Erdöl – Antrieb für Wirtschaft und Konflikte


Dossier / Travail de Séminaire, 2008

23 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhalt:

1. Erdöl, der Rohstoff des Jahrhunderts

2. Der Fluch der Industrieländer
a) Endlichkeit der Ölförderung
b) Nachfrage steigt zu schnell
c) Industrienationen am Tropf

3. Der Fluch der Exportnationen
a) Der Midas Fluch
b) Rohstoff-Diktaturen

4. Globales Konfliktfeld – Öl
a) USA
b) China
c) Russland
d) Europa

5. Kurze Zusammenfassung

6. Literatur

1. Erdöl, der Rohstoff des Jahrhunderts

Wir leben im 21. Jahrhundert. Wir leben in Europa.

Die Zeit in dieser Region der Erde und anderen entwickelten Staaten ist geprägt von nie da gewesenem Wohlstand. Unsere Wirtschaftsleistung benötigt einen ständigen jährlichen Zuwachs, um dem Erhalt unseres geliebten Lebensstandarts gerecht zu werden.

In nahezu allen Wertschöpfungsketten verwenden wir – dass heißt alle Menschen, die mit der Herstellung und dem Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen in Industriestaaten in Verbindung stehen – fossile Rohstoffe um die dazu notwendige Energie bereit zu stellen. Mithilfe dieser Energie erhöht der Mensch seine eigene Produktivität um ein Vielfaches.

Der weitaus wichtigste Energieträger ist derzeit Erdöl mit einem Anteil von 36,4 Prozent am Primärenergieverbrauch daher gilt Erdöl auch als Schmiermittel der Wirtschaft.

Absolut lösen sich pro Sekunde 1000 Fässer Öl in Rauch auf, was einem Weltverbrauch von 83 Mio. Barrel/d entspricht[1]. Die Welt, insbesondere die industrialisierten Staaten benötigen für den Erhalt ihres Wirtschaftswachstums Unmengen von dem schwarzflüssigen Gold.

Dabei steigt der Verbrauch abgesehen von kurzen Unterbrechungen in den 70ern seit Beginn der Industrialisierung stetig an.

Damit verbunden gibt es ein ganzes Spektrum an Nebenwirkungen, auf die in diesem Beitrag nicht alle eingegangen werden soll. In erster Linie unberücksichtigt bleiben die ökologischen Auswirkungen, sei es in den Förderstaaten, sei es auf Transportwegen oder sei es durch die klimawirksamen Folgen der Verbrennung dieses Rohstoffs. Alle verursachen nachhaltige Schädigungen der Umwelt und sähen neues Konfliktpotenzial, das uns insbesondere bei den klimatischen Folgen noch nicht direkt betrifft. (z.B. Klimaflüchtlinge)

Die negativen Folgen, denen mein Interesse gilt haben mit den Förderländern auf der einen Seite und den konsumierenden Ländern auf der anderen Seite. Nur wenige Länder schaffen den Spagat zwischen eigener Förderung und Wirtschaftskraft. Die USA und Norwegen haben den volkswirtschaftlichen Strukturwandel entsprechend zeitig hinter sich gebracht, so dass diese Länder schon eine Industrie hatten, als die Ölförderung begann.

Interessanterweise ist der Rohstoff Öl für die beiden angesprochenen Seiten ein Fluch. Drei Golfkriege, 4 Israelisch-Arabische Kriege, mannigfaltige Bürgerkriege wie in Nigeria oder Sudan, Gewaltandrohungen, Staatsstreiche (Venezuela) und die Unterstützung der übelsten Diktatoren: Öl generiert seit einem knappen Jahrhundert immer wieder Konflikte. Warum das so ist, und wie sich die Konsequenzen für die jeweiligen Seiten – Produzenten und Konsumenten – bemerkbar machen, soll im Zentrum der folgenden Ausführungen stehen.

2. Der Fluch der Industrieländer

Für Industrieländer ist Öl ein Lebenselixier. Mit anderen Worten sind die Staaten abhängig von diesem und anderen Rohstoffen. Je nach der Quantität der eigenen Reserven ergeben sich verschiede Schwierigkeiten, die in Zukunft eher noch größer werden. Ein Problem ist, dass das Öl nicht unbegrenzt zur Verfügung steht, während die weltweite Nachfrage stetig wächst und sich den technischen Innovationen und Investitionen unterliegenden Produktionskapazitäten längst angenähert hat.

Eine dritte Komplikation besteht darin, dass die knappen Ressourcen in der Mehrzahl auf Staaten verteilt sind, in denen sie nicht verbraucht werden. Als Synonym für diese Problematik verwendet man den Terminus „holländische Krankheit“, nach einem Beispiel aus den 70ern. Aber der Reihe nach.

Es handelt sich vielfach um Krisenregionen, die eine empfindliche Achillessehne der Weltwirtschaft darstellen.

a) Endlichkeit der Ölförderung

Öl ist ein endlicher Rohstoff. Im Jahr 2005 bestand das Gesamtpotenzial[2] aus 387 Gigatonnen, wobei allein 200 Gt auf die OPEC entfallen. Vom Gesamtpotenzial wurden 143 Gt gefördert (47%)[3]. Diese Angaben allein können reichen allerdings nicht aus, um den viel beschworenen Peak Oil zu datieren. Der Peak Oil beschreibt den Zeitpunkt, an dem die Hälfte des Weltweit verfügbaren Öls verbraucht wurde. Es ist rein spekulativ, wann das der Fall sein wird bzw. war, denn diese Angaben schwanken von Quelle zu Quelle erheblich und das aus mehreren Gründen. Relativ sicher kann man diesen Zeitpunkt aber in spätestens 10 bis 20 Jahren erwarten[4], ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Ab diesem Moment wird es einen sukzessiven Rückgang der Förderung geben, zumindest wird dies einstimmig in der Forschung postuliert.[5] Für diesen Fall sind die Verbraucherstaaten im Zugzwang, ihre Energiewirtschaft umzustrukturieren. Sollte es zu einem raschen Einbruch der Förderung kommen, was unverantwortliches Handeln der OPEC voraussetzt, kann die notwendige Umstrukturierung nicht analog erfolgen, was schwerwiegende Folgen nach sich ziehen würde.[6]

Die IEA formuliert zu erwartende Steigerungsraten der Ölproduktion indem sie die bisherigen Förderzuwächse extrapoliert. Diese Methode setzt voraus, dass die Exploration in Dimensionen fortgesetzt wird, die nicht realistisch sind.

Die weltweite Exploration ist seit 1980 unter den jährlichen Verbrauchszuwachs gesunken[7], dennoch werden permanent neue Quellen entdeckt, wie jüngst in Brasilien. Die Hochrechnungen gehen demnach von einer Fortsetzung der Explorationserfolge aus.

Neue Explorationsmethoden oder Investitionen[8] in diesem Bereich können unvorhergesehen das Gesamtpotenzial erhöhen. Daneben bieten bis jetzt aufwendige und deshalb bislang unwirtschaftliche Fördermethoden die Möglichkeit, Nutzöl aus Ölsanden und Ölschiefern zu gewinnen. Diese Reserven könnten sehr bald aktuell werden, wenn die stetig steigende Entwicklung des Ölpreises anhält.

Ein Unsicherheitsfaktor sind nicht zuletzt die Angaben der Förderländer zu ihren Reserven. Es ist wahrscheinlich, dass die genauen Daten nicht offen gelegt werden. Zu hoch ist die strategische und preispolitische Zweckmäßigkeit von überhöhten Zahlen.

b) Nachfrage steigt zu schnell

Reziprok zu den zu erwartenden Förderungsraten verhalten sich die Veränderungen auf der Verbraucherseite. Auf den ersten Blick mag das fahrlässig erscheinen. Doch für besonnene politisch Entscheidungen ist in der Wirtschaft kein Platz[9], solange sie das maximal mögliche Wirtschaftswachstum beeinträchtigen.

Im Jahre 2003 lag der täglicher Verbrauch bei 80 Mio. Barrel. Ein Viertel davon geht auf das Konto der USA. Mit China (6 Mio.), Japan (5,5 Mio.) und Deutschland (2,7 Mio.) waren diese 5 Staaten 2003 die Hauptverbraucher.

Die IEA geht für 2010 von einem Verbrauch von 90 Mio. Barrel und 2030 von weltweit 115 Mio. Barrel aus[10]. Diese Zuwächse werden maßgeblich von dem enormen Wirtschaftswachstum der sich neu entwickelnden großen Volkswirtschaften China und Indien vorangetrieben. Indien hat zwischen 1970 und 2000 einen Zuwachs von 300% hinter sich. Chinas Ölhunger hat sich von 2000 bis 2003 von 3 auf 6 Mio. Barrel verdoppelt und wird 2030 mehr als 12 Mio. Barrel benötigen. Bei einem Wirtschaftswachstum von über 10 Prozent ist auch in den nächsten Jahren mit steigenden Importen zu rechnen.[11] Es ist allgemein bekannt, dass der pro Kopf Konsum an Erdöl in den USA derzeit am höchsten liegt.[12] Würde jeder Chinese diesen Lebensstil verfolgen, würde die heutige Produktion von 80 Millionen Barrel nicht ausreichen, nur um Chinas tägliche Ration Öl (gedachte 88 Mio. B/d) zu gewährleisten.

Inwiefern das Wirtschaftswachstum aufrechterhalten werden kann hängt nicht zuletzt von der Verfügbarkeit von Öl ab, denn die Kohlereserven des Landes werden nicht ausreichen.[13]

Rund drei Viertel aller Ölvorräte der Welt liegen in den OPEC Staaten. Gerade aber in diesen Staaten sind die Förderkapazitäten mit 32 Mio. Barrel / d im Jahr 2007 nahezu ausgeschöpft. "Die OPEC wäre absolut nicht in der Lage, die Öllieferungen des Iran auszugleichen", betonte OPEC Generalsekretär Abdalla al Badri für den Fall eines militärischen Angriffs.[14]

Der Iran ist unter den OPEC das einzige Land, welches seine Förderung aus technischer Sicht noch signifikant von derzeit 4 auf bis zu 7 Mio. Barrel steigern könnte, ganz abgesehen von den bislang ungenutzten riesigen Gasreserven des Landes.[15] Von den nicht OPEC Staaten können Brasilien, Russland und der Raum um das kaspische Meer ihre Produktion noch steigern. Für Russland sollte dies in den nächsten 10 Jahren jedoch nicht ohne weiteres gehen, da hier aufgrund hoher Korruption kaum Gelder in den Ausbau der Infrastruktur und die Fördertechnik geflossen ist.

Gerade Staaten mit globalen geopolitischen Ambitionen werden durch ihre schwarzflüssigen Rücklagen strategisch an Bedeutung stark zulegen. Von Russland und Iran weiß man, dass diese auch bereit wären, diese Position auszunutzen.

Laut den Szenarien der IEA müssen Saudi-Arabien und der Irak ihre Produktion bis 2030 auf 50 Mio. Barrel / d verdoppeln, um die steigende Nachfrage zu befriedigen, während Kuwait, die V.A.E., Kater und der Iran stagnieren werden oder die Förderung reduzieren. Diese beiden Länder gelten also als Producers of last Resort, da deren Reserven den größten Teil sämtlicher Vorräte am persischen Golf einnehmen.

[...]


[1] Daten von 2005

[2] d.h. die Summe aus bereits gefördertem und nicht gefördertem nutzbaren Öl, das bis diesem Zeitpunkt exploriert wurde.

[3] Follath S.319

[4] Ebd. S.319

[5] Die USA hatten ihren Peak Oil wie die meisten Ölländer dieser Erde schon längst überschritten. „In den USA geht die jährliche Förderquote bereits seit 1959 kontinuierlich zurück. In Großbritannien, das ebenso wie Norwegen erst nach der Ölpreiskrise der siebziger Jahre und dank der Entdeckung von Ölfeldern in der Nordsee zu einem Ölförderstaat wurde, war Peak Oil 1999 erreicht.“ Siehe Zumach S.125

[6] Die Möglichkeit für dieses Szenario sehe ich schon gegeben, da die Entscheidungsträger insbesondere in den wenig entwickelten Förderländern mehr auf den schnellen und kurzfristigen Reichtum setzen, ohne Risiken für kommende Generationen einzukalkulieren. Die Verantwortung wird deutlich, wenn man bedenkt, was eine rasche weltweite Verknappung auf dem Ölmarkt bedeuten würde. Schon jetzt erfolgt weltweit eine Verzahnung von Wirtschafts- und Militärstrategischen Überlegungen, der bei einem solchen Kollaps keine entschärfenden Alternativen gegenüber stehen würden.

[7] Zumach S.125

[8] „Gegenwärtig fördern die OPEC nach Angaben der Organisation 32,4 Mio. Barrel pro Tag. Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, investiert das Kartell bis 2012 etwa 160 Mrd. US- Dollar in 120 Projekte. Bis dahin soll die Förderkapazität um über 5 Mio. Barrel im Vergleich zu 2007 erhöht werden.“

http://www.n-tv.de/Opec_aeusserst_besorgt_Furcht_vor_IranEffekt/100720083818/992308.html

[9] Wenige Ausnahmen sind Länder wie Norwegen die VAE. Norwegen setzt zum Beispiel auf einen Energiefond, in die die Einnahmen aus dem Ölgeschäft fließen, um den erwarteten Kollaps abzupuffern und für nachfolgende Generationen vorzusorgen. Außerdem begünstigt Norwegen die Umstrukturierung durch die künstliche Erhöhung des Ölpreises im Land, obwohl es dies nicht nötig hätte.

Die Vereinigten Arabischen Emirate setzen als Förderland schon jetzt auf eine Umstrukturierung (Diversifikation) der Wirtschaft, um ebenfalls die Folgen des Förderrückganges gering zu halten. Die Bereiche Bau, Tourismus und auf finanzstarke Bevölkerungsschichten spezialisierte Dienstleistungen expandieren in zweistelligen Raten.

[10] „Laut Al Badri wird die Nachfrage nach Rohöl wird trotz steigender Preise bis zum Jahr 2030 von gegenwärtig rund 85 Mio. Barrel um jährlich rund 1,3 Mio. Barrel auf 113 Mio. Barrel pro Tag wachsen“

http://www.n-tv.de/Opec_aeusserst_besorgt_Furcht_vor_IranEffekt/100720083818/992308.html

[11] „Nur ein hohes Wachstum von mindestens 8% garantiert der Führung innenpolitische Stabilität“ siehe Seifert S. 209 und Follath S.29

Mit den Steuereinnahmen können so Arbeits- und Sozialprogramme umgesetzt werden.

[12] Grech, Alain u.a. (Hgg.): Le Monde diplomatique. Paris 2006

[13] Zunächst setzt China aber auf Kohle, um relative Unabhängigkeit von Öl zu bewahren. Zwischen 2003 und 2012 wird China zusätzlich 562 Kohlekraftwerke ans Netz nehmen und den Ausbau der Kernenergie so vorantreiben, dass China 2012 Weltweit führend in diesem Gebiet sein wird

vgl. Seifert S.209 f.

[14] http://www.n-tv.de/Opec_aeusserst_besorgt_Furcht_vor_IranEffekt/100720083818/992308.html 10.Juli 2008

[15] Das ist einer der Gründe, warum der Iran bei der Energieversorgung eine zukünftige Schlüsselrolle spielen könnte. Während China die Beziehungen in das Land ausbaut, isoliert der Westen das Land wirtschaftlich und politisch.

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Erdöl – Antrieb für Wirtschaft und Konflikte
Université
Dresden Technical University  (Institut für Geschichte)
Cours
Gefahren für den Frieden im 21. Jahrhundert
Note
2,0
Auteur
Année
2008
Pages
23
N° de catalogue
V115031
ISBN (ebook)
9783640163144
ISBN (Livre)
9783640164578
Taille d'un fichier
479 KB
Langue
allemand
Annotations
Sehr aktuell, historischer Wert gering. Interessant für Geopolitiker.
Mots clés
Erdöl, Antrieb, Wirtschaft, Konflikte, Gefahren, Frieden, Jahrhundert, USA, Rohstoffe, Rohstoffversorgung, Peak Oil, Öl, Oilpeak, Rohstoffknappheit, Öl knapp, Ölversorgung, Kriege um Öl, Kriege Öl, Schwarze Gold, schwarzes Gold, Pipelines, Erdöl Pipeline
Citation du texte
Johannes Schulz (Auteur), 2008, Erdöl – Antrieb für Wirtschaft und Konflikte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115031

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