Entwicklung einer Methode zur zweistufigen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanung

Die Unterstützung der Baubranche mittels EDV


Diploma Thesis, 2006

146 Pages, Grade: 1


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung

2. Baustellenverordnung (BaustellV)
2.1 Kurzer allgemeiner Abriss
2.2 Inhalte der BaustellV
2.2.1 Die Vorankündigung
2.2.2 Der Sicherheitsund Gesundheitsschutz-Koordinator (SiGeKo)
2.2.3 Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan)
2.2.4 Unterlagen nach § 3 Abs. 2 BaustellV
2.3 Ziele und Auswirkungen der BaustellV
2.4 Nutzen und Nutzer der BaustellV
2.5 Hilfsmittel zur Auslegung der BaustellV
2.6 Wirksamkeit der BaustellV

3. Der Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan)
3.1 Allgemeines
3.1.1 Was ist ein SiGe-Plan?
3.1.2 Erforderlichkeit des SiGe-Plans
3.2 Inhalt des SiGe-Plans
3.2.1 Vorinformationen
3.2.2 Inhaltliche Mindestanforderungen
3.2.2.1 Arbeitsabläufe
3.2.2.2 Gefährdungen
3.2.2.3 Räumliche und zeitliche Zuordnung der Arbeitsabläufe
3.2.2.4 Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Gefährdungen
3.2.2.5 Arbeitsschutzbestimmungen
3.2.3 Inhaltliche Empfehlungen
3.3 Bewertung und Mängelbetrachtung des SiGe-Plans
3.3.1 Netzwerk Baustelle
3.3.2 BMWA – Umfrage
3.4 Mögliche Lösungsansätze und Handlungsoptionen

4. Methode zur 2 - Stufigkeit der SiGe-Planung
4.1 Einleitung
4.2 Prozesskette
4.3 Aufbau und Form
4.4 Erste Stufe – Rahmen-SiGe-Plan (RSP)
4.4.1 Allgemeines
4.4.2 Inhalt
4.4.3 Checklisten - RSP
4.4.3.1 Beispiel – Vorabinformationen
4.4.3.2 Beispiel – Baufeldund Baugrundsituation
4.5 Zweite Stufe – Aktualisierung mit GBA der Unternehmer
4.5.1 Allgemeines
4.5.2 „Stand der Technik“
4.5.2.1 GBA – heutige Situation
4.5.2.2 GBA – in der Praxis
4.5.2.3 Begriffserklärung
4.5.2.4 Eignung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
4.5.3 Neuer Ansatz zur GBA für die SiGe-Planung

5. Praxisumsetzung – Die Zweistufigkeit anhand eines Beispiels

6. Software zur SiGe-Plan – Erstellung
6.1 Erklärung
6.2 Allgemeine Grundsätze
6.3 Beispiele im Vergleich
6.4 Arten der SiGe - Software
6.5 Auswahlkriterien – „Welchen Hersteller nehme ich?“
6.6 Fazit
6.7 Innovation

7. Schlussbemerkung

Anlagenverzeichnis
Anlage I: BaustellV
Anlage II: RAB (Auszug)
Anlage III: Vorankündigung
Anlage IV: Muster für eine später Unterlage
Anlage V: Muster SiGe-Plan (ursprüngliche Form)
Anlage VI: Muster RSP (Auszug)
Anlage VII: Katalog möglicher Kriterien zur Softwareauswahl
Anlage VIII: aktuelle Softwareübersicht der BAuA

Urheberrechtserklärung

Disclaimer

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: Unfallstatistik 2004 und 2005 Sachsen

Abb. 1.2: Verteilung der Arbeitsunfälle 2004 und 2005 Sachsen

Abb. 2.1: Verpflichtungen nach der Baustellenverordnung

Abb. 2.2: Auszug Aktivitäten nach BaustellV

Abb. 3.1: Aktivitäten nach BaustellV

Abb. 3.2: VOB/C Inhaltsübersicht (Auszug)

Abb. 3.3: Absturzsicherungen auf Baustellen, Ord.-Nr. „C 8“ aus „Gelber Mappe“ der BauBG, S.1/2

Abb. 3.4: Absturzsicherungen auf Baustellen, Ord.-Nr. „C 8“ aus „Gelber Mappe“ der BauBG, S.2/2

Abb. 3.5: Bsp. Für Ausschreibungstext (unten) aus „Blauer Mappe“ der BauBG

Abb. 3.6: Ergebnis zur BMWA – Umfrage; Frage B3

Abb. 3.7: Ergebnis zur BMWA – Umfrage; Frage B5

Abb. 3.8: Der SiGeKo als Bindeglied!

Abb. 4.1: Prozesskette der SiGe-Planung

Abb. 4.2: Muster Rahmen-SiGe-Plan – allgemeine Daten.

Abb. 4.3: Dropdown Menü Art der Vergabe

Abb. 4.4: Dropdown Menü Klassifizierung des BV

Abb. 4.5: Dropdown Menü Anzahl Beschäftigter

Abb. 4.6: Dropdown Menü Dauer BV

Abb. 4.7: Dropdown Menü Anzahl Personentage

Abb. 4.10: Bsp. für Checkliste Vorabinformationen (Auszug)

Abb. 4.11: Bsp. für Checkliste Baufeldsituation (Auszug)

Abb. 4.12: Bsp. für Checkliste Baugrundsituation (Auszug)

Abb. 4.13: Auszug GBA der BauBG

Abb. 4.14: Allg. Ablaufschema Gefährdungsanalyse (Detaildarstellung 1*-2*siehe Abb.4.15)

Abb. 4.15: Rangfolge der Maßnahmen

Abb. 4.16: Schema GBA

Abb. 4.17: Einordnung KMU

Abb. 4.18: Vorauswahl Checklisten.

Abb. 4.19: Auszug Muster Fragenkatalog - Montagearbeiten

Abb. 5.1: Bsp. Rahmen-SiGe-Plan (RSP) - Grundinformationen

Abb. 5.2: Bsp. RSP – Checkliste, S. 1/2

Abb. 5.3: Bsp. RSP – Checkliste, S. 2/2

Abb. 5.4: Bsp. GBA – Checkliste, S. 1/2

Abb. 5.5: Bsp. GBA – Checkliste, S. 2/2

Abb. 6.1: Auszug Softwarevergleich Seite 1 von www.kommazwo.com, Autor T. Merkel

Abb. 6.2: Auszug Softwarevergleich Seite 2 von www.kommazwo.com, Autor T. Merkel

Abb. 6.3: Auszug Softwareübersicht Seite 1 von www.baua.de

Abb. 6.4: Auszug Softwareübersicht Seite 2 von www.baua.de

Abb. 6.5: Muster – Arbeitsschutzgrundsätze von www.sidiblume.de

Abb. 6.6: klassisches Modell der Informationsverarbeitung

Abb. 6.7: Innovative Informationsverarbeitung

Abstract

Auf Grund der alarmierenden Unfallzahlen der letzten Jahre im Baugewerbe, und der Tatsache, dass die aktuellen Forschungsprojekte (Netzwerk-Baustelle, BMWA-Umfrage) zu dem Ergebnis kamen, das in der Sicherheitsund Gesundheitsschutz-Planung noch sehr große Lücken klaffen, bedarf es wesentlicher Neuerungen auf diesem Gebiet. Speziell eine soll auf den folgenden Seiten in Vordergrund gestellt werden.

Der Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan, in seiner ursprünglichen übergroßen (DIN-A1) Form, verliert an Akzeptanz und muss grundsätzlich neu strukturiert werden. Dies soll mit Hilfe einer Methode zur zweistufigen SiGe-Planung realisiert werden.

Nach der anfänglich Erläuterung, auf welcher Gesetzesgrundlage der SiGe-Plan erstellt werden muss, und dem anschließenden Aufzeigen der heutige Situation, wird ab Kapitel 4 die Methode zur zweistufigen SiGe-Planung entwickelt. Ziel dieser Methode ist es, eine bessere Transparenz zwischen Gefährdungen und den gegenwirkenden Maßnahmen herzustellen. Des Weiteren wird aufgezeigt, dass die am Bau beteiligten Unternehmen mehr in diesen Prozess integriert werden müssen und weit über ihre Verpflichtungen nach ArbSchG hinaus zu agieren haben. Speziell die gewerkübergreifenden Gefährdungen werden in den Vordergrund gestellt und sollen einen ausschlaggebenden Charakter bekommen.

Nachdem diese Methode im Kapitel 5 anhand eines fiktiven Bauvorhabens näher in ihrem Ablauf dargestellt wird, wird im letzten Abschnitt die Schnittstelle zur EDV aufgezeigt. Die Tatsache, dass die EDV eine wesentliche Erleichterung der Baubrache darstellt ist unumstritten und darf aus diesem Grund bei der Erarbeitung der SiGe-Planung nicht außer Acht gelassen werden. Während auf der einen Seite ein Überblick über die bestehende Software geschaffen wird, steht dem eine durchaus denkbare Innovation gegenüber, welche dem Anwender (i. d. F. Koordinator nach BaustellV) die Arbeit um einiges erleichtern soll.

Dieser Ausblick auf eine mögliche digitale Umsetzung der zweistufigen SiGe-Planung soll aufzeigen, dass ein hohes Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz in diesem sensiblen Arbeitsbereichen wie das Baugewerbe, umso besser erreicht werden kann, desto mehr Fachkompetenz die einzelnen am Bau Beteiligten und Vertreter dieser Branche (Bauherr, SiGeKo, aber auch Softwarehersteller) einbringen.

Die in dieser Arbeit entwickelte Methode soll schließlich dazu führen, dass die noch offenen Lücken der BaustellV geschlossen werden um den Sicherheitsund Gesundheitsschutz auf Baustellen zu realisieren. Dies sollte im Interesse aller Beteiligten sein.

The distressing number of accidents and the findings of current Research projects such as “Netzwerk-Baustelle” and “BMWA-Umfrage” point at deficiencies in the current Safety and Health-safety planning (SiGe) within the construction industry. It is apparent that several reforms are necessary; however this paper will focus on one particular change.

The Safety and Health-safety planning in its original Form (DIN-A1), is losing acceptance and needs fundamental reforms/changes, which are to be achieved with the help of a Method to the two-tiered SiGe-Planning. After an analysis of the present legal foundation and an evaluation of the current/present-day situation follows the development of a Method to the two-tiered SiGe-Planning in Chapter four. The objective of this method is to develop greater transparency between potential safety risks and their counter measures. Furthermore, it will demonstrate the need to further integrate construction companies and other stakeholders into this transparency process, above and beyond existing “ArbSchG” requirements.

Particularly the trade-spreading endangerments are placed into the foreground and are to get a decisive character. After the Method to the two-tiered SiGe-Planning is demonstrated on a hypothetical Construction Project in Chapter five, the focus moves to the Electronic Data Processing (EDP) interface.

The use of EDP as necessity in the construction industry is undisputed, and should therefore not be neglected in the development of the SiGe-Planning . After an overview of existing Software is given, an innovative alternative Software Concept is introduced, which will help the user (in this case “Koordinator nach BaustellV”) significantly.

This examination of a possible digital implementation of the two-tiered SiGe-Planning demonstrates that the level/standard of Safety and Health-safety can be raised by increasing the level of professional competence-input from the various parties involved (Builder, SiGeKo, Software producers).

The method developed in this work is to lead finally to the fact that the still open gaps of the BaustellV are closed at the Safety and Health-safety on building sites to realize. This should be in the interest of all involved one.

1. Einleitung

Die Bauwirtschaft ist der größte Einzelwirtschaftszweig unserer Volkswirtschaft. Zur Mitte des Jahres 2003 waren 2,3 Millionen Menschen in dieser Branche tätig. Damit war etwa jeder 16te Berufstätige auf dem Bau beschäftigt. Betrachtet man den Inhalt des Arbeitsschutzes, so lässt sich feststellen, dass die Bauarbeiter den gefährlichsten Job haben. Demzufolge hat die Bauwirtschaft aber auch seit Jahren die schlechteste Unfallbilanz, einen hohen Krankenstand und einen zu hohen Anteil an Frühinvalidität. Gefährdungen und Belastungen bei Bauarbeiten sind meist höher als in anderen Wirtschaftszweigen. Im Vergleich der Unfälle der Wirtschaftszweige haben Baustellenunfälle meist deutlich schwerere Folgen. Ähnlich ungünstig ist der Stand im Bereich der Berufskrankheiten und der daraus folgenden Frühinvalidität. Die Abbildung 1.1 stellt die Unfallstatistik aus den Jahren 2004 und 2005 für das Bundesland Sachsen dar (auf Basis der Daten der Berufsgenossenschaften) und verdeutlicht die vorher genannten Aussagen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Unfallstatistik 2004 und 2005 Sachsen

Sicherlich ist das Ergebnis nicht allein nur im Bundesland Sachsen so gravierend. Man kann es eher länderübergreifend sehen und es auf gesamt Deutschland beziehen.

Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Teilweise liegen sie in der Natur der auszuführenden Arbeiten. Die Ausführung von Bauarbeiten bringt es mit sich, dass große Mengen schwergewichtiger und unhandlicher Gegenstände bewegt werden müssen, teilweise in große Höhen.

Dies hat zur Folge, dass es zu abstürzenden Bauteilen/Gegenständen kommt. Die Arbeiten werden häufig an Stellen ausgeführt, die wie Dächer und Fassaden nicht für den ständigen Aufenthalt, geschweige denn für die Ausführung von Arbeiten, gedacht und schwierig zu sichern sind. Es kann also zum Absturz kommen. Unnötig ist es darauf hinzuweisen, dass ein Arbeitsplatz an einem entstehenden Bauwerk inmitten von Baumaschinen und unfertigen Gebäudeteilen immer unsicherer sein wird als der Arbeitsplatz an gleicher Stelle im fertigen Bürogebäude. (vgl. Abb.1.2)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2: Verteilung der Arbeitsunfälle 2004 und 2005 Sachsen

Doch es kommen noch einige andere Ursachen, wie z.B. schlechte Vorbereitung, keine Technologie sowie Zeitund Kostendruck hinzu. Letzteres führt in den meisten Fällen dazu, dass Sicherheitseinrichtungen missachtet oder gar gänzlich ignoriert werden. Eine weitere Ursache ist das Nebeneinander von Bauarbeiten, beim Vorhandensein mehrerer Gewerke auf einer Baustelle, welches zu einem hohen Risiko von gegenseitiger Gefährdung und zu einem erhöhtem Abstimmungsbedarf führt. Diese Gefährdungen sind insbesondere darin begründet, dass die Beteiligten sich zunächst nur auf ihren Auftrag konzentrieren. Ausmaß, Beginn und Art der Arbeiten benachbarter Personen sind häufig nicht oder nicht hinreichend bekannt. Die geschaffene Gefährdung, welche durch die Tätigkeit einer oder mehrerer Personen verursacht wurde, wird oftmals nicht beseitigt und führt dazu, dass auch andere Personen gefährdet werden.

Um diesen Faktoren entgegenzuwirken, hat die EG die Initiative ergriffen und 1992 die Baustellensicherheitsrichtlinie1 erlassen, die in Deutschland 1998 mit der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (BaustellV)2 in nationales Recht umgesetzt worden ist. Die Baustellenverordnung fordert u. a. die Vorankündigung bestimmter Bauvorhaben bei der zuständigen Baubehörde, die Erarbeitung von Sicherheitsund Gesundheitsschutzplänen, die Bestellung von Koordinatoren, die das Zusammenwirken verschiedener Unternehmen bei der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten auf der Baustellen steuern und die Erstellung einer Unterlage für spätere Arbeiten am Bauwerk.

In Anbetracht der Tatsache, dass es die BaustellV aber innerhalb von 8 Jahren nicht geschafft hat, die Unfallund Todesbilanz im Baugewerbe in dem Maße zu reduzieren wie es der Gesetzgeber erhoffte, kann man daraus folgern, dass jene noch sehr große Lücken aufweist, die es zu schließen gilt. Da eine der wichtigsten Inhalte der BaustellV der SiGe-Plan ist, wird in den folgenden Seiten versucht aufzuzeigen, mit welchen Mitteln man diesen verbessern bzw. neu gestalten kann, um den Anforderung der BaustellV und des Sicherheitsund Gesundheitsschutz besser gerecht werden zu können.

2. Baustellenverordnung (BaustellV)

2.1 Kurzer allgemeiner Abriss

In den deutschsprachigen Ländern ist eine Verordnung eine Rechtsnorm, die in der Regel durch eine Regierung oder Verwaltungsstelle erlassen wird. Diese Verordnung ist „Gesetz im materiellen Sinn“, da sie ebenso wie ein Gesetz Rechte und Pflichten gegenüber jedem begründet, also gleichsam für jeden „gilt“. Sie ist jedoch nicht „Gesetz im formellen Sinn“, da sie nicht in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren vom Deutschen Bundestag (aber möglicherweise vom Bundesrat) beraten und verabschiedet wurde. Eine Verordnung ist also kein Gesetz, sondern beruht auf einem.

Im Falle der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (BaustellV), welche am 10. Juni 1998 erlassen und somit die Baustellensicherheitsrichtlinie 92/57/EWG von 1992 umgesetzt wurde, ist es das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), auf das es sich stützt. Für den Praktiker, der die BaustellV vor Ort anwenden muss, stellt sich diese Vorschrift bei sachgerechter Interpretation und Umsetzung bzw. Anwendung als durchaus anwenderfreundlich dar. Dies beruht vor allem auf der Tatsache, dass diese Vorschrift sich seit dem Inkrafttreten 1998 nur in einem Punkt geändert hat. Mit dem Artikel 15, der Verordnung zur Anpassung der Gefahrstoffverordnung an die EG-Richtlinie 98/24/EG, ist am 01.01.2005 folgende Änderung3 in der BaustellV in Kraft getreten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch das Hinzufügen des Absatzes behält die Vorschrift immer noch ihre positiven Eigenschaften. Sie ist übersichtlich und knapp gehalten, denn sie setzt sich lediglich aus acht Paragraphen zusammen.

Ein weiterer Grund der Anwenderfreundlichkeit ist die bisherige Rechtssprechung zu dieser Verordnung. Denn diese ist kaum der Rede wert, zumal der Technische Arbeitsschutz kaum Anlass zu Rechtsstreitigkeiten gibt. Schlussendlich hat das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (heute geteilt in Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Bundesministerium für Arbeit und Soziales) mittlerweile zahlreiche sog. „Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB)“ (vgl. Anlage II, S.107 und Kapitel 2.5 Hilfsmittel zur Auslegung der BaustellV, S.23) erlassen, welche als Konkretisierung bzw. Interpretation der BaustellV dienen sollen.

2.2 Inhalte der BaustellV

Die Kürze der Verordnung kann man auch darauf zurückführen, weil ein Großteil des in der EG – Baustellensicherheitsrichtlinie materiellen Rechts den in Deutschland seit langem geltenden Bestimmungen bereits entsprach. Diese Bestimmungen blieben und bleiben unverändert bestehen. Umzusetzen waren im Wesentlichen nur noch vier „echte“ europäische Neuerungen. Zum einen ist das die Vorankündigung des Bauvorhabens bei der (Gewerbeaufsichts-) Behörde im Falle „größerer Baustellen“. Zum anderen die Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden. Außerdem die Erarbeitung eines Sicherheitsund Gesundheitsschutzplans (SiGe-Plan) bei größeren Baustellen und besonders gefährlichen Arbeiten (wie z.B. Tunnelbau). Und zu guter letzt die Erarbeitung einer Unterlage für spätere Wartungs-, Instandhaltungsund Umbauarbeiten nach Inbetriebnahme der baulichen Anlage (vgl. § 3 Abs. 2 BaustellV).

2.2.1 Die Vorankündigung

Der § 2 Abs. 2 der BaustellV besagt, dass für bestimmte umfangreiche Baustellen der zuständigen Behörde vorab eine Vorankündigung zu übermitteln ist. Der Bauherr ist also verpflichtet, bei der zuständigen Behörde spätestens zwei Wochen vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung einzureichen, welche mindestens die Angaben nach Anhang I zur BaustellV enthält. Diese Angaben sind laut Verordnung folgende:

1. Ort der Baustelle,
2. Name und Anschrift des Bauherrn,
3. Art des Bauvorhabens,
4. Name und Anschrift des anstelle des Bauherrn verantwortlichen Dritten,
5. Name und Anschrift des Koordinators,
6. voraussichtlicher Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeiten,
7. voraussichtliche Höchstzahl der Beschäftigten auf der Baustelle,
8. Zahl der Arbeitgeber und Unternehmer ohne Beschäftigte, die voraussichtlich auf der Baustelle tätig werden,
9. Angaben der bereits ausgewählten Arbeitgeber und Unternehmer ohne Beschäftigte.

(siehe auch Anlage I, S.106)

Schließlich muss diese Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle ausgehängt, sowie bei ggf. eintretenden erheblichen Änderungen angepasst werden. Dieser Pflicht muss er allerdings nur nachkommen, wenn eine „größere Baustelle“ im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung vorliegt. Eine solche „größere Baustelle“ liegt dann vor, wenn die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf dieser Baustelle mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden, oder aber wenn der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet (siehe Abb.2.1). Sinn und Zweck der Regelung ist die Unterrichtung der Behörde, die für Arbeitsschutzbelange zuständig ist. Ferner sollen alle am Bau Beteiligten frühzeitig die für den Baustellenarbeitsschutz relevanten Tatsachen erfahren und sich darauf einrichten können.

Solch eine Vorankündigung sollte dem Bauherrn wenig Probleme bereiten. Sie ist in Form einer DIN-A4-Seite ohne großen Aufwand zu erstellen und kann sogar als Vordruck aus dem Internet geladen werden. (vgl. Anlage III, S.120)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Verpflichtungen nach der Baustellenverordnung

2.2.2 Der Sicherheitsund Gesundheitsschutz-Koordinator (SiGeKo)

Im Allgemeinen ist der SiGeKo nur eine Person auf der Baustelle, welche die Sicherheit und den Gesundheitsschutz koordiniert. Koordinierung im Sinne der BaustellV bedeutet, Informationen verständlich und verfügbar zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass die für die einzelnen Arbeiten vorzusehenden Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind.

Nach RAB4 10 Nr. 14 Abs. 1 müssen diese, falls erforderlich, im Rahmen eines Sicherheitsund Gesundheitsschutzplanes zusammengefasst und optimiert werden. Der einzusetzende SiGeKo hat also insbesondere die Aufgabe, die vorgesehenen Maßnahmen unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des § 4 ArbSchG zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen aufeinander abgestimmt und schriftlich fixiert sind. So steht hier u. a. der SiGe-Plan5 im Vordergrund, der eine wichtige Informationsgrundlage für alle Arbeitnehmer darstellt (siehe Kapitel 2.2.3 SiGe-Plan, S.18).

Eine ebenso wichtige Aufgabe des Koordinators ist es, alle Beteiligten der Baustelle, nach § 3 Abs. 3, im Sinne einer Optimierung und Abstimmung zusammenzubringen und zu beraten. Darüber hinaus liegt es in seiner Aufgabe, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig sind, eine Zusammenarbeit jener zu organisieren und deren Überwachungsmaßnahmen zu koordinieren. Die BaustellV schreibt nicht vor, dass hierfür unbedingt eine externe, unabhängige Person bestellt werden muss. Der am Bauvorhaben beteiligte Architekt, Bauingenieur oder Mitarbeiter eines Generalunternehmers könnte die Arbeiten eines SiGeKo übernehmen. Vorausgesetzt sie sind für die Erfüllung dieser Aufgaben ausreichend geeignet. Geeigneter Koordinator im Sinne der BaustellV ist, wer über ausreichende und einschlägige

- baufachliche Kenntnisse,
- arbeitsschutzfachliche Kenntnisse,
- Koordinatorenkenntnisse sowie
- berufliche Erfahrungen in der Planung und/oder der Ausführung von Bauvorhaben verfügt, um die in § 3 Abs. 2 und 3 genannten Aufgaben fachgerecht erledigen zu können6. Diese Regel bietet dem Bauherrn mögliche Qualifikationskriterien für die Auswahl eines geeigneten Koordinators.

Ein Akkreditierungsbzw. Zertifizierungsverfahren sieht die BaustellV nicht vor (vgl. RAB 30 Nr. 1 Abs. 5). Das heißt aber nicht, dass praktisch „Jedermann“ als Koordinator eingesetzt werden kann. Es sei denn er erfüllt die o. g. vier Mindestanforderungen.

2.2.3 Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan)

Dieses Kapitel soll nur einen ersten groben Überblick bzgl. des Sicherheitsund Gesundheitsschutzplans (SiGe-Plan) geben und wird im Kapitel 3. SiGe-Plan detaillierter und präziser hinsichtlich des Inhaltes, dem Aufbau, der Stärken und Schwächen, der Anforderungen und vor allem der Verbesserungsmerkmale betrachtet.

Ist es absehbar, dass während des Bauvorhabens Arbeiten anfallen, die besondere Gefährdungen, wie z.B. Absturz, Verschüttung, Ertrinken, Umgang mit Gefahrstoffen u.s.w., mit sich bringen oder wenn absehbar ist, dass z.B. der Umfang der zu leistenden Arbeiten mehr als 500 Personentage betragen wird, so ist ein SiGe-Plan erforderlich, wenn mehrere Arbeitgeber gleichzeitig auf der Baustelle tätig sind (vgl. Abb.2.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2: Auszug Aktivitäten nach BaustellV

Mit diesem Plan soll nach der Ausschreibung ein Konzept für den sicherheitsund gesundheitsschutzgerechten Baustellenbetrieb geschaffen werden. In der Ausführungsphase soll der SiGeKo die Umsetzung des SiGe-Plans überwachen und diesen bei Bedarf ändern und ergänzen. In § 2 Abs. 3 Satz 2 sind die Mindestanforderungen an den SiGe-Plan definiert. Der Plan muss die für die betreffende Baustelle anzuwendenden Arbeitsschutzbestimmungen erkennen lassen und die besonderen Maßnahmen für die besonders gefährlichen Arbeiten nach Anhang II der BaustellV enthalten. Sofern erforderlich, sind bei der Erstellung des Planes betriebliche Tätigkeiten auf dem Gelände zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 3).

Diese recht lapidaren Mindestanforderungen bzgl. Inhalt und Form eines SiGe-Plans lassen dem SiGeKo einen ziemlich großen Spielraum hinsichtlich der Gestaltung. Dies ist auch Aussage der „RAB 31 Punkt 3.4 Form“, welche besagt, dass der Umfang und das äußere Erscheinungsbild eines SiGe-Plans dem Bauherrn überlassen sei.

Demzufolge kann der Plan auch die Form eines entsprechend ergänzenden Bauablaufplans haben. Nähere Angaben und Anhaltspunkte sollen der Anlage B der RAB 31 entnommen werden, welche allerdings bis dato nicht veröffentlicht wurde. Die Berufsgenossenschaften hatten relativ frühzeitig eine Broschüre mit einem Muster - SiGe-Plan herausgegeben.

In der Praxis hat sich dieser Plan weitgehend durchgesetzt. Grundsätzlich sind aber auch andere Arten von SiGe-Plänen denkbar und häufig auch anzutreffen. Prinzipiell entscheidet aber der Koordinator über die geeignete Art und Weise der Darstellung, es sei denn, es gibt konkrete Vorgaben, welche sich in den vertraglichen Regelungen widerspiegeln. Das Aussehen des Planes kann also vom handschriftlichen bis hin zum großformatigen Plänen reichen. Wichtig ist nur, dass in ihm alle Mindestangaben gemäß § 2(3) BaustellV und die Mindestanforderungen und Empfehlungen der RAB 31 verankert sind, da diese den Stand der Technik wiedergeben.

2.2.4 Unterlagen nach § 3 Abs. 2 BaustellV

Der Koordinator ist verpflichtet, so besagt es die BaustellV im § 3 Abs. 2 Nr. 3, bereits während der Planungsphase eine Unterlage zusammenzustellen, die für das noch auszuführende Bauvorhaben Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz enthält, die für spätere Arbeiten an der baulichen Anlage erforderlich sein können. Dabei ist ein

„Zusammenstellenlassen“ genauso zulässig wie dies auch beim SiGe-Plan möglich ist. Selbst wenn der SiGe-Plan nach § 2 Abs. 3 Satz 1 nicht erstellt werden muss, ist die Erarbeitung der Unterlagen erforderlich, vorausgesetzt die Bedingungen des § 3 Abs. 1 für die Bestellung eines Koordinators sind erfüllt. Sinn und Zweck dieser Unterlage ist es, den Sicherheitsund Gesundheitsschutz bei späteren Arbeiten an der fertig gestellten baulichen Anlage zu gewährleisten. Der Begriff „spätere Arbeiten“ umfasst, im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 3, insbesondere vorhersehbare Arbeiten. Dies sind z.B., nach der Systematik der

- „DIN 31051 Grundlagen der Instandhaltung“ und der
- „DIN 4426 Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege“, die Instandhaltung, bestehend aus Wartung, Inspektion und Instandhaltung. Beispiele im Sinne der RAB 32 Nr. 3 für Wartung sind Reinigungsarbeiten, Schornsteinfegerarbeiten oder Arbeiten an Aufzugsanlagen. Unter den Begriff der Inspektionsarbeiten fällt z.B. die Kontrolle der Regenwasserabläufe oder die Prüfung von haustechnischen Anlagen. Und unter Instandhaltung versteht man z.B. die Erneuerung von Dacheinläufen, Putzarbeiten an der Fassade oder Austausch von Fenstern. Dies soll nur ein beispielhafter Auszug solch einer Unterlage darstellen. Die Anlage IV stellt ein Inhaltsverzeichnis einer möglichen Unterlage für spätere Arbeiten nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 der BaustellV dar. Die Unterlage ist außerdem fortzuschreiben, falls nach ihrer Zusammenstellung relevante Planungsänderungen vorgenommen werden oder während der Ausführung unterlagenrelevante Festlegungen getroffen werden (RAB 32 Nr. 41 Abs. 4). Sie ist in der Regel mit ihrer Fertigstellung, spätestens jedoch mit Abschluss der Baumaßnahme, dem Bauherrn zu übergeben. Der Bauherr übergibt ein Exemplar der Unterlage einem eventuellen Betreiber oder Erwerber (RAB 32 Nr. 41 Abs. 5 und 6). Gliederung, Umfang und Inhalt der Unterlage werden in der BaustellV selbst nicht festgelegt. Ebenfalls ist auch keine Angabe bzgl. der Form der Unterlage in der BaustellV enthalten, und sie kann von dem Koordinator bzw. Bauherrn frei gewählt werden (vgl. RAB 32 Anlage A).

Die Unterlage hat lediglich folgende, nach RAB 32 Nr. 4.2.1, erforderliche Angaben zu enthalten:

- Teil der baulichen Anlage,
- Art der Arbeit,
- Gefahren,
- Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz.

2.3 Ziele und Auswirkungen der BaustellV

Besondere Gefahren auf Baustellen ergeben sich insbesondere daraus, dass Arbeiten auf der Baustelle von Beschäftigten verschiedener Arbeitgeber gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander ausgeführt werden, wodurch die Abstimmung der Arbeitgeber für die zu treffenden Schutzmaßnahmen erheblich erschwert wird. Auch sonstige auf der Baustelle Tätige, wie Unternehmer ohne Beschäftigte, tragen zu den Gefahrenpotentialen auf der Baustelle bei. Damit gemeint sind Personen, die keine Arbeitgeber im Sinne § 2 Abs. 3 ArbSchG sind und Arbeiten auf der Baustelle ausführen, wie z.B. Ein-Mann-Unternehmen oder Einzelhandwerker. Diese Selbstständigen oder selbst tätigen Handwerker sind im Regelfall nicht verpflichtet, sich an die Arbeitsschutzbestimmungen zu halten (und stellen in manchen Fällen ein schlechtes Vorbild für die „richtigen“ Arbeitnehmer dar).

Die BaustellV hat das Ziel, durch besondere Maßnahmen zu einer Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz dieser Beschäftigten auf einer Baustelle beizutragen. Sie ergänzt das deutsche Arbeitsschutzrecht um die in Kapitel 2.2 genannten Pflichten. Durch diese Maßnahmen können sich für den Bauherrn positive Effekte ergeben, wie z.B.:

- verbesserte Kostentransparenz, indem schon in der Ausschreibung auf notwendige und gegebenenfalls gemeinsam zu nutzende Einrichtungen verwiesen wird, deren nachträgliche Berücksichtigung das Bauvorhaben verteuern würde,
- Optimierung des Bauablaufes, indem Störungen vermieden, das Terminverzugsrisiko vermindert und die Qualität der geleisteten Arbeit erhöht werden,
- Reduzierung der Kosten für spätere Wartungsund Instandsetzungsarbeiten am Bauwerk, indem schon bei der Planung der Ausführung die erforderlichen Vorkehrungen für spätere Arbeiten berücksichtigt und in einer Unterlage für spätere Arbeiten an der baulichen Anlage dokumentiert werden.

2.4 Nutzen und Nutzer der BaustellV

Aus der konsequenten Anwendung der Instrumente der Baustellenverordnung ergeben sich einige Vorteile für den Bauherrn. Diese spiegeln sich in den Zielen der BaustellV wieder, und sind z.B.:

- die Verringerung der Unfallzahlen7 und der Ausfallzeiten und damit zusammenhängender Folgekosten,
- die Vermeidung von Baustillstandszeiten, unter anderem auch durch ein evtl. notwendiges Eingreifen der Aufsichtsbehörde,
- das Vermeiden von ungeplanten Ereignissen, insbesondere solchen, die eine Verzögerung des Bauablaufs nach sich ziehen,
- ein optimiertes Zusammenwirken der an Planung und Ausführung des Bauvorhabens Beteiligten,
- ein vermindertes Terminverzugsrisiko,
- eine Erhöhung der Qualität der Ausführung,
- ein weitaus zügigerer Bauablauf und
- eine Reduzierung der Kosten für spätere Wartungsund Instandsetzungsarbeiten am Bauwerk, da spätere Arbeiten bereits in der Planung berücksichtigt werden.

Der Bauherr ist als Initiator eines Bauvorhabens, einschließlich aller dadurch entstehenden Gefahren, grundsätzlich der Verantwortliche für „seine“ Baustelle. Insofern ist der Bauherr auch Adressat der Pflichten, die sich aus der Baustellenverordnung ergeben. Die wesentliche Neuerung der Baustellenverordnung ist, dass die Konzeption und Durchführung von Sicherheitsund Gesundheitsschutzmaßnahmen auf Baustellen auf die Bauherren, die Koordinatoren und die Auftragnehmer verteilt und dabei zusätzlich in die Planungsphase eines Bauprojekts vorverlegt werden. Auch wenn vom Bauherrn eine Übertragung seiner Pflichten auf einen Dritten vorgenommen wird, so verbleibt auf jeden Fall eine Verpflichtung bis zum Schluss beim Bauherrn.

2.5 Hilfsmittel zur Auslegung der BaustellV

Mit der Baustellenverordnung wurde die europäische Baustellenrichtlinie 92/57/EWG in deutsches Recht umgesetzt. Die Baustellenverordnung verlangt u. a. die Vorankündigung bestimmter Bauvorhaben bei der zuständigen Behörde, die Erarbeitung von Sicherheitsund Gesundheitsschutzplänen und die Bestellung von Koordinatoren, die das Zusammenwirken verschiedener Unternehmen bei der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten auf Baustellen steuern. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der BaustellV um eine ziemlich „schlanke“ Verordnung handelt, die relativ wenige konkrete Aussagen und Handlungshilfen aufweist, wurden in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten Anstrengungen unternommen, die BaustellV allgemeingültig zu deuten.

So wurden z.B. im Bereich der Ausbildung von SiGeKo bereits 1998 durch die Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft die sog. „Grundsätze für die berufsgenossenschaftliche Anerkennung sowie die Durchführung von Lehrgängen für Sicherheitsund Gesundheitsschutzkoordinatoren nach BaustellV“ erarbeitet. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMA) hat zwei Broschüren mit weiterführenden Informationen herausgegeben. Die „Erläuterungen zur Baustellenverordnung“ richten sich schwerpunktmäßig an die Fachwelt, währenddessen die Broschüre „Bestellung eines geeigneten Koordinators – eine Hilfe für den Bauherrn“ eher dem Laien die Problematik näher bringen sollte. Weitere Informationen können von einigen Verbänden sowie von verschiedenen Landesministerien bezogen werden. Wobei man bei diesen Broschüren beachten muss, dass sie lediglich informativen statt rechtlichen Charakter besitzen. Der Ausschuss der Ingenieurverbände und Ingenieurkammern für die Honorarordnung e.V. (AHO) veröffentlichte im Bundesanzeiger-Verlag ihr Ergebnis bzgl. der Frage nach einer genauen Abgrenzung der Leistungen nach BaustellV in Verbindung mit der dazugehörigen Honorierung. Die Honorartafel verbunden mit einem Leistungsbild wurde auf Basis einer Vielzahl von abgeschlossenen Projekten erhoben und wurde fortan weiterentwickelt und aktualisiert.

Anhand dieser Auflistung ist gut zu erkennen, dass man zwar überall an der Ausgestaltung arbeitete, aber dennoch ein Regelungsbedarf bestand.

Aus diesem Grund wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMA) der

„Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen“8 (ASGB) eingerichtet. Diesem Ausschuss gehörten Vertreter aller relevanten Interessengruppen an. Zu diesen zählten z.B. die staatlichen Arbeitsschutzbehörden, die Unfallversicherungsträger, Bauherren, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Wissenschaftler sowie Sachverständige. Als eine der Hauptaufgaben war festgelegt, dass der ASGB durch die Veröffentlichung von „Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen“, kurz RAB genannt, die Umsetzung der Baustellenverordnung zu unterstützen und diese zu konkretisieren hat. Die RAB wurden durch Projektgruppen erarbeitet und geben den „Stand der Technik bzgl. der Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen“ wieder. Sie wurden vom Bundesarbeitsminister für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt (BArbBl.) veröffentlicht und können von der Homepage der BAuA9 aus dem Internet heruntergeladen werden10.

2.6 Wirksamkeit der BaustellV

Im Jahre 2003 wurde im Rahmen der „EU-Baustellenkampagne 2003“ durch die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder in Zusammenarbeit mit den in der Baubranche tätigen Unfallversicherungsträgern (UVT) eine Bundesweite Aktion „Netzwerk Baustelle“ konzipiert und durchgeführt. Ziel dieser Unternehmungen war die Evaluation der Umsetzung der BaustellV. Mit Hilfe einer Informationsund Überwachungsphase untersuchte man anhand von fast 6.500 Baustellenrevisionen die Umsetzung der vier zentralen Anforderungen der BaustellV (Vorankündigung, SiGeKo, SiGe-Plan, Unterlage). Die Ergebnisse belegten, dass ihre konsequente Anwendung wesentlich zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen beitrug. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, das insbesondere im Bereich der Koordination und dem damit verbundenen SiGe-Plan noch erhebliche Verbesserungspotenziale auszuschöpfen sind.

Solch eine weitere Aktion wurde im Jahre 2004 mit ca. 3.500 Baustellenrevisionen bundesweit wiederholt, an der sich alle Länder und BGen11 der Bauwirtschaft beteiligt haben.

Zusätzlich zur Umsetzung der vier zentralen Anforderungen der BaustellV wurden dabei auch Daten zu konkreten Qualitätsaspekten des Arbeitsschutzes, wie z.B. Absturzsicherungen, Kranbetrieb, Baustellenverkehr und Lagerung, mit einbezogen.

Diese Aktion zeigte, dass die geforderte Koordination nach der BaustellV in weiten Bereichen wahrgenommen wird. Doch nach wie vor sind aber auch wieder die bekannten Lücken erkennbar gewesen, u. a. bei der Koordination kleiner Bauvorhaben, in der Planung und besonders bei der Erstellung der Unterlage für spätere Arbeiten. Insbesondere die Qualität der Koordination lässt zu wünschen übrig. Die Zuordnung der Verantwortlichkeiten für die Sicherheitsmaßnahmen muss weitgehend verbessert werden. Dies heißt vor allem, dass die Qualifizierung und die Qualifikation der Koordinatoren nach wie vor verbesserungsfähig sind und es immer noch viel zu oft zur Erstellung des SiGe-Plans in der Ausführungsphase des Bauvorhabens kommt, und das ist eindeutig viel zu. Bei den Arbeitsschutzbedingungen (Absturzsicherung, Kranbetrieb, Baustellenverkehr und Lagerung) ergaben sich in technischer Sicht weitgehend zufriedenstellende Ergebnisse. Das Gesamtergebnis 2004 zeigt, dass ein guter Koordinator entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Arbeitsschutzbestimmungen auf der Baustelle hat. Dieses Ergebnis ist weitgehend identisch mit der Aktion 2003 und beruht somit auf mehr als 10.000 revidierten Baustellen.

Die Gesamtheit aller Ergebnisse floss letztendlich in das BMWA - Projekt 32/0312 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin „Untersuchung zur Umsetzung der Baustellenverordnung bei ausgewählten Bauvorhaben“ ein. Der Schlussbericht dieser Umfrage ging an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit13 und hatte eine systematische Überprüfung der Umsetzung der Baustellenverordnung hinsichtlich ihrer Wirkung zum Ziel. Außerdem sollten weiterhin Handlungsoptionen für ein besseres Erreichen der Ziele der BaustellV erarbeitet werden. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung standen dabei folgende Kernpunkte:

- Sammlung statistischer belastbarer Aussagen zur Akzeptanz und Anwendung der BaustellV,
- Ermittlung der Wirkung der BaustellV hinsichtlich der Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen,
- Ermittlung der Auswirkungen der BaustellV bzgl. der Interessen der Beteiligten und
- die Erarbeitung von Optimierungspotenzialen.

Die Ergebnisse sind im Allgemeinen mit denen der „Netzwerk Baustelle“–Untersuchung identisch und laufen zum Schluss wieder auf eine mangelnde Koordinierung bzgl. des SiGe- Plans hinaus. In Anbetracht des Erstellungszeitpunktes des SiGe-Plans kann er sich nicht effektiv auswirken und entfalten. Bei rund 61% der Befragten dieser Untersuchung stellte sich heraus, dass der SiGeKo regelmäßig zu spät mit der Erstellung des SiGe-Plans beauftragt wurde. Das ist darauf zurückzuführen, dass bei diesen 61% keinerlei Regelungen zur Umsetzung des Plans im Leistungsverzeichnis vorhanden waren.

Hält man sich die Eigenschaften eines SiGe-Plans vor Augen (Form, Inhalt, Art der Erstellung), ist es, auf Grund der Tatsache, dass die Planungsprozesse beim Bau sehr iterativ und kontinuierlich laufen, dem SiGeKo eigentlich nicht möglich, diesen konsistent bis zum Schluss durchzuführen.

Gründe und mögliche Lösungen dieser Problematik werden ab dem Kapitel 3.3 dargestellt und näher erörtert.

3. Der Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan)

Der § 2 Abs. 3 der BaustellV, in der sich die Regelung zum Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) wiederfindet, setzt die Inhalte der EG-Baustellenrichtlinie um, in der geregelt ist, dass der Bauherr oder der von ihm beauftragte Dritte dafür zu sorgen hat, dass ein SiGe-Plan erstellt werden muss. Die Anforderungen, der Sinn und Zweck, der Inhalt und die Erstellung sind nur wenige Bestandteile der folgenden Seiten. Dieses Kapitel soll anhand dieser Daten die Vorund Nachteile, Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen, und knüpft somit nahtlos an das Kapitel 2.2.3 an.

3.1 Allgemeines

3.1.1 Was ist ein SiGe-Plan?

Der SiGe-Plan ist nur ein Element von den vier wichtigen der BaustellV, aber wohl das wichtigste, wenn es darum geht, die ermittelten Gefährdungen der einzelnen Arbeitsabläufe zu dokumentieren. Darüber hinaus muss der SiGe-Plan Aufschluss darüber geben, durch welche konkreten Maßnahmen bzw. durch welche Arbeitsschutzbestimmungen diese Gefährdungen vermieden, oder wenn das nicht möglich, wenigstens verringert werden können. Dieser Plan muss, wenn er dann durch bestimmte Voraussetzung14 zur Pflicht wird, auf der Baustelle einsehbar sein. Der Titel „Tapete“ lässt erahnen, in welcher Form der SiGe- Plan am häufigsten auf der Baustelle vorzufinden ist. Trotz der Tatsache, dass ein DIN A0- oder DIN A1-Plan auf der Baustelle recht unübersichtlich und unwirtschaftlich ist, wird dieser trotzdem selten in Tabellenform auf DIN-A4 oder max. DIN-A3 erstellt.

Das Erstellen des Planes an sich ist als ein iterativer Prozess anzusehen, welcher mit Beginn der Ausführungsphase keinesfalls abgeschlossen ist. Jede wesentliche Änderung des Bauablaufes oder der Baumaßnahme (auch während der Ausführungsphase) zieht eine Änderung bzw. Aktualisierung des SiGe-Plans mit sich und muss vom Bauherrn oder vom bestellten Koordinator pflichtgemäß durchgeführt werden.

3.1.2 Erforderlichkeit des SiGe-Plans

Nicht jeder Bauherr muss für „seine Baustelle“ einen SiGe-Plan anfertigen oder anfertigen lassen. Nach § 2 Abs. 3 BaustellV ist dieser nur zu erstellen, wenn auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, dazu eine Vorankündigung zu übermitteln ist und/oder besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II BaustellV ausgeführt werden. Eine komplette Übersicht über die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erstellung eines SiGe- Plans im Vergleich zu den drei anderen Hauptelementen der BaustellV kann der Abb. 3.1 Aktivitäten nach der BaustellV entnommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1: Aktivitäten nach BaustellV

Bzgl. des SiGe-Plans sind die Angaben farblich (schattiert) gekennzeichnet. Zu beachten ist, dass das Vorhandensein mehrerer Arbeitgeber auch dann der Fall ist, wenn es zum Einsatz von Nachunternehmern kommt. Die oben erwähnten bes. gefährlichen Arbeiten sind im Anhang II der BaustellV aufgeführt und sind im Einzelnen folgende:

1. Arbeiten, bei denen die Beschäftigten der Gefahr des Versinkens, des Verschüttetwerdens in Baugruben oder in Gräben mit einer Tiefe von mehr als 5 m oder des Absturzes aus einer Höhe von mehr als 7 m ausgesetzt sind,
2. Arbeiten, bei denen die Beschäftigten explosionsgefährlichen, hochentzündlichen, krebserregenden (Kategorie 1 und 2), erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdenden oder sehr giftigen Stoffen und Zubereitungen im Sinne der Gefahrstoffverordnung oder biologischen Arbeitsstoffen oder Risikogruppen 3 und 4 im Sinne der Richtlinie 90/679/ EWG des Rates vom 26. November 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit ausgesetzt sind (ABl. EG Nr. L 374 S. 1),
3. Arbeiten mit ionisierenden Strahlungen, die die Festlegung von Kontrolloder Überwachungsbereichen im Sinne der Strahlenschutzsowie im Sinne der Röntgenverordnung erfordern,
4. Arbeiten in einem geringeren Abstand als 5 m von Hochspannungsleitungen,
5. Arbeiten, bei denen die unmittelbare Gefahr des Ertrinkens besteht,
6. Brunnenbau, unterirdische Erdarbeiten und Tunnelbau,
7. Arbeiten mit Tauchgeräten,
8. Arbeiten in Druckluft,
9. Arbeiten, bei denen Sprengstoff oder Sprengschnüre eingesetzt werden,
10. Aufbau oder Abbau von Massivbauelementen mit mehr als 10 t Einzelgewicht.

Die in der Abb.3.1 erwähnten 30 Arbeitstage sind als 30 Kalendertage zu verstehen, gleich ob dies Werk-, Sonnoder Feiertage sind. Neben der „30-Tage-Regel“muss auch die Tatsache

„mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig“ vorliegen. Gleichzeitig tätig werden im Sinne der BaustellV heißt, dass planmäßig mindestens 21 Beschäftigte zur selben Zeit auf der Baustelle über eine Dauer von einer Arbeitsschicht ihre Arbeit verrichten (vgl. RAB 10 Nr. 7).

Wenn also z.B. nur 15 Beschäftigte und eine Woche später 13 andere Beschäftigte auf der Baustelle tätig werden, so entspricht dies nicht der „20-gleichzeitig-Beschäftigte-Regel“ und es muss, wenn es nicht zu bes. gefährlichen Arbeiten im Sinne der BaustellV und zu weniger als 30 Ad kommt, kein SiGe-Plan erstellt werden. Andererseits genügt es, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt (sei es auch nur 1 Ad) 21 Beschäftigte oder mehr gleichzeitig tätig werden. Es ist aber darauf zu achten, dass die auf der Baustelle tätigen Unternehmer ohne Beschäftigte sowie die Arbeitgeber nicht zu den 20 Arbeitnehmern im Sinne von § 2 Abs.2 Nr.1 zählen (siehe § 5 und 6 BaustellV).

Alternativ zu den „30-Tagen“ und „20-Beschäftigten“ gibt es aber auch noch die „500- Personentage-Regel“. Ein Personentag umfasst die Arbeitsleistung einer Person über eine Arbeitsschicht (RAB 10 Nr. 8). Wenn also, unabhängig von der Zahl der Tage und Beschäftigten, es nicht zu diesen bes. gefährlichen Arbeiten im Sinne der BaustellV kommt und weniger als 501 Personentage gezählt werden, so muss der SiGe-Plan nicht erstellt werden.

3.2 Inhalt des SiGe-Plans

Der Inhalt wird in der Verordnung selbst nur sehr knapp beschrieben. Nach § 2 Abs. 3 wird, bezogen auf die jeweilige Baustelle, nur das Anwenden der Arbeitsschutzbestimmungen und das Einleiten von besonderen Maßnahmen bei bes. gefährlichen Arbeiten nach Anhang II der BaustellV gefordert. Wenn eine gegenseitige Beeinflussung bei mehreren am Bau Beteiligten nicht auszuschließen ist, dann sind auch die betrieblichen Tätigkeiten auf dem Gelände oder in dessen Nachbarschaft in dem SiGe-Plan zu berücksichtigen (RAB 31 Nr. 3.1.6). Darüber hinaus beeinflussen aber auch die Arbeiten des Koordinators (RAB 30) den Inhalt des SiGe- Plans. Es ist daher erforderlich, neben den o. g. Vorgaben, welche sich aus den BaustellV ergeben, weitere Aspekte in den SiGe-Plan einfließen zu lassen. Auf Grund dieser Tatsache unterscheidet man in der RAB 31 unter Ziffer 3.2 und 3.3 zwischen inhaltlichen Mindestanforderungen und inhaltlichen Empfehlungen. Doch bevor man diese sich erarbeitet gilt es, um sich überhaupt einen Grobüberblick zu verschaffen, Vorinformationen zur Erstellung des SiGe-Plans einzuholen.

3.2.1 Vorinformationen

Zunächst bedarf es einer gründlichen SiGe-Planung, bevor man überhaupt mit der Erstellung des SiGe-Plans beginnt. Diese Planung beruht auf der Sammlung von ausreichenden Informationen und Materialen / Unterlagen zum Bauvorhaben. Nur wenn man in Kontakt mit den Planungsbeteiligten tritt, kann man sich die vorhabensbezogenen Grundlagen erarbeiten. Zu diesen Vorinformationen zählen:

- Informationen zu Planungsbeteiligten (u. U. Umfang Planungsaufträge),
- Art der Vergabe (z.B. Einzelunternehmer nach Gewerken, Generalunternehmer, Generalübernehmer),
- Art der baulichen Anlage bzw. der beabsichtigten Bauarbeiten (z.B. Neubau, Bauen im Bestand, Umbau, Sanierung, Abbruch),
- Baubeschreibung,
- Lageplan (mit Nachbarschaft),
- Entwurf für die Ausführung,
- Prognose über die Zahl der Unternehmen, der eingesetzten Beschäftigten,
- Prognose über mögliche Arbeitsverfahren, ggf. eingesetzte technische Geräte und Maschinen,
- Ortsbesichtigung (ggf. Fotos),
- Ergebnisse aus Untersuchungen des Baufeldes (z.B. Geologie, Kontamination, Altlasten, Bodeneinbauten, Leitungen),
- betriebliche Tätigkeiten auf dem Gelände,
- betriebliche oder öffentliche Tätigkeiten mit Auswirkungen auf das Baufeld (z.B. auch Verkehr),
- Anbindung der Baustelle an öffentlichen Verkehrsraum (z.B. Baustellenabund Zufahrt),
- Anbindung der Baustelle an öffentlichen Verund Entsorgung (z.B. Wasser, Strom, Abwasser),
- vorgesehene Bauzeit,
- Gesamtterminplan und erster Bauzeitenplan,
- zeitliche und räumliche Überschneidungen zw. Gewerken,
- Gliederung des Gesamtvorhabens in Lose oder Bauabschnitte,
- Vorgaben der Bauherren,
- Unterlagen für spätere Arbeiten (z.B. beim Bauen im Bestand),
- Frage nach Aufstellung einer für das Bauvorhaben geltenden Baustellenordnung,
- Frage nach der Erstellung eines Notfall-/Rettungskonzeptes für das BV,
- Frage nach der Erstellung eines Baustelleneinrichtungsplans für das BV. Sie können der Anlage A zur RAB 31 entnommen werden.

Auf Basis diesen Wissen kann der Bauherr oder der von ihm beauftragte Dritte (Koordinator) mit der Erstellung des SiGe-Plans beginnen. Festzuhalten ist, dass er den Plan während der Ausführungsplanung zu erstellen hat und Änderungen, welche bei der Ausführung des BV entstehen, einarbeiten muss, um diesen anzupassen.

3.2.2 Inhaltliche Mindestanforderungen

Die o. g. und in der BaustellV verankerten Mindestinhalte des SiGe-Plans sind in der RAB 31 als Mindestanforderungen präzisiert worden. Nach Nr. 3.2 gehören folgende Grundelemente in einen SiGe-Plan:

- Arbeitsabläufe,
- Gefährdungen,
- räumliche und zeitliche Zuordnung der Arbeitsabläufe,
- Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Gefährdungen und
- Arbeitsschutzbestimmungen

3.2.2.1 Arbeitsabläufe

In Anlehnung an VOB Teil C ATV15 DIN 18300 ff. unter Berücksichtigung der DIN 18299, sollten die für die Realisierung nötigen Arbeitsabläufe vorzugsweise nach Gewerken gegliedert werden. Die folgende Abbildung soll nur einen kleinen Auszug jener VOB/C darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.2: VOB/C Inhaltsübersicht (Auszug)

3.2.2.2 Gefährdungen

Eine Gefährdung als technischer Begriff bedeutet die Möglichkeit, dass die am Bau beschäftigte Person räumlich und/oder zeitlich mit einer Gefahrenquelle zusammentreffen kann. Das Wirksamwerden der Gefahr führt zu einem Schaden, z.B. zu einer Verletzung oder zum Tod. Wenn man das ganze unter den Gesichtspunkt eines Bauvorhabens stellt, kommt es insbesondere darauf an, dass die Gefährdungen als erstes einmal ermittelt und dokumentiert werden. Vor allem jene, die im Zusammenhang mit den örtlichen Gegebenheiten auf der Baustelle und dem gleichzeitigen Tätigwerden von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber stehen. Gemäß der RAB 31 müssen, ausgehend von den gewerkbezogenen Gefährdungen, die Möglichkeiten des Übergreifens der Gefährdungen auf andere Gewerke oder auf die Umgebung ermittelt werden. Die gewerkbezogenen Gefährdungen sind jene, die bei der Ausführung auftreten, wie z.B. das Abstürzen von hochgelegenen Arbeitsplätzen oder die Verschüttungsgefahr bei Erdarbeiten. Die gewerkübergreifenden Gefährdungen kann man grundlegend in drei Kategorien einteilen:

- gegenseitigen Gefährdungen, welche sich durch örtliches und zeitliches Zusammentreffen mehrerer Gewerke ergeben (z.B. eine Lärmeinwirkung am Arbeitsplatz durch Baumaschinen anderer Gewerke)
- Gefährdungen aus den örtlichen Gegebenheiten auf der Baustelle (z.B. aus Emissionen durch Lärm oder durch erdverlegte Leitungen oder Freileitungen, die über das Baufeld führen)
- Gefährdungen aus dem Umfeld der Baustelle und/oder durch Dritte (z.B. durch betriebliche Tätigkeiten des Bauherrn, durch öffentlichen Verkehr oder durch Nachbarbaustellen)

3.2.2.3 Räumliche und zeitliche Zuordnung der Arbeitsabläufe

Die möglichen Wechselwirkungen der Gewerke bzgl. Raum und Zeit sind z.B. in Form von Bauzeitplänen darzustellen und zu kennzeichnen. Für Baustellen des Hochbaus kann man auf die Form von Balkendiagrammen und für Baustellen des Tiefbaus, welche sich oftmals als Linienbaustellen darstellen, auf die von Weg-Zeit-Diagrammen zurückgreifen. Die zeitlichen Festlegungen des Koordinators können aber nur so genau sein, wie es ihm die Vorgaben und Abstimmungen mit dem Bauherrn, Architekten oder Fachplaner erlauben.

3.2.2.4 Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Gefährdungen

Diese Maßnahmen müssen von den Verantwortlichen (Bauherr, Architekt, u. a.) festgelegt und vom Koordinator in den SiGe-Plan übernommen werden. Bei der Auswahl dieser, sind die geltenden Arbeitsschutzbestimmungen und die Erkenntnisse zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz nach dem Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und Hygiene sowie gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen und die Grundsätze nach

§ 4 des Arbeitsschutzgesetzes anzuwenden. Allerdings sollten Unterweisungen, Bereitstellung geeigneter und sicherer Arbeitsmittel und PSA16 nicht auf dem Plan erscheinen, da der Arbeitgeber nach den Arbeitsschutzbestimmungen generell dazu verpflichtet ist, dies durchzuführen.

3.2.2.5 Arbeitsschutzbestimmungen

Die BaustellV fordert in § 2 Abs. 3 Satz 2, dass die Arbeitsschutzbestimmungen in dem SiGe- Plan aufzuführen sind. Bereits die alleinige Benennung würde diese Forderung erfüllen. Man muss also nicht noch einmal detailliert auf diese staatlich autonomen (berufsgenossenschaftlichen) Vorschriften und Regeln eingehen. So reicht es z.B., wenn auf einer Baustelle der Seitenschutz im SiGe-Plan als gemeinsam genutzte Schutzmaßnahme benannt wird, den folgenden Hinweis auf dem Plan zu vermerken:

„BGV C22“ und „DIN EN 13374“

Die BGV sind die Berufsgenossenschafts-Vorschriften. Das Blatt C22 beinhaltet im Allgemeinen die „Bauarbeiten“ und die DIN EN 13374 gibt Auskunft über „Temporäre Seitenschutzsysteme“. Die Gesamtheit dieser Informationen legen die Anforderungen fest, nach denen das verantwortliche Unternehmen den Seitenschutz errichten muss17.

3.2.3 Inhaltliche Empfehlungen

Die RAB 31 empfiehlt unter Ziffer 3.3 noch zusätzliche Elemente in den SiGe-Plan aufzunehmen. Dies könnten nach Erkenntnisstand bei der Bearbeitung des SiGe-Plans beispielsweise folgende sein:

- Vorgesehene bzw. beauftragte Unternehmen,
- Gefährdungen Dritter,
- Termine,
- Mitgeltende Unterlagen,
- Informationsund Arbeitsmaterialien zum Arbeitsund Gesundheitsschutz,
- Ausschreibungstexte.

Die oben genannten Nennungen sind aber nicht als abschließend zu verstehen, sondern können nach freiem Ermessen fortgeführt und ergänzt werden.

[...]


1 Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni 1992

2 Baustellenverordnung vom 10. Juni 1998, BGBl I S. 1283

3 BGBl. I, S. 3816

4 Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen nach BArbBl.

5 Sicherheitsund Gesundheitsschutzplan nach § 2 Abs. 3 BaustellV

6 vgl. RAB 30 Nr. 4 Abs. 1

7 siehe dazu Kapitel 1, Abb.1.1 und 1.2

8 ASGB von Minister W. Riester 2000 eingerichtet, BArbBl. 1/2000

9 Bundesanstalt für Arbeitschutz und Arbeitsmedizin

10 http://www.baua.de/prax/bau/bst_vo.htm

11 Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft

12 Aktenzeichen IA20815

13 heute Bundesministerium für Arbeit und Soziales

14 siehe Kapitel 3.1.2 Erforderlichkeit des SiGe-Plans

15 Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil C nach allg. techn. Vertragsbedingungen

16 Persönliche Schutzausrüstung

17 vgl. H.-C. Blume/M. Glawe, „Leitfaden für die Erstellung des SiGe-Planes“ Band 2, Logos Verlag 2005, S. 23

Excerpt out of 146 pages

Details

Title
Entwicklung einer Methode zur zweistufigen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanung
Subtitle
Die Unterstützung der Baubranche mittels EDV
College
Leipzig University of Applied Sciences
Grade
1
Author
Year
2006
Pages
146
Catalog Number
V114212
ISBN (eBook)
9783640145072
ISBN (Book)
9783640146208
File size
11598 KB
Language
German
Keywords
Entwicklung, Methode, Sicherheits-, Gesundheitsschutzplanung
Quote paper
Dipl.-Ing. Tobias Bernhardt (Author), 2006, Entwicklung einer Methode zur zweistufigen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114212

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