Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Ausgangslage des Unterrichts
1.1. Institutionelle Bedingungen
1.2. Anthropologische Bedingungen
1.2.1. Reflexion der Lerngruppe
1.2.1. Sachstruktureller Entwicklungsstand
1.2.2. Beschreibung einzelner Kinder
2. Sachanalyse
2.1. Kreatives Schreiben
2.1. Bild von Erwin Moser als Schreibimpuls
3. Didaktische Analyse
4. Zu erreichende Ziele und Kompetenzen
4.1. Bezug zum Bildungsplan
4.2. Ziele
5. Methodische Überlegungen
5.1. Einstieg
5.2. Hinführung
5.3. Erarbeitungsphase
5.4. Arbeitsphase
5.5. Reflexion
5.6. Abschluss
6. Unterrichtsskizze
7. Literaturverzeichnis
1. Ausgangslage des Unterrichts
1.1. Institutionelle Bedingungen
Die im Jahr 1908 gegründete S.-Schule in Bad C. ist eine 2-3zügige Grund-, Haupt- und Werkrealschule mit einem Ganztagesangebot. Die Schule weist ein großes Einzugsgebiet auf und eine breite Streuung der Sozialschichten ist vorhanden. Im Hauptschulbereich gibt es besondere Unterrichtsangebote, ein gemeinsames Mittagessen und ein offenes Freizeitangebot während der Mittagspause. Die Grundschule verfügt über eine Kernzeiteinrichtung und bietet den Kindern, neben dem eigentlichen Unterricht, die Möglichkeit, an zahlreichen Schulprojekten teilnehmen. Der Spendenlauf, die Projekttage oder der Lesewettbewerb können hierfür stellvertretend genannt werden.
1.2. Anthropologische Bedingungen
1.2.1. Reflexion der Lerngruppe
Die Klasse 1 setzt sich aus 11 Jungen und 7 Mädchen zusammen, also insgesamt 18 Kinder. Ich unterrichte die Klasse in den Fächern Deutsch, Englisch und im Fächerverbund Mensch, Natur und Kultur1.
Die Klasse zeichnet sich durch ein gutes Arbeitsverhalten aus. Während meiner bisherigen Unterrichtsversuche konnte ich einen positiven Klassenzusammenhalt sowie ein gutes Sozialverhalten der Kinder untereinander feststellen. Die meisten Kinder können sich in Einzelarbeitsphasen konzentrieren und ruhig arbeiten, sind motiviert und beteiligen sich aktiv am Unterricht. Auch Arbeitsphasen an den Gruppentischen, die vor 2 Wochen eingeführt wurden, verlaufen in der Regel ruhig. Allgemein herrscht eine positive Lernatmosphäre.
Im Hinblick auf die in dieser Stunde anzustreben Kompetenzen (siehe Punkt 4.2), bringen die Kinder schon Vorerfahrungen aus vorhergehenden Deutschstunden mit. Sie konnten bereits erste Erfahrungen beim Verschriften von Wörtern, Sätzen und kurzen Geschichten sammeln. Die meisten Kinder sind in der Lage, Ideen zu einem vorgegebenen Impuls zu entwickeln und diese altersgemäß zu verschriftlichen. Das Ritual des Erzählstuhls ist den Kindern bekannt und sie können einen selbst geschriebenen Text vorlesen.
Die Sozialform des „Museumsrundgang“ ist den Kindern bekannt und kann ohne detaillierte Erklärungen umgesetzt werden. Das Beschriften eines Plakats an den Gruppentischen bzw. das Sammeln von Ideen ist für die Kinder relativ neu, sodass sie noch nicht sehr vertraut mit der Methode sind und diese erst noch üben müssen.
Unterrichtsstörungen kommen eher selten vor und sind auch meist mithilfe von Gestik und Mimik zu unterbinden.
Die Klangschale wird von mir gezielt eingesetzt, um eine Arbeitsphase zu beenden und die Aufmerksamkeit der Kinder auf mich zu lenken oder als Ruheritual, wenn die Klasse in einer Arbeitsphase zu laut ist. Vor den jeweiligen Arbeitsphasen signalisiere ich den Kindern durch Bildkarten, ob die Leiseregel (bei Einzelarbeit) oder die Flüsterregel (bei Partner- oder Gruppenarbeit) gilt.
Ich unterrichte die Klasse sehr gerne und habe in der kurzen Zeit eine gute Beziehung zu den Kindern aufbauen können.
1.2.1. Sachstruktureller Entwicklungsstand
Die Klasse 1 weist hinsichtlich der Entwicklungsstände der Schreibstrategien erhebliche Unterschiede auf. Einige Kinder sind noch bei der alphabetischen Strategie und verschriftlichen die Wörter lautgetreu. Andere Kinder hingegen verwenden bereits orthographische Strategien, indem sie beispielsweise Rechtschreibphänomene beachten und versuchen, das Prinzip der Groß- und Kleinschreibung anzuwenden.
Hinsichtlich des Verfassens von eigenen kurzen Texten haben die Kinder bereits Erfahrungen machen können. Beispielsweise haben sie nach den Ferien ihre Erlebnisse verschriftlicht und erste Schreibanlässe in Form von Bildern und Bilderbüchern kennen gelernt.
1.2.2. Beschreibung einzelner Kinder
A. und M. arbeiten sehr langsam und haben manchmal Probleme, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen. Bei Arbeitsaufträgen, die mehrere Schritte erfordern, halten sie sich oft zu lange an einem Schritt auf. Beide beteiligen sich selten am Unterrichtsgeschehen und haben des Öfteren Schwierigkeiten, Arbeitsaufträge umzusetzen. Dies ist damit zu erklären, dass sie sprachliche Schwierigkeiten haben, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache zu Hause ist. Aufgrund dessen, biete ich beiden Kindern zusätzliche Hilfestellung an, indem ich sie während Einzelarbeitsphasen frage, ob sie meine Aufgabenstellung verstanden haben und erkläre es bei Bedarf nochmals, oder bitte deren Gruppentischpartner bzw. andere Kinder, ihnen zu helfen. Zusätzlich biete ich A. und M. leichtere Aufgaben an.
2. Sachanalyse
2.1. Kreatives Schreiben
Das kreative Schreiben ist eine besondere Form des Schreibens, in der die kreativen Prozesse eine zentrale Rolle spielen. Bei diesem Schreibansatz, der mittlerweile in vielen Bildungseinrichtungen fest verankert ist2, soll durch bestimmte Impulse die Fantasie und Kreativität der Kinder geweckt werden. Diese Impulse können unterschiedlicher Art sein, beispielsweise ein Bild, eine Fantasiereise oder ein Gegenstand. Die Kinder dürfen frei und ohne konkrete Vorgaben schreiben, was ihnen zum gegebenen Impuls einfällt. Das Konzept des kreativen Schreibens lässt sich kaum einheitlich beschreiben, weil es verschiedene Methoden und Ziele beinhaltet3. Grundlegend für alle Methoden des kreativen Schreibens ist das, von Spinner formulierte, Prinzip der Imagination, also der Einbildungskraft4. Ein weiteres wichtiges Merkmal des kreativen Schreibens ist die Prozessorientierung. Hier liegt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum traditionellen Aufsatzunterricht, der durch ein geplantes und systematisches Schreiben charakterisiert werden kann. Das bedeutet, dass bei den Schreibansätzen des kreativen Schreibens nicht der fertige Text im Mittelpunkt steht, sondern vielmehr der Weg dorthin. Der eigenen Fantasie und Kreativität kann somit mehr Raum gegeben werden, wenn die Kinder nicht bestimmte Regeln und Vorgaben einhalten müssen.
Beim kreativen Schreiben, das vom amerikanischen „creative writing“ abgeleitet ist, wird grundlegend angenommen, „dass jeder Mensch ein kreatives Potenzial besitzt, das auch sprachliche Kreativität umfasst“5. Aufgrund dieser Annahme ist es folglich möglich, und vor allem wichtig, dass diese Fähigkeit ausreichend durch entsprechende Schreibmöglichkeiten gefördert wird.
Hinsichtlich des Anfangsunterrichts dient das kreative Schreiben zunächst dazu, den Kindern erste Schreibanlässe zu eröffnen und sie behutsam an das Schreiben heranzuführen. Die Schreibforschung bestätigt, dass kreatives Schreiben einen großen Einfluss auf die Schreibmotivation hat und diese stärkt6. Diese Motivation, sich auf die Schrift und auf die Formulieren eigener Texte einzulassen, ist eine wichtige Basis für eine positive Schreibentwicklung. Aufgrund dessen wird empfohlen, bereits sehr früh, sprich in Klasse 1, mit den ersten kreativen Schreibversuchen zu beginnen. Dies wird weiter noch damit begründet, dass Kinder eine natürliche Schreibfreude besitzen, wenn sie in die Schule kommen. Außerdem haben sie noch keine Angst vor Rechtschreibfehlern, weil ihnen diese noch nicht bekannt sind und somit keine Schreibhemmungen verursachen können7.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Hinblick auf den Anfangsunterricht ist, dass die Schreibprozesse individuell und daher auch differenziert sind. Kreative Schreibanlässe bieten jedem Kind genau die Möglichkeiten, die es individuell zu einem bestimmten Zeitpunkt braucht, weil keine Vorgaben oder Normen eingehalten werden müssen. Wichtig ist natürlich auch, dass die Schreibanlässe bzw. Impulse aus der Erlebnis- und Interessenwelt der Kinder stammen und ihre Schreibergebnisse ausreichend gewürdigt und anerkannt werden.
2.1. Bild von Erwin Moser als Schreibimpuls
Das Konzept des kreativen Schreibens beinhaltet viele unterschiedliche Methoden. Die Kinder dürfen frei und ohne strikte Vorgaben schreiben, dennoch brauchen sie bestimmte Anregungen für den Schreibprozess. Es muss also eine „didaktische Inszenierung“8 dem eigentlichen Schreibprozess vorausgehen. Der geplanten Unterrichtstunde liegt die Methode „Schreiben durch Stimuli“9 zugrunde.
Das Bild von Erwin Moser, welches als Schreibimpuls für die heutige Stunde dienen soll, zeigt einen Pinguin, der sich mit seinem Fallschirm an einem Kaktus in der Wüste verfangen hat. Im Hintergrund ist ein abgestürztes Flugzeug zu sehen. Des Weiteren zeigt das Bild zwei Mäuse, die versuchen, dem Pinguin zu helfen. Eine Maus hat eine Matratze unter dem Pinguin ausgebreitet, während die andere Maus eine Axt zur Hilfe nehmen will, um den Kaktus zu fällen.
3. Didaktische Analyse
Eine der zentralen Aufgaben des Deutschunterrichts ist es, dass bei den Kindern frühzeitig Freude am Umgang mit Sprache geweckt wird und sie zum selbständigen Schreiben motiviert werden. Es ist dabei wichtig, dass sie sich als kompetent und vor allem erfolgreich erleben10. Hierfür muss im Unterricht ein Angebot interessanter und kindgerechter Schreibanregungen bereitgehalten werden11. Diese Angebote sollten die Kinder auf verschiedenen Niveaustufen herausfordern, was zu einer Differenzierung im Unterricht beiträgt. Beim kreativen Schreiben in Klasse 1 werden die eben genannten Anforderungen und Leitgedanken des Deutschunterrichts umgesetzt. Die Kinder machen erste, nicht an Normen gebundene, Erfahrungen mit der Schrift und werden durch altersgerechte Impulse zum Schreiben motiviert.
Die Auswahl eines Bildes als Schreibimpuls kann damit begründet werden, dass Kinder generell große Freude am Umgang mit Bildern haben. Sie sehen sich gerne Bilderbücher an und malen auch selbst gerne Bilder zu verschiedenen Anlässen.
Die Illustrationen von Erwin Moser, die in zahlreichen Bilder- und Kinderbüchern zu finden sind, weisen eine kindgerechte Gestaltung auf und laden Kinder zum Träumen, Schmunzeln und Fantasieren ein. Aus diesen Gründen habe ich mich für ein Bild von Erwin Moser als Schreibanlass entschieden.
[...]
1 nachfolgend MeNuK genannt
2 vgl. Böttcher 2010, S. 7
3 vgl. Bartnitzky 2000, S. 99-102 & Böttcher 2010, S. 24 ff.
4 vgl. Böttcher 2010, S. 14
5 Böttcher 2010, S. 15
6 vgl. ebd., S. 21
7 vgl. ebd., S. 36
8 Bartnitzky 2000, S. 102
9 Böttcher 2010, S. 27
10 vgl. ebd., S. 43
11 vgl. ebd., S. 47