Japan - ein Land mit Raumproblemen - Erprobung ausgewählter Methoden zur Förderung der Kartenkompetenz


Unterrichtsentwurf, 2008

51 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Begründung der Themenstellung
1.2 Das Problem der Komplexität von Karten
1.3 Zielsetzung des Unterrichtsvorhabens

2. Kartenkompetenz im Erdkundeunterricht
2.1 Was ist Kartenkompetenz?
2.2 Methoden zur Förderung von Kartenkompetenz
2.2.1 Reduktion von Komplexität durch den Lehrer
2.2.2 Reduktion von Komplexität durch den Schüler

3. Planung der Unterrichtsreihe
3.1 Bezüge zum Rahmenlehrplan
3.2 Lernvoraussetzungen
3.3 Sachanalyse
3.4 Didaktische und methodische Entscheidungen
3.4.1 Zur Frage nach der Progression
3.4.2 Transparenz
3.4.3 Überlegungen zum Auswertungsverfahren
3.4.4 „Additive Schichtenmethode“
3.4.5 Versprachlichungskompetenz
3.5 Erkenntnisabsicht und Indikatoren

4. Durchführung und Reflexion ausgewählter Aspekte
4.1 Synoptische Darstellung der Unterrichtsreihe
4.2 Warum haben die Japaner ein Raumproblem? (Stunde 1)
4.2.1 Zielsetzung
4.2.2 Auswahl der Karte
4.2.3 Einbindung in die Fragestellung
4.2.4 Arbeit mit Karte 1
4.2.5 Fazit der 1.Stunde
4.3. Entwicklung eines Auswertungsverfahrens (Stunde 2)
4.3.1 Zielsetzung
4.3.2 Durchführung und Analyse
4.3.3 Fazit der 2. Stunde
4.4 Auf welche Weise wird Neuland gewonnen und wie wird es genutzt? (Stunde 3)
4.4.1 Zielsetzung
4.4.2 Auswahl der Karte
4.4.3 Einbindung in die Fragestellung
4.4.4 Arbeit mit Karte 2
4.4.5 Fazit der 6.Stunde

5. Gesamtreflexion und Ausblick

6. Literatur

7. Anhang

1. Einleitung

1.1 Begründung der Themenstellung

Kartendarstellungen nehmen unverkennbar einen wichtigen Stellenwert in unserem Leben ein. Wer sich in einer fremden Umgebung orientieren möchte, wird dabei in aller Regel auf Landkarten, Straßenkarten, Stadtpläne[1] oder U-Bahnpläne zurückgreifen.

Zunehmend bedienen sich außerdem die modernen Massenmedien kartographischer Darstellungen, um Sachinformationen mit topographischen Informationen zu verknüpfen.

In der Fachliteratur zum Einsatz von Karten in der Schule besteht Einigkeit über die Bedeutung von Karten: Sperling (1982) verdeutlicht den Wert der Karte als Kultur- und Bildungsgut und zeigt bildungstheoretische, lerntheoretische und informationstheoretische Aspekte der Arbeit mit Karten auf. Altemüller (1992:18) unterstreicht die gestiegene Bedeutung von Karten mit dem Hinweis auf die „moderne Informationsgesellschaft“, Hüttermann (1998: 9) spricht von dem Eindringen der Karte „in alle Lebensbereiche“ im Rahmen der „zunehmenden Bedeutung visueller Kommunikation“, und schließlich hebt Lenz(2005) mit Blick auf die Schule hervor, dass die Karte ein für die geographische Ausbildung unverzichtbares fachtypisches Arbeitsmittel darstellt, ohne das die Raumbewertung, der Aufbau von Orientierungsfähigkeit und die Entwicklung der raumbezogenen Handlungskompetenz nicht vorstellbar sei.

1.2 Das Problem der Komplexität von Karten

Hüttermann (2001:25) weist allerdings darauf hin, dass die Komplexität der Karten, mit denen die Schüler in der Schule und zunehmend auch in ihrer außerschulischen Erfahrungswelt konfrontiert werden, eine Herausforderung darstellt.

Komplexe Zusammenhänge sind nach Kaminske (1998) solche, die eine Vielzahl von Phänomenen in vielfältiger Weise miteinander verknüpfen.

Ein Blick in den Atlas mag das demonstrieren. Eine generelle Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die Karten in allen Schulatlanten klassenstufenunabhängig gestaltet sind. Unter Ausschöpfung der Vielfalt der kartographischen Gestaltungsmöglichkeiten sind die Karten oft mehrschichtig und komplexanalytisch[2].

Durch geschickte Gestaltung, zum Beispiel bei synthetischen Karten, bei denen zugrunde liegende komplexe Sachverhalte in die Legende verlagert wurden, entstehen inhaltlich dichte, aber grafisch „noch so eben“(Hüttermann 1992:2) tragbare Karten. Dies gilt im gleichen Maße auch für die neuen Ausgaben.

Die Generalisierung auf inhaltlicher sowie graphischer Ebene durch den Kartographen führt mitunter zu einem hohen Abstraktionsgrad, sodass sich Schülern die Aussage, Karten bildeten Realität ab, nicht mehr ohne weiteres erschließt.

Claaßen (1997) schreibt der Informationsfülle der Karten zu, dass gerade die Kartenarbeit bei Schülerinnen und Schülern zu Verdruss führt. Auch Lenz (2005:4) konstatiert einen „nicht selten“ geringen Motivationsgrad und infolgedessen hohen Zeitaufwand für die Interpretation.

1.3 Zielsetzung des Unterrichtsvorhabens

Folgt man dem von Robinsohn 1969 formulierten Konzept von Erziehung in der Schule als „Lebensvorbereitung von Jugendlichen“, muss Unterricht dem oben skizzierten Stellenwert von Karten sowie den damit verbundenen Problemen Rechnung tragen und den Schülern die Fähigkeit zum Umgang mit Karten, kartographische Kompetenz oder verkürzt: Kartenkompetenz vermitteln.

Hüttermann betont, dass es einer Didaktik der Schulkartographie[3] nicht lediglich um methodische Kniffe, sondern „um die sinnvolle Einbindung von Karten in einen Fragehorizont des Unterrichts“ gehe (Hüttermann 1992:5). Dabei eigneten sich die Schüler das notwendige methodische Instrumentarium „nebenbei“ an. Das gehe so nebenbei nur, wenn die Lernprozesse vom Lehrer angemessen gesteuert und transparent gemacht würden (Hüttermann 2001:25).

Dieser Auffassung folgt auch Lenz (2005) und unterstreicht, dass die „Interpretation einer Karte keinen Selbstzweck hat, sondern der Beantwortung einer bestimmten Problemstellung dient“ (Lenz 2005:6). Die Einbindung in eine konkrete Problemlösesituation ist meiner Ansicht nach außerdem eine direkte Konsequenz aus dem Kompetenzbegriff, wie ihn Weinert (2001:27f) definiert.

Lenz (2005) und Hüttermann (2005) vertreten somit einen situativ-integrativen Ansatz, dem auch in dieser Arbeit gefolgt werden soll.

Von einer konkreten Fragestellung isolierte Einführungslehrgänge zum Umgang mit Karten, wie sie zum Beispiel von Richter (1997) vorgeschlagen werden, scheiden demnach für die Durchführung dieser Reihe schon an dieser Stelle aus.

Der Bedeutungsumfang des Begriffs Methoden wird nach Stiller (2001) in Richtlinien und Lehrplänen unterschiedlich weit gesehen: Er reiche von Einzeltechniken bis hin zu komplexen methodischen Gesamtkonzepten. Zudem sei nicht immer eindeutig, wer als Akteur methodischen Handelns gemeint sei: Lehrer/innen und/oder Schüler/innen.

Unter Berücksichtigung des oben skizzierten integrativen Ansatzes umfasst der Begriff Methode im Rahmen dieser Arbeit folgende Aspekte:

a) Die tragenden Prinzipien bei der Konzeption der Lernsituation

Im Einzelnen werden in dieser Reihe folgende Prinzipien berücksichtigt:

- Das Prinzip der Einbindung in eine konkrete Fragestellung (vgl. 1.2)
- Das Prinzip der kartendidaktischen Progression (vgl.2.2.1)

b) Die von den Schülern erlernbaren Arbeitstechniken, die ihnen einen selbständigen und aktiven Umgang mit Karten ermöglichen.

Erprobt werden:

- Die „additive Schichtenmethode“ als Teilverfahren der Kartenherstellung (vgl. 3.4.4)
- Die Erarbeitung sowie Anwendung eines Auswertungsverfahrens (vgl.3.4.3)
- Die Lupenmethode (vgl. 2.2.2)

Das zentrale Anliegen dieser Arbeit besteht darin zu prüfen, ob und inwieweit die von mir gewählten Methoden dazu beitragen, die Kartenkompetenz meiner Schüler zu fördern.

Daraus ergibt sich die Struktur dieser Arbeit:

Nach eingehender Betrachtung der theoretischen Grundlagen (2) sollen die tragenden Erwägungen der Planung des Unterrichtsvorhabens vorgestellt werden (3). Dazu gehört neben der Analyse der Unterrichtsvoraussetzungen auch eine Sachdarstellung des inhaltlichen Schwerpunkts mit einem Fokus auf die Verschränkungen zwischen Inhalt und Methode. Zudem werden in Passung an meine Lerngruppe Methoden ausgewählt und modifiziert.

Unter (4) werden ausgewählte Aspekte der Durchführung vorgestellt, reflektiert und unter (5) einer Gesamtreflexion unterworfen.

2. Kartenkompetenz im Erdkundeunterricht

2.1 Was ist Kartenkompetenz?

Eine Karte ist nach Rinschede (1990) die maßstäblich verkleinerte, verebnete, generalisierte Darstellung der Erdoberfläche oder eines Teiles von ihr.

Sie lässt sich zunächst als Informationsträger ansehen, der, so wie auch textliche Darstellungen, verschlüsselt Informationen anbietet, die von einem Nutzer gelesen werden können. Diese Sicht auf die Karte entspricht der Interpretation von PISA: Im Rahmen der Studie fallen Karten als „nicht-kontinuierliche Texte“ in den Bereich der „reading literacy“ (Baumert 2001:80).

Entsprechend der konstruktivistischen Lerntheorie wird bei PISA unter Lesekompetenz nicht nur die Dekodierung der verschlüsselten Information, sondern eine „aktive Auseinandersetzung mit Texten“ und eine „Konstruktionsleistung des Individuums“ verstanden.

Claaßen beschreibt bereits im Jahr 1997 den Prozess der Auseinandersetzung mit der Karte als Kommunikation, innerhalb derer der Kartennutzer die Informationen der Karte entschlüsselt und sich dadurch ein Bild von der Realität macht. Verschiedene Kartennutzer könnten dabei auch durchaus zu ganz unterschiedlichen Bildern kommen (Claaßen 1997:5), abhängig von den Fähigkeiten und dem Vorwissen des Nutzers (Ergänzung des Autors dieser Arbeit).

Claaßen (1997) weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Mental Maps, den individuellen Repräsentationen von geographischem Raum im Kopf jedes Menschen hin.

Dies zeigt meiner Ansicht nach, dass mit dem Ansatz der Kommunikation mit Karten schon früh ein aktiver Prozess der Auseinandersetzung beschrieben wurde, der dem an konkrete Handlungssituationen gebundenen Kompetenzbegriff (vgl. Weinert 2001:27f und Baumert 2001) entgegenkommt.

Gegen eine Unterordnung der Karte unter die Kategorie der nicht-kontinuierlichen Texte wendet sich Hüttermann (2005:4ff) und betont die Bedeutung der Karte als eigenständige geographische Repräsentationsform. Das Besondere der Karte liege darin, dass die räumliche Anordnung von Informationen in räumlicher Form , also chorographisch präsentiert werde, was sie von chronologischen bzw. sequentiellen Arrangements wie Texten abhebe.

Nach (Hüttermann 2005:4) besitzen Karten im Unterschied zu sequentiellen Texten „inhärente Struktureigenschaften, die mit den Struktureigenschaften des darzustellenden Sachverhalts übereinstimmen“.

Dies hat den Vorteil, dass

- bestimmte Informationen wie Lagebeziehungen an der Repräsentation direkt abgelesen werden können
- sie vollständig sind (Abbildung ganzer Raumeinheiten)
- sie als Repräsentationsformen robuster sind als deskriptive Formen wie Texte (meist reichen Teile von Karten aus, was bei Texten zu Informationsverlusten führt).

Hüttermann (2005) merkt an, dass in der Fachdiskussion zu stark in den Hintergrund getreten sei, dass die PISA-Studie stark auf mathematische und sprachliche Kompetenzbereiche zugeschnitten sei. Dies habe dazu geführt, dass beispielsweise eigenes Kartenzeichnen nicht vorgesehen sei. Der Autor hält neben der „Auswertung von Karten die Teilkompetenzen „Fähigkeit zur Bewertung von Karten“ und „Fähigkeit zum selbständigen Zeichnen von Karten“ für außerordentlich wichtig.

Hüttermann (2005) steckt damit ein Feld ab, das über das Verständnis der Kartenkompetenz als Teilbereich der „literacy“ bei PISA hinausgeht und schlägt stattdessen den von Boardman (1983) geprägten Begriff „graphicacy“ vor.

Der Autor geht damit auch weiter als Richter (1997), der für die Nutzung der Karte lediglich das Lesen und Verstehen , anspricht und somit den Rahmen der „reading literacy“ nicht verlässt.

Es kann demnach an dieser Stelle zunächst festgehalten werden:

Einigkeit besteht in der Literatur über den handlungsorientierten Aspekt der Karten- Lesekompetenz. Ziel ist es, den Schülern einen eigenständigen Umgang mit Karten zu ermöglichen.

Was die Informationsentnahme („Karten Lesen ) und Interpretation (in der Literatur auch synonym gebraucht: „Auswertung“) , also die Verknüpfung von Karteninhalten miteinander und mit dem Vorwissen des Nutzers betrifft, geht die Kartenkompetenz konform mit dem Begriff der Lesekompetenz „literacy“ bei PISA.

Autoren wie Hüttermann (2005), Claaßen (1997) und Lenz (2005)[4] gehen darüber hinaus und sehen die Herstellung eigener Karten als unverzichtbar an, Lenz (2005) und Hüttermann (2005) betonen zusätzlich den Aspekt der Bewertung von Karten als Teilbereich der Kartenkompetenz.

Teilkompetenzen der Kartenkompetenz im Überblick

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Folgenden wird es zunächst notwendig sein, einen eingehenden Blick auf die Teilfähigkeiten zu werfen, die hinter der stark vereinfachten Darstellung in Abb.2 stehen. Im nächsten Schritt wird sich auch unter Berücksichtigung des Rahmenlehrplans die Frage stellen, wann welche Teilkompetenzen angestrebt werden sollten.

Der Fokus liegt zunächst auf dem „gemeinsamen Nenner“ der Kartenkompetenz, dem Teilbereich I (Lesen und Auswerten vorhandener Karten).

Teilbereich I : Lesen und Interpretieren

Eine aus meiner Sicht brauchbare Übersicht über die Anforderungen in diesem Bereich gibt Claaßen (1997:9) (vgl. Abb.2).

Als besonders hilfreich für die Frage, was ich konkret mit meinen Schülern erreichen möchte, erachte ich die Tatsache, dass Claaßen (1997) den im Umgang mit Karten notwendigen Arbeitschritten Operatoren („Anforderungsebenen“) zugeordnet hat, die sich wiederum leicht den Anforderungsbereichen zuordnen lassen. Claaßen (1997) hat zudem die Phase der Interpretation in drei Phasen (A-C) untergliedert, verbunden mit dem Hinweis, dass Phase A in jedem Fall erreicht werden sollte, die Phasen B und C erst bei fortschreitender geographischer Ausbildung.

Im Hinblick auf die Rahmenbedingungen meiner Schule möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben, dass sämtliche oben aufgeführte Teilfähigkeiten als sprachliche Handlungen zu verstehen sind. Diesen Aspekt betont auch Lenz (2005:7) im Rahmen seiner Ausführungen zur „Dekodier- und Versprachlichungskompetenz .

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Zu erwerbende Qualifikationen im Rahmen der Kartenarbeit. Quelle: Claaßen (1997: 9)

Für die Planung dieser Reihe gilt es daher, besonderen Wert auf die kleinschrittige Versprachlichung der kartographisch verschlüsselten Informationen zu legen, was insbesondere auch schriftlich erfolgen wird (siehe auch: 3.4.5 Versprachlichungskompetenz).

Nicht ganz unproblematisch ist in meinen Augen die Verwendung des Begriffs „Auswertung“ als Synonym für „Interpretation“, da nicht zuletzt im Sprachgebrauch der Schulbücher unter Auswertung oft der gesamte Prozess der Kartenauswertung inklusive der Teilschritte Lesen und Orientieren verstanden wird. Um Missverständnisse zu vermeiden, werde ich mich diesem Sprachgebrauch anschließen und für den dritten Teilschritt der Auswertung ausschließlich Interpretieren verwenden.

Teilbereich II: Bewerten

Im Hinblick auf die in den Medien und insbesondere im Internet verbreiteten Karten, die oft von mangelhafter Qualität und zudem teilweise mit fragwürdiger Intention konzipiert worden sind, erhält die Fähigkeit zur Bewertung von Karten eine besondere Bedeutung.

Nach Kühne (2005:33) sind suggestive und manipulative Karten nahezu integraler Bestandteil des Alltagslebens.

In der Literatur existieren zahlreiche Frageraster, die Anhaltspunkte für die Reflexion über die Datengrundlage, den Karteninhalt sowie über die graphische Gestaltung bieten (z.B. Dreyer (1993) oder Hüttermann (2002)).

Dabei wird allerdings schnell deutlich, dass jene über das hinausreichen, was in einer 7.Klasse erreicht werden kann. Auch der Rahmenplan der Doppeljahrgangsstufe 7/8 gibt hierfür kaum Anhaltspunkte (vgl. 3.1).

Im Zuge der Planung und Durchführung des Unterrichtsvorhabens soll jedoch zumindest nach Anknüpfungspunkten Ausschau gehalten werden, die eine stark vereinfachte Integration dieses Arbeitsschrittes erlaubt. Eine Möglichkeit hierfür – soviel sei vorausgegriffen - zeichnet sich in meinen Augen im Rahmen von Metakognitionsphasen ab (vgl. 3.4.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Teilbereich III: Karten erstellen

Nach Claaßen (1997) ist die Herstellung von Karten ein integraler Bestandteil der Kartenarbeit, da sie die unter 2.1.1 aufgeführten Teilfähigkeiten („ Qualifikationen “), das Kartenlesen, das Orientieren und das Auswerten, verbinde und damit erleichtere.

Er führt zudem aus, dass die Schüler durch die Kartenherstellung

- einen Einblick in die kartographische Arbeit bekommen
- lernen, unterschiedliche geographische Phänomene räumlich darzustellen

(vgl. Claaßen 1997:8)

Es kann an dieser Stelle zumindest festgehalten werden, dass diese Überlegungen dem Prinzip der Handlungsorientierung, damit auch dem Kompetenzbegriff allgemein und dem Verständnis der Kartenkompetenz als „ Handlungskompetenz mit Karten “ bei Hüttermann (1998) entgegenkommen.

GIS als Erweiterung der Kartenkompetenz

In der computergestützen Erstellung, interaktiven Veränderung und Auswertung von Karten mit GIS-Systemen ist eine Erweiterung der Kartenkompetenz zu sehen. Gerade in den letzten Jahren hat die Entwicklung von verschiedenen WEBGIS–Anwendungen viel versprechende Ansätze geliefert. Aufgrund der erheblichen Anforderungen an Kompetenzen im Umgang mit den entsprechenden Systemen und des daraus resultierenden zeitlichen und technischen Aufwands muss diese Option für die Durchführung der vorliegenden Reihe ausscheiden. Eine umfassende Darstellung zu diesem Thema findet sich bei Hake et al. (1994).

Ableitungen aus dem Kompetenzbegriff

Aus der Tatsache, dass der Kompetenzbegriff nach Weinert (2001:27f) neben den kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie sie mit den Teilbereichen I-III beschrieben werden können, auch die „motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften“ und Problemlösefähigkeiten umfasst, folgt zunächst das selbstverständliche Prinzip, dass Unterricht grundsätzlich motivierend und in Passung an die besondere Situation der Lerngruppe gestaltet sein sollte.

Für diese Arbeit lässt sich außerdem an dieser Stelle ein Argument für die Einbindung der Kartenarbeit in eine konkrete, problemorientierte Lernsituation ableiten, wie es bereits in der Einleitung als Prämisse formuliert wurde.

2.2 Methoden zur Förderung von Kartenkompetenz

Ausgehend von dem bereits unter 1.2 skizzierten Problem der Komplexität von Karten lassen sich in der Literatur zwei verschiedene Ansätze ausmachen, mit denen Komplexität reduziert werden kann.

Zum einen ist dies die Möglichkeit der Reduktion durch den Lehrer, die so genannte kartendidaktische Progression, zum anderen die Reduktion von Komplexität durch den Schüler selbst.

Ziel beider Ansätze ist es, die Schüler in die Lage zu versetzen, im Sinne einer operativen Methodenkompetenz komplexe kartographische Darstellungen zu verstehen und zu nutzen (Hüttermann 2001:23). Reduktion bedeutet, Inhalte bzw. Methoden passgenau zu gestalten im Hinblick auf Situation, Anschlussmöglichkeiten und Alter.

2.2.1 Reduktion von Komplexität durch den Lehrer

Folgt man dem in dieser Arbeit bereits vorangestellten Prinzip, dass kartographische Kompetenz grundsätzlich bei der Arbeit mit einer Karte eingebunden in einen konkreten Problemzusammenhang erfolgen sollte und will man darüber hinaus die Schüler nicht gleich mit der ersten Karte völlig demotivieren, resultiert daraus die Notwendigkeit, die eingesetzten Karten zunächst vorab entsprechend den Fähigkeiten der Schüler im Inhalt bzw. der graphischen Gestaltung zu reduzieren. Im weiteren Unterrichtsverlauf kann das Anforderungsniveau im Sinne einer Progression schrittweise erhöht werden. Progression bedeutet nach Hüttermann (1998:54) eine Zunahme an Komplexität und eine Abnahme an Anschaulichkeit.

Hüttermann (2005:6) schlägt folgende Prinzipien der Progression vor:

Karteninhalt:

- Progression von konkreten zu abstrakten Erscheinungen
- Progression von statischen zu dynamischen Erscheinungen
- Progression durch eine Zunahme der Informationsfülle und Informationsdichte

Kartographische Darstellung:

- von konkreten zu abstrakten Darstellungsmitteln (z.B. von sprechenden/bildhaften Signaturen zu abstrakten)
- von einschichtigen zu mehrschichtigen Karten (d.h. mehreren Signaturenschichten)
- von analytischen zu komplexen Karten (d.h. von einer zu mehreren Sachaussagen)
- von hoher Redundanz zu geringer Redundanz

Daraus folgt, dass zu Beginn der Kartenarbeit zunächst eine analytische Karte mit möglichst wenig eingetragenen Elementen und Relationen, mit konkreten Darstellungsmitteln und hoher Redundanz stehen sollte, im weiteren Verlauf folgen komplexanalytische und synthetische Karten.

Diese Progression soll auch in dieser Arbeit angestrebt werden.

Da den Schülern in ihrer außerschulischen Erfahrungswelt kaum in dieser Weise aufbereitete und gestufte Kartenserien begegnen werden und selbst der Schulatlas, wie oben bereits erwähnt, altersgruppenunabhängig gestaltet ist, darf es jedoch keinesfalls bei einer solchen vom Lehrer organisierten kartendidaktischen Progression bleiben.

Vielmehr kommt es darauf an, den Schülern möglichst früh Techniken an die Hand zu geben, um selbständig und aktiv Komplexität in Karten zu reduzieren.

2.2.2 Reduktion von Komplexität durch den Schüler

Zu diesen Techniken zählt die Beherrschung eines Auswertungsverfahrens. Dabei handelt es sich um einen Fundus ritualisierter Erschließungsfragen, der ein stufenweises Vorgehen und somit die strukturierte Auswertung einer Karte unterstützt.

Hierfür gibt es in der Literatur eine Vielzahl von Vorschlägen, die mit ihren Fragerastern mehr oder weniger die oben unter 2.1 dargestellte Progression von Lesen, sich Orientieren und Auswerten widerspiegeln (vgl.: Seydlitz 7/8:64, Hüttermann (1992), Dreyer (1993), Kühnelt (2004): „TK-5er Regel“).

Hüttermann (1992:6) befürwortet solche Auswertungsriten, da ein Satz von Standardfragestellungen Barrieren bei der Kartennutzung abbaue und damit eine weitere Möglichkeit der Reduktion von Komplexität darstelle.

Der Autor betont jedoch auch, dass solche Riten nicht in starren Reihenfolgen zum Selbstzweck gipfeln dürfen.

Ich halte die Kenntnis einer Schrittfolge für wichtig, da sie nicht nur eine Hilfe darstellt, in konkreten Situationen zielgerichtet und systematisch zu handeln, sondern auch Transparenz über die Anforderungen an die Schüler herstellt. Zudem erhalten die Schüler auch eine Orientierung zur Bewertung der Qualität von fertigen Auswertungen.

[...]


[1] Einen Überblick über die Vielzahl der Kartenarten sowie Ordnungsmöglichkeiten gibt Claaßen (1997:7).

[2] Eine Abgrenzung der Begriffe analytische, komplex(analytisch)e und synthetische Karte gibt Hüttermann (2001)

[3] zur Begriffsklärung siehe Hüttermann 1992: 3

[4] Lenz (2005) führt den Bereich: „einfache Karten anfertigen“ zwar in seiner Übersicht „Dimensionen der Kartenkompetenz“ auf, versteht jedoch Karten ansonsten gemäß PISA als nicht-kontinuierliche Texte und erwähnt infolgedessen diesen Bereich nicht weiter.

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Japan - ein Land mit Raumproblemen - Erprobung ausgewählter Methoden zur Förderung der Kartenkompetenz
Veranstaltung
2.Staatsexamensarbeit
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
51
Katalognummer
V114816
ISBN (eBook)
9783640148875
Dateigröße
6741 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Japan, Land, Raumproblemen, Erprobung, Methoden, Förderung, Kartenkompetenz, Staatsexamensarbeit
Arbeit zitieren
Andreas Steiner (Autor:in), 2008, Japan - ein Land mit Raumproblemen - Erprobung ausgewählter Methoden zur Förderung der Kartenkompetenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114816

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