Sucht als Überlebensstrategie nach Sexuellem Mißbrauch


Trabajo Escrito, 2004

33 Páginas, Calificación: 1,4


Extracto


Inhaltsübersicht

0 Einleitung

I Sexueller Missbrauch
1.1. Definition
1.2. Versuch der Beschreibung der Gefühle der Opfer
1.3. Wer tut so etwas?
1.4. Zahlen und Fakten
1.5. Folgen sexuellen Missbrauchs

II Abhängigkeit/ Sucht
2.1. Definition
2.2. Zahlen und Fakten
2.3. Die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Organismus
2.4. Genese allgemein

III Sexuellen Missbrauchs und Sucht
3.1. Warum Drogen, wie Alkohol „helfen“
3.2. Der Umgang mit der Tatsituation
3.3. Konsequenzen für die soziale Arbeit

IV Schlussbemerkungen

Anhang 1 – 4

Literaturverzeichnis

Du hast mir wehgetan, so weh, hast mich zurückgelassen mit dieser Angst.

Immer wieder kriecht sie empor, lässt mich erstarren, und ich nehm’ mir jetzt vor: Sie muss weg, sie muss weg; sie macht mich ganz krank.

Ich spüre, ich hab’ mich völlig verrannt. Weg nur weg, wie ist egal.

Ich tu es immer wieder und wieder, ich hab’ keine Wahl… Der Rausch trägt mich weg, in eine reine und heile Welt, wo endlich nur die Liebe zählt!

(Gedicht einer Betroffenen)

0 Einleitung

Die Erfahrung von sexuellem Missbrauch in der Kindheit ist ein schwerwiegendes Ereignis in der Lebensgeschichte eines Menschen und bewirkt in der Regel ein tiefes psychisches Trauma mit erheblichen Folgewirkungen. Kinder, die sexuell ausgebeutet wurden, kommen nicht aus Randgruppen der Gesellschaft. Sexueller Missbrauch an Säuglingen, Kindern und Jugendlichen ist in allen Gesellschaftsschichten anzutreffen. Zerstörtes Selbstwertgefühl und ein abstraktes Verhalten zum eigenen Körper können sich daraus entwickeln. (vgl. Bütow Seminar 2004) Heute ist bekannt, dass sexueller Missbrauch ist für viele Mädchen und Jungen ein alltägliches Problem. Die meisten Menschen allerdings nehmen dies vor erst durch Veröffentlichung spektakuläre Fälle zur Kenntnis. Taten, die allgemein Entsetzen, Betroffenheit und Hilflosigkeit auslösen. Aber auch gegenteilige Reaktionen sind mir bei Recherchen zu dieser Arbeit begegnet, wie hilfloses Achselzucken und schnelles Ablenken von der Thematik.

Als Außenstehender neigt man viel leichter dazu, sich „raus“ zuhalten. Man kann sich nicht vorstellen, dass Eltern oder Verwandte, oder Menschen überhaupt so etwas tun. Das schmerzt in der eigenen Seele, allein die Vorstellung davon tut weh. Darum ist es leichter wegzuschauen, sich nicht zu äußern und das grausame Geschehen bei den „Anderen“ zu lassen. Mir ging es ähnlich, aber gerade darum habe ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Da ich meine Vordiplomarbeit über die Entstehung zu Abhängigkeitserkrankungen von psychotropen Substanzen, speziell von Alkoholismus geschrieben habe „entdeckte“ ich einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Sucht und sexuellem Missbrauch. Ich möchte darum in dieser Hausarbeit untersuchen, ob eine Abhängigkeitserkrankung auch die Folge sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter sein kann? Bedeutet das, das viele sexuell missbrauchte Menschen suchtgefährdet sind? Ist sexueller Missbrauch ein Auslöser für Sucht? Welche Bedeutung hat für diesen Prozess der Umgang mit dem Missbrauch? Wie können die Folgen einer solchen Tat für den betroffenen Menschen eingedämmt, oder verhindert werden?

Ich werde mich nicht mit den Ursachen und den Tätern beschäftigen, sondern ausschließlich mit den Opfern. Meine Ausgangsthese ist, das sexueller Missbrauch im Spannungsfeld eines Familiensystems in Korrelation mit dem direkten sozialen Umfeld passiert und geduldet wird. Im günstigen Fall sind wissende, helfende Zeugen da, die zur Aufdeckung beitragen und dem Opfer beistehen.

Diese Zeugen sind Personen im Umfeld des Kindes, die das Unrecht als solches wahrnehmen, dem Kind seine Gefühle bestätigen, es halten, begleiten und lieben. Diese wissenden Zeugen sind entscheidende Begleiter der Opfer auf ihrem Entwicklungsweg für die Bearbeitung der Tat und für ihre Heilung. Ihre Rolle ist enorm ausgleichend und kann die Folgen der Tat sogar ausheilen. (vgl. #7, S.63/64, 2004) Vorab sind jedoch Begriffe zu klären und Grundaussagen zum sexuellen Missbrauch und zur Abhängigkeitserkrankung zu klären.

Zur besseren Lesbarkeit habe ich für diese Arbeit ausschließlich die männliche Form gewählt. Ich beschreibe damit jedoch allumfassend beide Geschlechter, sowohl den männlichen als auch den weiblichen Personenkreis der Betroffenen.

I Sexueller Missbrauch

1.1. Definition

„Es gibt in der Literatur viele Definitionen, die in der Regel eine Gemeinsamkeit aufweisen. Alle beschreiben „ein Gefälle (…) im Hinblick auf Alter, Reife oder Macht (…), und das es sich um sexuelle Übergriffe handelt, die meist gegen den Willen des Kindes erfolgen.“ (#7, S. 12, 2004). Eine Definition, auf die häufig in der Literatur verwiesen wird ist die von Schechter und Roberge (1976). Sie definiert sexuelle Misshandlung „als die Inanspruchnahme von abhängigen, entwicklungsmäßig unreifen Kindern und Jugendlichen für sexuelle Handlungen, die sie nicht gänzlich verstehen, in die einzuwilligen sie in dem Sinne außerstande sind, da sie nicht die Fähigkeit haben, Umfang und Bedeutung der Einwilligung zu erkennen, oder die sozialen Tabus von Familienrollen verletzen“. (#14, S. 14, 2004)

Wobei ich kritisch zu der Begrifflichkeit „unreif“, im Sinne von nicht altersgerecht entwickelt, Widerspruch anmelde. Die Betroffenen sind in ihrer allgemeinen Entwicklung nicht unreif oder zurückgeblieben und sind durchaus im Stande das Unrecht zu fühlen, was ihnen passiert. Sie können es nur nicht bewusst einordnen und wahrnehmen, weil meist eine enge Beziehung zu den Tätern besteht. Diese kommen nicht selten aus dem unmittelbaren Umfeld, wie Familie oder Verwandtschaft oder Freundeskreis. Den Opfern ist es unmöglich, zumindest bis zu einem bestimmten Alter, das Unrecht als solches wahrzunehmen und zu benennen. Sie befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Tätern, das überlebensnotwendig ist, und mit Drohungen und Schuldzuweisungen genährt wird. Die Körperwahrnehmung des Kindes ist dabei real, so real und schmerzhaft, dass sie nicht integriert werden kann in die Kognition der kindlichen Wahrnehmung. Das ist auch der Grund dafür, dass die emotionale Wahrnehmung von der körperlichen Wahrnehmung abgespalten wird, um diesen Widerspruch und die Verletzung aushalten zu können.

Sexuelle Misshandlung ist eine Generationsschranken grenzüberschreitende sexuelle Aktivität eines Erwachsenen gegenüber einem Minderjährigen unter Ausnutzung seiner Macht- (Autoritäts-)Position. Folgende Formen sind bekannt (vgl. #3, 2004):

1. Belästigung,
2. Masturbation,
3. Penetration (genital, anal, oral),
4. sexuelle Nötigung,
5. Vergewaltigung sowie
6. sexuelle Ausbeutung durch Nötigen von Minderjährigen zu pornographischen Aktivitäten und Prostitution

Durch diese Formen der Misshandlung werden die körperliche und seelische Entwicklung des Heranwachsenden gefährdet, seine Unversehrtheit, seine Autonomie, sowie seine sexuelle Selbstbestimmtheit beeinträchtigt und die Herausbildung seiner Gesamtpersönlichkeit, seiner Identität nachhaltig gestört beeinflusst. Meist ist sexuelle Misshandlung verbunden mit emotionaler und körperlicher Gewalt, in manchen Fällen auch mit Vernachlässigung. Man spricht in allen Fällen der Misshandlung von einem Trauma, was der Säugling, das Kind, der Jugendliche erlebt. Die Schwere dieses Traumas ist abhängig vom Alter der Betroffenen bei Beginn des Martyriums und von Dauer, Häufigkeit und Intensität der sexuellen Aktivitäten. Ein weiterer Gesichtspunkt ist die psychosoziale Bindung zwischen Opfer und Täter und die Intensität und Bedeutsamkeit der emotionalen Beziehung zwischen den Beteiligten für das Ausmaß und die Folgen der Traumatisierung. (vgl. #3, S. 11 ff, 2004)

Bedeutsam am Missbrauch ist somit neben der primär verletzenden sexuellen Handlung, die Tatsache, dass eine wichtige Bezugsperson die Beziehung missbraucht, ausbeutet und Grenzen verletzt. Weiterhin ist festzustellen, dass ein Kind eine eigene alters- und kindgerechte Sexualität erlebt, die niemals der eines Erwachsenen entspricht. Ein Kind besitzt ein völlig anderes Empfinden für Sexualität wie ein Erwachsener. Darüber hinaus macht die strukturelle Abhängigkeit des Kindes von einem Erwachsenen eine freie Entscheidung zu einer sexuellen Beziehung unmöglich. Die im Missbrauch von Kindern und Jugendlichen enthaltene Beziehung basiert in allen Fällen auf einem Ungleichverhältnis, das immer auch ein Machtgefälle und einen Machtmissbrauch beinhaltet. Ein weiterer Aspekt ist, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nicht nur in der Familie geschieht, sondern auch in Institutionen wie z.B. Kindergärten, Schulen, Heimen, Jugendzentren, Beratungsstellen oder Krankenhäusern.

Der Missbrauch kann in folgenden 4 Phasen beschrieben werden und ist mit dem beschriebenen Erleben verbunden (vgl. #11, 1994):

- 1. Phase Geheimhaltung
- durch versteckte oder offenen Drohungen oder Druckmittel des Täters - Verwirrung, Angst, Gefühl der Mitschuld beim Opfer

- 2.Phase Hilflosigkeit
- Opfer empfindet Hilflosigkeit, Verzweiflung, Wut, Depression, Verunsicherung, Angst vor Drohungen des Täters
- Entstehung von Lernstörungen und psychosomatischen Erkrankungen
- Fundament für spätere "Opferkarriere"

- 3. Phase Reaktion
- Opfer entwickelt Hinnahme oder passive Einwilligung
- Trennung zwischen Körper und Gefühl (dissoziative Erfahrungen)
- Verhaltensauffälligkeiten

- 4. Phase Aufdeckung
- meistens durch Außenstehende

Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein Straftatbestand (Offizialdelikt), mit dem sich §§174 und 176 StGB befassen. Jedoch ist niemand dazu verpflichtet, Anzeige zu erstatten, wenn er von einem sexuellen Missbrauch erfährt oder einen diesbezüglichen Verdacht hat. Das Schweigen zu brechen ist einzig und allein eine moralische Verpflichtung. Polizei und Staatsanwalt müssen jedoch ein Ermittlungsverfahren einleiten, wenn sie auf irgendeine Weise Kenntnis davon erhalten. Zum Schutz des Kindes können dann entsprechende vormundschafts- oder familiengerichtliche Verfahren in Gang gebracht werden, oder Maßnahmen der Jugendhilfe nach KJHG (vgl. #13, 2004).

Dazu gehören Beratung, Betreuung, Inobhutnahme, Herausnahme aus der Herkunftsfamilie, therapeutische Begleitung u.a. (siehe Anhang1).

Gewalt gegen Kinder, sei es in Form von körperlicher und seelischer Misshandlung, in Form von Vernachlässigung sowie in Form sexuellen Missbrauchs, hat immer Auswirkungen für ihre Entwicklung. Allen Formen von Gewalt gegen Minderjährige innerhalb der Familie oder des unmittelbaren sozialen Umfeldes ist jedoch gemeinsam, dass die Kinder von den Menschen geschädigt werden, denen sie vertrauen, die sie lieben, von denen sie im höchsten Maße existenziell abhängig sind. Sie erfahren die Gewalt dort, wo sie eigentlich Geborgenheit, ehrliche Zuwendung und Sicherheit finden sollten: in ihrem eigenen Zuhause.

1.2. Versuch der Beschreibung der Gefühle der Opfer

Die Betroffenen fühlen sich schuldig, sie schämen sich fürchterlich, für das, was passiert ist und übernehmen die Verantwortung dafür. Eine Verantwortung, mit der sie überfordert sind, die nicht ihrem bio-psycho-sozialen Entwicklungsstand entspricht. Der Geheimhaltungsdruck aus eigener Unsicherheit und Angst entstanden, sowie durch den Täter gefordert, ist eine ständige Belastung. Hinzu kommen Drohungen durch den Täter. Das erschreckt und schüchtert nachhaltig ein. Die Opfer leben in der ständigen Unsicherheit, wann wird es wieder passieren, wie kann ich entkommen und warum ich? Sie durchschauen dieses grausame Spiel nicht, fühlen sich schuldig und zweifeln an sich und ihrem Recht auf ein glückliches Leben. Glauben meist sogar dem Täter, dass er sie liebt. Die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Nähe im kindlichen Sinne ist so groß, dass sexualisierte Handlungen in Kauf genommen werden, um überhaupt etwas zu bekommen. Die von Inzest in der Familie betroffenen Mädchen und Jungen wollen die Familie zusammenhalten und in der Regel die familiären Beziehungen um jeden Preis erhalten. Aber sie möchten, das diese „unangenehmen Sachen, die der da macht…“ aufhören. Ihre Gefühle signalisieren ihr Unbehagen, aber sie können sich nicht vertrauen, weil sie ihre Identität erst ausbilden, entwickeln müssen und dabei auf die Reflektion, Empathie, Akzeptanz, Geborgenheit und Liebe ihrer Bezugspersonen angewiesen sind, um sich sicher fühlen zu können. Obwohl die Verantwortung für das Geschehen immer bei den schädigenden Erwachsenen liegt, nehmen Betroffene die Schuld auf sich und versuchen durch Unterwerfung „Ruhe“ zu finden. Aufgrund dieser ambivalenten Gefühle und Einschätzungen trauen sich Mädchen und Jungen oft nicht, jemandem von ihren Erlebnissen zu erzählen und sich Hilfe zu suchen. Es passiert auch, dass sie sich einem Elternteil oder anderem nahen Menschen anvertrauen, von diesem als unglaubwürdig abgewiesen werden und sich ihre Situation und der eigene Selbstwert noch mehr verschlechtern. Am Ende bleibt für das eigene „Ich“ nur die Feststellung: „Ich bin nichts wert, ich tauge nichts, ich bin nicht okay und habe es nicht anders verdient. Ich bin schuld…!“ Es ist sehr grausam solche Aussagen von Betroffenen zu hören und dabei in die traurigen Augen zu schauen. Oft senden die Opfer in ihrer Verzweiflung mit ihrem Verhalten Signale an ihre Umwelt aus. So ist es möglich, dass sich ohne erkennbaren Grund das gewohnte Verhalten der Betroffenen ändert und zu Unverständnis der Erwachsenen führt. Meist stehen diese hilflos solchen Veränderungen gegenüber. Ängstlichkeit, Leistungsabfall, Rückzugstendenzen, Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen, Ruhelosigkeit und Nervosität, Vermeidungsverhalten, sexualisiertes Verhalten oder eigene Gewalttätigkeit können solche möglichen Signale sein. Allerdings gibt es nicht die eindeutige Verhaltensreaktion, die auf einen Missbrauch hindeutet. Darum muss an dieser Stelle auch vor einer Pauschalisierung und voreiligen Schlüssen gewarnt werden. Darin liegen die besondere Schwierigkeit des Themas und eine verbreitete Zurückhaltung von Zeugen. Es könnten auch alternative Ursachen bzw. Erklärungen für das veränderte Verhalten vorliegen. (vgl. #14, 2004)

1.3. Wer tut so etwas?

Die Täter kommen meist aus dem näheren Umfeld des Kindes, sind gute Freunde der Familie, oder sogar ein Familienmitglied, sind Stiefeltern oder der Patenonkel. Keiner ahnt, dass er/ sie zu so etwas fähig ist. (vgl. #14, 2004)

In der Öffentlichkeit besteht allerdings eine weit verbreitete, aber falsche Vorstellung vom so genannten „Sexualstraftäter“ oder „Triebtäter“. Oft werden sie als unattraktiv, pervers oder krank wahrgenommen und dargestellt. Viele glauben, Missbräuchler könnten ihre (gesteigerten) Sexualtriebe nicht unter Kontrolle bringen und seien diesen Affekten hilflos ausgeliefert oder aber sie seien einfach psychisch krank. Dieser Auffassungen stehen Untersuchungen entgegen, die belegen, dass Missbrauchstäter ganz normale Männer sind, ohne psychisch krankhafte Befunde, die sehr genau wissen, was sie tun. Denn sie planen ihre sexuell motivierten Gewalttaten sorgfältig, um nicht gefasst zu werden. Die gesellschaftliche Meinung der heutigen Zeit hat die Tendenz Missbräuchler selten in Verbindung zu bringen mit dem sympathischen, liebevollen und erfolgreichen Menschen von nebenan. Der tut so etwas nicht, der sieht nicht aus, wie ein Perverser…?! Diese Versuche des Mainstreams zeigen nur das Bestreben, das „Schreckliche, verkörperte Böse“ zu verleugnen und sich selbst davon zu distanzieren. Vielleicht aus Angst vor dem eigenen schmutzigen Gedanken, die zu verdrängen sind oder eigenen Erfahrungen. Die immer noch weit verbreitete These vom „bösen Mann’, der die Kinder bedroht und gefährdet, ist einfach falsch und führt zu groben Irrtümern und Fehleinschätzungen. Denn die Bedrohung geht meist von Vertrauenspersonen aus. In den letzten Jahren wurde bekannt, dass auch Frauen Sexuellen Missbrauch verüben, manchmal auch gemeinsam mit dem Partner. Ca. 90% der Täter sind jedoch Männer und nur ca. 10% Frauen. (vgl. #13, 2004)

Beruhigend ist das auch nicht, allerdings ist die Perversion doch vorwiegend „Männersache“ laut dieser Daten.

1.4. Zahlen und Fakten

Endgültige Zahlen wird es hierzu niemals geben. Meistens bleibt der Sexuelle Missbrauch geheim, weil (vgl. #14, 2004):

-der Beginn der Ausbeutung in der frühen Kindheit, z.T. sogar im Säuglingsalter liegt. Dadurch ist das Kind nicht/noch nicht in der Lage, den Missbrauch zu benennen.
-das Kind autoritätshörig erzogen wird. Das bedeutet für das Kind: Meine Eltern haben immer recht, auch wenn sie etwas tun, was ich nicht will.
-dem Kind unterstellt wird, das es sich die „Sache“ nur ausgedacht hat. Es wird als Lügner hingestellt, ihm wird nicht geglaubt. Es wird in seiner Not abgeschmettert.
-das Kind bewusst von „Mitwissern“ nur selten ärztlich vorgestellt und untersucht wird. Verdachtsmomente sollen so verheimlicht und vertuscht werden.
-Erwachsene sich hilflos fühlen und nicht wissen, wie sie mit einem Verdacht umgehen sollen. Sie haben Angst vor voreiligen Rückschlüssen und falschen Verdächtigungen. Sagen darum lieber gar nichts und schauen weg aus Angst. Wollen nichts sehen, besonders wenn es nicht eineindeutig beweisbar und offensichtlich ist
-die traumatischen Folgen für das Opfer verharmlost werden. Die scheinbare Gewaltlosigkeit der Handlungen machen eine Anzeige „überflüssig“. Bagatellisierung sexualisierter Zärtlichkeiten als Zuneigung und Elternliebe.
-dem Opfer „Verführungsabsichten!!!“ unterstellt werden. Der Täter wird zum Opfer entschuldigt, dass den sexuellen Verführungskünsten des Mädchens „erlag“.
-in nur ca. 10% der angezeigten Fälle ein Gerichtsverfahren eröffnet wird. Nur wenige Täter verurteilt das Gericht zu einer Haftstrafe. Dadurch wird oft aus Angst vor einer unangenehmen Erfahrung und der Aufregung, die eine Anzeige mit sich bringt und den vermeintlich geringen Erfolgsaussichten (Aufwand : Nutzen) von einer Anzeige Abstand genommen.
-die Intimsphäre der Familie um jeden Preis gewahrt werden soll = Angst vor „Entblößung“, verbunden mit Scham und Verdrängung.
-das Opfer Angst vor dem Täter hat, wenn es das Schweigegebot bricht.
-sich das Opfer zu tiefst schämt und sich schuldig fühlt.

Wissenschaftlich gesichert gilt heute jedoch durch zahlreiche Untersuchungen in Amerika und Europa, dass jedes 3./4. Mädchen und jeder 7./8. Junge sexuell missbraucht wird. Hierunter fallen Kinder bis zum Alter von 14 Jahren und Jugendliche bis 18 Jahren, sofern sie als Schutzbefohlene von z.B. Stief- oder Pflegeeltern gelten oder andere Schutzbefohlene sind z.B. Schüler, Patienten, Behinderte usw. (vgl. #6, 2000)

Mir erscheinen die Zahlen sehr hoch und fast unvorstellbar, zumal in der Literatur auch immer wieder von einer hohen Dunkelziffer berichtet wird. Ich vermute, dass auf Grund der Dramatik der Situation und um Aufmerksamkeit bis in alle Bereiche der Gesellschaft zu erzielen, diese Zahlen der Betroffenen bewusst hoch stilisiert werden. Nicht aus kommerziellen Gründen, sondern zum Schutz der Kinder dieser Welt.

1.5. Folgen sexuellen Missbrauchs

Generell gilt das Gewalterfahrungen in der Kindheit, besonders innerhalb der Familie am gravierendsten nachwirken: „Allen Formen der Gewalt an Kindern innerhalb der Familie ist jedoch gemeinsam, dass die Kinder von den Menschen geschädigt werden, denen sie vertrauen, die sie lieben, von denen sie im höchsten Maße existenziell abhängig sind. Sie erfahren die Gewalt dort, wo sie eigentlich Geborgenheit finden sollten: in ihrem eigenen Zuhause.“(#3, S 40, 2004)

Wie der sexuelle Missbrauch erlebt wird, hängt sowohl von der Persönlichkeit des Kindes, der des Täters, wie auch den Umständen des Missbrauchs ab. Dabei gilt: Je näher der Täter dem Opfer steht, je länger der Missbrauch dauert, je stärker der Zwang zur Geheimhaltung, je schockierender die Reaktionen der Umwelt bei einer Aufdeckung sind, desto schwieriger wird eine gute und heilende Verarbeitung des Geschehens. Jede missbräuchliche Handlung an einem Menschen bedeutet einen herben Grenzverlust in seinen Entwicklungserfahrungen und Angst.

Sexueller Missbrauch ist eine Traumatisierung in der Entwicklungsgeschichte der Betroffenen. Der heftigste Aspekt dabei ist nach Ferenczi: „(…) die Verleugnung, die Behauptung, es sei nichts geschehen, es tue nicht weh, (…). Das eigentliche Trauma ist also die Beziehungsverweigerung durch den Täter. (…). Das Leugnen des Stattgefundenen seitens der Mutter, als den Faktor betrachtet, der das Trauma pathogen macht…“ (#3, 2004, S. 183) Sexueller Missbrauch kann darum von den Opfern so stark verdrängt werden, dass er scheinbar völlig „vergessen“ sein kann, er wird praktisch negiert. Eine Dissoziation (Abspaltung) des Körper-Selbst kann auftreten, um die überwältigenden Affekte (Gefühlsreaktionen) in der Situation und danach aushalten zu können. (vgl. #3, S.184, 2004)

Es wirken psychologische Mechanismen, wie Verdrängung und Verleugnung, die dem Selbstschutz des Betroffenen dienen. Dabei ist jedoch im Unterbewusstsein die Verletzung präsent. Das Opfer befindet sich demzufolge „im ständigen Kampf gegen das Wissen das der Körper besitzt, sein mentales Bewusstsein aber nicht akzeptiert“ (#7, S.54, 2004).

Der Körper quasi vergisst das Geschehene nie! Denn durch den Missbrauch werden die psychischen, körperlichen und sexuellen Grenzen der Opfer so brutal verletzt, sodass es sich furchtbar hilflos fühlt und sich so zu schützen versucht. Es lernt dadurch nie stabil eigene Grenzen bewusst und selbstbestimmt zu setzen oder Grenzen anderer einzuhalten. Aus Angst und zum Selbstschutz beginnt es sich „einzumauern“, um sich unverletzbar zu machen. Das Opfer passt sein Verhalten in der weiteren Entwicklung und besonders während der Adoleszenzphase an entsprechende Erwartungen aus seiner Umwelt an und erfüllt diese durch sein Funktionieren als „normgerechter“ Erwachsener. Dabei verleugnet es seine wahre Identität und befindet sich in einem permanenten Spannungsverhältnis, das einen wahnsinnigen Druck in ihm erzeugt. Mögliche Hinweise kann es dann durch Träume, besondere Probleme in einer späteren Schwangerschaft, unerklärliche Krankheiten, psychosomatische Symptome oder seltsame Verhaltensweise geben. Missbrauch zieht in der Regel beträchtliche und vielfältige Folgen nach sich. Meist erst im Leben des Erwachsenen, der nie die Chance und die Möglichkeit hatte, das Geschehene unmittelbar durch helfende Zeugen zu bearbeiten. (vgl. #7, 2004)

[...]

Final del extracto de 33 páginas

Detalles

Título
Sucht als Überlebensstrategie nach Sexuellem Mißbrauch
Universidad
University of Applied Sciences Jena
Curso
Methoden der Sozialen Arbeit/ Psychologie
Calificación
1,4
Autor
Año
2004
Páginas
33
No. de catálogo
V117253
ISBN (Ebook)
9783640193745
Tamaño de fichero
1755 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Sucht, Sexuellem, Mißbrauch, Methoden, Sozialen, Arbeit/, Psychologie
Citar trabajo
Sabine Prager (Autor), 2004, Sucht als Überlebensstrategie nach Sexuellem Mißbrauch, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117253

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