Methodik zur Erhebung der Lebensqualität in der stationären Pflege


Einsendeaufgabe, 2021

44 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

Aufgabe 1

1. Lebensqualität
1.1 Begriffliche Annäherung und historische Wurzeln des Konstrukts Lebensqualität
1.1.1 Lebensqualität im aktuellen und politischen Kontext
1.1.2 Methodik zu Erhebung von Lebensqualität
1.2 Lebensqualität in der stationären Pflege
1.2.1 Strukturbaum Lebensqualität
1.2.2 Wesentliche Bestandteile und Instruktionen für einen Fragebogen zur Erfassung der Lebensqualität

Aufgabe 2

2. Lage- und Streuparameter als Basis der deskriptiven Statistik
2.1 Lageparameter
2.1.1 Der Modus
2.1.2 Der Median
2.1.3 Das arithmetische Mittel
2.2 Streuparameter
2.2.1 Die Spannweite
2.2.2 Die Varianz und die Standardabweichung
2.3 Beispielhafte Berechnung der Lage- und Streuparameter

Aufgabe 3

3. Deskriptive und inferenzstatistische Analyse
3.1 Altersverteilung
3.2 Geschlechterverteilung
3.3 Verteilung von Mitarbeiter*innen mit und ohne Personalverantwortung
3.4 Belastung der Befragten
3.5 Inferenzstatistische Analyse
3.5.1 Hypothesen
3.5.2 t-Test
3.6 Fazit

Anlagen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kreisdiagramm: Geschlechterverteilung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Abbildung 2: Kreisdiagramm: Mitarbeiter*innen mit und ohne Personalverantwortung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Abbildung 3: Fragebogenausschnitt zum Thema Belastung (Quelle: Aufgabenstellung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zentrale Konzepte der Lebensqualität (eigene Darstellung in Anlehnung an: Radoschewski, 2000, S. 167)

Tabelle 2: Zwölf Dimensionen von Lebensqualität nach Regierungsbericht 2016 (eigene Darstellung in Anlehnung an: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2016)

Tabelle 3: Strukturbaum Lebensqualität in der stationären Pflege (Quelle: Eigene Darstellung)

Tabelle 4: Altersverteilung von 20 Kindern aus einer jahrgangsgemischten Grundschulklasse (Quelle: Eigene Darstellung)

Tabelle 5: Gruppen der Gleichaltrigen (Quelle: Eigene Darstellung)

Tabelle 6: Altersverteilung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Tabelle 7: Geschlechterverteilung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Tabelle 8: Modus und Median der Variablen des Fragebogenausschnitts Belastung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Tabelle 9: Mittelwert der Variablen VphysBelastung und VpsychBelastung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Tabelle 10: t-Test (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Tabelle 11: Mittelwerte von VpsychBelastung und VphysBelastung von Mitarbeiter*innen mit und ohne Perspnalvernatwortung (Quelle: Eigene Darstellung mit IBM SPSS)

Formelverzeichnis

Formel 1: Arithmetisches Mittel (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kosfeld et al., 2016, S. 80)

Formel 2: Spannweite (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kosfeld et al., 2016, S. 111)

Formel 3: Varianz (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kosfeld et al., 2016, S. 120)

Aufgabe 1

1. Lebensqualität

Der Begriff der Lebensqualität ist ein viel diskutiertes Konstrukt, dessen Definierbarkeit und Messbarkeit oftmals in Frage gestellt wird. Dabei scheint die Erfassung von Lebensqualität besonders aufgrund dessen beschwerlich, da das Konstrukt nicht direkt beobachtbar ist bzw. nur indirekt erschlossen werden kann (Renneberg & Lippke, 2006, S. 29). Trotzdem beschäftigen sich etliche wissenschaftliche Disziplinen wie die Philosophie, Psychologie, Soziologie, Politologie, Ökonomie oder Neurobiologie mit der Lebensqualität unter vielen verschiedenen Namen, alle mit dem Bestreben ein besseres Verständnis über das Konstrukt zu erlangen und ein objektives Messverfahren für Lebensqualität zu entwickeln (Österle, 2020, S. 54). Dazu beschreibt Linde (2018) „Lebensqualität ist ein umfassendes und zugleich komplexes Konzept, denn es betrifft die weitläufige Frage nach dem guten Leben.“ (S. 66). Im folgenden Kapitel soll zunächst versucht werden mittels einer begrifflichen Annäherung den Terminus Lebensqualität genauer zu erfassen und seinen historischen Hintergrund zu ermitteln.

1.1 Begriffliche Annäherung und historische Wurzeln des Konstrukts Lebensqualität

Wie bereits in Kapitel 1 angedeutet, ist der Begriff Lebensqualität ein in der Forschung vielfach vorkommender, aber auch sehr unterschiedlich verstandener Terminus. Dadurch lässt sich Lebensqualität verallgemeinert als multidimensionales Konstrukt verstehen, dass nur indirekt erfasst und ausschließlich in seinen Teilbereichen abgebildet werden kann (Augustin, 2001, S. 697).

Orientiert man sich an der Definition der World Health Organisation (WHO) erhält man die folgende komplexe Begriffserläuterung:

„Lebensqualität ist die subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben in Relation zur Kultur und den Wertesystemen, in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Maßstäbe und Anliegen. Es handelt sich um ein bereites Konzept, das in Komplexer Weise beeinflusst wird durch die körperliche Gesundheit einer Person, den psychischen Zustand, die sozialen Beziehungen, die persönlichen Überzeugungen und ihre Stellung zu den hervorstechenden Eigenschaften der Umwelt.“ (WHO 1997; zitiert nach Renneberg & Lippke, 2006, S. 29).

Es erschließt sich, dass die Lebensqualität als multidimensionales Konstrukt als subjektive Angabe zu verstehen ist, welches auf spezifischen Bewertungsprozessen basiert. Dabei setzt sie sich immer aus mehreren Dimensionen zusammen, welche im Beispiel der Definition der WHO physische, psychische, soziale und ökologische Zustände bzw. Befindlichkeiten umfassen (Renneberg & Lippke, 2006, S. 29-30).

Historisch betrachtet hat der Begriff der Lebensqualität seine Wurzeln in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wo er durch die aufkommende wohlfahrtsökonomische Debatte, welche eine Differenzierung von wirtschaftlichem Wohlstand und Wohlfahrt eingeforderte, etabliert wurde. In Deutschland wurde der Begriff besonders durch Willy Brandt geprägt, wodurch sich das Konstrukt der Lebensqualität zu einem politischen Modewort entwickelte. Zunächst im ökonomischen Kontext, darauffolgend aber auch auf gesellschaftlicher und zuletzt medizinischer Ebene gewann der Begriff der Lebensqualität immer mehr Aufmerksamkeit (Paulsen, 2015, S. 27-28).

Um ein differenzierteres Bild dieses multidimensionalen Konstruktes zu erhalten, ist eine Unterscheidung von „allgemeiner Lebensqualität“ und „gesundheitsbezogener Lebensqualität“ vorteilhaft (Radoschewski, 2000, S. 166). „Gesundheitsbezogenen Lebensqualität“ umfasst all jene Dimensionen, die mit der individuellen Gesundheit in Beziehung zu setzen sind. Dabei kann eine weitere Unterteilung in „allgemeine, gesundheitsbezogene Lebensqualität“ („generic quality of life“) und

„krankheitspezifische Lebensqualität“ (diseasespecific quality of life“) getätigt werden. Bei ersterem Aspekt wird die Lebensqualität unabhängig von spezifischen Erkrankungen betrachtet, während bei der „krankheitspezifische Lebensqualität“ das Konstrukt unter Betrachtung besonderer Merkmale bei bestimmten Erkrankungen beleuchtet wird (Augustin, 2001, S. 698). Der Gesundheitsaspekt spielt dabei in dem Sinn eine bedeutende Rolle, dass er eine wesentliche Komponente bzw. Bedingung für Lebensqualität darstellt und imensen Einfluss auf die Lebensqualität nehmen kann (Radoschewski, 2000, S. 167). Spezifiziert man die zentralen Konzepte der Lebensqualität in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, so lassen sich die verschiedenen Fokusse anhand Tabelle 1 beispielhaft verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zentrale Konzepte der Lebensqualität (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Radoschewski, 2000, S. 167)

1.1.1 Lebensqualität im aktuellen und politischen Kontext

In Deutschland wurde am 26. Oktober 2016 der Regierungsbericht zur Lebensqualität in Deutschland verabschiedet, der im Vorjahr mittels eines ergebnisoffenen Bürgerdialogs geführt wurde. Über 15.0000 Bürger*innen formulierten dazu ihre individuellen Vorstellungen zur Lebensqualität, die in einer anschließend wissenschaftlichen

Auswertung zu einem Bericht als Teil der Regierungsstrategie „Gut leben in Deutschland – was uns wichtig ist“ zusammengefasst wurden (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2016). „Die Bundesregierung versteht Lebensqualität als Leitbegriff einer Politik, die ökonomische, soziale und ökologische Ziele gleichzeitig verfolgt.“ (Bundesregierung, 2016, S. 4). Damit löst sich die deutsche Bundesregierung deutlich vom ursprünglichen Fokus auf Wachstum und materiellen Wohlstand und bezieht stattdessen hohe Qualitätsstandards für materielle Güter, Lebensbedingungen und Chancengleichheit mit ein (Bundesregierung, 2016, S. 4).

Aus dem Bürgerdialog konnten zwölf Dimensionen herauskristallisiert werden, denen insgesamt 46 Indikatoren angehören. Die zwölf Dimensionen können dabei thematisch in drei Kategorien aufgeteilt werden. Dies soll in Tabelle 2 veranschaulicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Zwölf Dimensionen von Lebensqualität nach Regierungsbericht 2016 (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2016)

Bei dieser Beleuchtung des Konstrukt Lebensqualität handelt es sich aber ausschließlich um ein gesellschaftliches und politisches Leitbild, welches von der Betrachtung individueller Lebensqualität abzugrenzen ist. Stattdessen dient ein solches Leitbild der Politik, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die der Bevölkerung persönliches Streben nach Glück sowie Erreichung gesellschaftlicher Ziele ermöglichen (Bundesregierung, 2016, S. 5).

Aber nicht nur im politischen Zusammenhang findet aktuell eine genauere Betrachtung des Begriffs Lebensqualität statt, sondern beispielsweise auch im medizinischen Kontext gilt die Lebensqualität als wichtiger Parameter. So hat die Messung von Lebensqualität bei Patienten zum Beispiel ihren Ursprung in der Onkologie, mit dem Ziel Therapiestrategien zu bewerten bzw. ihren Nutzen für den Patienten zu hinterfragen (Kirchberger, 2005, S. 33). Mit der Frage „Wie sinnvoll ist eine Therapie, die das Leben nur kurzweilig verlängert, aber mit starken Nebenwirkungen einhergeht?“, nimmt der Begriff Lebensqualität auch ethische Dimensionen an, die besonders für die Intensiv- und Palliativmedizin relevant sind (Schübel, 2016, S. 9). Eine ähnliche Relevanz des Miteinbezugs des Parameters Lebensqualität liegt in der stationären Altenpflege vor.

Auch hier nimmt die ethische Dimension Einfluss auf die Ausrichtung von Pflege (Weidekamp-Maicher, 2018, 69). In Kapitel 1.2 soll daher beispielhaft das Konstrukt Lebensqualität in der stationären Pflege dimensional analysiert werden. Dazu wird zunächst im folgenden Kapitel die Methodik zu Erhebung von Lebensqualität erläutert.

1.1.2 Methodik zu Erhebung von Lebensqualität

Vor dem Hintergrund der Betrachtung der Lebensqualität als mehrdimensionales Konstrukt auf Basis subjektiver Angaben, soll in diesem Kapitel erläutert werden, ob und wie ein solches Konstrukt methodischen erfasst werden kann. Nach Kirchenberger (2005) stellt dabei die schriftliche Befragung mit Hilfe eines Fragebogens die wichtigste Methode dar, um Lebensqualität dimensional zu messen (S. 33). Der Fragebogen als Messinstrument muss den allgemeinen Anforderungen bzw. Gütekriterien (Reliabilität, Validität, Sensitivität etc.) entsprechen und enthält vorwiegend Selbsteinschätzungsfragen, kann im gesundheitsbezogenen Kontext aber auch Fremdratingskalen beinhalten (Kirchenberger, 2005, S. 33; Renneberg & Lippke, 2006, S. 31). Für die Eigenbeurteilung ist voraussetzend, dass die befragten Personen die Bereitschaft zeigen (ehrliche) Auskunft zu geben, wodurch sich methodische Schwierigkeiten hinsichtlich der Objektivität ergeben können. Besonders bei der Befragung von Kindern können sich methodische Hürden durch die Sprachbarriere ergeben, die aber beispielsweise durch den Einsatz von Bildern (z.B. „Smileys“) Umgangen werden können. Des Weiteren ist die Bildung von Dimensionen notwendig sowie Indikatoren, die durch mehrere Fragen abgedeckt werden, um Zufallsantworten und Ausreißer zu entkräften. Zuletzt sind Vergleichsgruppen als essenziell für die Interpretation der Fragebögen zu betrachten, um die Resultate einem Mittelwert gegenüberstellen zu können (Augustin, 2001, S.498-699). Bekannte Verfahren zu Ermittlung von Lebensqualität stellen beispielsweise das Indexverfahren „European Quality of Life Questionaire“ oder das Selbsteinschätzungsinventar für Lebensqualität „Short Form 36 Health Survey“ dar (Renneberg & Lippke, 2006, S. 31).

1.2 Lebensqualität in der stationären Pflege

Die Operationalisierung des Konstrukts Lebensqualität soll als Basis für einen hypothetischen Fragebogen dienen, der in einer fiktiven quantitativen Studie zur Untersuchung der Lebensqualität von Senioren und Seniorinnen in stationärer Pflege angewendet werden soll. Als Stichprobe sollen dabei Personen ab 80 Jahren in stationärer Pflege in Nordrhein-Westfalen herangezogen werden. NRW hat sowohl mit einer Anzahl von ca. 2600 die meisten Pflegeeinrichtungen in Deutschland als auch mit 187.570 Pflegeplätzen die größte Kapazität (Wuestpartner, 2018). Von insgesamt 964.978 Pflegebedürftigen, lebten 2019 169.128 Personen in stationären Pflegeeinrichtungen, während 795.859 Pflegebedürftige ambulant versorgt wurden (Statistisches Bundesamt, zitiert nach de.statista.com, 2019). Um festzustellen, inwiefern sich die Lebensqualität von hochaltrigen Pflegebedürftigen durch ihren stationären Aufenthalt verändert, soll Als Vergleichsgruppe auch die Lebensqualität von Pflegebedürftigen Senioren und Seniorinnen ab 80 Jahren gemessen werden, die sich in ambulanter Pflege befinden. Dazu soll aus beiden Gruppen eine repräsentative Stichprobe ausgewählt werden, die den auf dem erarbeiteten Strukturbaum basierenden Fragebogen beantworten sollen. Ausgeschlossen von der Stichprobe sollen Pflegebedürftige sein, die ausschließlich bettlägerig sind oder unter diagnostizierter Demenz leiden, da hier eine gesonderte Betrachtung von Lebensqualität notwendig wäre.

Die Gestaltung und Ermöglichung von Lebensqualität hat für die Zielgruppe älterer Menschen in stationärer Altenhilfe eine hohe pflegerische Relevanz (Linde, 2018, S. 68).

In Kapitel 1.1 konnte der Begriff der Lebensqualität bereits als komplexes, mehrdimensionales Konstrukt definiert werden, welches in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen jeweils in verschiedenen Kontexten verortet wird. In der Pflegewissenschaft entstanden in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts erste Debatten zur Lebensqualität, aus welchen sich vielfältige Ansätze zur dimensionalen Analyse der Lebensqualität entwickelten. Die meisten Konzepte entsprangen dabei aus den Lebensqualitätsansätzen der Onkologie, folgten aber keiner konkreten Forschungstradition (Weidekamp-Maicher, 2018, S. 71-73). Am 21. Dezember 2015 erhielt der Begriff der Lebensqualität schließlich Einzug in das Pflegestärkungsgesetz II, wodurch der Diskurs über die pflegerische Relevanz, Definition und Messung des Konstrukts Lebensqualität erneut angefacht wurde (Weidekamp-Maicher, 2018, S. 42 +75). Die Debatte hat dabei wissenschaftstheoretische, aber auch gesellschaftlichpolitische Bezüge, wobei die Einbeziehung der Bewohner*innen in Altenpflegestationen hinsichtlich ihrer Lebensqualität eine allgemeine Weiterentwicklung von Pflegequalität unterstützen soll. Zudem spielt die Operationalisierung und Messung der Lebensqualität dahingehend eine wichtige Rolle, dass eine angemessene Gestaltung des Alltags und Unterstützung Bewohnerzentrierter Entscheidungen gewährleistet werden können (Weidekamp-Maicher, 2018, S. 74-76).

1.2.1 Strukturbaum Lebensqualität

Um den Begriff der Lebensqualität in stationärer Altenpflege messbar zu machen, ist es zunächst notwendig zu ermitteln, welche Dimensionen das Konstrukt umfasst. Auch der Pflege entwickelten sich hinsichtlich der Betrachtung von Lebensqualität überwiegend zwei Ansatzpunkt, bei welchem sich der eine vorwiegend auf Lebenszufriedenheit und psychisches Wohlbefinden bezog, während beim anderen, Funktionsfähigkeit im Zentrum der Überlegungen hinsichtlich medizinischer Interventionen und physischen Wohlbefinden stand (Weidekamp-Maicher, 2018, S. 73). Da Lebensqualität als komplexes Konzept nur in Abhängigkeit zu seiner theoretischen Verortung definiert werden kann, scheint eine Synthese beider Ansätze sinnvoll, um den Begriff möglichst weitumfassend zu operationalisieren. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität umfasst dabei gesundheitspsychologische und medizinische Aspekte, die die Lebensqualität nicht gänzlich ausmachen, aber dennoch stark beeinflussen können (Renneberg & Lippke, 2006, S.30). Wichtige Dimensionen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität werden von Schumacher et al. (2003) benannt und umfassen das physiologische Wohlbefinden, das psychische Wohlbefinden und soziale Teilhabe (Schumacher et al., 2003 zitiert nach Renneberg & Lippke, 2006, S.30). Als erste Dimension soll im entwickelten Strukturbaum das „physische Wohlbefinden" betrachtet werden. Körperliche Gesundheit scheint dabei nach Lange (2021) von immenser Bedeutung für hochaltrige Personen zu sein, der mit dem Konstrukt der Lebensqualität assoziiert wird (S. 26). Auch das von der WHO entwickelte Instrument WHOQOL-OLD, zur Erfassung subjektiver Lebensqualität im Alter, beinhaltet die Dimension physisches Wohlbefinden". Indikatoren für die physische Lebensqualität, die besonders im hohen Alter in Frage gestellt werden müssen, sind Schmerz, Energie, Mobilität, Schlaf und Aktivitäten des täglichen Lebens (Conrad & Riedel-Heller, 2016, S. 43). Auch die Dimension „psychisches Wohlbefinden" findet unter anderem in der WHOQOL-100 und dessen Kurzform WHOQOL-BREF Berücksichtigung und ist Teil der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (Conrad & Riedel-Heller, 2016, S. 43). Verallgemeinert beeinflussen positive wie negative Gefühle und ihre jeweilige Gewichtung sowie das eigene Selbstwertgefühl die psychische Lebensqualität (Angermeyer, Killian & Matschinger, 2002, S. 44). Bezogen auf den Kontext der Lebensqualität hochaltriger Personen werden weitere Indikatoren bedeutsam, die das psychische Wohlbefinden zunehmend beeinflussen. Darunter fallen vorwiegend Veränderungen, die das Gedächtnis, Lernen und die Konzentration betreffen, woraus sich Einschränkungen der Lebensqualität entwickeln können. Beeinträchtigungen dieser Fähigkeiten können als eigene Inkompetenz Erscheinung wahrgenommen werden und nehmen somit negativen Einfluss auf die psychische Lebensqualität. Auch die Betrachtung des eigenen, sich verändernden Körperbilds spielt dabei in die Dimension des „psychischen Wohlbefindens" mit ein (Conrad & Riedel-Heller, 2016, S. 40-43). Die Dimension „soziale Teilhabe" ist vor allem im hohen Alter und für Bewohner von stationären Altenpflegeeinrichtungen genauer zu betrachten, da auch hier oftmals extreme Veränderungen im Vergleich zu vorherigen Lebensabschnitten stattfinden. Nach Lange (2021) sei die Optimierung der sozialen Teilhabe, z.B. durch Beteiligung von Angehörigen, ein wichtiger Einfluss für die Lebensqualität der Bewohner*innen stationärer Pflegeeinrichtungen (S. 27). Der Übergang in den Ruhestand stellt oftmals eine extreme Umstellung des sozialen Alltags dar, aber auch die Konfrontation mit dem Tod von Freunden oder der Partner*innen wirkt sich auf die persönlichen sozialen Beziehungen, aber auch auf die Sexualität und Intimität aus (Conrad & Riedel-Heller, 2016, S. 40-43). Soziale Partizipation erfasst nach Conrad & Riedel-Heller (2016) Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Menschen, „weiterhin aktiv im Leben zu bleiben und sich als Teil der Gemeinschaft zu fühlen" (S. 45). Indikatoren zur Messung der „sozialen Teilhabe" sind folglich persönliche Beziehungen, soziale Unterstützung und Sexualität, welche sich an den Indikatoren der WHOQOL-OLD orientieren (Angermeyer et al., 2002, S. 44). Auch der Psychologie M. Powell Lawton hat sich mit der Messung von Lebensqualität von Pflegebewohnern beschäftigt und benannte mehrere Kategorien bzw. Dimensionen für Lebensqualität. Eine wichtige Dimension stellte dabei die „Selbstbestimmung" dar (Klimes 2011, S. 64). Umfragen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigten das Bedürfnisse von Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen sich auch an weitgehende Selbstbestimmung orientieren (Lange, 2021, S. 27). Unter den Autonomiebegriff fällt unter anderem Unabhängigkeit, Kontrolle und Entscheidungsfreiheit (Conrad & Riedel-Heller, 2016, S. 45). Für Pflegeeinrichtungen könnten diese Aspekte beispielsweise durch die Möglichkeiten individueller Einrichtungsmöglichkeiten, Mitgestaltungsrechte im Tagesablauf oder bedarfsorientierte Ernährung erfüllt oder nicht erfüllt sein (Lange, 2021, S. 27). Indikatoren für Selbstbestimmung sollen damit Autonomie, Unabhängigkeit, Kontrolle und Entscheidungsfreiheit sein.

Zuletzt soll auch die Dimension „Rahmenbedingungen" beleuchtet werden. Darunter fallen vor allem jene Indikatoren, welche die Umsetzung der anderen Dimensionen für eine hohe Lebensqualität bedingen. Angebote zur Freizeitgestaltung können dabei Einfluss auf die soziale Teilhabe nehmen, fachgerechte Pflege wirkt auf die psychische wie physische Lebensqualität und auch die räumlichen Bedingungen sind relevant für eine lebensstilgerechte Lebensqualität. Zusätzlich gilt das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz als Grundlage für eine gesteigerte Lebensqualität sowie die Grundvoraussetzung finanzieller Mittel, welche sich auf die Dimension Selbstbestimmung auswirken können (Lange, 2021, S. 27; Conrad & Riedel-Heller, 2016, S. 43).

Aus den dargelegten Erkenntnissen kann der folgende Strukturbaum als Grundlage für einen Fragebogen zur Messung der Lebensqualität von pflegebedürftigen Personen über 80 Jahren entwickelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Strukturbaum Lebensqualität in der stationären Pflege (Quelle: Eigene Darstellung)

1.2.2 Wesentliche Bestandteile und Instruktionen für einen Fragebogen zur Erfassung der Lebensqualität

Wesentliche Bestandteile eines Fragebogens umfassen eine Einleitung inklusive kurzer Vorstellung der Person oder Einrichtung, die diese Erhebung durchführt, eine Darstellung der zu untersuchenden Fragestellung sowie Hinweise bezüglich der Verwendungszwecke der gewonnen Daten und Zusicherung von Anonymität und Datenschutz. Des Weiteren sollten wichtige Instruktionen zum Aufbau des Fragebogens und dessen Bearbeitung vorgeben werden, mit der Bitte die Fragen möglichst vollständig und aufrichtig zu beantworten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Methodik zur Erhebung der Lebensqualität in der stationären Pflege
Hochschule
SRH Fernhochschule  (SRH Fernhochschule)
Note
1,0
Jahr
2021
Seiten
44
Katalognummer
V1149201
ISBN (eBook)
9783346539854
ISBN (Buch)
9783346539861
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lebensqualität, Pflege, Operationalisierung, Strukturbaum, deskriptive Statistik, deskriptive Analyse, inferenzstatistische Analyse, T-Test
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Methodik zur Erhebung der Lebensqualität in der stationären Pflege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1149201

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