Gentrification am Berliner Kollwitzplatz. Eine soziologische Analyse


Bachelor Thesis, 2010

37 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gentrification – eine theoretische Einführung
2.1 Was ist Gentrification?
2.2 Theoretische Erklärungskonzepte
2.2.1 Der Nachfrageansatz
2.2.2 Der Angebotsansatz
2.3 Verlauf der Gentrification – das Phasenmodell von Friedrichs
2.4 Voraussetzungen für Gentrification
2.5 Vorstellung der ausgewählten Indikatoren

3. Gentrification am Berliner Kollwitzplatz
3.1 Vorstellung des Untersuchungsgebietes
3.1.1 Der Mythos Prenzlauer Berg
3.1.2 Berliner Sanierungspolitik
3.2 Gentrification am Kollwitzplatz?
3.2.1 Bevölkerungsentwicklung
3.2.2 Entwicklung der Bildungs- und Erwerbsstruktur
3.2.3 Einkommensentwicklung
3.2.4 Entwicklung der Bausubstanz und Wohnungsausstattung
3.2.5 Entwicklung der Mietenstruktur
3.3 Kulturelle Aufwertung am Kollwitzplatz

4. Städtische Konflikte als Folge der Gentrification

5. Fazit

Bibliographie

1. Einleitung

Ein sommerlicher Samstagvormittag am Kollwitzplatz: Es ist Wochenmarkt. Gepflegte Eltern flanieren mit ihren fröhlichen Kindern von Stand zu Stand. Das Angebot reicht von Bio-Obst und -Gemüse vom Bauern über wohlriechende Gewürzstände bis hin zu handgefertigtem Schmuck oder stilvollen Küchenaccessoires. Für jeden Geschmack ist etwas dabei – doch gute Qualität hat ihren Preis. Rund um den „Kolle“ schlürfen sonnenhungrige Seelen ihren Milchkaffee in einem der zahlreichen Cafés und beobachten das geschäftige Treiben. Vom Spielplatz schallt Kindergeschrei herüber. Unter Aufsicht ihrer Eltern versuchen mutige Kinder die Bronze-Plastik der Käthe Kollwitz1 zu besteigen. Väter und Mütter unterhalten sich angeregt in kleinen Gruppen – man kennt sich. Jung und dynamisch – so präsentiert sich der Kollwitzplatz.

Solch eine Momentaufnahme wäre zu DDR-Zeiten anders ausgefallen. Der Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg im Bezirk Pankow2 hat in den letzten 20 Jahren einen starken Wandel erfahren. In den 1990er Jahren entstand hier Europas größtes zusammenhängendes Sanierungsgebiet.3 Besonders die Gegend um den grünen Kollwitzplatz mit seinen Gründerzeitgebäuden weckte das Interesse der Stadtplaner, Investoren und Makler. Innerhalb kurzer Zeit wurde so eine tiefgreifende Entwicklungs- und Umwandlungsdynamik in Gang gesetzt.

Aufwertungsprozesse städtischer Quartiere in sozialer und physischer Hinsicht werden in der Stadtsoziologie als Gentrification oder Gentrifizierung bezeichnet. Nach der Wende wuchs das Interesse der Wissenschaftler, dem Phänomen in den Ost-Berliner Innenstadtgebieten auf die Spur zu kommen. Insbesondere die Gegend um den Kollwitzplatz, die als Epizentrum der Modernisierung im Prenzlauer Berg gilt, bietet sich für solche Untersuchungen an.4

Die soziologische Analyse des Umwandlungsprozesses im ehemaligen Sanierungsgebiet Kollwitzplatz steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Es wird die zentrale Hypothese aufgestellt, dass hier eine Gentrification stattgefunden hat bzw. immer noch stattfindet. Dies spiegelt sich zum einen in einer Bevölkerungsveränderung wider, weil sich verstärkt Haushaltstypen mit einem höheren sozialen Status als die ansässige Wohnbevölkerung im Gebiet um den Kollwitzplatz ansiedeln. Zum anderen wird der Aufwertungsprozess durch eine Sanierungswelle der Bausubstanz begleitet, was steigende Mietpreise zur Folge hat. Des Weiteren wird angenommen, dass eine Gentrification mit einer kulturellen Aufwertung bzw. Imagesteigerung durch die Zunahme von Cafés, Bars, Szene-Kneipen, Geschäften wie Feinkostläden und kulturellen Einrichtungen einhergeht. Schließlich soll aufgezeigt werden, dass Gentrificationprozesse am Kollwitzplatz oder anderen Städten häufig mit sozialen Konflikten gekoppelt sind. Durch den Zuzug einkommensstarker Einwohner mit statusspezifischen Lebensstilgewohnheiten wird das Verdrängungspotential von sozial schwachen Haushaltstypen erhöht. Proteste der Anwohner gegen den Wandel sind die Folge.

Der erste Teil dieser Arbeit widmet sich dem theoretischen Hintergrund. Nach einer Definition des Begriffs Gentrification sollen die Grundzüge des Nachfrage- und Angebotsansatzes, die sich hinsichtlich ihrer Sichtweise auf die Ursachen von Gentrification unterscheiden, dargestellt werden. Der nächste Abschnitt stellt das Phasenmodell von Jürgen Friedrichs vor, das den prozesshaften Wandel der Sozialstruktur in Aufwertungsgebieten veranschaulicht. Die Vorstellung der idealtypischen Voraussetzungen für Gentrification und der für die Untersuchung ausgewählten Indikatoren schließen den Theorieteil ab.

Zu Beginn des Hauptteils sollen dem Leser wichtige Informationen über das ehemalige Sanierungsgebiet Kollwitzplatz an die Hand gegeben werden. Dieses Vorwissen ist notwendig, um den Umwandlungsprozess im untersuchten Gebiet nachvollziehen zu können. Der empirische Teil bedient sich der quantitativen Methode. Hierbei wird die Entwicklung der einzelnen Indikatoren beschrieben, woraus sich, verbunden mit den theoretischen Kenntnissen, verschiedenste Schlussfolgerungen ziehen lassen. Ein Exkurs zur kulturellen Aufwertung am Kollwitzplatz, die wesentlich zur Imagesteigerung des Gebietes beigetragen hat, vervollständigt den Hauptteil.

Das Schlusskapitel beschäftigt sich mit den aktuellen Mobilisierungen der Bewohner gegen sozial problematische Gentrificationeffekte. Dem Leser soll deutlich gemacht werden, wie verschiedenartig der Protest dabei aussehen kann.

Da eine eigene Erhebung den Rahmen der Bachelorarbeit sprengen würde, muss auf schon vorhandenes Datenmaterial früherer Untersuchungen zurückgegriffen werden. Hierzu eignet sich die vom Bezirk Pankow in Auftrag gegebene Studie „Sanierungsgebiet Kollwitzplatz. Sozialstudie 2008“ vom Büro für Stadtplanung, -forschung und -erneuerung (PFE), die die Entwicklung im Zeitraum von 1992 bis 2008 beleuchtet.5 Alle für die Indikatoren relevanten Daten können aus ihr entnommen werden.

2. Gentrification – eine theoretische Einführung

Der Begriff Gentrification stammt vom englischen Wort gentry (niederer Adel) und ist eine Anspielung auf die Rückwanderung des englischen Landadels in die Städte im 18. und 19. Jahrhundert.6

Den Beginn der Gentrificationforschung markierte in den 1960er Jahren die Geographin Ruth Glass bei einer Untersuchung der Veränderungsprozesse in mehreren Londoner Altbauquartieren.7 Erst in den 1980er Jahren wurde Gentrification als eigenständiger Forschungsgegenstand in soziologischen Untersuchungen behandelt. Seitdem wurden zahlreiche Studien zu Aufwertungsgebieten zunächst in den USA und später in Europa durchgeführt. In Deutschland bestimmten zum einen Jens S. Blasius und Jürgen Dangschat sowie zum anderen Jürgen Friedrichs und Robert Kecskes den wissenschaftlichen Diskurs, der sich zunächst auf die Städte Köln und Hamburg konzentrierte.8

Gentrification ist ein komplexes Phänomen, zu dessen Erklärung neben stadtsoziologischen Gesichtspunkten auch ökonomische, kulturelle und politische Dimensionen in eine Erklärung einbezogen werden müssen. Daneben stellt sie ein idealtypisches Konzept dar, das in der Realität vielfältige Erscheinungsbilder aufweist. So ist es nicht verwunderlich, dass noch heute Uneinigkeit über ihre Begriffsbestimmung und Theoriebildung besteht.

2.1 Was ist Gentrification?

Eine übersichtliche Systematisierung des Definitionsspektrums von Gentrification hat der Soziologe Jan Glatter ausgearbeitet.9 Auf der einen Seite verweist er auf solitäre Definitionen, die den sozialen „Austausch einer statusniedrigen Bevölkerung durch eine statushöhere Bevölkerung“10 als entscheidendes Merkmal der Gentrification in den Mittelpunkt stellen. Diese Definitionen haben den Nachteil, dass nur bewohnte Gebiete für eine Aufwertung in Frage kommen. Erfolgt ein Zuzug von statushohen Schichten in unbewohnte Gegenden, wie Lager- und Industrieareale, wird nicht von Gentrification gesprochen.

Auf der anderen Seite lassen sich holistische Definitionen11 vorfinden, die den Anspruch erheben, möglichst alle Facetten der Gentrification mit einzubeziehen. Hierzu gehören neben dem sozialen Austausch die bauliche Erneuerung, die ökonomische Inwertsetzung und der infrastrukturelle, symbolische sowie kulturelle Wandel. Auch diese Begriffsbestimmung weist Schwächen auf, denn sobald einer der genannten Aspekte in der Realität nicht vorkommt, kann die Entwicklung nicht mehr als Gentrification bezeichnet werden.

Schließlich kommen duale Definitionen am häufigsten in der Stadtsoziologie zur Anwendung.12 Diese haben den Nachteil, dass der Zuzug statushöherer Schichten bzw. der soziale Austausch notwendigerweise mit einer baulichen Erneuerung einhergeht. Prozesse wie die Super-Gentrification13 können demnach nicht zur Gentrification gezählt werden.

Diese Arbeit entscheidet sich, wie Jan Glatter, für eine Definition zwischen der solitären und dualen Worterklärung: „Gentrification ist der Zuzug statushöherer Bevölkerungsgruppen in Bestandsquartiere.“14 Diese prägnante Begriffsbestimmung hat den Vorteil, dass Gentrification deutlich von anderen Formen des Städtewandels abgegrenzt werden kann. Häufige Folgen, wie die bauliche oder kulturelle Aufwertung, charakterisieren demnach nicht zwangsläufig Gentrification.

Glatter betont, dass Gentrification nicht zwingend mit einer Verdrängung15 von statusniederen durch statushöhere Bevölkerungsgruppen einhergehen muss:16 „[...] [D]ie sozialen Austauschprozesse bzw. Zuzüge müssen nicht mit Verdrängung verbunden sein. Die Verdrängung der Bewohner stellt nicht den Normalfall der Gentrification dar. Sie kann, muss aber nicht auftreten.“17

2.2 Theoretische Erklärungskonzepte

In der wissenschaftlichen Debatte zur Erklärung von Gentrification haben sich zwei Theorien herauskristallisiert, die eine Vereinigung im Marktmodell erfuhren: der so genannte Nachfrage- und der angebotsorientierte Ansatz.

2.2.1 Der Nachfrageansatz

Der Nachfrageansatz ist eine bewohnerorientierte Theorie, die die Ursache für vermehrte Zuzüge in citynahe Altbaugebiete auf Veränderungen in der Sozialstruktur zurückführt, wodurch der Gentrificationprozess in Gang gesetzt wird. Die Vertreter dieses Ansatzes18 gehen dabei auf eine sozio-kulturelle und auf eine sozio-ökonomische Ebene ein.

Erstere bezieht sich auf geburtenstarke Jahrgänge ( baby-boomer ), die vermehrt in Single-Haushalten oder kinderlosen Zwei-Personen-Haushalten ( DINKs 19 ) leben. Sie zeichnen sich zum einen durch eine hohe Bildungs-, Berufs- und Selbstverwirklichungsorientierung und zum anderen durch eine moderne Einstellung zu Partnerschaft und Ehe aus.20 Im Gegensatz zu den verstärkten Suburbanisierungstendenzen von Familien mit Kindern seit den 1970er Jahren, haben diese Haushaltstypen andere Wohnstandortpräferenzen.

Die sozio-ökonomische Ebene verweist auf einen Wandel in der Beschäftigungsstruktur. Dieser bezieht sich auf die Expansion des Dienstleistungssektors (Tertiärisierung) bei gleichzeitiger Abnahme des produzierenden Gewerbes. Im Zuge dessen sind es vor allem berufs- und karriereorientierte Haushalte mit höherem Einkommen, die gut ausgestattete zentrumsnahe Wohnungen21 in Arbeitsplatznähe bevorzugen. Dieser neue Typ strebt nach einer Verwirklichung ihres konsum- und statusorientierten Lebensstils. Eine Vielzahl von Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeiten (Cafés, Kinos, Clubs etc.) in der Innenstadt stehen den „neuen Dienstleistern“22 dabei zur Verfügung.

Der nachfrageorientierte Ansatz beschreibt im Wesentlichen die Entstehung der potentiellen Gentrifier, ohne die Gentrification nicht möglich ist: „The explanation for gentrification begins with the presence of ,gentrifiers‘, the necessary agents and beneficiaries of the gentrification process [...].“23

2.2.2 Der Angebotsansatz

Der amerikanische Geograph und Vordenker des Angebotsansatzes Neil Smith24 betrachtet Gentrification als Folge von Investitionspolitik und den „relative[n] Veränderung[en] in den Grundstücks- und Gebäudewerten.“25 Laut Smith geht eine Aufwertung aus einer „spezifischen Beziehung zwischen Desinvestition und Reinvestition“26 hervor. Nach seiner Theorie ist Gentrification das Ergebnis einer gezielten Desinvestitionspolitik, wodurch Stadtquartiere, die ein hohes Aufwertungspotential aufweisen, heruntergewirtschaftet werden. Erfolgt eine Ablösung der Desinvestitionspolitik durch eine Reinvestitionspolitik, z.B. durch private Sanierungen von Wohnhäusern oder öffentliche Reinvestitionen in die Infrastruktur, steht einer Gentrification nichts mehr im Wege.

Ab wann eine Investition profitbringend ist, hängt von der rent gap ab – der Differenz zwischen der „tatsächlich kapitalisierte[n] Grundrente“ bzw. der aktuell erzielten Rendite und der „potenziellen Grundrente“27 bzw. der potentiell möglichen Rendite, die aus Immobilien erwirtschaftet werden kann. Wenn diese Gewinnspanne aufgrund zunehmender Vernachlässigung im Gebiet groß genug ist, dass Kapitalinvestoren eine hohe Rendite bezogen auf die Bodenwerte garantiert ist, wird ein Investitionszyklus bzw. Gentrificationprozess in Gang gesetzt.

Die modifizierte value gap -Theorie bezieht sich dagegen auf die Mieteinnahmen bzw. die Verkaufserlöse von Wohnungen und Häusern: Sie „ist die Differenz zwischen dem Investitionswert eines Gebäudes in vermietetem Zustand im Vergleich zu dem Wert des Gebäudes in nicht mehr vermietetem Zustand.“28

Der ökonomische Angebotsansatz findet vor allem in den USA großen Anklang, wohingegen in Europa dem nachfrageorientierten Modell mehr Beachtung geschenkt wird.

Beide Ansätze offenbaren jedoch deutliche Schwächen: Dem einen fehlen die Gebäude- sowie Mietpreise, dem anderen fehlen die Gentrifier. Daher schlägt Friedrichs vor, beide Theorien in einem Marktmodell zu verknüpfen, um der Komplexität des Gentrificationbegriffs gerecht zu werden.29 Diese Arbeit stimmt dem zu und betont, dass eine veränderte Nachfrage durch die Zunahme bestimmter Haushaltstypen sowie die Veränderungen des Angebots gleichermaßen in eine Erklärung von Gentrification enthalten sein müssen.

2.3 Verlauf der Gentrification – das Phasenmodell von Friedrichs

In der Gentrificationforschung haben sich neben dem Invasions-Sukzessions-Ansatz30 Phasenmodelle bzw. Modelle des Wandels von Nachbarschaften, die den Verlauf der Aufwertung beschreiben, etabliert. Im Folgenden wird das idealtypische Phasenmodell des Kölner Stadtsoziologen Jürgen Friedrichs31 erklärt, das für die Anwendung auf Gentrificationprozesse in deutschen Innenstädten konzipiert wurde.32

Das Modell setzt sich aus vier Phasen zusammen, die die Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung beschreiben. In jedem Entwicklungsstadium wird auf die Konstellation der sozialen Gruppen, die Bodenpreise sowie Mieten und das Image eines Gebietes eingegangen. Im Gegensatz zu Glatter (siehe 2.1) geht das Phasenmodell von Friedrichs davon aus, dass eine Aufwertung in deutschen Städten mit einer Verdrängung von bestimmten Bevölkerungsgruppen einhergeht.

In der ersten Phase ziehen Haushalte in das Gebiet, die aufgrund ihres Bildungsgrades einen höheren sozialen Status als die Mehrzahl der ansässigen Gebietsbevölkerung aufweisen. Die in der Forschung als Pioniere33 bezeichneten Personen verfügen über ein geringes bzw. kein festes Einkommen, leben in kinderlosen, meist Single-Haushalten, und suchen die Nähe zu gastronomischen und kulturellen Einrichtungen sowie zu ihrem Arbeitsplatz in der City.

[...]


1 1956 erhielt Gustav Seitz vom Magistrat Ost-Berlins den Auftrag zu einem Denkmal. Seitz entwarf eine Bronze-Plastik, die 1961 in der Mitte des Kollwitzplatzes aufgestellt wurde. Käthe Kollwitz lebte von 1891 bis 1943 am heutigen Kollwitzplatz und zählt zu den bekanntesten deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Für weitere Informationen empfiehlt sich die Biografie „Käthe Kollwitz – Leidenschaft des Lebens“ (2000) von Roswitha Mair, vgl. Mair 2000.

2 Im Rahmen der Bezirksfusion im Januar 2001 wurde der Bezirk Prenzlauer Berg mit den Bezirken Pankow und Weißensee zum Großbezirk Pankow zusammengefasst. Daher muss der Prenzlauer Berg korrekterweise als „Ortsteil“ oder „Stadtteil“ betitelt werden.

3 Vgl. Marquardt 2006, S. 11, mit weiterem Nachweis.

4 Beispiele hierfür sind folgende Arbeiten: „Käthes neue Kleider. Gentrifizierung am Berliner Kollwitzplatz in lebensweltlicher Perspektive“ (2006) von Tanja Marquardt, vgl. ebd., oder „Stadterneuerung in der Berliner Republik. Modernisierung in Berlin-Prenzlauer Berg“ (2002) von Hartmut Häußermann, Andrej Holm und Daniela Zunzer, vgl. Häußermann/Holm/Zunzer 2002.

5 Die Sozialstudie basiert auf einer repräsentativen Befragung von 661 Haushalten (9,4% der insgesamt 7041 Wohneinheiten), die zwischen dem 29.11.2007 und 06.03.2008 im ehemaligen Sanierungsgebiet Kollwitzplatz mit Hilfe des „Random-Walk-Verfahrens“ durchgeführt wurde. Ergänzt wird die Studie durch Sekundäranlaysen verschiedener Datenquellen. Die Befragten erhielten einen Fragebogen mit 32 zum größten Teil geschlossenen Fragen, die sich auf fünf Fragekomplexe bezogen: a) Haushaltsstruktur und Wohndauer b) Bevölkerung, Altersstruktur, Haushaltsnettoeinkommen c) Wohnung und Wohnungsausstattung d) Miete und Nebenkosten, Mietbelastung und e) Einschätzungen der Befragten zum Wohngebiet und zur Nachbarschaft. Im Mittelpunkt der Sozialstudie stehen folgende Aspekte: a) die Darstellung und Beschreibung der aktuellen sozialen Struktur der Gebietsbevölkerung b) die Veränderung der Lebensumstände der Bewohner im Sanierungsgebiet c) die Bewertung des Wohngebietes durch die Bevölkerung und schließlich d) die Schlussfolgerungen zum weiteren Verfahren im Sanierungsgebiet Kollwitzplatz, vgl. PFE 2008, S. 27-29.

6 Vgl. Schmitt 2005, S. 13.

7 Vgl. Glatter 2007, S. 7, mit weiterem Nachweis.

8 Vgl. Blasius/Dangschat 1990 und Friedrichs/Kecskes 1996.

9 Vgl. Glatter 2007, S. 7 f.

10 Friedrichs 1996, S. 14.

11 Beispiele für Autoren, die holistische Definitionen bevorzugen sind A. Robert Beauregard oder Chris Hamnett, vgl. Glatter 2007, S. 8.

12 Glatter verweist hierbei auf Autoren wie Ruth Glass, Jürgen Dangschat oder Rowland Atkinson, vgl. ebd., S. 8.

13 Der von Loretta Lees geprägte Begriff Super-Gentrification meint die Substitution einer Mittelklasseschicht durch noch höhere Schichten. Dieser Prozess vollzieht sich ohne eine bauliche Aufwertung, vgl. ebd., S. 8.

14 Ebd., S. 8.

15 An dieser Stelle scheint eine Definition von Verdrängung zweckmäßig. Das US Department for Housing and Urban Development definiert Verdrängung so: „Es fasst alle Umstände darunter, bei denen ein beliebiger Haushalt zum Umzug gezwungen wird, weil sich die Bedingungen der Wohnung selbst oder der Wohnumgebung verändern.“, Holm 2010, S. 60.

16 Ein Vertreter der Annahme, dass Verdrängungsprozesse konstituierend für Gentrification sind, ist der amerikanische Stadtforscher Peter Marcuse. Gentrification „bedeutet [...] die vor allem durch Mietpreisveränderungen bewirkte Verdrängung von Armen und Arbeitern mit unverhältnismäßig geringen Einkommen. [...] Verdrängung ist das Wesen der gentrification, ihr Ziel, nicht ein unerwünschter Nebeneffekt. Verbesserung der Bausubstanz ist lediglich ein Mittel zum Zweck der Verdrängung und nicht ein Ziel an sich.“, Marcuse 1992, S. 80.

17 Glatter 2007, S. 8 f.

18 Hierzu zählen u.a. die Wissenschaftler David Ley, Robert A. Beauregard und Demaris Rose, vgl. Schmitt 2005, S. 16.

19 DINK: double income no kids.

20 Katja Schmitt sieht die Ursachen für die sozio-kulturellen Veränderungen in einer zunehmenden Individualisierung, höheren Mobilität und einem fortschreitenden Wertewandel, vgl. Schmitt 2005, S. 15.

21 Oftmals werden zum Anfang des 20. Jahrhunderts entstandene Altbaugebiete von der beschriebenen Bevölkerungsgruppe als attraktiv empfunden. „Als Teil des Lebensstils wird ,Gentrification’ als bewußte, geschmackliche Hinwendung zu alten Gebäuden verstanden [...]. Dabei ist insbesondere die architektonische Gestaltung von viktorianischen Gebäuden für die ,neuen’ Bewohner attraktiv.“, Blasius 1993, S. 27.

22 Marquardt 2006, S. 38.

23 Beauregard 1986, S. 41.

24 Vgl. Smith 1996.

25 Friedrichs 1996, S. 27.

26 Smith 1993, S. 191.

27 Ebd., S. 192.

28 Friedrichs 2000, S. 65.

29 Vgl. Friedrichs 1996, S. 26-31.

30 Der Invasions-Sukzessions-Ansatz hat seinen Ursprung in den sozioökologischen Modellen der Chicagoger Schule und geht davon aus, dass sich eine Bevölkerungsgruppe B in das Wohngebiet einer Bevölkerungsgruppe A ansiedelt (Invasion), wobei sich der Anteil der Gruppe A schrittweise verringert, bis schließlich die Gruppe B die Mehrheit der Wohnbevölkerung im jeweiligen Stadtquartier ausmacht (Sukzession). Wenn der Anteil der Gruppe B mindestens 75 % beträgt, gilt der Prozess als unumkehrbar. Weiterentwickelt wurde der Ansatz von Phillip Clay, der von einem doppelten Invasions-Sukzessions-Zyklus ausgeht. Demnach dringen zuerst Pioniere in ein Wohngebiet, die Teile der ansässigen Wohnbevölkerung verdrängen. Zu einem späteren Zeitpunkt folgen die Gentrifier, die ihrerseits die Pioniere und die alteingesessene Bevölkerung verdrängen, vgl. ebd., S. 16.

31 Vgl. Friedrichs 2000, S. 59-61.

32 An dieser Stelle muss auf die begrenzte Nutzbarkeit des Phasenmodells eingegangen werden: Eine Schwäche besteht darin „daß eine Einordnung und Beschreibung eines Gebietes zu ungenau und damit zu wenig aussagekräftig ist.“, Stark 1997, S. 27. Selbst Friedrichs ist sich der begrenzten Nutzbarkeit des Phasenmodells bewusst. Sein Hauptkritikpunkt bezieht sich auf „eine mangelnde Spezifikation der Dynamik des Wandels.“, Friedrichs 1996, S. 21. Daneben wird häufig auf die unpräzise Definition der Akteure (Pioniere, Gentrifier) der Gentrification hingewiesen.

33 Alisch und Dangschat definieren Pioniere als 18- bis 35-jährige Personen, mit mindestens einem Abiturabschluss und einem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen (unter 2.000 DM). Die meisten von ihnen leben in Wohngemeinschaften (bis sechs Personen) oder unverheiratet mit ihrem Partner, vgl. Alisch/Dangschat 1996, S. 102.

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Details

Title
Gentrification am Berliner Kollwitzplatz. Eine soziologische Analyse
College
University of Passau  (Lehrstuhl für Soziologie)
Grade
1,3
Author
Year
2010
Pages
37
Catalog Number
V1170577
ISBN (eBook)
9783346589422
ISBN (Book)
9783346589439
Language
German
Keywords
Gentrification, Gentrifizierung, Stadtsoziologie, Aufwertung, Strukturwandel, Bevölkerungsaustausch, Prenzlauer Berg, Berlin, Kollwitzplatz, Pioniere, Gentrifier, Stadtforschung
Quote paper
Franz Ambelang (Author), 2010, Gentrification am Berliner Kollwitzplatz. Eine soziologische Analyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1170577

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