„Unbestritten ist, dass gewandelte Anforderungen das Lehr- und Lernhandeln verändern werden. Rollen und Aufgaben von Lehrenden, von Lernenden und von Bildungseinrichtungen bekommen andere Akzente…neue Leitbilder sind gefragt“ (Heuer 2001, S. 14). Besonders im Bereich der Erwachsenenbildung (insbesondere im wirtschaftlichen Kontext) entsteht durch wirtschaftliche Dynamik, gesellschaftliche Veränderungen, politische Einflüsse und pluralisierte Lebensformen ein bildungsrelevantes Spannungsfeld. Aus Sicht der Pädagogik sollte diesem viel Aufmerksamkeit geschenkt werden, da aufgrund einer hohen Komplexität der Sachverhalte zahlreiche Chancen, spannende Herausforderungen und beunruhigende Gefahren nebeneinander, kaum ausreichend systematisch geordnet, koexistieren. Vor allem die Auswirkungen der wirtschaftlichen Dynamik, die nicht zuletzt auch durch eine neoliberale Politik auch gezielt herbeigeführt wurden, reichen weit in den Gegenstand der Weiterbildung hinein. Bildungsprozesse, -programme und -konzepte werden verstärkt nach ökonomischen Kriterien bewertet – Bildung muss sich betriebswirtschaftlich rechnen! Inwieweit sich Bildung aber berechnen und berechenbar machen lässt, ist für zahlreiche Bildungsexperten fraglich, insbesondere da Auswirkungen und Ergebnisse von Bildung bei verschiedenen Bildungsempfängern verschieden lange Wirkungsdauer aufweist bzw. verschieden wirken kann – oft zeigen sich Resultate von Bildungsmaßnahmen erst über viele Jahre hinweg. Darüber hinaus fordern BildungsexpertInnen immer wieder auch ein ökonomisch zweckfreies Lernen, Bildung um des Menschen willen, ohne erst Legitimation durch wirtschaftliche Kennzahlen zu erhalten. Menschen lernen sehr verschieden, manchmal über Um- und Abwege. Bildung die gemanagt wird und sich in erster Linie an wirtschaftlichen Zahlen orientiert, tut sich schwer diese Tatsachen ausreichend zu berücksichtigen. So tut sich auf dem Gebiet der Bildung im wirtschaftlichen Kontext ein Spannungsfeld auf, zwischen pädagogischen, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen, das stark zwischen ökonomischen Sinn, Zweck und Effizienz von Bildung und der gesellschaftlichen Verantwortung von Bildung, jenseits einer wirtschaftlichen Verzweckung polarisiert.
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Bildungsmanagement und berufliche Weiterbildung
- 2.1 Erläuterungen
- 2.2 Bildung
- 2.3 Weiterbildung
- 2.4 Bildungsmanagement
- 2.5 Berufliche Weiterbildung
- 2.6 Berufliche Weiterbildung und Bildungsmanagement: begriffliche Abgrenzung
- 2.7 Berufliche Weiterbildung und Bildungsmanagement - Zuständigkeitsbereiche der Betriebswirtschaftslehre oder der Pädagogik?
- 2.8 Zusammenfassung
- 3. Spannungsfelder
- 3.1 Bildungsmanagement und berufliche Weiterbildung als Spannungsfelder zwischen pädagogischen Idealen und wirtschaftlichen Anforderungen
- 3.1.1 Einflüsse bzw. Interessen der Erwachsenenbildung
- 3.1.2 Einflüsse bzw. Interessen der Wirtschaft
- 3.1.3 Einflüsse bzw. Interessen des Staates
- 3.1.4 Die,,Vermarktlichung“ der Weiterbildung
- 3.2 Bildungscontrolling
- 3.3 Zugänge zur Konzeption von Bildungsprogrammen mit wirtschaftlichem Kontext
- 3.3.1 Wer konzipiert?
- 3.3.2 Zugänge aus pädagogischer Perspektive und Zugänge aus betriebswirtschaftlicher Perspektive
- 3.3.3 Das Bild von den BildungsempfängerInnen
- 3.4 Die Bedeutung einer grundlegenden Orientierung in der Betriebswirtschaft: Die normative Ebene des Managements
- 3.5 Zusammenfassung
- 4. Die Frage nach den neuen Leitbildern: Menschenbilder der BWL und der Pädagogik als Bezugspunkte für Konzepte des Bildungsmanagements und der beruflichen Weiterbildung
- 4.1 Einführung/Überleitung
- 4.2 Menschenbilder
- 4.2.1 Menschenbilder als Bezugssysteme für theoretisches und praktisches Handeln
- 4.3 Die Frage nach den Menschenbildern von Bildungsmanagement und beruflicher Weiterbildung
- 4.4 Homo oeconomicus
- 4.4.1 Einführung in das Menschenbild homo oeconomicus
- 4.4.2 Dimensionen des Begriffs
- 4.4.3 Wissenschaftstheoretische Einordnung des homo oeconomicus
- 4.4.4 Zentrale Annahmen über den in der Wirtschaft tätigen Menschen - die Eigenschaften des homo oeconomicus
- 4.4.4.1 Präferenzen und Restriktionen
- 4.4.4.2 Die rationale Entscheidung
- 4.4.4.3 Das Eigennutzaxiom
- 4.4.4.4 Interaktionsstrategien des homo oeconomicus mit seinen Mitmenschen
- 4.4.5 Homo oeconomicus als Menschenbild für die berufliche Weiterbildung und das Bildungsmanagement
- 4.4.6 Die kritische Hinterfragung des homo oeconomicus auf axiomatischer Ebene
- 4.4.7 Die kritische Hinterfragung des homo oeconomicus auf phänomenologischer Ebene
- 4.4.8 Die kritische Hinterfragung des homo oeconomicus auf politisch-ethischer Ebene
- 4.4.9 Homo oeconomicus als Bezugspunkt für Konzepte des Bildungsmanagements und der beruflichen Weiterbildung?
- 4.5 Menschenbilder der Pädagogik – pädagogische Anthropologie
- 4.5.1 Methodik und Systematik der pädagogischen Anthropologie
- 4.5.2 Methoden- und Theorienpluralismus in der pädagogischen Anthropologie – ein Überblick
- 4.5.2.1 Exkurs: Die Kritik der Frankfurter Schule am empirisch-analytischen Wissenschaftsmodell
- 4.5.3 Folgerungen über das Menschenbild des Bildungsmanagements und der beruflichen Weiterbildung
- 4.6 Kein Menschenbild als eine Alternative - Hartmut von Hentig (1999)
- 4.7 Zusammenfassung
- 5. Perspektiven einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Pädagogik und Betriebswirtschaft auf den Gebieten Bildungsmanagement und berufliche Weiterbildung
- 5.1 Die Pädagogik im Bereich der beruflichen Weiterbildung – von Werten, Idealen und die Frage nach dem Ziel
- 5.2 Die Gefahren eines einseitigen Menschenbildes – praktische Implikationen
- 5.3,,Ganzheitliche Bildung“ – eine Utopie?
- 5.4 Die Frage nach der Leitdisziplin
- 5.5 Über das Engagement von PädagogInnen im Bildungsmanagement und in der beruflichen Weiterbildung
- 5.6 Moderne Prinzipien für das Bildungsmanagement und für die berufliche Weiterbildung nach Ulrich Gonschorrek (2003)
- 5.7 Konsequenzen für Betriebe und Unternehmen
- 5.8 Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Menschenbilder in Konzepte des Bildungsmanagements und der beruflichen Weiterbildung einbringen lassen. Dabei werden die verschiedenen Menschenbilder der Betriebswirtschaftslehre und der Pädagogik beleuchtet und ihre Relevanz für die Gestaltung von Bildungsmaßnahmen in Unternehmen und Organisationen untersucht. Ziel ist es, eine Brücke zwischen den beiden Disziplinen zu schlagen und aufzuzeigen, wie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zu einer wirkungsvolleren und nachhaltigeren Gestaltung von Bildungsangeboten führen kann.
- Die Bedeutung von Menschenbildern für Konzepte des Bildungsmanagements und der beruflichen Weiterbildung
- Die unterschiedlichen Menschenbilder der Betriebswirtschaftslehre und der Pädagogik
- Spannungsfelder zwischen pädagogischen Idealen und wirtschaftlichen Anforderungen
- Die Frage nach der Leitdisziplin in der Gestaltung von Bildungsmaßnahmen
- Perspektiven einer interdisziplinären Zusammenarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema der Diplomarbeit ein und stellt die Relevanz von Menschenbildern für Bildungsmanagement und berufliche Weiterbildung heraus. Das zweite Kapitel beleuchtet die beiden Disziplinen Bildungsmanagement und berufliche Weiterbildung und untersucht ihre begriffliche Abgrenzung sowie die unterschiedlichen Perspektiven der Betriebswirtschaftslehre und der Pädagogik. Im dritten Kapitel werden die Spannungsfelder zwischen pädagogischen Idealen und wirtschaftlichen Anforderungen betrachtet und die Herausforderungen für die Konzeption von Bildungsprogrammen in Unternehmen und Organisationen beleuchtet. Das vierte Kapitel analysiert die verschiedenen Menschenbilder der Betriebswirtschaftslehre und der Pädagogik, wobei der Fokus auf dem Homo oeconomicus und den Menschenbildern der pädagogischen Anthropologie liegt. Schließlich werden im fünften Kapitel Perspektiven für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pädagogik und Betriebswirtschaft auf den Gebieten Bildungsmanagement und berufliche Weiterbildung aufgezeigt und konkrete Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Bildungsmaßnahmen gegeben.
Schlüsselwörter
Bildungsmanagement, berufliche Weiterbildung, Menschenbilder, Homo oeconomicus, pädagogische Anthropologie, interdisziplinäre Zusammenarbeit, Spannungsfelder, wirtschaftliche Anforderungen, pädagogische Ideale.
- Quote paper
- Mag. Christoph Mauthner (Author), 2003, Menschenbilder als Bezugssysteme für Konzepte des Bildungsmanagements und der beruflichen Weiterbildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115737