Fotografiegeschichte. Positionen inszenierter Fotografie von Gregory Crewdson und Jeff Wall


Travail d'étude, 2017

14 Pages, Note: 1,7


Extrait


1. Einleitung

2. Inszenierte Fotografie im Überblick

3. Gregory Crewdson: Zwischen Traum und Trauma

4. JeffWall: Zwischen Sein und Bewusstsein

5. Bildbeispiele: Zwei Apartments, zwei Welten

6. Zusammenfassung und Diskussion

7. Literatur und Bildnachweis

8. Anhang: Vergleichstabelle

1. Einleitung

Im Mittelpunkt der Arbeit steht der Versuch, zwei bekannte Vertreter der inszenierten Fotografie anhand von Bildbeispielen zu vergleichen. Dabei ist eine zentrale Frage, wie inszenierte Fotografie in ihren Werken zum Ausdruck kommt. Abgesehen von vielen Vorläufern z.B. in der surrealistischen Fotografie, liegt deren Beginn in den USA und Europa Ende der Siebziger jahre des letzten Jahrhunderts. Obwohl inszenierte Fotografie also schon länger existiert, ist die Frage, was sie eigentlich ausmacht, nicht abschließend beantwortet. Dieser Frage gehe ich partiell nach, indem ich mich auf die Positionen von Gregory Crewdson undJeffWall beschränke. Nach einer Diskussion literarischer Quellen werden zwei Bilder der Künstler gegenübergestellt und analysiert. Die Auswahl ist demonstrativer Art und dient als Ergänzung einer konzeptuellen Verortung bezüglich Produktionsweise, Stilrichtung und Narration der Bilder. Die Ergebnisse werden in Form einer Tabelle zusammengefasstund diskutiert.

2. Inszenierte Fotografie im Überblick

Für eine ausführliche Verortung inszenierter Fotografie weise ich besonders auf die umfangreiche Arbeitvon Christine Walter1 hin. Im Hinblick auf das hier zu diskutierende Thema müssen stark verkürzte Hinweise genügen.

- Das Fernsehen hatte der Fotografie und der Presse in den siebziger Jahren den Rang als primäres Informationsmedium abgelaufen. „Wenn nun ein Medium nicht mehr essentiell die kulturelle Quelle der Informationen ist, verwandelt es sich in eine Kunstform."2
- Eine Hochzeit sozialkritischer Analysen und Proteste an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen der BRD, assoziiert mit der Frankfurter Schule, und beispielsweise Alexander Mitscherlichs Analyse der „Unwirtlichkeit unserer Städte. “
- Die inszenierte Fotografie ging über die dokumentarische Fotografie alter Prägung als mechanische Abbildung der Wirklichkeithinaus, indem sie das Erzählerische zum Wesensmerkmal erhob.
- Sie orientierte sich dabei am Theater, Film bzw. Kino und entwickelte über die Adaptierung des Film Stills ihre narrative Kompetenz.
- Schließlich ist es die fortschreitende technologische Entwicklung, ohne die inszenierte Fotografie nicht hätte entstehen können. Beispielhaftist die Entwicklung der Bildbearbeitungssoftware Photoshop 1.0 im Jahrl990 sowie fotofähiger Großformatprinter zu nennen, die Grenzen der Dunkelkammer aufhoben. Nur so konnten Fotokünstler die volle Kontrolle über den gesamten Produktionsprozess bekommen.

Der Terminus „Inszenierte Fotografie“, im Englischen „Staging“, kam Ende der 70er Jahre in den USA auf. Anfangs bezeichnete er alles, was vom Fotografen auf irgendeine Weise beeinflusst wurde. Schon die Anweisung, sich zu positionieren, oder die Wahl einer Perspektive, die Studiofotografie insgesamt oder die spezifische Dunkelkammerarbeitwaren demnach inszenierende Fotografie. Eine solche Definitionsbreite eignete sich natürlich nichtfür die Beschreibung einer neuen fotografischen Kunstrichtung, die nicht mehr der reinen Abbildung verpflichtet war, sondern sich vielmehr an Theater und Film orientierte.

Christine Walters Buch zur inszenierten Fotografie „Bilder erzählen!“3 bietet ein methodisches Analyseinstrumentarium zur Untersuchung inszenierter Fotografien. Sie unterscheidet den „äußeren“ und „inneren“ Bereich: Zum äußeren Bereich zählt sie die Ausstattung der Bilder: Kostüme, Licht, Requisiten und Schauspieler. Zum inneren Bereich zähltsie, dass eine Sequenz oder Szene als Teil einer Inszenierung vorstellbar ist, die bildhaftumgesetztwurde. Damitverbunden ist letztlich noch die Darstellung eines narrativen Vorgangs, der den Zuschauer mit einbezieht.

So postuliertWaltervier Positionen inszenierter Fotografie:

„1. die szenische Ausstattung,
2. die narrative Darstellung, die in der Regel eine aktiv oder passiv gezeigte Handlung impliziert,
3. die demWerk zugrundeliegende Idee, die schrittweise umgesetzt wird und
4. die Ausrichtung auf den Betrachter.“4

Die Anfänge inszenierter Fotografie als Kunstrichtung setzten Eileen Cowin, JeffWall und Cindy Sherman. In Deutschland waren es insbesondere Thomas Struth, Andreas Gursky und Thomas Ruff, die den geschichtsbewussten Ansatz der „Becherschule" aufnahmen, aber darüber hinausgingen. Sie dominieren mit ihren großen Formaten bis heute die Szene.

In der früheren DDR war es Matthias Leupold5, der in zahlreichen Serien und Einzelbildern persönliche wie gesellschaftlich relevante Bilder inszenierend darstellte. In seinen bildnerischen Bezügen zur Malerei und dem Kino vertritt er bis heute einen aufklärerischen Ansatz.

Gregory Crewdson und JeffWall zählen zu den derzeitbekanntesten Vertretern inszenierender Fotografie. Erstaunlicherweise findet man in der einschlägigen Literatur eine Gegenüberstellungvon deren Positionen, wenn überhaupt, dann nur am Rande, beispielsweise durch Russel Banks’6 Essay in seinem Vorwortvon Crewdsons Bildband „Beneath the Roses“.

Im Folgenden werden einige für die Künstler charakteristische Beweggründe, Stile und Ziele aus einer Literaturrecherche dargelegt, die durch eine exemplarische Analyse von zwei ihrer Bildern der Künstler ergänzt und verdeutlicht werden.

3. Gregory Crewdson: Zwischen Traum und Trauma

Gregory Crewdson wurde 1962 in Brooklyn geboren und machte 1985 in Yale seinen Master of Fine Arts in der Fachrichtung Fotografie. Dieses Fach unterrichtet er dort seit 1993 bis heute. Sein Vater war Psychoanalytiker, was seine Bilderwelten entscheidend beeinflusste. Sein Interesse an den „unheimlichen“ Geschichten der Patienten im Souterrain, in dem sein Vater praktizierte spiegelt sich in seinen Fotografien wieder.

Crewdsons Bilder kopieren den Stil der Hollywoodfilme der 50er Jahre, wobei er dies so glaubhaft umsetzt, dass man sich an einen Originalfilm erinnert fühlt. Er erzeugt beim Betrachter Erinnerungsbilder ohne konkreten Bezug. Walter7 zitiert die Kunsthistorikerin Krauss, die ein solches Trugbild, auch „Simulacrum", als „falsche Kopie“ oder an anderer Stelle als „Kopie ohne Original“ bezeichnet.

Das dunkle, stets im Dämmerlicht liegende Amerika, das er fotografisch inszeniert, scheint immer nur Kulisse einer lakonisch abgedämpften Seelenqual zu sein, eine Reise ins Land der Depression und der Paranoia. Eine unbestimmte Bedrohung, die Erwartung einer zerstörerisch wirkenden Kraft kommen zum Ausdruck, wobei diese durchaus auch in den Personen selbstwohnen könnte, eigene Unfähigkeit, mögliche Versäumnisse, das ungelebte Leben.

Crewdsons Bilder verschleiern ihre Inszenierung nicht, sondern legen sie sogar auf den ersten Blick hin offen. Kostspielige Aufbauten, ein enormer logistischer Aufwand, riesige Crews und Beleuchtungstechnik, sowie intensive digitale Bildbearbeitung kennzeichnen seineArbeit. Der Aufnahmeprozess mit Assistenten, Beleuchtern, Bildbearbeitern und Akteuren gleicht dem einer Filmproduktion. Nicht selten werden ganze Straßenzüge gesperrt. Die Herstellung eines dieser „single frame movies" kann mehrere Monate dauern.

[...]


1 Christine Walter: Bilder erzählen! Positionen inszenierter Fotografie, 2002 VDC Weimar

2 Wolfgang Kemp (Hg.J: Geschichte der Fotografie. Von Daguerre bis Gursky, 2. Auflage 2014

3 Christine Walter: Bilder erzählen! Positionen inszenierter Fotografie, 2002 VDC Weimar

4 Christine Walter [2002Jebd. S. 61

5 Matthias Leupold: www..matthiasleupold.com

6 Russell Banks, in: Gregory Crewdson: Beneath The Roses

7 Christine Walter: Bilder erzählen! Positionen inszenierter Fotografie, 2002 VDC Weimar, Walker S. 94f

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Fotografiegeschichte. Positionen inszenierter Fotografie von Gregory Crewdson und Jeff Wall
Université
Berlin Technical University of Art - private university for design
Note
1,7
Auteur
Année
2017
Pages
14
N° de catalogue
V1198835
ISBN (ebook)
9783346648532
ISBN (Livre)
9783346648549
Langue
allemand
Mots clés
inszenierte Fotografie, Inszenierung, Jeff Wall, Gregory Crewdson, surrealistische Fotografie, Bildanalyse, Konzeption, Narration, Fernsehen, Gesellschaftskritik, Photoshop, Großformatdrucker, Komposition, Traum, Trauma, Psychoanalyse, Hollywoodfilme, 50er Jahre, Erinnerung, Bezug, Simulacrum, Depression, Paranoia, Produktion, single frame movie, Massachusetts, Industriestadt Vorort, amerikanischer Albtraum, Albtrau, Steven Spielberg, Alfred Hitchcock, David Lynch, Kanada, Frankfurter Schule, Alexander Mitscherlich, Verödung, Leuchtkasten, Diapositiv, Neorealismus, Hyperrealismus
Citation du texte
Max Christ (Auteur), 2017, Fotografiegeschichte. Positionen inszenierter Fotografie von Gregory Crewdson und Jeff Wall, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1198835

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