Hautschäden in der Stomaversorgung

Können Assessmentinstrumente Pflegekräfte in der Prävention und Versorgung von peristomalen Hautschäden unterstützen?


Akademische Arbeit, 2021

28 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Das Stoma

2. Peristomale Hautkomplikationen
2.1 Nahtdehiszenz
2.2 Peristomale Kontaktdermatitis
2.3 Allergisches Kontaktekzem
2.4 Follikulitis
2.5 Chronische Feuchtigkeit peristomal

3. Präventive Maßnahmen
3.1 Reinigung
3.2 Die Versorgung dem Stoma richtig anpassen

4. Assessmentinstrumente
4.1 S.A.C.S-Score
4.2 DET-Score

5. Maßnahmen zur Versorgung peristomaler Hautirritationen
5.1 Präventiver Hautschutz
5.2 Guidelines zur Stomamarkierung

6. Alternative Versorgungsmöglichkeiten
6.1 Irrigation
6.2 Kolostomieverschluss

7. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht zu Risikofaktoren für Stomakomplikationen

Abbildung 2: Topography (T) of peristomal skin disorders

Abbildung 3: Anpassung der peristomalen Hautareale

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: SACS-Klassifizierung von peristomalen Hautschäden

Tabelle 2: SACS-Score 2.0 nach Antonini (2016)

Tabelle 3: DET-Score-Einteilung

Einleitung

Produzenten von Stomaversorgungsprodukten bringen nahezu jährlich neue Entwicklungen auf den Markt, was zu einer großen Produktvielfalt führt. Deshalb braucht es besonders gut ausgebildetes Pflegepersonal, das die Eigenschaften und Stärken der Produkte und deren Einsatzgebiete gut kennt. Denn erst wenn die Versorgungsprodukte entsprechend und adäquat eingesetzt werden, ist für Stomaträgerinnen und Stomaträger ein selbständiges und gewohntes Leben wieder möglich. Damit dies gelingen kann, braucht es die Expertise einer Kontinenz- und Stomaberatung, welche die Patientinnen und Patienten ganzheitlich sieht. Das gilt insbesondere für das soziale Umfeld, die individuellen Gewohnheiten, die psychische Situation, aber auch für die räumlichen Möglichkeiten zuhause. All diese Einflussfaktoren fließen in die Beratung und Schulung von Stomaträgerinnen und Stomaträgern ein und können über den Erfolg der künftigen Stomaversorgung entscheiden.

Trotz all der umfangreichen Patienteneinschulungen können Komplikationen in der Versorgung auftreten. Die häufigste davon ist die plötzliche Veränderung des Hautzustandes rund um das Stoma. Dies äußert sich mit anfänglichen Rötungen, Jucken und Brennen bis hin zu offenen Hautschäden, die manchmal bis tief ins Gewebe reichen, schmerzhaft sind und nässend sein können. In diesen Fällen überschneidet sich die Stomaversorgung mit der Wundversorgung und zieht daraus passende Versorgungstrategien hinzu.

Wie bereits anfänglich hingedeutet, entwickelt sich die Stomatherapie laufend weiter, vom Erfahrungswissen hin zu einer spezialisierten Expertise. Es liegt auch viel an der Stomaträgerin und Stomaträger selbst, ob eine erfolgreiche Versorgung gelingt oder ob eine falsche Anwendung zu Hautkomplikationen führt. Wenn dies passiert, entstehen Unsicherheiten und Bedenken gegenüber den Produkten. Damit diese Komplikationen fachgerecht und professionell behandelt werden können, sollten von Beginn an standardisierte Assessmentinstrumente zum Einsatz kommen. Damit kann rasch ein Überblick verschafft und gleichzeitig der Behandlungsverlauf einheitlich dokumentiert werden. Zwar sind diese Werkzeuge bei Pflegekräften vielfach bekannt, diese werden aber im Pflegealltag nur selten eingesetzt. Die Hintergründe sind vielfältig und beginnen bei nicht angepassten digitalen Pflegedokumentationssystemen oder fehlenden Vorgaben durch das Qualitäts- und Risikomanagement der einzelnen Gesundheitsträger bis hin zu der häufig fehlenden kontroversen Diskussion über Assessmentinstrumente. (Vgl. Wiesinger, Meyer & Habermann, 2019, S. 19) Überdies braucht es Fortbildungen in diesem Bereich, um die Akzeptanz im pflegerischen Alltag zu stärken. Sogar gesetzlich vorgeschrieben sind Fortbildungspflichten nach § 4 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, um stets eine optimale Betreuung und Pflege am neuesten wissenschaftlichen Stand zu sichern.

Eine Umfrage von Wiesinger im Jahr 2019 bestätigt mit einer Zustimmungsrate von 91 Prozent, dass Schulungen im Bereich Assessmentinstrumente zur Klassifizierung von peristomalen Hautläsionen als sehr wichtig angesehen werden. (Vgl. Wiesinger, Meyer & Habermann, 2019, S. 19) Deshalb ist das Ziel dieser Abschlussarbeit, mittels qualitativem Literaturreview einen Überblick über peristomale Hautschäden und deren Assessmentinstrumente zu schaffen. Damit stellt sich die Frage, wie Assessmentinstrumente Pflegekräfte in der Prävention und Versorgung von peristomalen Hautschäden unterstützen könnten? Wie finden Klassifizierungssysteme vermehrt Einzug in die Pflegepraxis und gleichzeitig höhere Akzeptanz durch Pflegekräfte?

Die Literaturrecherche fand im Zeitraum zwischen Jänner 2021 und April 2021 statt. Die Recherche erfolgte zunächst nach geeigneten Büchern, Zeitschriften und Bibliotheken. Die Suche erweiterte sich auf die Online-Datenbanken Google Scholar, CINAHL und PubMed, vorwiegend in englischer Literatur. Die Schlüsselwörter Ostomy, Peristomal Disorder, Skin Disorder, Skin Disease, Assessment, Checklist und deren Synonyme wurden verwendet. Mit Trunkierungen (*) wurden die Suchergebnisse erweitert. Eingegrenzt wurde die Suche nach Studien in Full Text und veröffentlicht in den letzten 10 Jahren bezogen auf den Begriff „humans“. Zusätzliche Kriterien waren, dass Studien in englischer und deutscher Sprache verfasst sind und in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht wurden.

1. Das Stoma

Zur Indikation für eine Stomaanlage zähen meist bösartige Erkrankungen, Perforationen, entzündliche Darmerkrankungen oder Fehlbildungen. In allen Altersgruppen können Menschen davon betroffen sein, vom Frühgeborenen bis zum Greis. (Vgl. Pietzonka, Boesel & Marienfeld, 2021, S. 117) Der Begriff Stoma oder Stomie kommt aus dem Griechischen und wird übersetzt als Öffnung oder Mund. Ein Stoma ist eine operativ angelegte offene Verbindung zwischen inneren Hohlorganen und der äußeren Haut. Es dient zum Abtransport von Flüssigkeiten, wie Harn oder Stuhl oder Atemluft, wie am Beispiel eines Tracheostomas, oder Sondennahrung beim Gastrostoma. Der „Anus praeter“ ist der Sammelbegriff für künstliche Ausleitungen aus dem Darm, sagt aber nichts aus über die Lokalisation der Ausleitung. Wobei je nach medizinischer Indikation in Darmstoma, Urostoma oder Gastrostoma unterschieden wird. (Vgl. Wiesinger & Stoll, 2012, S. 29)

Eine Stomaanlage wird ausschließlich durch Medizinerinnen und Mediziner durchgeführt, jedoch werden Beratung und Nachsorge von Pflegekräften übernommen. Ziel des gesamten Rehabilitationsprozesses ist es stets, die Stomaträgerinnen und Stomaträgern im Umgang mit dem Stoma kontrolliert in die Selbständigkeit zu führen. Dies beginnt bereits vor der Operation mit Beratungsgesprächen, Anleitungen über Hilfsmittel und einer angepassten Stomamarkierung und endet bei der Entlassung in einem adäquaten Case- und Nachsorgemanagement. (Vgl. Gruber & Heuwinkel-Otter, 2017, S. 13) Aber trotz der großen Unterstützung, die Stomaträgerinnen und Stomaträger erhalten, können Anwendungsfehler auftreten. Diese haben rasch einschränkende Effekte auf das Alltagsleben der Stomaträgerinnen und Stomaträger und werden nun in den nächsten Kapiteln umfassend beschrieben.

2. Peristomale Hautkomplikationen

Wie bereits anfangs erwähnt, haben peristomale Hautschäden verschiedene Ursachen und können maßgeblich zu Einschränkungen im Alltag führen. Nahezu jede Stomaträgerin oder Stomaträger ist irgendwann mit Komplikationen nach einer Stomaanlage konfrontiert. Forscher gehen von einem Anteil zwischen 10 und 82 Prozent aus. (Vgl. Kwiatt & Kawata, 2013, S. 113) Die Ursachenbehebung muss daher in die Therapieplanung mit einfließen. Die klinische Beurteilung und der Status des Hautbildes, wie Ausbreitung, Tiefe und Schädigungsgrad der Haut oder Zustand des Gewebes, sind Grundlagen für die anschließenden Therapieentscheidungen. Für den Erfolg der Therapie ist die Akzeptanz der Stomaträgerin und des Stomaträgers essenziell, deshalb sollten sie in die Therapieplanung mit eingebunden werden. Als Risikofaktor für peristomale Hautschäden werden unterschiedliche Ursachen angeführt, die grob in der folgenden Abbildung 1 zusammengefasst sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Übersich zu Risikofaktoren für Stoma Komplikationen

Frühe Hautkomplikationen, Ischämien bzw. Nekrosen des Stomas, Retraktionen, mukocutane Dehiszenzen und peristomale Abszesse treten meist bis zum dritten Monat nach der Stomaoperation peristomal auf. Als spätere Komplikationen, die mehr als drei Monate nach der Stomaanlage entstehen können, werden die peristomalen Hernien, Prolaps und Retraktionen genannt. Nahezu jede zweite Patientin oder Patient leidet irgendwann unter peristomalen Hautkomplikationen. Im Falle von anlagebedingten und patientenspezifischen Versorgungsproblemen wird die empirische Häufigkeit mit 18 - 55 Prozent beschrieben. (Vgl. Gröne, 2018, S. 152f) Die folgenden Kapitel beschrieben die Ursachen und Therapiemöglichkeiten von peristomalen Hautschäden.

2.1 Nahtdehiszenz

Eine Nahtdehiszenz entsteht durch teilweises und vollständiges Ausreißen der Nähte, welche das Stoma an der Bauchdecke fixieren. Meist durch sehr starken Zug auf die Nähte entsteht zwischen dem freipräparierten Darm und der Haut eine Lücke, eine sogenannte Haut-Schleimhautseparation (vgl. Ginsberg et al., 2017, S. 206). Diese Nahtstellen müssen vor den aggressiven Ausscheidungen geschützt werden. Dazu können Hautschutzringe, Pasten oder Modellierstreifen oder bei stärker nässenden Wunden Wundfüller verwendet werden, um das Exsudat zu binden. (Vgl. Marienfeld, 2020, S. 18) Wichtig ist jedoch, dass die Operateurin oder Operateur informiert wird und die Therapiestrategie festlegt. Zuvor sollte noch ein Wundabstrich aus dem Nahtbereich durchgeführt werden, damit anschließend die Wunde nach den Regeln der modernen Wundversorgung versorgt werden kann. Um den Zwischenraum zu spülen, können Knopfkanülen verwendet werden. Je nach Anordnung werden zur Spülung eine physikalische Kochsalzlösung oder Antiseptika verwendet. Wundhöhlen können mit Alginaten oder Hydrofaser aufgefüllt und anschließend die Stomaversorgung daran aufzubringen. Die Wechselintervalle richten sich nach der Infektion, Menge des Exsudats unter der Basisplatte. (Vgl. Ginsberg et al., 2017, S. 207)

2.2 Peristomale Kontaktdermatitis

Die Kontaktdermatitis ist die häufigste peristomale Hautkomplikation bei Stomapatientinnen und Stomapatienten und wird vor allem durch Unterwanderung von Ausscheidungen der Hautschutzplatte verursacht. Auch zu groß ausgeschnittene Hautschutzplatten, Verletzungen der Haut beim Entfernen sowie falsche Reinigungsmittel und Hautpflegeprodukte führen häufig zu Hautirritationen. (Vgl. Marienfeld, 2020, S. 19)

Es beginnt mit Symptomen wie Brennen, lokale Schmerzen, Rötungen und Undichtigkeit der Basisplatte, welche durch ständigen Kontakt der Haut mit Verdauungsenzymen im Stuhl ausgelöst werden. Durch die Kontaktdermatitis verschlechtert sich auch die Haftung der Basisplatte, was wiederum zur Unterwanderung und einer toxisch chemischen Reizung der Haut führt. Hierbei ist meist das kaudale Hautareal schwerer betroffen, ausgelöst durch die Schwerkraft. Ursache ist in vielen Fällen, dass ein Stoma postoperativ dazu neigt, abzuschwellen, aber das Loch der Basisplatte nicht angepasst wird. Dies führt zu freien Hautstellen zwischen Darmausgang und Basisplatte und zu Hautschäden. Eine weitere Ursache kann ein Darmprolaps sein, wenn die Basisplatte ausgeschnitten wird, um diese besser über den prolabierten Darm zu schieben. Somit kann die Basisplatte nicht mehr exakt mit dem Stomarand abschließen, um die Haut zu schützen. (Vgl. Iesalnieks, 2020, S. 97)

Um die Basisplatte passgenau anzubringen ist es ratsam den Hautschutz bei 12.00 ca. 1 - 2 cm einzuschneiden. Die Öffnung kann so größer gemacht werden, um eine gute Dichtigkeit wiederherzustellen, wird der Schnitt mit Paste aufgefüllt. Die Basisplatte ist somit leichter anzubringen und liegt nahe am Stomarand. Auch die Beschaffenheit der Hautumgebung und die Prominenz des Stomas sollten bei der Auswahl der Versorgungsmaterialien berücksichtigt werden, zumal bei prominenten Stomata dickere Basisplatten oder gewölbte Hautschutzringe verwendet werden sollten. Zusätzlich können Pasten oder Modellierstreifen helfen, offene Haustellen abzudecken.

Bei geringer Prominenz vom Stoma sollte auf softkonvexe oder konvexe Versorgungsmaterialien zurückgegriffen werden. Bei gereizter, aber nicht nässender Haut könnte an einen hygroskopischen Hautschutz gedacht werden. Bei nässenden oberflächlichen peristomalen Hautläsionen sollte zur Abtrocknung ein Stomapulver dünn gestreut werden. Pulver haftet an den feuchten Stellen und kann so lokal gezielt ihre Wirkung entfalten. Das Hydrokolloidpulver verbindet sich mit der Basisplatte und erreicht so eine optimale Wirkung. Die verschiedenen Stomapulver können mit allen sich am Markt befindlichen Basisplatten kombiniert werden. Pasten mit Alkohol ist bei gereizter Haut obsolet. Diese können einzig bei intaktem Hautzustand verwendet werden und man sollte sich vor dem Auftragen ausreichend Zeit nehmen, damit der Alkohol abdunsten kann. Bei peristomaler Hautirritation sollten sofort Maßnahmen ergriffen werden, denn ein langes Zuwarten verschlimmert das Hautbild. (Vgl. Ginsberg et al., 2017 S. 192ff)

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Details

Titel
Hautschäden in der Stomaversorgung
Untertitel
Können Assessmentinstrumente Pflegekräfte in der Prävention und Versorgung von peristomalen Hautschäden unterstützen?
Hochschule
Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Note
1,8
Autor
Jahr
2021
Seiten
28
Katalognummer
V1185113
ISBN (eBook)
9783346610911
ISBN (Buch)
9783346610928
Sprache
Deutsch
Schlagworte
hautschäden, stomaversorgung, können, assessmentinstrumente, pflegekräfte, prävention, versorgung
Arbeit zitieren
Robert Gratzl (Autor:in), 2021, Hautschäden in der Stomaversorgung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1185113

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