Autismus in der frühen Kindheit. Fördermöglichkeiten durch heilpädagogische Intervention


Seminararbeit, 2022

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis:

I. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Heilpädagogische Interventionen in der Kindheit
1.2 ASS in der frühen Kindheit
1.3 Fragestellung
1.4 Aufbau der Arbeit

2. Heilpädagogische Frühförderung bei Autismus-Spektrum-Symptomatik
2.1 Ursachen, Verlaufsformen und Diagnostik
2.1.1. ASS Symptomatik – Ätiologie und neurobiologischer Hintergrund
2.1.2. ASS Symptomatik – Entwicklungspsychologischer Hintergrund
2.1.3. Verändertes Spiel- und Sozialverhalten
2.1.4. Abweichende Entwicklungsverläufe
2.1.5. Frühe Diagnostik
2.2 Frühe Förderung und Intervention für Kinder im Autismus-Spektrum
2.2.1. Förderung von Kommunikation und Sprache
2.2.2. Förderung der sozialen Interaktion
2.2.3. TEACCH
2.2.4. ESDM
2.2.5. PECSâ
2.2.6. Das Frankfurter Frühinterventionsprogramm A-FFIP
2.2.7. Möglichkeiten und Perspektiven heilpädagogischer Interventionen

3. Fazit

II. Literaturverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Seite 7, „Theory of Mind“ nach Baron-Cohen et.al., 1985, (Quelle: Bernhard-Opitz, V., 2020, Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen, Seite 248).

Abbildung 2: Seite 8, Redewendungen und abstrakte Sprache, Darstellung Bernhard-Opitz 2014, (Quelle: Bernhard-Opitz, V., 2020, Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen, Seite 250).

Abbildung 3: Seite 9, Längsschnitt durch das menschliche Gehirn mit den wichtigsten limbischen Zentren (nach Spektrum/Scientific American 1994, verändert). (Quelle: Herrmann, U., 2009, Neurodidaktik, S.61)

Abbildung 4: Seite 11, Verschiedene Zeitmesser, TEACCH – ein wichtiger Baustein der speziellen Autismustherapie (Quelle: Praxis der Psychomotorik, 2009, Jg. 34/2, Seite 77).

Abbildung 5: Seite 12, TEACCH – Visualisierung Wochenstruktur, WIE Bielefeld (Quelle: (URL: https://wie-bielefeld.de/wp-content/uploads/2020/02/Wochestruktur.jpg [letzter Aufruf: 19.12.2021]).

Abbildung 6: Seite 12, Aufbau und Organisation des interdisziplinären Teams. (Quelle: Rogers, S.J., Dawson, G., 2014, Frühintervention für Kinder mit Autismus, S.69)

Abbildung 7: Seite 13, Metacom – Symbolsystem zu runterstützten Kommunikation, Annette Kitzinger (Quelle:(URL:http://www.metacom-symbole.de/downloads/download_fremdsprachen.html [letzter Aufruf: 19.12.2021]).

I. Abkürzungsverzeichnis

Abs. - Absatz

Abb. - Abbildung

A - FFIP - Frankfurter Frühinterventionsprogramm für Kinder mit Autismus-Spektrumstörungen

ADI-R - Diagnostisches Interview für Autismus

ADOS-2 - Diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen 2

AO-SF - Ausbildungsordnung Sonderpädagogische Förderung

ASS - Autismus-Spektrum-Störung bzw. - beziehungsweise d.h. - das heißt

DSM - Diagnostic and statistical Manual of Mental Disorders evtl. - eventuell etc. - (lat.) et cetera

EF - Exekutivfunktionen

ESE - emotionale-soziale Entwicklung (Förderbedarf)

ESDM - Early Start Denver Model et.al. - (lat.) et alii, und andere ggf. - gegebenenfalls

Hrsg. - Herausgeber

ICD - International Classification of Diseases and related Health Problems op.cit. - (lat.) opere citato, gleiche Quelle

SGB - Sozialgesetzbuch

SPZ - Sozialpädiatrisches Zentrum

SPF - Sonderpädagogischer Förderbedarf

TEACCH - Treatment and Education for Autistic and other related communication handicapped children

ToM - Theory of Mind

PECSâ - Picture exchange communication system

UN - United Nations / Vereinte Nationen vgl. - vergleiche

1. Einleitung

1.1 Heilpädagogische Interventionen in der Kindheit

Kinder und Jugendliche stellen nach wie vor die zahlenmäßig größte Zielgruppe für heilpädagogische Interventionen dar, wobei diese Arbeit einen heilpädagogischen Förderbedarf in der frühen Kindheit durch eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS) fokussiert. Ein so frühzeitig diagnostizierter heilpädagogischer Förderbedarf begründet schulperspektivisch einen Förderschwerpunkt nach AO-SF bzw. eine Intervention im Rahmen der Frühförderung. Eine ASS stellt eine sogenannte personale Bedingung dar, denn es handelt sich hier um eine dauerhafte Beeinträchtigung bzw. Abweichung in Form einer personalen, also persönlichen, somatischen Eigenschaft. Die Intervention im Bereich ASS fällt damit unter die klassische Definition der Förderbereiche von Meinertz, Kausen und Klein, welche die Heilpädagogik als „Theorie und Praxis der Erziehung unter erschwerten personalen und sozialen Bedingungen“ bezeichnen (vgl. Meinertz, Kausen und Klein, 1992, S.14).

1.2 ASS in der frühen Kindheit

Während man früher häufig drei Formen von Autismus unterschied, werden diese heute zunehmend unter der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung zusammengefasst (Döringer & Rittmann, 2020, S. 28). Zuvor differenzierte man den frühkindlichen oder Kanner-Autismus, das Asperger-Syndrom und den atypischen Autismus, wobei die Übergänge und Ausprägungen dieser Unterscheidungen jedoch fließend sind. Diese Bezeichnungen sind heute noch gebräuchlich, eine Änderung in den gängigen Klassifikationssystemen ICD und DSM ist jedoch in Vorbereitung. Innerhalb des Spektrums finden sich Formen mit Einschränkungen der kognitiven und sprachlichen Entwicklung bis hin zu mindestens durchschnittlicher oder überdurchschnittlicher Intelligenz. Sofern keine kognitiven oder sprachlichen Defizite bestehen, wird dies als „hochfunktionaler Autismus“ bezeichnet (op.cit., S. 28). Bei eindeutiger Symptomatik und früher Diagnose (18 bis 24 Monate) ist meist mit Sprachentwicklungsstörungen und einer bleibenden Diagnose zu rechnen. Eine Frühförderung ist bei dieser oft signifikanten Symptomatik besonders wichtig. Auch wenn eine Heilung nicht möglich ist, so können Entwicklungsverläufe positiv beeinflusst und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben langfristig unterstützt werden (op.cit., S .26-29).

1.3 Fragestellung

Die heilpädagogischen Fördermöglichkeiten für Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung sollen für den Bereich der frühen Kindheit betrachtet werden. Für diese Arbeit wird die folgende Leitfrage zugrunde gelegt: „ Welche verschiedenen Interventionsmöglichkeiten der Heilpädagogik gibt es für Kinder (Alter: drei bis sechs Jahre) mit signifikanten Symptomen aus dem Autismus-Spektrum, und wie sind diese vor einem entwicklungspsychologischen und neurobiologischen Hintergrund einzuordnen?“

1.4 Aufbau der Arbeit

Unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Thematik sollen im ersten Teil des Hauptteils der neurobiologische Hintergrund erläutert und die Bandbreite der unterschiedlichen Verlaufsformen innerhalb des Spektrums skizziert werden. Weiterhin wird auf Beeinträchtigungen der Entwicklung eingegangen und verschiedene Möglichkeiten der Diagnostik vorgestellt. Im zweiten Teil des Hauptteils sollen verschiedene heilpädagogische Interventionsmöglichkeiten für Kinder zwischen drei und sechs Jahren mit einer ASS vorgestellt und beschrieben und damit konkret auf die Fragestellung eingegangen werden. Im Fazit werden diese Ergebnisse nochmals zusammengefasst betrachtet und abschließend mögliche Empfehlungen hinsichtlich der Umsetzung einer langfristig erfolgversprechenden Frühförderung gegeben.

2. Heilpädagogische Frühförderung bei Autismus-Spektrum-Symptomatik

2.1 Ursachen, Verlaufsformen und Diagnostik

Ein autistischer Entwicklungsverlauf stellt eine Abweichung der Entwicklung zur üblichen, altersgemäß zu erwartenden Entwicklung von nichtautistischen bzw. neurotypischen Kindern dar (Döringer & Rittmann, 2020, S. 14). Dabei werden häufig Auffälligkeiten von den Eltern beschrieben, wobei diese unterschiedlich ausgeprägt sein können. Oft sind es sogenannte Meilensteine der Entwicklung oder Auffälligkeiten der Sprachentwicklung, die Kinderärzte auf die Symptomatik aufmerksam machen. Obwohl eine relativ zuverlässliche Diagnostik bei Autismus früh möglich ist, findet die so wichtige Früherkennung gerade in Deutschland häufig sehr spät statt. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren durch gute Zusammenarbeit von Autismuszentren, Kinderärzten, Diagnostikstellen und Frühförderstellen verbessert, ist aber grundsätzlich nach wie vor defizitär (op.cit., S.20-21).

2.1.1. ASS Symptomatik – Ätiologie und neurobiologischer Hintergrund

Bereits Hans Asperger und Leo Kanner als Erstbeschreiber der Störung haben pränatale bzw. genetische Ursachen für die Entstehung eines autistischen Störungsbildes vermutet. Dies hat sich zwischenzeitlich bestätigt, jedoch gibt es analog zur Vielfältigkeit des autistischen Spektrums keine allgemeingültige, genetische Ursache. Der Stand aktueller wissenschaftlicher Forschungen ist, dass es sich um eine Entwicklungsstörung neurobiologischer Art handelt, welcher ursächlich primär eine genetische Prädisposition zugrunde liegt. Genvarianten, Deletionen und Duplikationen erhöhen die Auftrittswahrscheinlichkeit, jedoch spielen Umweltfaktoren und epigenetische Faktoren ebenso eine große Rolle (Kamp-Becker & Bölte, 2020, S. 7;31-37). Weiterhin treten Komorbiditäten mit anderen neurologischen Syndromen sehr häufig auf, so z.B. Epilepsie, Fragiles-X-Syndrom oder Neurofibromatose. Neuere Befunde deuten auf Defizite bei der Bildung neuer Hirnzellen während der Fetalentwicklung und synaptische Dysfunktionen hin. Die Befunde weisen auf eine erhöhte Konnektivität benachbarter und eine verringerte Konnektivität entfernter Areale hin. Auch werden frontale, limbische und temporale Strukturen bei Menschen mit Autismus nicht in gleichem Masse aktiviert, als dies bei neurotypischen Menschen der Fall ist (op.cit., S. 38). Es gibt ferner Hinweise auf Veränderungen der Biochemie des Gehirns bezüglich der Neurotransmitter, aber diese Untersuchung sind noch nicht mit wissenschaftlich eindeutigem Ergebnis abgeschlossen.

2.1.2. ASS Symptomatik – Entwicklungspsychologischer Hintergrund

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Entwicklungspsychologische Abweichungen in der frühen Kindheit zwischen Kindern im Autismus-Spektrum und neurotypischen Kindern betreffen u.a. die Exekutivfunktionen (EF), die Theory of Mind und die zentrale Kohärenz. Die EF bezeichnen dabei das planvolle, intentionelle Handeln, Theory of Mind die menschliche Fähigkeit, Bewusstseinszustände anderer zu erkennen und vorherzusagen, die zentrale Kohärenz die Fähigkeit, Reize im Kontext zu anderen Reizen und Informationen zu sehen. Eine schwache Ausprägung der zentralen Kohärenz ermöglicht durch verstärkte Konzentration auf Einzelreize und Details in Teilbereichen gute Leistungen, aber Schwierigkeiten bei kontextgebundenen Informationen oder Bedeutungen. Einschränkungen der ToM (Theory of Mind) führen zu einem unzureichenden Verständnis bei emotionalen und sozialen Situationen, metaphorischen Bedeutungen, Intentionserkennung und für fiktive Spiele (Sinzig, 2011, S. 38). Die ToM wird anschaulich durch ein Beispiel nach Baron-Cohen (Abb.1), in dem ein Kind einen Ball in einen verdeckten Korb legt und weggeht, worauf ein Junge diesen nimmt und in einen Karton legt. Autistischen Kindern fehlt die Vorstellung, dass das Mädchen, welches nicht mehr da war, von dieser Handlung nichts weiß. (Bernhard-Opitz nach Baron-Cohen, 2020/1985, S. 247).

Die vorab beschriebenen Abweichungen sind auf der einen Seite typisch für Kinder im Autismus-Spektrum, auf der anderen Seite jedoch auch für andere Störungsbilder zutreffend (Kamp-Becker & Bölte, 2020, S.7; 39-41). Die Zuordnung lässt sich bei gleichzeitiger Betrachtung entwicklungstypischer Prozesse der sozialen Interaktion erleichtern, so ist z.B. bei Kindern im Autismusspektrum die Fähigkeit zur Emotionsregulation stark eingeschränkt und führt zu starkem Widerstand bei Veränderung sowie Vermeidungsstrategien. Die Fähigkeit zur Äußerung positiver Emotionen ist gleichzeitig vermindert, was auf eine geringe Aktivität im Nucleus accumbens, dem Belohnungszentrum des Gehirns, zurückzuführen ist (op.cit., S.42).

2.1.3. Verändertes Spiel- und Sozialverhalten

Bei autistischen Kindern fehlen häufig wichtige, erlernte Grundlagen des Spielens und der sprachlichen / nicht-sprachlichen Kommunikation. Durch die fehlende Möglichkeit der spielerischen und motorischen Nachahmung infolge Nichtwahrnehmung potentieller Spielpartner bleiben Kinder mit ASS in vielen Entwicklungsschritten hinter anderen zurück und werden oft ausgeschlossen bzw. ausgegrenzt (Bernard-Opitz, 2020, S. 244). Autistische Kinder folgen im Spiel meist ihren eigenen Interessen - durch fehlenden Austausch bzw. soziale Interaktion bleiben sie ohne Hilfe auf ihrem iso lierten Stand stehen und verpassen damit wichtige Schritte der kognitiven und sozialen Entwicklung. In dieser eingeschränkten Wahrnehmung können autistische Kinder z.B. Gefahren oft nicht erkennen, sich nicht vorstellen, dass andere Personen Dinge aus einer anderen Perspektive sehen oder unterschiedliches Vorwissen haben. Da sie soziale Skripte und Regeln nicht kennen, ignorieren sie diese meist unwissentlich und fallen dadurch auf. Die Empathiefähigkeit ist bei Kindern mit ASS meist deutlich gestört, ein Punkt der in Fördermaßnahmen für autistische Kinder eine hohe Priorität haben sollte. Da Kinder im Autismus-Spektrum sehr konkret denken und nicht abstrahieren können, erschließt sich ihnen die Bedeutung von Redewendungen nicht. Äußerungen, welche symbolische oder abstrakte Bilder enthalten, führen bei autistischen Kindern zu Verwirrung und Missverständnissen (Abb. 2). Dies sollte in der Kommunikation, aber auch in Therapie bzw. Sozialtraining mit autistischen Kindern berücksichtigt werden (op.cit, 245-250).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.4. Abweichende Entwicklungsverläufe

Die Entwicklungsverläufe von Kindern im Autismus-Spektrum weichen in vielen Bereichen von durchschnittlichen Verläufen einer kindlichen Entwicklung ab. So ist z.B. bei autistischen Kindern häufig das natürliche Interesse an Gesichtern, welches bei gesundes Kindern einen sozialen Reiz darstellt, nicht vorhanden. Die soziale Motivation ist reduziert, es besteht oft eine Interessenpräferenz für Objekte statt Menschen (op.cit., S. 42-43). Ebenso ist die geteilte Aufmerksamkeit, welche sich in der Regel bei Kindern zwischen sechs und zwölf Monaten entwickelt, stark vermindert. Einschränkungen der Fähigkeit zum Imitieren wirken sich in der Folge durch Defizite in der Entwicklung der Theory of Mind sowie der Sprachentwicklung aus. Kindern im Autismusspektrum fehlt die ganzheitliche Wahrnehmung, was zu besonderen Leistungen beim Detailerkennen führt, aber das Erkennen von Gesamtbildern, Funktionen sowie auch Emotionen erschwert, da nur das Detail betrachtet wird (op.cit., S. 44). Weiterhin bestehen Schwierigkeiten bei Wahrnehmung bzw. Erkennen von Emotionen, auch bleibt eine Entwicklung empathischer Fähigkeiten meist aus oder ist erheblich reduziert. Ein Perspektivwechsel fällt autistischen Kindern sehr schwer, es fehlt das Verständnis für eine andere Sichtweise. Autistische Kinder haben aufgrund der beschriebenen Abweichung von der regulären Entwicklung große Schwierigkeiten, Entwicklungsaufgaben des sozialen Spiels zu meistern, was die Teilhabe am sozialen Leben und die Entwicklung neuer Kompetenzen deutlich erschwert (op.cit. S, 46-48). Durch die fehlende soziale Kompetenz fallen sie immer weiter hinter neurotypischen Kindern in ihrer Altersgruppe zurück. Die fehlende Präferenz für geteilte Freude oder Lob infolge einer abweichenden Aktivierung des Belohnungszentrums (Nucleus Accumbens) hat für Kinder im Autismusspektrum weitreichende Folgen für die kognitive Entwicklung, Entwicklung von Hirnstrukturen und Lernmotivation. Der Nucleus Accumbens ist nicht willentlich beeinflussbar und wird bei Kindern im Autismusspektrum statt durch positive soziale Reize eher durch stereotype Handlungen oder Impulse stimuliert, so dass diese als Belohnung empfunden werden (Nucleus Accumbens, Abb. 3). Ein wichtiges Ziel der autismusspezifischen Frühtherapie ist es, diesbezüglich eine Verhaltensänderung und Änderung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.5. Frühe Diagnostik

Die gesicherte Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung ist Voraussetzung für die therapeutische Frühförderung, aber auch für finanzielle und andere Hilfeleistungen. Obwohl die valide Diagnostik ab einem Alter von 18 bis 24 Monaten möglich ist, vergeht bis zum Abschluss des Verfahrens meist einige Zeit, was auf Wartezeiten bei Diagnostikzentren und Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ), aber auch auf vorläufige „Verdachtsdiagnosen“ ohne abschließende Feststellung zurückzuführen ist. Das Verfahren wird auf Anraten von Sorgeberechtigten, pädagogischen Fachkräfte oder Kinderärzten initiiert und führt zunächst zur Überweisung an spezialisierte Kinder-und Jugendpsychotherapeuten (Teufel & Soll, 2021, S. 50). Nach erfolgter Grundanamnese erfolgt, sofern es bereits Hinweise auf ASS gibt, neben der medizinischen Diagnostik und der Verhaltensbeobachtung häufig die Befragung der Sorgeberechtigten mittels eines autismusspezifischen Fragebogens. Für die gesicherte Diagnose wird häufig die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen ADOS-2 in der deutschen Version sowie das Diagnostische Interview (ADI-R) für Autismus eingesetzt. ADOS-2 kann für die Frühdiagnose als Kleinkindmodul, Modul 1 oder Modul 2 eingesetzt werden, dabei sind je nach Modul keine Sprache, einzelne Worte bzw. noch keine fließende Sprache erforderlich. ADOS- 2 arbeitet dabei mit semi-strukturierten Situationen, durch welche autismustypische Verhaltensweisen beurteilt werden können. Das Interview ADI-R erfragt Auffälligkeiten der kindlichen Entwicklung und autismustypische Verhaltensweisen bei Sorgeberechtigten oder Bezugspersonen (op.cit., S. 56-59). Die Diagnose „Frühkindlicher Autismus“ ist eine Spezifikation innerhalb der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung, dabei wird bei einem IQ oberhalb von 70 die Variante „High-functioning-Autismus“ diagnostiziert. Bei dieser Variante wird die Sprachentwicklungsverzögerung häufig durch die kognitiven Fähigkeiten kompensiert, autismustypische Eigenheiten der Sprache bleiben jedoch erhalten. Kinder mit dieser Diagnose verfügen im Gegensatz zu Kindern mit dem Asperger-Syndrom oft über nicht beeinträchtigte, motorische Fähigkeiten, aber insgesamt ist die autismustypische Symptomatik meist ausgeprägter. Damit ist die fehlende Sprache bzw. Sprachentwicklungsstörung ein differentialdiagnostisches Kriterium (Sinzig, 2011, S- 21-22, 81).

2.2 Frühe Förderung und Intervention für Kinder im Autismus-Spektrum

Diese Arbeit fokussiert die Förder- und Interventionsmöglichkeiten für Kinder im Autismus-Spektrum im Alter von drei bis sechs Jahren. Da die Diagnostik für den frühkindlichen Autismus bis zum Alter von drei Jahren gesichert möglich ist, wird die Förderung häufig Kinder mit dieser Diagnose betreffen. Wenn bereits in diesem Alter eindeutige Symptome auftreten, so kann eine sinnvolle Frühintervention die Frühförderung im kommunikativen bzw. sprachlichen Bereich sein (Sinzig, 2011, S. 87). Je nach individueller Ausprägung innerhalb des Autismus-Spektrums sind im Alter von drei bis sechs Jahren in erster Linie verhaltenstherapeutische Interventionen, Förderung von Sprache und Kommunikation, ggf. Erlernen alternativer Kommunikationsmöglichkeiten oder unterstützte Kommunikation, Strukturierung von Abläufen und das Training sozialer Fertigkeiten möglich. Eine Pharmakotherapie ist nicht autismusspezifisch, sondern nur bei komorbiden Symptomen indiziert, findet jedoch aufgrund der entsprechenden Zulassung meist frühestens ab einem Alter von fünf Jahren Anwendung (op.cit., S. 92-115).

2.2.1. Förderung von Kommunikation und Sprache

Bei Kindern im Autismus-Spektrum ist häufig eine Beeinträchtigung der Sprachentwicklung festzustellen. Dies ist besonders bei Kindern mit der Diagnose „Frühkindlicher Autismus“ der Fall - diese entwickeln diese in 25-50 % der Fälle keine Sprache oder nur entsprechende Ansätze, auch treten häufig zusätzlich kognitive Beeinträchtigungen auf. Neben der Förderung einer teilsprachlichen Entwicklung kann diesem mit alternativen Kommunikationsmöglichkeiten begegnet werden, welche auch bei defizitären Voraussetzungen in angepasster bzw. vereinfachter Form erworben werden können (Sinzig, 2011, S. 94). Dies kann der Erwerb einer einfachen Form der Gebärdensprache, das Erlernen alternativer Kommunikation mittels Verwendung von Gestik und Objekten oder Bildern (z.B. Metacom) oder auch die Förderung einer einfachen Sprachentwicklung sein. Neben der Kommunikationsform selbst wird hier auch die geteilte Aufmerksamkeit, Blickkontakt, soziale Regeln und die nonverbale Imitation als Voraussetzung einer Kommunikation geübt bzw. erlernt (op.cit., S. 94 und 115).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Autismus in der frühen Kindheit. Fördermöglichkeiten durch heilpädagogische Intervention
Note
1,0
Autor
Jahr
2022
Seiten
19
Katalognummer
V1190366
ISBN (Buch)
9783346630469
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Autismus, ASS, Asperger, TEACCH, PECS, Heilpädagogik, Förderung, Intervention
Arbeit zitieren
Michael Hubig (Autor:in), 2022, Autismus in der frühen Kindheit. Fördermöglichkeiten durch heilpädagogische Intervention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1190366

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