschichte nicht nur besonders reichhaltig zu sein schien, sondern die Informationen erwiesen sich als derart ergiebig, dass sich mein Forschungsinteresse unumgänglich dahingehend veränderte, eine ausführliche und präzise Einzelfallstudie zu erarbeiten. Frau Bräuer blickte auf derart viele und komplexe problematische biographische Inhalte zurück, wobei sich die Komplexität der verschiedenen Problematiken gerade erst bei der inhaltlichen Beschreibung und Analyse des Interviews herauskristallisierte, dass es mir unabkömmlich erschien schließlich meine gesamte Arbeit auf die Erzählung von Frau Bräuer zu konzentrieren, um ihre Lebensgeschichte (zumindest soweit Informationen gegeben sind) in allen Einzelheiten und Zusammenhängen zu durchblicken und einer weiteren Analyse, sowie dem Leser zugänglich zu machen. Was während der inhaltlichen Beschreibung und Analyse von Frau Bräuers Erzählung aus meiner Sicht als Soziologin mit einem bestimmten Forschungsinteresse besonders hervorstechend war, war zum einen der Erleidensprozess mit deutlicher Verlaufskurvenstruktur (zum Konzept der Verlaufskurve siehe 2.3, S. 32ff), den Frau Bräuer durchlebt hatte, der sowohl durch dramatische Zustandsveränderungen der Lebenssituation, als auch durch eine sich mehr und mehr ausprägende Depression gekennzeichnet war und der der über viele Jahre hinweg zu einem Verlust jeglicher Fähigkeit zum Alltagsmanagement und den totalen Zusammenbruch jeglicher physischer, psychischer und emotionaler Ressourcen führte. Und zum anderen war für mich hervorstechend, in welcher Art und Weise sich Frau Bräuers Erzählung gestaltete: Frau Bräuer war erst kürzlich in Kenntnis gesetzt wurden an einer psychischen Krankheit, an einer Depression zu leiden und erst seit Beginn der Therapie begann sie auf ihr Leben zurückzublicken. Es ging daher nicht nur überaus erlebensgetreu und gerade deshalb auch sehr komplex aus ihrer Erzählung hervor, wie Frau Bräuer die soziale Wirklichkeit des Erleidensprozesses erfuhr, sondern auch genauso erlebensgetreu und komplex, wie eine totale Umkrempelung der eigenen erfahrungsgemäßen Sinnwelt und die Haltung zur eigenen Biographie (mit einhergehenden Identitätsfragen) durch die Mitteilung einer Diagnose über eine psychische Erkrankung und die Notwenigkeit des emotionalen und kognitiven Durcharbeitens der eigenen Vergangenheit mit dem Ziel der Restabilisierung der Lebenssituation und der Wiederherstellung von Lebenszufriedenheit, gestürzt werden kann. Die Analyse der Erzählung von Frau Bräuer lieferte somit derart viele Erkenntnisse, bzw. tauchten (unerwarteterweise) derart viele Themen in Frau Bräuers Erzählung auf, die aus meiner Sicht eine weitere analytische Untersuchung verlangten, um nicht nur Frau Bräuers subjektive Erfahrungswelt, sondern auch die objektiven Strukturen ihrer Biographie zu erfassen, dass in dieser Arbeit – ich möchte sagen – einfach kein Platz mehr für die Bearbeitung der ursprünglichen Forschungsabsichten blieb. Man kann nun beanstanden, inwiefern ich denn meinem eigenen Forschungsvorhaben sowohl typische Muster und Strukturen, als auch individuelle Erfahrungswerte und biographische Linien innerhalb biographischer Prozesse, bzw. innerhalb von Biographien aufzudecken, denen gemein ist, dass eine depressive Erkrankung vorliegt, ein Orientierungszusammenbruch erlitten wurde und dies beides zur Folge hatte, dass die Einweisung in eine psychiatrische Klinik erfolgte mit dem Ziel die sich destabilisiert habende Lebenssituation zu restabilisieren, gerecht werden konnte. Wie bereits angemerkt, erwies sich während der Transkription der vier Interviews das Interview mit Frau Bräuer am reichhaltigsten; dies nicht nur deshalb, weil Frau Bräuers Leben besonders erleidensreich war, die Erzählung also besonders vielfältige biographisch relevante Einschnitte aufwies, sondern auch deshalb, weil Prozessstrukturen von biographischer Relevanz, die in Frau Bräuers Erzählung zum Ausdruck kamen, auch vereinzelt und mehrfach in den drei anderen Erzählungen zum Tragen kamen: Dies betraf insbesondere die Form des letztendlichen Orientierungszusammenbruches, das Leben mit den Symptomen der Depression, den Umgang mit der Diagnose und Haltungen zur eigenen Identität und Biographie. Natürlich lagen in den anderen drei Erzählungen andere, oder wenn dann nur ähnliche biographische Ausgangsbedingungen und andere Ereignisverstrickungen vor, die zu einem Orientierungszusammenbruch und der Entwicklung einer psychischen Erkrankung führten. Genauso sehr unterschieden sich Beurteilungen und Deutungen bezüglich gleicher Merkmale innerhalb der biographischen Prozesse (dies betrifft besonders die Personen, die bereits Therapieerfahrung hatten und mit der eigenen Krankheit vertraut waren, aber dennoch auf eine Geschichte des Erst-einmal-vertraut-werden-Müssens zurückblickten). Worauf ich hinaus möchte: Frau Bräuers Erzählung war insofern in keiner Weise als Sonderfall zu betrachten, dass die Erzählung gänzlich andere Erkenntnisse lieferte, als andere Erzählungen, sondern Frau Bräuers Erzählung spiegelte wieder, was auch in anderen Lebensgeschichten präsent war.

Nun ist letztere Feststellung natürlich bedeutungslos und völlig unzureichend, wenn ich keine Vergleiche mit anderen Erzählungen heranziehe. Doch die Erkenntnisleistung der Analyse der Erzählung von Frau Bräuer liegt gerade darin, dass diese Arbeit eine detaillierte und (entsprechend der gegebenen Informationen) ausführliche und vollständige Rekonstruktion der subjektiven und objektiven Wirklichkeiten eines (Jahrzehnte langen) Verlaufskurvenprozesses, der einen Prozess des Erleidens und gleichzeitig einen – lange unerkannt gebliebenen – Krankheitsverlaufskurvenprozess (in Spezifik der depressiven Störung) darstellt und die bedeutsame Tragweite der Verarbeitung, Kontrolle und Behebung eines solchen Verlaufskurvenprozesses in dazugehörigen Anstrengungen liefert. Die individuelle Lebensgeschichte von Frau Bräuer, bzw. die Analyse dieser Erzählung steht somit als Exempel dafür, unter welchen biographischen Bedingungen eine Depression entstehen kann, wie sich das Leben mit der Symptomatik gestalten kann, mit welchen biographischen Konsequenzen die Diagnose und einhergehende fremdartige Deutungen der eigenen Vergangenheit verbunden sein können und wie sich das Erleben einer therapeutischen Behandlung gestalten kann.

Es sollte also schließlich nicht länger der Anspruch sein Vergleiche zu anderen Lebensgeschichten zu ziehen und (außerhalb klinischer Diagnostik liegende) Typiken aufzudecken. Natürlich läge dies auch weiterhin in meinen Interesse und es gab während des Forschungsprozesses auch Versuche die drei weiteren erhobenen Interviews in diese Arbeit zu integrieren, doch ohne eine übersichtliche zusammenfassende Beschreibung der weiteren Lebensgeschichten, was schließlich den Rahmen der Arbeit gesprengt hätte, hätten Aussagen nur losgelöst von der Individualität der Lebensgeschichten, oder überhaupt von den Lebensgeschichten getroffen werden können, was wiederum nicht besonders fundiert und erkenntnisreich gewesen wäre und keineswegs in meinem Interesse lag. Darüber hinaus hegte ich zwischenzeitig auch die Idee ungefähr ein Jahr nach dem Interview Frau Bräuer um ein Weiteres zu bitten, um zu ergründen, ob und, wenn ja, inwiefern sich ihre Haltung zur eigenen Biographie nach den ersten „Schockerfahrungen“ verändert hatten, dies schien sich mir dann jedoch in der Umsetzung etwas schwierig zu gestalten, da ich keine Kontaktdaten von Frau Bräuer besaß. Es sei in diesem Zusammenhang also vermerkt, dass das von mir untersuchte Feld (Lebensgeschichten psychiatrischer Patienten mit einer Depression und u.U. weiteren psychischen Störungen) reichhaltiges Datenmaterial liefert, dass es überhaupt gilt in diesem Feld weitere Forschungen anzustellen und sich diesem wichtigen Thema unserer sozialen Welt weiterhin zu widmen.

1.3 Stand der Forschung im untersuchten Feld

Um an dieser Stelle noch einen theoretischen, empirisch fundierten Einblick betreffend bisheriger Studien im untersuchten Feld zu liefern, sei auf RIEMANN (’87) verwiesen: Riemann untersucht in einer empirischen Studie Lebensgeschichten psychiatrischer Patienten und entwirft anhand narrativer Interviews und anhand vergleichender Analysen der Einzelfallstudien prozessstrukturelle Kategorien. Riemann erhob dazu dreiunddreißig autobiographisch-narrative Interviews und unterzieht in seiner Arbeit zwei dieser Interviews einer ausführlichen strukturellen Beschreibung und abstrahierenden Analyse.

Riemanns Untersuchung erhebt den Anspruch lebengeschichtliche Ablaufstrukturen, insbesondere Leidensprozesse psychiatrischer Patienten zu rekonstruieren (ohne dabei die Berechtigung psychiatrischer Perspektiven und Klassifikationen in Frage zu stellen, aber analytisch dennoch auf bewusster Distanz zu diesen zu bleiben); sie erhebt den Anspruch die Wirklichkeitsbereiche der Betroffenen zu erfassen und den Leser für diese und für ein Verständnis der Leidenserfahrung der Biographieträger zu sensibilisieren. Es geht Riemann also nicht darum die „Naturgeschichte“ einer (psychischen) Krankheit, wie er es nennt, zu erfassen, sondern darum die subjektiven Wirklichkeiten der Biographieträger betreffend ihrer Lebensgeschichte in Erfahrung zu bringen.

Im Mittelpunkt der Arbeit stehen zum einen die Beschäftigung mit den Verlaufskurven der psychiatrischen Patienten und zum anderen die Identifizierung (von verschiedenen Formen) der Haltung zur eigenen Biographie im Sinne von Verlusterfahrungen in der Beziehung zur eigenen Biographie (bzw. Erfahrungen des Wiedergewinnens und Absicherns einer solchen Beziehung) – also die Beschäftigung mit Identitätsfragen und -wandlungen. Besonderes Augenmerk legt Riemann dabei auf die Ausarbeitung der Aufschichtung von Verlaufskurvenpotentialen (insbesondere im Hinblick auf Prozesse innerhalb des Familiensystems), auf unterschiedliche Verlaufskurventransformationen, auf Prozesse des „Sich-selbst-gegenüber-fremd-Werdens“ und der dramatischen Veränderung des Erlebnisstils, auf Formen von Orientierungszusammenbrüchen und des Verlusts der Manövrierfähigkeit und auf Formen der Balancierung des Alltags, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Betroffenen sich in der Verlaufskurvendynamik einrichten, statt handlungsschematische Befreiungs- und Kontrollstrategien zu entwickeln.

Des Weiteren widmet sich Riemanns Arbeit radikalen Transformation der subjektiven Wirklichkeit im Zusammenhang mit der Konfrontation mit mächtigen neuen Identitäts- und Wirklichkeitsbestimmungen im Laufe der psychiatrischen Prozessierung und dem komplizierten Verlauf des Umgangs mit professionellen Theoriebeständen, wobei lebensgeschichtliche Voraussetzungen und Folgen für den Biographieträger im Blick bleiben. Im Zuge dieser Ausarbeitungen widmet sich Riemann auch mehrfach der Rolle und der Signifikanz Professioneller, bzw. der Beziehung und der Interaktion, wie auch der Gefährdung dieser zwischen Betroffenen und Professionellen.[7]

1.4 Durchführung der Interviews

1.4.1 Vorüberlegungen und Entscheidungen betreffend der Informantengewinnung

Auf der Depressionsstation der Klinik, in der ich tätig war, gibt es Betten für knapp dreißig Patienten, welche die meiste Zeit alle belegt waren. Innerhalb meines dreimonatigen Praktikums wechselten die Patienten häufig. Ich lernte so viele von der Krankheit Depression betroffene Personen kennen – manche besser und manche weniger gut. Durch meine Teilnahme an dem Therapieprogramm der Klinik erfuhr ich viel über die Lebensgeschichten mehrerer Personen, jedoch immer nur bruchstückhaft, also lückenhaft und damit zum Teil zusammenhangslos (da ich niemanden in all seinen Therapiestunden „begleitete“). Es bestand natürlich die Möglichkeit in den Akten Zusammenhänge nachzulesen, bzw. diese durch Gespräche mit dem Klinikpersonal in Erfahrung zu bringen, doch es war selten möglich diese im direkten Gespräch mit der jeweiligen Person herauszufinden. Über mehrere Personen, die an Therapiestunden teilnahmen, die parallel zu denen verliefen, denen ich beiwohnte, war mir jedoch nur weniges bekannt; der Kontakt beschränkte sich teilweise nur auf die Visite. Nichtsdestotrotz regten auch diese wenigen Informationen bestimmte Personen betreffend mein Interesse an deren Lebensgeschichte an. So richtete sich mein Interesse auf eine Vielzahl von Lebensgeschichten: Dies betraf mehrere Personen, über die ich nur wenig wusste, aber gern mehr erfahren wollte und dies betraf Personen, von deren Leben ich schon viel erfahren hatte. Natürlich konnte ich nicht all diese Personen um ein Interview bitten – allein schon, weil der Arbeitsaufwand zu beträchtlich gewesen wäre und die Menge an Daten nur völlig unzureichend im Rahmen dieser Arbeit hätte ausgewertet werden können. So orientierte ich mich an folgenden Kriterien, um mich zu entscheiden, wen ich darum bitten würde mir seine Lebensgeschichte zu erzählen: Grundsätzlich musste eine Sympathiebasis zwischen den potentiellen Informanten und mir existieren, um überhaupt weitere Kriterien in Betracht zu ziehen. (Es hätte also keinen Sinn gemacht jemanden um ein Interview zu bitten, der mich mied oder den ich mied.) War diese Voraussetzung gegeben, so standen folgende Überlegungen an: Zunächst erst einmal mussten die potentiellen Informanten genügend Vertrauen zu mir haben, mir detailliert von ihrem Leben zu berichten. Genauso sehr mussten sie dazu gewillt und motiviert sein; sie mussten also einen Sinn darin sehen, mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Des Weiteren mussten die potentiellen Informanten gesprächig sein – es wäre also unzweckmäßig gewesen jemanden um ein Interview zu bitten, der generell verschwiegen war und dem es schwer fiel über sich selbst zu reden. Vielmehr mussten die potentiellen Informanten mir gegenüber gesprächig und dementsprechend offen sein. Es wäre also genauso unzweckmäßig gewesen jemanden um ein Interview zu bitten, der zwar offen über sich sprechen kann, aber nicht mit mir offen über sich sprach, der also mir gegenüber zurückhaltend war. Weiterhin mussten die potentiellen Informanten überhaupt auch kompetent und in der Lage, also in der psychischen Verfassung sein, ihr Leben verbal zu rekonstruieren. Und letztlich musste ich davon ausgehen können, dass die potentiellen Informanten eine realitätsgebundene und umfassende, möglichst lückenlose Darstellung abliefern würden. (Das heißt, es gab Personen, die immer wieder in Wahnvorstellungen oder in narzisstische Fokussierungen der eigenen Person verfielen oder die sich prinzipiell auf bestimmte problematische Themen versteiften. Es wäre also davon auszugehen gewesen, dass diese Personen zu irrealen Darstellungen neigen oder das ausgehandelte Erzählschema der Rekonstruktion der Lebensgeschichte abbrechen würden und der Narrativitätsgrad der Erzählungen somit stark absinken würde, was die Analyse unnötig verkomplizieren würde.) So fiel bereits ein Großteil der Personen, deren Lebensgeschichte mich ansprach, aus meiner

„Auswahl“ heraus, da nur wenige all diese von mir aufgestellten Bedingungen erfüllten. Einerseits hatte ich so den Vorteil nicht überlegen zu müssen, welche Lebensgeschichten am interessantesten für mich und am reichhaltigsten für das Forschungsinteresse sein könnten und damit – wenn auch nur in meinen Gedanken – bestimmte Lebensgeschichten in ihrer Bedeutsamkeit herabzusetzen. Doch anderseits brachten die Auswahlkriterien, bzw. die Gegebenheiten, an denen sie orientiert waren, den Nachteil mit sich, dass mir zu bestimmten Lebensgeschichten, die ich gern in Erfahrung gebracht hätte, der Zugang versperrt blieb.

Frau Bräuer lernte ich ca. vier Wochen vor Beendigung meines Arbeitsverhältnisses kennen. Sie wurde mit der Diagnose Depression eingewiesen und befand sich erstmalig in Therapie.

Innerhalb des Therapieprogramms hatte ich nur wenig Kontakt zu ihr. Informationen waren mir hauptsächlich durch die Visite, der ich häufig beiwohnte, bekannt, sowie aus schriftlichen Dokumentationen und Teambesprechungen. Ich konnte nur in wenigen ihrer Therapiestunden anwesend sein; in diesen vermittelte sie den Eindruck einer sehr verschlossenen und in sich gekehrten Person. Ich hatte Frau Bräuer allerdings anders kennen gelernt: Ich führte bei ihrer Einweisung das Anamnesegespräch mit ihr, das sich über einen verhältnismäßig langen Zeitraum erstreckte und in dem Frau Bräuer sehr viel über sich und ihr Leben berichtete. Die Anamnese gestaltete sich damit bereits tiefgründiger, als sie es eigentlich sein sollte. Ich erlebte Frau Bräuer als redselig und offen. Offenbar fasste sie zu mir sofort Vertrauen. Darüber hinaus berichtete sie von den verschiedensten Phasen ihres Lebens, über die verschiedensten Problemlagen und erschütternden Erfahrungen, dass für mich sofort feststand, dass ich „alles“ über ihr Leben und ihre Person erfahren wollte. Dies gestaltete sich innerhalb ihrer Therapie, wie bereits angemerkt, sehr schwierig. So entschloss ich mich Frau Bräuer um ein Interview zu bitten. Dem stimmte sie auch sofort ohne großartige Nachfragen zu. Frau Bräuer selbst fragte dann später auch noch einmal nach, ob es bei dem Termin bleibe. In die Bitte um ein Interview floss jedoch noch eine weitere Motivation meinerseits mit ein: Frau Bräuer äußerte des Öfteren (so hatte ich es selbst mitbekommen und so ging es aus den Aufzeichnungen des Klinikpersonals hervor), dass es ihr schwer falle über sich zu sprechen, über sich nachzudenken, an sich zu arbeiten, sich die Krankheit einzugestehen und an Besserung ihres Lebens zu glauben. So war ich der Ansicht, dass es Frau Bräuer ebenso (wie mir) weiterhelfen könnte einmal in Ruhe und umfassend auf ihr Leben zurückzublicken und ihre Erfahrungen in Worte zu fassen. Gewissermaßen sollte Frau Bräuer also nicht nur mir einen Gefallen tun, sondern auch sich selbst, um so möglicherweise ihre Hemmungen abzubauen. (Ob dies nun der Fall war, kann ich leider nicht beurteilen, da das Interview stattfand, als ich nicht mehr in der Klinik angestellt war; s.u.). Ich muss also einräumen, dass ich bei der Bitte um ein Interview nicht nur durch mein Interesse als Sozialforscher geleitet war, sondern dass ich ein Stück weit auch den Anspruch an das Interview stellte, dass Frau Bräuer durch den Vorgang des Erzählens möglicherweise in eine neue Beziehung zur eigenen Biographie treten könnte[8].

1.4.2 Vorgespräch und Verlauf des Interviews

Nachdem ich mich entschieden hatte, wen ich um ein Interview bitten möchte, wartete ich einen passenden Moment ab, um mit den potentiellen Informanten unter vier Augen sprechen zu können und mein Anliegen zu unterbreiten – das heißt, die Personen, die ich um ein Interview bitten wollte, befanden sich immer noch in der Klinik. Die betreffenden Personen kannten mich, wussten, dass ich Studentin bin und als Praktikantin angestellt war. Es war also nicht von Nöten mich vorzustellen. Ich berief mich also auf das Vorwissen der potentiellen Informanten und erzählte zunächst erst einmal von meinem Studium (von meiner Fächerkombination, in welchen Semester ich war, dass der Studienabschluss bevorstehen würde u.ä.) und wie ich zu dem Praktikum gekommen war (dass ich Praxiserfahrung sammeln wollte, einen Einblick in das Arbeitsfeld der Psychiatrie gewinnen wollte u.ä.). Ich stellte dar, dass ich nach Beendigung des Praktikums meine Abschlussarbeit im Fach Soziologie schreiben wollen würde und dass es mir in dieser Arbeit darum gehen würde Lebensläufe zu erfassen und dahingehend zu untersuchen, welche biographische Relevanz eine psychische Erkrankung einnehmen kann. Ich brachte deutlich zum Ausdruck, dass es mir nicht um die Krankengeschichte des Angesprochenen gehen würde, sondern darum sein/ihr Leben in seiner Ganzheit zu verstehen, dass ich eben während meiner Arbeit als Praktikant bereits über einige oder viele Informationen verfügen, jedoch aus einem persönlichen Interesse heraus gern einen tieferen Einblick gewinnen würde, um darauf eine Forschungsarbeit aufzubauen. Nicht nur einmal bekam ich so die Rückfrage: „Und warum gerade ich?“ Nach dem nochmaligen Bekunden, dass ich in erster Linie ein besonderes Interesse an der Geschichte des jeweils Angesprochenen hegen würde, machte ich dann keinen Hehl daraus auf meine Auswahlkriterien einzugehen – dies in angemessener Form. Damit meine ich, dass ich darüber aufklärte, dass ich den jeweils Angesprochenen als gesprächig und offen erlebte, dass ich ihn vor allem auch in meiner Gegenwart als offen erlebte und dass ich von ihm annahm, dass er in der Lage war seine Lebensgeschichte gut verbal rekonstruieren zu können. Reagierten die potentiellen Informanten dann in zustimmender Art und Weise, bzw. signalisierten mir, dass sie gern mehr erfahren würden[9], erläuterte ich unter welchen Bedingungen das Interview stattfinden sollen würde und wie der vermeintliche Verlauf aussehen würde: Ich wies darauf hin, dass ich noch circa ein bis zwei Wochen (dies variierte entsprechend demnach, wann ich die jeweilige Person ansprach) in der Klinik angestellt sein würde und erst nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses das Interview durchführen wollen würde. Ich sicherte also zu, dass die Informationen, die ich erhalten würde nur für meine Arbeit genutzt werden würden, dass diese nicht für das Klinikpersonal zugänglich sein würden. Es ging mir also auch noch einmal darum, dass mein Anliegen nicht als der Teil der Therapie verstanden wurde. (Wobei die angesprochenen Personen teilweise nichts dagegen einzuwenden gehabt hätten, bzw. es sogar befürworteten die Interviews auch dem Klinikpersonal zur Verfügung zu stellen. Dies unterließ ich allerdings.) Ich informierte dann weiter darüber, dass das Interview auf Tonband aufgezeichnet werden müsste, um dann eine genaue Transkription vornehmen zu können (zum Teil, der empfundenen Notwenigkeit nach, erklärte ich auch den Zweck, bzw. die Notwenigkeit eines Transkriptes) und versicherte, dass Namen, Ortsangaben, Firmen usw. maskiert werden würden, dass die Befragten also anonym bleiben würden. Da sich alle potentiellen Informanten noch in der Klinik befanden, nachdem ich mein Praktikum beendet hatte, bot es sich an das Interview in der Klinik durchzuführen. Ich hatte mit dem Personal abgesprochen, dass mir ein Raum zur Verfügung stehen würde, in dem ich ungestört das Interview durchführen können würde. (Man kam mir in der Klinik sehr entgegen und unterstützte und befürwortete mein Forschungsinteresse.) Ich setzte die potentiellen Informanten über die verfügbaren Räumlichkeiten in Kenntnis und fragte danach, ob sie mit diesen einverstanden wären. Es gab dies bezüglich keine Probleme. Des Weiteren erläuterte ich, wie ich mir den Ablauf des Interviews vorstellte, dass ich zu Beginn noch einmal formulieren würde, worum es mir ging, dass der Befragte dann nach eigenem Ermessen erzählen können würde (dass es also auch keinen festgelegten Zeitrahmen geben würde) und dass ich ihn dabei nicht unterbrechen würde, mir jedoch nebenbei eventuelle Notizen machen würde, um später möglicherweise Nachfragen zu stellen. Es ergab sich jeweils recht schnell eine Übereinkunft, teilweise gaben die angesprochenen Personen bereits ihr Ereinverständnis, bevor ich überhaupt alle Informationen anbringen konnte und wirkten zum Teil regelrecht erfreut, dass ich sie (überhaupt oder gerade sie) um ein Interview bat.[10] So wurde dann ein Termin vereinbart, was sich allerdings aufgrund des Therapieplans nicht gerade einfach gestaltete. Letztlich konnte sich jedoch für jedes Interview, dessen Dauer sich dann auf eine dreiviertel Stunde bis zwei Stunden belief, ein passender Termin finden lassen. Vor dem Interview verlief es dann jeweils so, dass ich ungefähr eine halbe Stunde früher in die Klinik kam, ich den jeweiligen Informanten darüber in Kenntnis setzte, wo sie mich finden und dass ich bis zu ihrem Eintreffen alles vorbereiten würde. Zunächst wurde dann etwas small talk geführt: Ich erkundigte mich nach dem Befinden der Informanten und man erkundigte sich nach meinem Befinden; es wurden je nach Interaktionsbeziehung allgemeine, wie auch mehr oder weniger private Themen angesprochen. Hielt ich es dann für angemessen mit dem Interview zu beginnen, schaltete ich das Aufnahmegerät ein (fragte vorher nach, ob dies recht sein würde), erläuterte noch einmal mein Forschungsinteresse und wie ich mich als Zuhörer verhalten würde (s.o.), dass es also nicht um die Beantwortung von Fragen meinerseits, sondern um die frei gewählte Darstellung der Lebensgeschichte, ohne Relevanzsetzungen meinerseits gehen würde. Meine abschließende Erzählaufforderung lautete dann ungefähr folgendermaßen (meist etwas alltagssprachlicher): „Ich würde sie dann nun darum bitten mit ihrer Erzählung zu beginnen. Wählen sie selbst einen Anfangspunkt und lassen sie auch bitte nichts, worüber ich bereits ein Vorwissen habe, aus. Für mich ist alles, was sie erzählen und was zu ihrer Lebensgeschichte gehört, interessant.“ Da das Tonband schon eine Weile lief, irritierte es auch keinen der Informanten nun auf Band zu sprechen. Der Einsteig in die Erzählung gestaltete sich zwar teilweise etwas holprig, doch es wurde alsbald ein Erzählfaden gefunden; keiner der Informanten wirkte angespannt oder sich unwohl fühlend in seiner Rolle als Erzähler. Signalisierte der Befragte mir dann, dass er mit seiner Erzählung am Ende angelangt war, bedankte ich mich zunächst für seine Erzählung und bat dann darum noch einige Nachfragen stellen zu können – dies war bei jedem der Interviews der Fall. Teilweise entwickelte sich so ein Frage-Antwort-Gespräch und teilweise knüpfte eine weitere Erzählung an. Es war dann „irgendwann“ festzustellen, dass es für die Befragten nichts mehr zu erzählen gab, bzw. dass ihre Konzentration nachließ. Das Interview war dann somit beendet und ich schaltete das Aufnahmegerät ab. Für den Fall eventueller weiterer Nachfragen hinterließen mir alle Informanten bereitwillig ihre Telefonnummer oder ihre E- Mail Adresse und baten teilweise auch um meine Telefonnummer, bzw. bot ich diese an für eventuelle Rückfragen ihrerseits. So ging das Gespräch wieder in small talk über, man verabschiedete sich schließlich, wünschte sich alles Gute und ging dann auseinander.

Das Interview mit Frau Bräuer verlief nicht in herkömmlicher und angenommener Weise. Wie bereits angegeben, erklärte sich Frau Bräuer sofort, also bereits nach ersten einleitenden Worten meinerseits, bereit, mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Alles, was ich noch weiter anführte, war ihr recht und sie stellte keine Fragen. Ich ging davon aus, dass von ihr alles klar verstanden worden war und resümierte für mich, dass das Vorgespräch eben optimal verlaufen wäre. Als wir uns dann zum Interview trafen, wirkte sie jedoch etwas verunsichert.

Sie brachte mir einen schriftlichen tabellarischen Lebenslauf mit, der einem Bewerbungsbogen glich. Ich bedankte mich dafür, aber es irritierte Frau Bräuer doch sichtlich, dass ich irritiert war, als sie mir diesen Zettel in die Hand gab. Ich erklärte Frau Bräuer also noch einmal, worum es mir ging, was ihr dann auch verständlich war. Jedoch zweifelte sie dann zunächst an sich selbst, bzw. an der Relevanz ihrer zu erzählenden Geschichte: Sie merkte an, dass es ja eigentlich nicht viel von ihrem Leben zu erzählen gäbe und dass sie nicht so recht wüsste, wie sie beginnen sollte. Ich bot an sie in ihrer Erzählung zu unterstützen, wenn sie nicht weiter wüsste. Dieses Angebot war ihr sehr willkommen und sie begann mit ihrer Erzählung. Das Interview verlief dann allerdings in der Tat derart, dass ich mich immer wieder einbrachte. Der Verlauf des Interviews fiel dann somit nicht so aus, wie ein narratives Interview eben ablaufen sollte (siehe dazu 2.2.1, S. 26ff): Teilweise entwickelte sich das Interview zu einem Gespräch, bzw. zu einem Frage-Antwort-Interview, wobei meine Redebeiträge im Verhältnis zu denen von Frau Bräuer, wesentlicher knapper ausfielen, da dies Nachfragen, sowie unterstützende Einwände waren, (zweiteres) bzw. sein sollten. Es ist zu begründen, warum das Interview derart verlief: Besonders in der Anfangsphase ihrer Erzählung fiel es Frau Bräuer schwer eine Struktur in ihre Darstellung zu bringen; mehrfach signalisierte sie mir, dass ihr eine Redeübergabe recht wäre, bzw. machte sie lange Pausen und deutete mit Blicken an, dass sie gerne eine Bekräftigung erfahren würde, wie sie fortfahren sollte. Ich hatte mir im Vorab natürlich kein Konzept im Kopf zurechtgelegt, welche Fragen zu stellen sein könnten, so versuchte ich möglichst an Frau Bräuers Themen anzuknüpfen und sie zu jeweils einer detaillierteren Darstellung anzuregen, bzw. sie wieder auf ihren Erzählfaden zurückzubringen, sowie den Erzählfluss und Frau Bräuers Gefühl doch vieles erzählen zu haben durch Nachfragen zu bestärken. Ich behielt dieses Muster bei, brachte mich also häufig ein – was im narrativen Interview natürlich nicht der Fall sein sollte, da ich somit thematische Relevanzen setzte, was sich jedoch einfach aus dem Interaktionsverhältnis, was zwischen mir und Frau Bräuer bestand, so ergab.

Was nun anzunehmen wäre, dass Frau Bräuers Erzählung in ihrem Narrativitätsgrad abfiel und/oder dass wichtige lebensgeschichtliche Ereignisse und Prozesse untergingen, dass das Interview also nicht für die Analyse geeignet wäre, war jedoch nicht das Ergebnis. Frau Bräuer war es offenbar willkommen sich nicht dauerhaft in der Rednerrolle zu befinden, doch in ihren thematischen Relevanzsetzungen störte ich sie nicht, da sie trotz meiner Einwände thematisch damit anknüpfte, wie es ihr „recht“ war, bzw. nach Kurzem oder Längerem wieder zu ihren thematischen Fokussierungen überging. Das Interview dauerte so ungefähr eine Stunde und brachte sehr viele Daten hervor. Frau Bräuer blickte mit ihren 35 Jahren auf ein sehr ereignis-, vielmehr erleidensreiches Leben zurück; es gab viel aus ihrem Leben zu berichten und sie berichtete auch viel – das Interview verlief eben nur nicht typisch, um es noch einmal anzumerken: Es gab keine sofortige Ratifizierung des Erzählschemas, sondern dieses wurde erst ausgehandelt. Das Interview ähnelt teilweise mehr einem Leitfadeninterview, wodurch es somit auch nicht mit einer Nachfragephase endete.

2. Methodische und theoretische Überlegungen und Konzepte

2.1 Was bringt autobiographisch- narratives Interview hervor?

Grundlage des autobiographisch-narrativen Interviews ist es, dass vom Befragten eine Geschichte erzählt wird. SCHÜTZE (’87; S. 77) zufolge sind Erzählungen im Alltag ein allgemein vertrautes und gängiges Mittel, um jemandem etwas mitzuteilen, was uns selbst betrifft und was wir selbst erlebt haben. Es wird immer dann auf Erzählungen als Mitteilungsmedium zurückgegriffen, wenn es darum geht Eigenerlebtes einem anderen nahe zu bringen. Insofern sind Erzählungen eine eingespielte Kommunikationsform, eine elementare Institution menschlicher Kommunikation (in BOHNSACK ’03; S. 91). Das bedeutet, dass Menschen über intuitive Kompetenzen verfügen eine Erzählung zu gestalten – eine Erzählung so zu gestalten, dass sie von einem Zuhören verstanden wird – und dass auf diese Kompetenzen im tagtäglichen Leben zugegriffen wird, dass das Erzählen also eine internalisierte und routinisierte Interaktionsform darstellt. Das Zurückgreifen auf Erzählungen zur Untersuchung eines sozialen Phänomens und zur Erfassung biographischer Prozesse ist daher nutzbringend und sinnvoll. FRIEBERTSHÄUSER (’97) drückt es folgendermaßen aus: Das narrative Interview nutzt die menschliche Fähigkeit zum freien Erzählen für die Gewinnung biographischen Materials (S. 387). Beim sozialwissenschaftlichen Erhebungsverfahren des autobiographisch-narrativen Interviews ist der Befragte ersucht seine Lebensgeschichte zu rekonstruierend darzustellen. Die Erzählung eignet sich daher besonders gut, da ihre Hauptfunktion darin besteht einen Interaktionspartner am Erlebten vermittelnd teilhaben zu lassen und um dies zu ermöglichen sämtliche für das Verstehen notwendige Informationen preiszugeben; die Erzählung gibt somit vergangenes Erleben und Orientierungen besonders präzise wieder, so SCHÜTZE (’76; S. 8 in Küsters ’06; S 25). Der Befragte wird also zu einer umfassenden und detaillierten Stegreiferzählung persönlicher Ereignisverwicklungen und entsprechender Erlebnisse, also der wahrgenommenen und gedeuteten äußeren und inneren Realität und dabei (zumindest spurenweise) zu Erkenntnisleistungen der Auskristallisierung der Wohin-Orientierungen aus den Woher- Erfahrungen veranlasst. Diese Ereignisverstrickungen, sowie die Erfahrungsaufschichtung des Betroffenen werden vermittels der Erzählung als Prozess dargestellt, bzw. fasst die Stegreiferzählung die unzähligen Einzelerlebnisse zu erlebnismäßigen und prozessualen Zusammenhängen entsprechend der „natürlichen“ Gesamt- und Teilspannen zusammen – Biographie wird als sozialer Prozess untersucht. Bedingt durch die Nähe des aktuellen

Erzählstroms zu biographischen Ereignis- und Erfahrungsabläufen, strukturieren die Ordnungsprinzipien des vergangenen Erlebens auch die Erfahrungsrekapitulation und die erzählerische Darstellung. Es liegt also eine Homologie von Erzähl- und Erfahrungskonstitution vor, so dass Ereignisabfolgen in zeitlicher Entwicklungsperspektive dargestellt werden; das Sequenzierungsverhältnis der Darstellungsaktivitäten drückt das Sequenzierungsverhältnis der erlebten Ereignisse der sozialen Realität aus (bezeichnet als sprachlicher Linearisierungsmechanismus). Und schließlich tauchen im Erzählvorgang der Retrospektive Ereignisaspekte, Ereignislinien, (Teil)Ereigniszusammenhänge und Strukturen sozialer Prozesse auf, welche der Erzähler als damaliger Akteur einfach nicht wahrgenommen oder nicht verstanden hatte, weil sie versteckte Tendenzen, den nicht überschaubaren Gesamtrahmen der Ereignisse oder auch unbekannte, hinter dem Rücken der damaligen Aufmerksamkeit stattfindende Vorgänge betrafen. Insgesamt liefert das autobiographisch- narrative Interview somit einen umfassenden Einblick in die Genese sozialer Abläufe, in biographisch relevante Alltagserfahrung, sowie in die Entwicklung und Wandlung der Lebenssituation, damit einhergehenden Wandlungen der Erlebensweisen und Haltungen (sowie retrospektiven Reflexionen) und schließlich einer biographischen Identität. (vgl. SCHÜTZE ’87; S. 37ff und 95ff)

Des Weiteren begünstigt das Stegreiferzählen, dass der Befragte keine systematische Ausarbeitung der Erzählthematik vornehmen und die Formulierungen nicht im Vorab durchdenken kann; die darzustellende Geschichte wird in der Gesprächssituation ausgestaltet (SCHÜTZE ’87; S. 237 in Küsters ’06; S. 25). Der Erzähler mag zwar eine globale Idee von der Gesamtgestaltung der Erzählung haben, jedoch keine exakte Vorstellung über seine lokalen Vergegenwärtigungs- und Darstellungsaktivitäten, die sich im Erzählvorgang erst Zug um Zug herausgestalten; das Stegreiferzählen ist ein schöpferischer Akt (SCHÜTZE ’87; S. 197). Um es an einem von SCHÜTZE (’87) angebrachten Vergleich zu verdeutlichen: Die Anstrengungen der Ausdrucksarbeit kummulieren bei literarischen Erzählungen in bewussten stilistischen Durcharbeitungen und Gestaltungen. Eine ausgefeilte Stilistik setzt mehrere Vorgänge der Überarbeitung des Ausgedrückten voraus und die verschiedenen Bearbeitungsversuche und die damit verbundenen Mühen sind in literarischen Erzählungen dann in der Regel weitgehend wieder gelöscht, wenn das endgültige Formulierungsergebnis schließlich vorliegt. Eine derartige Löschung ist in mündlichen Stegreiferzählungen nicht möglich, stattdessen kann der Gesamteindruck durch nachdrückliche andersartige, korrigierende Pointierungen verschoben werden. Allerdings wird der, verglichen mit literarischen Erzählungen, beträchtliche Mangel an Gestaltungsausdruck durch das stilistische

Wie der Erzählung durch hörbarere Korrektur- und Formulierungsanstrengungen, die Intonationsmuster des Sprechens, parasprachliche und außerverbale Aktivitäten[11] (die allesamt detailliert in die Transkription (s.u.) übertragen werden) vollauf ersetzt. (S. 202f) So drückt sich besonders auch in der Art der Darstellung, im Wie des Erzählens, die Qualität vergangener Lebensphasen aus, da keine kalkulierte Darstellung vorgenommen wird. Innere Vorgänge, gerade betreffend äußerlicher problematischer Ereignisabläufe kommen so detailliert und erlebensgetreu – ohne Filterung – zum Ausdruck. Um es in SCHÜTZES (’87) Worten zu formulieren: Die Reproduktionsarbeit des Erzählens ist nicht gekennzeichnet durch eine erlebensdistanzierte Perspektive, sondern durch ein Nacherleben der ursprünglichen, bzw. der damaligen Erfahrungs-, Erlebens- und Erleidensaufschichtung, belegt mit emotionalen Einfärbungen. Dabei wird nicht nur unmittelbar Thematisierbares zum Ausdruck gebracht, sondern es geraten (indirekt und gebrochen) auch das im damaligen Geschehen Unbewusste, aber Ereignisbestimmende, sowie das aus der Erinnerung und der gegenwärtigen Wahrnehmung Ausgeblendete oder gar Verdrängte in den Ausdruckshorizont der Erzähldynamik. Der Erzählvorgang kann die Thematisierungsbarrieren zwar nicht systematisch und vollständig abbauen, aber zumindest die Abarbeitung an ihnen spricht eine beredete Sprache. (S. 40ff).

Um das Steggreiferzählen noch einmal zusammenfassend zu charakterisieren, beziehe ich mich auf folgende Systematisierung, die von SCHÜTZE (’87; S. 197f) entwickelt wurde (vgl. auch BOHNSACK ’03; S. 93 und FRIEBERTSHÄUSER ’97; S. 387):

Die Stegreiferzählung beruht auf drei sogenannten Zugzwängen des Erzählens, dem Gestaltschließungszwang, dem Kondensierungs- oder Relevanzsetzungszwang und dem Detaillierungszwang.

Der Gestaltschließungszwang führt zu einer Darstellung, die in sich geschlossen und begründet ist. Der Erzählende hat ein intuitives Wissen über den formalen Aufbau von Erzählungen.

Der Kondensierungszwang sorgt für eine verdichtete Erzählung, da nur eine begrenzte Zeit für die Erzählung zur Verfügung steht, wobei die Erzählung für den Zuhörer nachvollziehbar sein soll.

Und der Detaillierungszwang bedingt, dass Hintergrundinformationen und Zusammenhänge, die zum plausiblen Verständnis des Kontextes notwendig sind, berichtet werden.

Diese Zugzwänge verleihen der Erzählung eine Selbstläufigkeit und erhalten die Dynamik des Erzählvorganges aufrecht, wobei der Erzähler häufig mehr ausdrückt, als er anfänglich ausdrücken wollte, da vieles, betreffend äußerer Ereignisse, als auch innerer Vorgänge, erst im Darstellungsvorgang erinnert wird und im erneuten Durchlebensstrom in unerwarteter Darstellungstransparenz zum Ausdruck kommt.[12]

2.2 Technik des autobiographisch-narrativen Interviews

2.2.1 Gliederung des autobiographisch-narrativen Interviews

Das autobiographisch-narrative Interview unterteilt sich in vier Abschnitte, wobei es drei zentrale Teile gibt: Auf die erzählgenerierende Eingangsfrage folgt der erste Hauptteil, die autobiographische Anfangserzählung, dieser schließt sich der zweite Hauptteil, die erzählgenerierende Nachfragephase an, woraufhin der dritte Hauptteil, die abschließende Phase der argumentationsgenerierenden Nachfragen anknüpft. Diese vier Teile seien nun im Folgenden erläutert:

Entsprechend des Untersuchungsinteresses, bzw. der Forschungsfrage wird eine Erzählstimulus formuliert, die den Informanten ersucht seine Lebensgeschichte zu erzählen. Da jedem Informanten die gleiche Erzählaufforderung unterbreitet wird, sollte diese exakt ausgearbeitet sein, um Vergleichbarkeit der einzelnen Erzählungen zu gewährleisten. Um die jeweilige Biographie in seinem gesamten Verlauf in Erfahrung zu bringen, sollte dieser Erzählstimulus generell keine thematische Fokussierung beinhalten. Das heißt dem Befragten wird Offenheit für die Ausgestaltung, über den Anfangs- und Endpunkt und die thematischen Relevanzen seiner Erzählung gelassen.

Hat der Informant das Erzählschema ratifiziert, gibt es also eine Übereinkunft zwischen Interviewer und Befragten betreffend der Erzählaufforderung, beginnt der Informant mit seiner Erzählung.

In der Haupterzählung stellt er aus der gegenwärtigen Erinnerung die Entwicklung des Stroms vergangener Ereignisse dar, wobei sich die Erzählung in der Regel nach folgendem Prinzip gestaltet (HERMANNS ’92; S. 121): Es wird zunächst eine Ausgangssituation geschildert (wie alles anfing), es werden dann aus der Fülle der Erfahrung die für die Erzählung relevanten Ereignisse ausgewählt und als zusammenhängender Strom von Ereignissen dargestellt (wie die Dinge sich entwickelten), bis hin zur Darstellung der Situation am Ende der Entwicklung (was daraus geworden ist).

Der Erzähler sollte in dieser Phase des Interviews nicht unterbrochen werden, um die Aufrechterhaltung seines Kommunikationsschemas nicht zu gefährden und ihn nicht von seinen Relevanzsetzungen abzubringen. Da der Interviewer Teil der sozialen Situation des Interviews ist, reagiert der Erzähler auf seine Anwesenheit und sein Agieren. Daher sollte der Interviewer erzählanregend schweigen, was bedeutet, dass er das Erzählen weitestgehend durch anteilnehmende, beipflichtende nonverbale körperliche, gestische und mimische Signale, aber auch durch bestätigende Kommentare (wie „hmm“) bestärken und in Gang halten sollte.

Ist der Befragte am Ende seiner Erzählung angelangt, signalisiert er dies meist durch eine abschließende Erzählkoda (z.B. „Ja das war’s soweit.“ oder „So sieht mein Leben heute also aus.“). Es erfolgt also eine Redeübergabe an den Interviewer. Der Interviewer kann nun Nachfragen stellen, die zunächst jedoch narrativ sein sollten, die also zu einer erneuten Erzählung und nicht zu theoretischen Stellungnahmen des Befragten anregen. Durch Fragen nach dem „Wie“ sozialer Prozesse (bzw. durch die Beantwortung der Nachfragen) wird das Erzählpotential ausgeschöpft. Immanente Nachfragen knüpfen an angerissene, aber nicht auserzählte Themen, so genannte Erzählstümpfe an, also an bisher Unerzähltes, aber in der Erzählung doch Präsentes. Dies betrifft Erzählfäden, die parallel zum Haupterzählstrang verliefen, die jedoch Themen nur kurzweilig fokussierten, diese aber nicht ausführlich darstellten. Dies betrifft generell Themen, die abgebrochen wurden. Dies betrifft Themen, die (z.B. aufgrund vermeintlicher Unwichtigkeit) gerafft wurden. Dies betrifft Themen von mangelnder Plausibilität, von Vagheit und von Undurchsichtigkeit (ggf. auch für den Erzähler selbst). Haben die immanenten Nachfragen eine Beantwortung gefunden, können exmanente Nachfragen gestellt werden, also Fragen, die sich auf Themen beziehen, die in der Erzählung des Befragten nicht zur Sprache kamen, die für den Interviewer jedoch von Interesse sind. Der Interviewer bringt nun also Themen ein.

Es kann natürlich nicht vorausgesetzt werden, dass der Informant gewillt und/oder im Stande ist alle Nachfragen zu beantworten; dies betrifft besonders in der Erzählung aufgetauchte Stümpfe von Erfahrungen, Ereignissen und Entwicklungen, die dem Biographieträger selbst nicht voll bewusst sind, von ihm theoretisch ausgeblendet, verdrängt oder hinter einer Schutzwand sekundärer Legitimation verborgen sind (bzw. bleiben sollen), doch zumindest wird durch die Möglichkeit, immanente und exmanente Nachfragen zu stellen, gewährleistet potentiell auf keine Daten verzichten zu müssen und lediglich Informationen in Erfahrung zu bringen zu können, die der Befragte von sich aus in seine Erzählung einbindet.

Im vierten Teil des Interviews folgen sodann Aufforderungen zu abstrahierenden und argumentativen Beschreibungen des Informanten zu seiner Lebensgeschichte. Es werden also Fragen nach dem „Warum“ sozialer Prozesse gestellt. Der Informant wird in dieser Interviewphase als Theoretiker seiner selbst verstanden; sein Beschreibungs- und Theoriepotential soll ausgeschöpft werden.

Insgesamt gestalten sich die Nachfragephase, bzw. die Nachfragephasen so eher leidfadeninterviewähnlich, da der Interviewer nun als solcher agiert und anhand einer (Gedächtnis- oder schriftlichen) Liste thematische Relevanzen setzt. Dies betrifft jedoch nur die abschließende Phase des Interviews.[13]

2.2.2 Schritte der Textanalyse

Grundlage der Textanalyse ist die Erzählung, deren Wiedergabe in Form einer Transkription vorliegt. Eine Transkription wird anhand des auf Tonband aufgezeichneten Interviews angefertigt; sie soll die Redebeiträge der beteiligten Interaktionspartner (einschließlich Versprecher, Selbstkorrekturen, parasprachlicher Erscheinungen usw.) und den zwischen ihnen entstehenden Kommunikationsablauf samt der partiellen Überlappung von Redebeiträgen so genau wie möglich aufzeichnen.

Die Textanalyse besteht ebenfalls aus vier Teilen; sie untergliedert sich in die formale Textanalyse, die strukturelle inhaltliche Beschreibung, die analytische Abstraktion und die Wissensanalyse, auch pragmatische Brechung genannt. Diese vier Schritte der Textanalyse werden im Folgenden beleuchtet:

Im ersten Teil der Analyse, der formalen Textanalyse, wird die Erzählung auf ihre sequenzielle Ordnung hin untersucht. Sequenzialität bedeutet, dass Gespräche zeitlich strukturiert sind und durch aufeinander folgende Beiträge entstehen. Der Erzähltext wird also in einzelne Segmente unterteilt. Segmente sind jeweils in sich abgeschlossene Erzähleinheiten, sie entsprechen der Phasengliederung der Lebensgeschichte (so wie sie in der Vergangenheit erlebt wurde) und sie reihen die Ereigniseinheiten aneinander und bilden zusammengenommen die Erzählkette, die den geschilderten Ereignisverlauf in seiner Gesamtheit repräsentiert.[14] Die einzelnen Segmente sind durch Rahmenschaltelemente (z.B. „zuerst“, „und dann“), formale Markierer (z.B. Pausen) und Themenwechsel (meist mit einhergehender ergebnissichernder, zusammenfassender und/oder theoretisch kommentierender Schlussbemerkung und einer Ankündigung des nunmehr Darzustellenden) voneinander abgegrenzt.

Bei der Segmentierung des Erzähltextes werden die nicht-narrativen Textpassagen, also Beschreibungen und Argumentationen eliminiert (in dem Sinne, dass sie in der Analyse zunächst nicht berücksichtigt werden), um die Darstellungsteile zu identifizieren, in denen die Kommunikationsschemata der (erzählenden) Sachverhaltsdarstellung dominant sind, um also zunächst einmal die Lebensgeschichte in ihrem prozess- und phasenhaften Verlauf als Einheit rekonstruieren zu können.

Im zweiten Schritt der Textanalyse, der strukturellen inhaltlichen Beschreibung, wird eine vollständige Analyse des Erzähltextes vorgenommen, also nicht nur eine von einzelnen interessant erscheinenden Textpassagen. Das heißt es erfolgt eine ausführliche Beschreibung aller Segmente im Einzelnen. Jedes Segment wird von Wort zu Wort, von Satz zu Satz analysiert. Dabei werden zu jeder textuellen Einheit möglichst viele Lesarten entwickelt; es werden also alle möglichen in einer Äußerung anklingenden Sinngehalte ausformuliert und dann im Fortgang der Analyse auf ihre Geltung überprüft.

Besonderes Augenmerk wird auf die Verbindung formaler und inhaltlicher Elemente gelegt; es wird sozusagen der Subtext des Textes offengelegt. Es wird versucht zu verstehen, welche Erlebnisse des Erzählers im jeweiligen Segment weshalb in welcher Darstellungsform und aus welcher Perspektive hervorgebracht werden. SCHÜTZE (’83) bezeichnet dieses Vorgehen als „symptomatische Datenanalyse“, da bestimmte Erfahrungsanteile nicht direkt, in Form von manifesten Gehalten im Text zum Ausdruck kommen, sondern in latenter Gehaltsform und demnach entsprechend analysiert werden. Auf diese Weise wird versucht in jedem Segment die einzelnen Verlaufsstrukturen der geschilderten zeitlich begrenzten Prozesses unter Berücksichtigung aller relevanten Einflussgrößen herauszuarbeiten und zu beschreiben: also fest gefügte, institutionell bestimmte Lebensstationen, Höhepunktssituationen, Ereignisverstrickungen, die erlitten wurden, dramatische Wendepunkte oder allmähliche Wandlungen, sowie geplante und durchgeführte biographische Handlungsabläufe herausgearbeitet.

Im dritten Teil der Textanalyse, der analytischen Abstraktion, der Auswertung der strukturellen Beschreibung, wird er Gesamtverlauf der Biographie rekonstruiert. Das heißt es werden die Ergebnisse der strukturellen Beschreibung, also die identifizierten Strukturen der grundlegenden biographischen Erfahrungsaufschichtung und des erzählten Ereignisablaufs von den Details der einzelnen dargestellten Lebensabschnitte gelöst, die abstrahierenden Strukturaussagen zu den einzelnen Lebensabschnitten werden systematisch miteinander in Beziehung gesetzt und auf dieser Grundlage werden die Strukturen der Verkettung sozialer und biographischer Prozesse zu lebensgeschichtlichen Großformen, zu einer so genannten biographischen Gesamtformung, herausgearbeitet.[15]

Mit dem Begriff „biographische Gesamtformung“ wird die lebensgeschichtliche Abfolge der erfahrungsdominanten Prozessstrukturen in den einzelnen Lebensabschnitten bis hin zur gegenwärtig dominanten Prozessstruktur bezeichnet.[16]

Im vierten Teil der Textanalyse, der Wissensanalyse, der Analyse der theoretischen Verarbeitung, wird die Dominanz argumentativer, abstrahierender und bewertend- stellungnehmender Passagen betreffend der Lebensgeschichte und der Identität als Spezifikum in den Blick genommen und die Bedeutung der Präsentationsform im Zusammenhang mit der Lebensgeschichte entschlüsselt.[17] Das heißt die eigentheoretischen Anstrengungen und argumentativen Beschreibungen des Informanten, die dazu dienen sich den Charakter, die Bedingungen, die Hintergründe und die Konsequenzen des Geschehensablaufs und der eigenen Beteiligung daran klarzumachen und eine überschaubare und erklärbare Ordnung der Logik der Aufeinanderfolge der Ereignisse zu erarbeiten, werden expliziert und in Bezug auf den Ereignisablauf, die Erfahrungsaufschichtung und des Wechsels zwischen dominanten Prozessstrukturen systematisch auf ihre Orientierungs-, Verarbeitungs-, Deutungs-, Selbstdefinitions-, Legitimations-, Ausblendungs- und Verdrängungsfunktionen hin untersucht. Kurz: die Gesamtdeutung der Lebensgeschichte durch den Biographieträger wird untersucht, denn die Lebensgeschichte ist von Deutungsmustern des Biographieträgers geprägt und diesen Zusammenhang gilt es aufzudecken. Bzw. gilt es aufzudecken, welcher reflektorische Gehalt und welche Erklärungskraft den eigentheoretischen Anstrengungen zukommt, indem der Forscher diese systematisch in ihrem Entstehungs- und Anwendungszusammenhang betrachtet.

Auf der anderen Seite erhalten die Eigentheorien des Befragten, so JAKOB (’97) , erst im Kontrast mit den abgelaufenen Ereignissen erkenntnisgenerierende Bedeutung.[18] Das Prinzip der pragmatischen Brechung wird zur Kontrastierung der Eigentheorien (auch in Hinsicht auf retrospektive Wandlungen) und den tatsächlichen Ereignisabläufen genutzt, um mögliche Differenzen zwischen sozialen und biographischen Prozessen der Lebensgeschichte und deren Deutung durch den Biographieträger aufzudecken. Bestandteil der Auswertung sind zum einen Überlegungen, inwiefern prozessuale Verkettungen der Ereignisse, bzw. globale Formungen biographischer Ausschnitte, sowie Hintergründe und Konsequenzen des Gehensablaufs und der eigenen Beteiligung für den Biographieträger transparent sind und in überschaubarer und erklärbarer Ordnung kognitiv zur Verfügung stehen und zum anderen Überlegungen, wie Diskrepanzen zwischen Eigentheorien und tatsächlichen Ereignisabläufen zustande kommen und welche Relevanz ihnen für die Selbstdarstellung im Interview zukommt. (S. 452f).

Diese Art der Textanalyse fußt zum einen auf der Annahme, dass der Erzähler bereits eine analytische Ablösungsfähigkeit reflektorischer Distanzierung („Detachierungsfähigkeit“) im Wege seiner Einsozialisation in die gesellschaftliche Kommunikationsgesellschaft erworben hat, welche durch den natürlichen Distanzierungsschub beim Erzählvorgang gefördert wird. Das heißt das ehemalige Erleben wird durch das Wiedererinnern im Erzählvorgang mit einem zweiten Blick bedacht und auf diese Weise ist das Erleben nicht mehr nur auf die Situationsunmittelbarkeit des Empfindens beschränkt. Zum anderen fußt diese Art der Textanalyse auf der Annahme, dass Menschen oft sehr viel mehr von ihrem Leben in Erzählungen darzustellen vermögen, als sie in ihren Eigentheorien aufnehmen. Das Wissen, was dem Befragten auf der Ebene der erzählerischen Darstellung verfügbar ist, erscheint in den Eigentheorien oft weit weniger differenziert und bleibt zum Teil sogar unberücksichtigt (da der Erzähler nicht geschult ist formale Zusammenhangsanalysen zu betreiben), so HERMANNS (’92; S. 123). Dieser Analyseschritt dient daher zum einen dazu, festzustellen, ob und inwieweit die Eigentheorie des Erzählers von der identifizierten Erfahrungsaufschichtung abweicht, welche Ursachen dies hat und welche Selbstdeutung der Erzähler über seine Entwicklung ausgebildet hat und zum anderen dazu, in den Argumentationen verborgene Lebensgeschichten aufspüren (was darauf gründet, dass die (spätere) interpretative Verarbeitung des Geschehens durch den Erzähler faktische Erfahrungsstrukturen in der Vergangenheit konturiert).[19]

Die Wissensanalyse ist also eine Form des kontrastiven Vergleichs innerhalb der Lebensgeschichte und sie verhindert eine naive Form der Textauswertung, die die eigentheoretischen Kommentare nicht in ihrer besonderen Textstruktur berücksichtigt und Differenzen zwischen biographischen Abläufen und deren Deutung als unerklärliche Widersprüche stehen lässt. (JAKOB ’97; S. 452f)[20]

2.3 Das Konzept der Verlaufskurve

SCHÜTZE arbeitete verschiedene Prozessstrukturen des Lebenslaufs heraus; zu diesen gehören: biographische Handlungsschemata, institutionelle Ablaufmuster, Wandlungsprozesse und Verlaufskurven (auch „trajectory“). Das Konzept der Verlaufskurve ist dabei das Pendant zur grundlagentheoretischen Kategorie der biographischen Handlungsschemata. Das heißt, während biographische Handlungsschemata das intentionale Prinzip des Lebenslaufs, so bezieht sich der Begriff der Verlaufskurve auf biographische Prozesse, in denen die intentionale Gestaltung des Lebens durch den Biographieträger vom Getriebenwerden durch sozialstrukturelle und äußerlich-schicksalhafte Bedingungen, von konditioneller Gesteuertheit verdrängt wird. Konditionell – das heißt der Biographieträger erfährt die Ereignisse nicht in Form intentionaler, willentlich zugänglicher Orientierungsbestände, sondern diese treten ihm als intentionsäußerliche Auslösebedingungen gegenüber. Es wirken also soziale Prozesse auf den Biographieträger ein, die (meist) nicht seinen Aktivitätsimpulsen entstammen. Die Struktur der Verlaufskurve impliziert dabei teils erwartbare, teils nicht erwartbare Veränderungen der Merkmalsdimensionen und Situationsund Selbstdefinitionen des Biographieträgers.

[...]


[1] Zu einer Depression können zusätzlich weitere psychische Erkrankungen auftreten, wie z.B. Demenz, Abhängigkeitserkrankungen, Angst- und Zwangsstörungen, psychotische Erkrankungen, somatische Störungen, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen (RUDOLF u.a. ’06; S. B1508).

[2] Von theoretischer Sättigung wird gesprochen, wenn im Laufe des Forschungsprozesses genügend empirisches Datenmaterial erfasst wurde, dass aus weiterem, neu erhobenem Material keine Daten mehr entnommen werden können, die weitere Eigenschaften der (aus den Primärdaten) entwickelten Kategorien beschreiben würden, bzw. neue Kategorien hervorbringen würden, sondern die die Eigenschaften der bereits entwickelten Kategorien nur widerspiegeln. Theoretische Sättigung ist also gegeben, wenn innerhalb eines Phänomenbereiches kein Fall mehr zu finden ist, der nicht durch die bisher gebildeten theoretischen Konzepte angemessen repräsentiert ist. (GLASER/STRAUSS ’05; S. 40, 68ff)

[3] KÜSTERS (’06) zufolge müssten dazu in den meisten Fällen zwölf bis dreißig Interviews durchgeführt werden (S. 48)

[4] Zur Strategie des minimalen und des maximalen Vergleichs siehe SCHÜTZE (’83; S. 287)

[5] Zu empfehlende Literatur zum Thema Angst- und Zwangsstörungen: SCHÄFER/RÜTHER (’06).

[6] Alle Namen, die in dieser Arbeit auftauchen, wurden geändert.

[7] Da sich die vorliegende Arbeit auf das Interview mit der Informantin Frau Bräuer konzentriert, werden im Folgenden nur betreffend dieses Interviews konkrete Angaben gemacht, während betreffend der anderen Informanten und Interviews nur allgemeine Angaben getroffen werden.

[8] Zur Rolle des Erzählens, bzw. des positiven Einflusses des Erzählens siehe RIEMANN (’87; S. 458ff).

[9] Dies war bis auf einmal immer gegeben: Eine angesprochene Person reagierte skeptisch und bat mich darum doch jemanden anders zu fragen (auch deshalb, weil sie kurz vor der Entlassung stand, daher nicht noch einmal alle Themen aufwühlen wollte und sich auch keinen Ort vorstellen konnte, an dem sie mir das Interview hätte gegen können oder wollen), bot mir dann später aber an, mir doch ihre Lebensgeschichte zu erzählen, wenn ich niemand anderen für mich gewinnen können würde. Es war deutlich zu erkennen, dass ich bei ihr ein „schlechtes Gewissen“ ausgelöst hatte, was nun wirklich nicht meine Absicht gewesen war. Dies ließ sich jedoch schnell klären und die betreffende Person ging erleichtert aus der Situation heraus.

[10] Nur eine Person bat um Bedenkzeit, gab mir dann aber bereits am nächsten Tag ohne jegliche Einwände ihre Zustimmung.

[11] Unter parasprachlichen Aktivitäten werden Lachen, Schluchzen, Seufzen und ähnliches verstanden. Ebenso werden Sprechtempo, Lautheit, Intonation, Sprechpausen und ähnliches berücksichtigt. Unter außerverbale Aktivitäten fallen Gestik, Mimik, Körperhaltung und so weiter.

[12] vgl. SCHÜTZE (’83) und KÜSTERS (’06)

[13] vgl. SCHÜTZE (’83 und ’87) und KÜSTERS (’06)

[14] Die jeweiligen Segmente können je nach Erfordernis in Subsegmente unterteilt werden. Diese Feindifferenzierung richtet sich nach sequenziellen Gesichtspunkten des dargestellten Geschehens- und Erlebensablaufs in seinen einzelnen Teilentwicklungen (SCHÜTZE ’87; S. 99).

[15] Es sei hier auch der Begriff der suprasegmentalen Zusammenhänge erwähnt, der sich auf die Widerspiegelung größerer Zusammenhänge der Erfahrungsaufschichtung in großflächigen Erzählgliederungen, die über die Reichweite der einzelnen Erzählsegmente hinausgehen, bezieht. (SCHÜTZE ’87; S. 109)

[16] In dieser Arbeit wird sich die analytische Ausarbeitung der biographischen Gesamtformung besonders auf Verlaufskurven des Erleidens (s.u.) beziehen.

[17] Es wird von mir in dieser Arbeit keine separate Wissensanalyse vorgenommen, da es mir sinnvoll und ertragreicher erschien, aufgrund der Darstellungsarbeit von Frau Bräuer, diese in die vorangehenden Schritte der Textanalyse mit einfließen zu lassen.

[18] Biographische Deutungsmuster und Interpretationen des Biographieträgers sind im Zusammenhang seiner rekonstruierten Lebensgeschichte interessant und nicht jenseits dieser. Erkenntnisgenerierende Bedeutung meint, dass es unmöglich ist den Stellenwert autobiographischer Theorieproduktionen für den Lebenslauf zu bestimmen, ohne den lebensgeschichtlichen Ereignis- und Erfahrungsrahmen für die eigentheoretische Wissensproduktion des Biographieträgers zu kennen. (SCHÜTZE ’83; S. 284, 286f)

[19] Doch nicht nur aus analytischer Sicht kommt den theoretischen Aktivitäten und evaluativen Stellungnahmen eine Relevanz, eine Erkenntnisleistung zu, auch für den Erzähler selbst sind sie von Bedeutung, da jene ein wichtiges Mittel der Verarbeitung des Erleidensprozesses darstellen, da sie auf das Verständnis der Besonderheiten der erlebten Situationen abzielen, wie auch auf das Gewinnen eines Wissen über allgemeine Merkmale, die sich auch auf andere Erlebenssituationen übertragen lassen und folglich befähigen in künftigen (potentiellen) Handlungs- und Erleidensprozessen deren Merkmale und inhärente Gefahren zu erkennen und adäquat zu reagieren (SCHÜTZE ’87; S. 143) – dies sei einmal erwähnt.

[20] Vgl. SCHÜTZE (’95; insb. S. 125-131) und SCHÜTZE (’83; S. 228)

Fin de l'extrait de 336 pages

Résumé des informations

Titre
Biographie und psychische Krankheit - Die depressive Erkrankung
Sous-titre
Eine Einzelfallstudie
Université
Otto-von-Guericke-University Magdeburg  (Institut für Soziologie / Fakultät für Geistes- Sozial- und Erziehungswissenschaften)
Note
1,0
Auteur
Année
2008
Pages
336
N° de catalogue
V113910
ISBN (ebook)
9783640151844
ISBN (Livre)
9783640154234
Taille d'un fichier
2337 KB
Langue
allemand
Annotations
Zusammenfassung = Gutachten, Anhang: 1 vollständig transkribiertes Interview
Mots clés
Biographie, Krankheit, Erkrankung, Depression, narratives Interview, Soziologie, rekonstruktive Sozialforschung, psychisch, Einzelfallstudie, qualitative Sozialforschung, Verlaufskurve, Biographieanalyse, Gesprächsanalyse
Citation du texte
MA Nancy Gädeke (Auteur), 2008, Biographie und psychische Krankheit - Die depressive Erkrankung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113910

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