Der Islam leidet unter einer Identitätskrise. Gemeint ist damit zunächst das
schizophrene Auftreten der Islamischen Welt, welches aktuell eine einheitliche
Darstellung der religiösen Tendenzen aufgrund der inneren Zerrissenheit quasi
unmöglich macht. Einerseits ist von einem Weg nach Westen, wie ihn auch Roy
darstellt, die Rede, andererseits fordern radikale Mächte eine Re – Etablierung
des Ursprungsislams aus der Zeit um 600 nach Christus1. Die Interaktion
zwischen „Westen und Islam“ ist einerseits geprägt durch auch von mir eben
angewandte Pauschalisierung und Stereotypisierung Islamischer Kulturen und
der bereits einige Jahrhunderte andauernden, verzerrten Repräsentation des
Islams durch den Westen. Während einige muslimische Länder in der
Vergangenheit bereits eine beobachtbare Säkularisierung und politische
Modernisierung durchlaufen haben, sind es aktuell vor allem die radikal antiwestlichen
und fundamentalistischen Kräfte, die das westliche Bild des Islams
prägen.
So streben diese in ihrer Assoziierung jeglicher Modernisierungsbewegung mit
der abgelehnten, prototypischen Entwicklung der westlichen Gesellschaft eine
Reformation im Sinne einer Rückkehr zum reinen Ursprungsislam an. Dabei
scheint mir dieses Streben nach dem scheinbar unverfälschten
Kerngedankengut islamischen Denkens vielmehr eine Flucht vor der
Auseinandersetzung mit der eigenen „Identität“ zu sein. Da das Formen und
Erkennen von Identität bei der Interaktion unumgänglich ist, soll genau dieser
Prozess im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen. Im Folgenden geht es
darum zu untersuchen, ob das Streben der islamistischen Bewegung, den Islam
von jeglichem westlichen Einfluss zu bereinigen, nicht letztendlich den einzig
möglichen Weg aus der „Identitätskrise“ darstellt: eine reaktionäre Ablehnung
des Konzeptes der (inter-)aktiven Identitätsgestaltung an sich, als das Produkt
einer als moralisch verkommen wahrgenommenen, westlichen Gesellschaft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Vorstellung der Theorien
- 1. Identität und Krise
- 2. Goffman/ „Self-Presentation in everyday-life“
- 3. Mead/ \"Symbolische Interaktion\"
- 4. Keupp/ „Patchworkidentität“
- II. Abhandlung über den Begriff der Anerkennung
- III. Die Interaktion Westen - Islam
- 1. Historische Darstellung
- 2. Selbstpräsentation
- 3. Interaktion
- 4. „Patchworkidentität“
- 5. Anerkennung
- IV. Neofundamentalismus oder zu lösende Aufgabe
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die islamische Identitätskrise unter dem Aspekt der interaktiven Identitätsgestaltung. Sie untersucht, ob das Streben der islamistischen Bewegung, den Islam von jeglichem westlichen Einfluss zu bereinigen, eine reaktionäre Ablehnung des Konzeptes der (inter-)aktiven Identitätsgestaltung darstellt.
- Die Interaktion zwischen „Westen und Islam“
- Die Rolle von Stereotypisierung und Pauschalisierung in der Konstruktion von Identitäten
- Der Einfluss der westlichen Wahrnehmung auf die Entstehung von islamistischen Bewegungen
- Die Bedeutung von Anerkennung im Kontext der Identitätsbildung
- Die Herausforderungen der interaktiven Identitätsgestaltung im Kontext der Globalisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der islamischen Identitätskrise ein und beleuchtet die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Islamischen Welt. Sie stellt den Fokus der Arbeit auf die interaktive Identitätsgestaltung und die Rolle des Westens in diesem Prozess.
Kapitel I präsentiert verschiedene theoretische Ansätze zur Identität und Krise, darunter Goffmans Theorie der Selbstdarstellung, Meads Theorie der symbolischen Interaktion und Keupps Konzept der Patchworkidentität.
Kapitel II behandelt den Begriff der Anerkennung und seine Bedeutung für die Identitätsbildung.
Kapitel III analysiert die Interaktion zwischen Westen und Islam unter verschiedenen Aspekten wie der historischen Darstellung, der Selbstpräsentation, der Interaktion selbst und der Rolle der Patchworkidentität. Es beleuchtet auch die Bedeutung von Anerkennung in diesem Kontext.
Kapitel IV diskutiert die Herausforderungen des Neofundamentalismus und die Frage, ob er eine Lösung oder ein Ausdruck der islamischen Identitätskrise darstellt.
Schlüsselwörter
Islamische Identitätskrise, interaktive Identitätsgestaltung, Interaktion Westen - Islam, Stereotypisierung, Pauschalisierung, Neofundamentalismus, Anerkennung, Patchworkidentität, Globalisierung.
- Citar trabajo
- Jennifer Brei (Autor), 2008, Die islamische Identitätskrise, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118716