Erkundungsprotokoll: Aufgaben der Lehrenden, Unterrichten - und was sonst?


Seminar Paper, 2006

42 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

1 Präzisierung der Fragestellung

2 Vergleich der Planung, Vorbereitung und Durchführung

3 Erkundungsergebnisse
3.1 Hinweise zur Ergebnisfindung
3.1.1 Festlegung des Materials und Analyse der Entstehungssituation
3.1.2 Formale Charakterisierung des Materials
3.1.3 Richtung der Analyse
3.1.4 Bestimmung und Definition der Analysetechnik
3.2 Analyse und Interpretation der Erkundungsergebnisse
3.2.1 Aufgaben neben dem Unterricht
3.2.2 Prozentuale Aufteilung der Aufgaben
3.2.3 Zeitliche Bewältigung der Aufgaben
3.2.5 Ausweitung der Arbeit auf das Wochenende
3.2.6 Präsenzzeiten für Lehrer
3.2.7 Zuteilung der Aufgaben
3.2.8 Bewertung von Teamarbeit innerhalb der Aufgabenbewältigung
3.3 Bewertung der Erkundungsergebnisse

4 Beurteilung der gewählten Forschungsverfahren

Literaturverzeichnis

Anhang 1: Kategorienübersicht

Anhang 2: Interviewtranskription Frau C., 30.06.2006

Anhang 3: Interviewtranskription Herr G., 02.06.2006

Anhang 4: Interviewtranskription Frau S., 30.06.2006

Anhang 5: Interviewtranskription Herr S., 01.06.2006

1 Präzisierung der Fragestellung

In dieser Erkundung zu dem Thema „Aufgaben eines Lehrers- Unterrichten und was sonst?“ soll untersucht werden, welche Aufgaben die Lehrenden neben dem Unterricht zu erledigen haben. Des Weiteren soll herausgestellt werden, wann und wie sie diese erledigen. Im Zuge dieser Fragen soll die Sichtweise von jüngeren und älteren Lehrenden bezüglich der Aufgaben verglichen werden. Eine weitere Differenzierung der Fragestellung ist schon in der Erkundungsvorbereitung zu finden, das Erkenntnisinteresse hat sich dabei nicht geändert. Alle dort aufgeworfenen Fragen sind gleich geblieben, und in den vier Lehrerinterviews gleich gestellt worden.[1] In der Erkundungsvorbereitung wurde eine Hypothese aufgestellt, die es zu verifizieren, oder zu falsifizieren gilt.[2]

2 Vergleich der Planung, Vorbereitung und Durchführung

Die Planung, Vorbereitung und Durchführung stimmten weitestgehend überein. Es wurden keine Änderungen am Fragebogen vorgenommen, und auch die Planung, zwei jüngere und zwei ältere Lehrpersonen zu interviewen, klappte reibungslos. Auffällig war, dass bei allen Interviews der geplante Ablauf des Leitfadens[3] meinerseits nicht eingehalten wurde, da ich die Interviewfragen dem Gesprächsverlauf angepasst habe. Somit schlossen sich einige Fragen an, die eigentlich erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt werden sollten, aber so hatten die Interviewten wenigstens nicht das Gefühl inquisitorisch ausgefragt zu werden.[4] Die am Anfang geplanten Fragen nach den zu unterrichtenden Fächern, der Zeit im Schuldienst und des Alters schloss sich bei allen Interviews erst am Ende an, da durch die Nennung des Erkundungsthemas am Anfang die Lehrer schon sofort „loslegten“. Es wurden zwar alle Oberfragen von mir gestellt, aber auf einige Unterfragen habe ich verzichtet, da diese schon durch Ausführungen der Lehrer angesprochen wurden. Nach der Durchführung der Interviews ist mir deutlich geworden, dass durch diese auch andere Aspekte, wie z.B. Belastungen, Druck und Stress der Lehrer zum Ausdruck kamen wurden. Auch diese Seite des Lehrerberufs interessiert mich sehr, aber in den Interviews, sowie in der Auswertung soll darauf nicht näher eingegangen werden.

3 Erkundungsergebnisse

3.1 Hinweise zur Ergebnisfindung

Die Darstellung und Auswertung der Interviewergebnisse erfolgt über eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2003). Diese besteht aus neun Stufen, die sukzessive durchlaufen werden, und „ist eine Anleitung zum regelgeleiteten intersubjektiv nachvollziehbaren Durcharbeiten umfangreichen Textmaterials“[5]. Ich sehe diese Methode aber eher als eine Handlungsanweisung und weise an bestimmten Stellen auf Modifikationen hin, da aufgrund des Erkundungsumfangs nicht alle Auswertungsschritte von mir in vollem Umfang durchgeführt werden können.

3.1.1 Festlegung des Materials und Analyse der Entstehungssituation

Der Analyse liegen vier Interviewtranskripte in vollem Umfang zugrunde. Die vier Interviews wurden im Zweiergespräch mit mir als Interviewleiter und dem jeweiligen Lehrer im Ludwig- Erhard- Berufskolleg durchgeführt. Das Interview mit Frau S.[6] fand in ihrem Raum als Beratungslehrerin statt, dort konnten in Ruhe sämtliche Fragen geklärt werden.

Das zweite Interview mit Frau C. wurde auf ihren Vorschlag im Lehrerzimmer durchgeführt, wo es deutlich unruhiger war. Dabei hielten sich einige ihre Kollegen in dieser Freistunde im Lehrerzimmer auf, andere kamen und gingen wieder, besprachen dort noch einige Dinge untereinander, wodurch es schon deutlich schwieriger wurde, sich im Interview auf sein Gegenüber zu konzentrieren. Auch das Interview mit Herrn G. fand auf seinen Wunsch im Lehrerzimmer statt. Für Herrn G. war das anscheinend eine gute Umgebung, er fühlte sich hier wohl, jedoch wurden wir auch hier von anderen Kollegen innerhalb des Interviews gestört. Beide Lehrpersonen konnten sich entgegen meiner Erwartungen im Lehrerzimmer sehr gut öffnen, und wiesen auch auf intime Sachverhalte im Lehrerberuf hin. Das letzte Interview habe ich mit Herrn S. in seinem Büro als Oberstudiendirektor geführt. In dieser Umgebung war es sehr ruhig, und genau wie bei Frau S. wurde bei den Interviews mehr Informationen „drum herum“ gegeben, und dauerten daher deutlich länger als die anderen Interviews mit den jüngeren Lehrern. In der vertrauten Umgebung, in der die Interviews stattfanden, konnten die Interviewpartner einen Expertenstatus einnehmen, wodurch ihnen die Antworten sichtlich leicht fielen.[7]

3.1.2 Formale Charakterisierung des Materials

Die Interviews wurden von der akustischen Aufzeichnung in ein schriftliches Protokoll umgewandelt. Dabei habe ich mich nur auf die rein verbale Wiedergabe beschränkt. Nonverbale Aspekte des Gesprächs wie z.B. Betonungen, Pausen, Sprachgeschwindigkeit und Stimmlage wurden aufgrund der Ausführlichkeit des Erkundungsprotokolls nicht berücksichtigt. Nebensächlichkeiten und andere Redewendungen wurden dabei schon entfernt.[8]

3.1.3 Richtung der Analyse

Aus den Interviews soll nun interpretiert werden, welche Aufgaben die Lehrenden neben dem Unterrichten haben. Nennen die einzelnen Lehrer dabei völlig unterschiedliche Aspekte, oder gibt es auch Gemeinsamkeiten? Auf emotionale und kognitive Befindlichkeiten soll dabei nicht in erster Linie geachtet werden, sondern es soll der emotionale und kognitive Handlungshintergrund der Lehrer. beachtet werden[9] Wie schätzen Sie die Aufgaben ein, die sie zu erledigen haben, und wie bewerten sie diese? Im nächsten Schritt der qualitativen Inhaltsanalyse erfolgt die Differenzierung der Fragestellung, auf die jedoch schon zu Beginn dieses Erkundungsprotokolls eingegangen wurde.

3.1.4 Bestimmung und Definition der Analysetechnik

„Ziel der Zusammenfassung ist es, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, und durch Abstraktion einen überschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist.“[10] Jedoch habe ich schon bei der Abschrift der Interviewaufnahme einige Auslassungen, Generalisierungen, Selektionen und Bündelungen vorgenommen. Da nur vier Interviews durchgeführt wurden, ist das Material jetzt noch recht überschaubar, und ich kann von weiteren Reduktionen absehen, da das Hauptaugenmerk des Erkundungsprotokolls auf der Interpretation liegen soll. Nur so kann auch der Begrenztheit der Ausführungen dieses Erkundungsprotokolls Rechnung getragen werden. Auch auf die Explikation kann verzichtet werden, da keine interpretationsbedürftigen Textstellen vorliegen. Alle Verständnisfragen wurden sofort während des Interviews geklärt. Durch die Strukturierung soll „eine bestimmte Struktur aus dem Material herausgefiltert werden“[11], dabei sollen vorher festgelegte Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material legen. Dadurch soll die strukturierende Inhaltsanalyse bestimmte Themen und Inhalte herausarbeiten. Die Kategorien werden anhand der Fragen des vorher aufgestellten Fragebogens gebildet. „Sie müssen vom Erkenntnisinteresse geleitet und in Hypothesen fixiert sein.“[12] Die Forderung nach Vollständigkeit bezieht sich aber nicht auf alle Inhalte des Textes, sondern auf alle interessierenden Bedeutungsdimensionen. Eine kurz zusammenfassende und durch Kategorien strukturierte Übersicht findet sich im Anhang, um so die Ergebnisse auch vergleichen zu können.[13]

3.2 Analyse und Interpretation der Erkundungsergebnisse

Bevor auf die Aussagen der einzelnen Lehrer näher eingegangen werden soll, möchte ich die soziographischen Daten anführen. Es wurden zwei jüngere und zwei ältere Lehrpersonen interviewt. Eine Übersicht zu ihren Fächern und weitern Tätigkeiten findet sich hier:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht zu den Interviewpartnern (Quelle: Eigene Darstellung)

3.2.1 Aufgaben neben dem Unterricht

Alle Lehrer, ausgenommen Herr S., nannten hier zunächst die Aufgabe als Klassenleitung tätig zu sein. Die Lehrer stimmen hier überein, dass die Aufnahme und das Eintragen von Entschuldigungen der Schüler sehr viel Zeit einnimmt.

Frau S.: „Gerade das Klassenbuch zu führen ist in der Handelsschule sehr anstrengend, da man am Ende eines Schuljahrs einen dicken Ordner voll Entschuldigungen und Krankmeldungen vorliegen hat. Diese müssen alle abgeheftet, und in das Klassenbuch eingetragen werden.“[14]

Des Weiteren betonen alle im gleichen Maße die Korrekturarbeiten, die Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden, Rücksprache mit Kollegen halten und Klassenkonferenzen, falls sich ein Schüler fehl verhalten hat. Herr G. zählt zu diesen Klassenlehreraufgaben noch die Verwaltung von Notenlisten dazu.[15] Frau S. und Frau C. heben dazu noch die Beratungstätigkeiten als Klassenlehrerin hervor.

Frau S.: „Als Klassenlehrer hat man die Aufgabe mit den Schülern über die Planung der Schullaufbahn zu sprechen, wenn die Schüler z.B. Probleme im kaufmännischen Bereich haben, dass man sie auch z.B. auf die gewerblichen Schulen hinweist, entweder in Richtung des sozialen Bereichs, oder in den technischen Bereich. Gerade in der Unterstufe der Handelsschule muss den Schülern klar gemacht werden, dass diese Schulform wahrscheinlich eine der letzten Möglichkeiten ist, einen vernünftigen Abschluss zu bekommen. Es ist wichtig, dass man gerade in der Handelsschule einen nahen Kontakt zu den Schülern hält, da diese Schüler schon viele Frustrationserlebnisse hinter sich haben. Man muss ihnen immer wieder Chancen bieten, und ermutigen, auch daran zu arbeiten.“[16]

Des Weiteren werden noch Elterngespräche von Frau S. genannt, die aber gerade im Bereich der Berufsschule nicht allzu oft vorkommen.[17] Herr S. nennt da eher den Kontakt mit den Ausbildungsvertretern der Betriebe, obwohl das Interesse der Betriebe, an der Berufsschule äußerst gering ist.[18] Er kann auch noch von weiteren Interessanten Tätigkeiten berichten:

Herr S.: „Also bin ich jetzt ein schlechtes Beispiel, weil ich ja noch eine weitere Funktion habe, ich bin ja Vorsitzender des Bezirkspersonalrates in Detmold, und dadurch gebe ich viel weniger Unterricht, nämlich nur 10 Stunden.[19] Ich bin zuständig für den Bereich Einzelhandel, für den Bereich Automobilkaufleute, und ich bin zuständig für sämtliche Rechtsfragen in der Berufsschule. Dann bin ich noch zuständig für die Praktikanten der Uni Paderborn, und zuständig für die jungen Kollegen die hier ankommen, die ich dann hier einführen muss, und denen erklären muss, wie hier was läuft. Das sind so meine Aufgaben. Durch die Tätigkeit in der erweiterten Schulleitung, die es eigentlich so gar nicht gibt, übernehme ich auch weitere Aufgaben die der Schulleiter delegiert.[20]

Auch Herr G. und Frau S. haben neben ihrer Klassenlehrertätigkeit noch eine weitere Funktion: Herr G. ist als SV- Lehrer für alle Schülerbelange zuständig[21] und Frau S. steht noch eine Stunde in der Woche als Beratungslehrerin zu Verfügung.[22] Für diese Tätigkeit bekommen beide eine Entlastungsstunde. Aus allen Interviews geht jedoch hervor, dass es für die Klassenleitung keine Entlastungsstunden gibt.[23] Auch für die Fachlleitertätigkeit gibt es laut Herrn S. keine Stundenentlastung, „wir werden einfach nur besser bezahlt, das ganze geht natürlich auf Kosten der Freizeit.“[24] Es war schon interessant, dass ich durch eine freie Auswahl unseres Betreuungslehrers auf Lehrer gestoßen bin, die doch neben der eigentlichen Tätigkeit des Unterrichtens, und der Klassenleitung auch noch eine andere Funktion inne haben. Aber trotzdem hätten mich auch noch andere Aufgaben, wie z.B. Mitarbeit in der Weiterentwicklung und Evaluation von Schule, wie auch die Begleitung des Lehrernachwuchses interessiert.

3.2.2 Prozentuale Aufteilung der Aufgaben

Zu dieser Frage war es sehr schwierig aussagekräftige Antworten zu bekommen. Das liegt zum einen daran, dass die Lehrer ihre Aufgaben nicht ohne weiteres prozentual aufteilen konnten, zum anderen unterliegt die Arbeitszeit im Schuljahresverlauf ziemlichen Schwankungen.[25] Das konnte z.B. Frau C. bestätigen:

„Das ist schwierig zu sagen, es gibt mal stressige Zeiten, so wie jetzt kurz vor Schuljahresende. Also wenn es ganz stressig ist, dann nimmt der Unterricht 1/3 und die Vor- und Nachbereitung, Korrekturen usw. 2/3 in Anspruch, wenn es weniger stressig ist, dann nimmt der Unterricht 50% und das andere auch 50% in Anspruch.“[26]

Verwaltungsarbeiten oder Konferenzen wurden dabei von ihr jedoch völlig außer Acht gelassen. Herr S. konnte dazu aus einer Untersuchung zur Lehrerarbeitszeit zitieren:

„Das ist dann so, dass bei einem Lehrer von 100% Arbeitszeit 75% im Unterricht ankommen, 25% kommen in außerunterrichtlichen Aufgaben an.“[27]

Auf die Nachfrage, ob man die 25% noch weiter unterteilen könnte, war keine zahlenmäßige Aussage zu treffen. Er konnte nur zufügen, dass zu den 75% auch die gesamten Korrekturen, sowie Vor- und Nachbereitungszeit von Unterricht zählt. Eine interessante, allerdings schon etwas ältere Statistik zeigt, dass der Unterricht weniger als die Hälfte der durchschnittlichen Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Wenn man Unterrichtsvorbereitung, Beurteilungen und Korrekturen dazu zählt, kommt man auf das, wie von Herrn S. genannte, Ergebnis.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Arbeitszeit der Lehrenden (Quelle: Ulich (1996), S. 51)

Zu dieser Kategorie hatte ich mir erhofft, dass die Lehrer mir genauere prozentuale Angaben machen konnten. Damit waren aber alle eher vorsichtig. Durch die einzelnen Darstellungen wurde mir deutlich, dass die Aufgaben nicht pauschal prozentual einzuschätzen sind. Dazu unterliegt der Lehrerberuf einer viel zu großen Diskontinuität.

3.2.3 Zeitliche Bewältigung der Aufgaben

Auf die Frage, wann die Lehrer ihre Aufgaben erledigen, gab es sehr unterschiedliche Antworten. Herr G. versucht z.B. alle Aufgaben die anfallen in der Schule zu machen. Da können z.B. alle Entschuldigungen der Schüler in den Stunden eingetragen und nachgehalten werden, wenn die Schüler Klassenarbeiten schreiben. Er möchte möglichst nichts mit nach Hause nehmen.[28] In diesem Zusammenhang hat er auch erklärt, dass die ganze Vorbereitung des Unterrichts jeweils in den Ferien stattfindet, und er somit zwischen den Ferien, also während der Unterrichtszeit mehr Freiraum für andere Dinge hat.[29]

Frau S., die z.B. ihre Beratungstätigkeit als Klassenlehrerin sehr hervorgehoben hat, macht vieles innerhalb der Unterrichtsstunden:

„Schüler sehen den Lehrer gerade in der Handelsschule als Vertrauensperson an, und darauf sollte man sich als Lehrer auch einlassen, da gerade diese Schüler schon viele Frustrationserlebnisse bewältigt haben. Sie fühlen sich besser aufgehoben, wenn sie auch mal eine Unterrichtsstunde verquatschen können.

Ich gebe 3 Std. Englisch und zwei Stunden Sport in der Handelsschule und wenn wirklich Probleme zu besprechen sind, mache ich das auch oft in der Sportstunde, während die einen Schüler am spielen sind, setze ich mich mit den anderen an den Rand.“[30]

Auch Frau C. erwähnt, dass durch die Rolle als Klassenlehrerin sehr viele Pausen verloren gehen, da in dieser Zeit vieles mit den Schülern besprochen wird.

„Manchmal wird man in den Pausen immer aus dem Lehrerzimmer gerufen, dann hat man gar keine Pause. Die Pausen kann man sowieso nicht als Pausenzeiten sehen. Denn man hat nur eine viertel Stunde. Man geht ein bisschen später ins Lehrerzimmer, da man wartet, bis der letzte Schüler die Klasse verlassen hat, dann hat man faktisch nur 10 min. Pause, in der man noch kopieren muss, oder in der man noch zu Schülern rausgerufen wird.“[31]

Bei Herrn S. hat sich die Arbeit auch deutlich verlagert. Durch das Büro, das ihm als Studiendirektor zur Verfügung steht, können deutlich mehr Verwaltungsarbeiten in der Schule gemacht werden, was für ihn eine Erleichterung für die Arbeit mit seinen Kollegen bedeutet. Korrekturarbeiten macht er aber doch lieber zu Hause, da man dort ungestörter ist.[32] Bei der Untersuchung dieser Kategorie ist mir aufgefallen, dass es zwar keinen deutlichen Unterschied zwischen der Aufgabenbearbeitung von jüngeren und älteren Kollegen gibt, jedoch sind die jüngeren Kollegen darauf bedacht, den Abend frei zu halten. Entsprechend hatte ich auch gedacht, dass die älteren Kollegen vielleicht weniger Zeit für Vor- und Nachbereitung des Unterrichts in Anspruch nehmen, da alle Materialien schon einmal erarbeitet wurden, aber auch dies ist nicht der Fall, da es anscheinend zu viele Neuerungen gibt. Frau S. erwähnt, dass auch Sie immer wieder neue Materialien zusammenstellt.[33]

3.2.4 Beschreibung eines ganz normalen Arbeitstags

Bei der Klärung dieser Frage hat mich besonders interessiert, ob die Lehrer sich zunächst eine Pause nach dem Unterricht gönnen, und ihre restlichen Aufgaben am Abend erledigen, oder ob sie sicht sofort am Nachmittag an den Schreibtisch setzen. Wie oben schon beschrieben, versucht Herr G. alle Aufgaben in der Schule zu erledigen,[34] Frau C. und Herr S. sind sich einig, dass sie die Aufgaben eher am Nachmittag als am Abend lösen[35]. Aber alle vier Lehrer genießen die freie Einteilung der Arbeitszeit am Nachmittag. Frau S. weist hier auf die Betreuung ihrer Kinder hin, somit ist sie zunächst damit beschäftigt, erst gegen Abend kann sie sich dann auf die Vorbereitung des Unterrichts konzentrieren. Beim Vergleich eines Arbeitstags von jüngeren und älteren Lehrern können jedoch keine Gemeinsamkeiten oder Unterschiede festgestellt werden, da muss jeder seinen eigenen Rhythmus finden.[36]

Frau S und Herr S konnten des Weiteren bestätigen, dass sich ein normaler Arbeitstag innerhalb der letzten zehn Jahre geändert hat. Frau S. antwortete auf diese Frage eher inhaltlich, da ihr Fach Englisch nun häufiger auch in den Berufsschulklassen unterrichtet wird, und sie dadurch andere Einsatzgebiete hat.[37] Herr S. sieht in seinem Arbeitstag eine deutliche Verschiebung der Tätigkeit zur Verwaltungsarbeit. Hier ein sehr prägnantes Zitat:

„Die Verwaltungsarbeit ist in der Tat mehr geworden, aber damals passte auch die Schullaufbahn eines Schülers der in der Höheren Handelsschule war auf eine DIN-A5 Karteikarte. Heute wird ein enormer Papierverbrauch betrieben, da alles festgehalten werden muss auf Listen usw. Das Erziehungsmaßnahmenwesen hat deutlich zugenommen. Wenn Sie z.B. Klassenlehrerin einer Handelsschule sind, dann haben Sie mit diesen Problemen deutlich mehr zu tun, denn weil diese z.T. auch noch minderjährig sind, da gibt es mehr, wo man drauf achten muss, daher gibt es häufiger Klassenkonferenzen, wo man am Nachmittag wieder 1-2 Stunden zusammensitzt um sich mit Jugendlichen zu beschäftigen, die neben der Spur laufen. Dann gibt es auch in unserer Schule zunehmend Handgreiflichkeiten zwischen den Schülern, auch da gibt es dann Probleme. Und diese Aufgaben bringen auch eine psychische Belastung mit sich. Ich habe hier damals angefangen, da fraßen einem die Schüler aus der Handelsschule aus der Hand, da waren die lieb und brav und da waren die Schüler auch wirklich krank, wenn sie krank gemeldet waren, da standen auch die Eltern hinter den Schülern. Wir haben heute auch viel mehr Elternhäuser, die es gar nicht interessiert, ob die Schüler nun wirklich in der Schule ankommen, oder nicht, und das macht den Job eigentlich so schwierig. Die Klientel wird schwieriger. Also noch mal zusammengefasst, geändert hat sich die Zunahme der Verwaltungstätigkeit, da ich glaube, dass wir heute auch genauer sind. Und verändert hat sich der Umgang mit den Schülern, ja nicht weil die schwieriger geworden sind, schwierig ist immer so ein komisches Wort, sie sind in ihrem Verhalten deutlich anders, und wir beobachten eine Zunahme dieser Klientel an Berufskollegs. Verändert hat sich außerdem in der Berufsschule, dass wir immer häufiger mit anderen Bildungsträgern zusammenarbeiten müssen, d.h. wir haben nicht nur Lernortkooperation mit den Betrieben, sondern auch mit dem TBZ, mit dem Kaufhof- Handelskolleg, wo wir Schüler übernehmen, wo wir uns absprechen müssen, wo wir einen Teil machen, und die einen Teil machen, und auch anderen Trägern von Bildungseinrichtungen, mit denen wir dann kooperieren müssen. Das kostet und bindet alles Zeit und das war früher etwas gemütlicher, das muss man schon sagen.“[38]

Aus diesem Zitat geht deutlich hervor, dass die Arbeit eines Lehrers sich verschoben hat. Neben dem Unterrichten; Vor- und Nachbereiten des Unterrichts kommen gerade im vollzeitschulischen Bereich die Beratungstätigkeit dazu.[39] Wie auch Ulich[40] stellt Herr S. fest, dass die berufliche Belastung von Lehrern sehr stark durch Leistungs- und Verhaltensprobleme von Schülern gekennzeichnet ist. Auch Frau S. schildert, dass Sie sich mehr Sorgen um Schüler macht als damals, da die Schüler schon mehr Frustrationserlebnisse hinter sich haben.[41] Diese Darstellungen entsprechen meinen Erwartungen, wie auch den Ausführungen der öffentlichen Presse.[42]

[...]


[1] vgl. Erkundungsvorbereitung Punkt 1 und Punkt 2

[2] vgl. Erkundungsvorbereitung Punkt 3

[3] vgl. Anhang 1 und 2 der Erkundungsvorbereitung

[4] vgl. Lamnek (2005), S. 388

[5] Bortz/ Döring (2002), S. 332

[6] Die Anonymität der Interviewten soll gewahrt bleiben

[7] vgl. Lamnek (2005), S. 388

[8] vgl. Lamnek (2005), S. 403

[9] vgl. Lamnek (2005), S. 519

[10] Lamnek, (2005), S. 520

[11] Lamnek, (2005), S. 526

[12] vgl. Atteslander (2003), S. 226

[13] vgl. Anhang 1

[14] Interviewtranskription Frau S., Punkt 86

[15] vg., Interviewtranskription Herr G., Punkt 3a

[16] Interviewtranskription Frau S., Punkt 3

[17] vgl. Interviewtranskription Frau S., Punkt 9

[18] vgl. Interviewtranskription Herr S., Punkt 22 f.

[19] Interviewtranskription Herr S., Punkt 41

[20] Interviewtranskription Herr S., Punkt 9 ff.

[21] vgl. Interviewtranskription Herr G., Punkt 10f.

[22] vgl. Interviewtranskription Frau S., Punkt 101f.

[23] vgl. Interviewtranskription Herr S., Punkt 36

[24] Interviewtranskription Herr S., Punkt 39

[25] vgl. Ulich (1996), S. 51

[26] Interviewtranskription Frau C., Punkt 14 f.

[27] Interviewtranskription Herr S., Punkt 17

[28] vgl. Interviewtranskription Herr G., Punkt 17 f.

[29] vgl. Interviewtranskription Herr G., Punkt 37 ff.

[30] Interviewtranskription Frau S., Punkt 28 f.

[31] Interviewtranskription Frau C., Punkt 18 ff.

[32] vgl. Interviewtranskription Herr S., Punkt 51ff.

[33] vgl. Interviewtranskription Frau S., Punkt 35

[34] vgl. Interviewtranskription Herr G., Punkt 26

[35] vgl. Interviewtranskription Frau C., Punkt 22 f.; Herr S., Punkt 74

[36] vgl. Interviewtranskription Frau C. Punkt 39

[37] vgl. Interviewtranskription Frau S., Punkt 46 ff.

[38] Interviewtranskription Herr S., Punkt 85 ff.

[39] vgl. dazu Interviewtranskription Frau S., Punkt 9 ff.

[40] vgl. Ulich (1996), S. 57

[41] vgl. Interviewtranskription Frau S., Punkt 3

[42] vgl. Meiners, F. (2004)

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Details

Title
Erkundungsprotokoll: Aufgaben der Lehrenden, Unterrichten - und was sonst?
College
University of Paderborn  (Business and Human Resource Education)
Course
Modul: Didaktik in und für sozialökonomische Handlungsfelder
Grade
1,3
Author
Year
2006
Pages
42
Catalog Number
V116540
ISBN (eBook)
9783640182893
File size
554 KB
Language
German
Keywords
Erkundungsprotokoll, Aufgaben, Lehrenden, Unterrichten, Modul, Didaktik, Handlungsfelder
Quote paper
I. Staatsexamen Katharina Korff (Author), 2006, Erkundungsprotokoll: Aufgaben der Lehrenden, Unterrichten - und was sonst?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116540

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