Lawrence Kohlberg

Entwicklungsstufen moralischen Denkens und Handelns


Exposé (Elaboration), 2008

18 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Biografie

3. Stufentheorie
3.1 Einordnung in die Theorielandschaft
3.2 Stufenmodell
3.3 Merkmale und Besonderheiten

4. Dilemmageschichten

5. Literaturund Quellenverzeichnis

6. Anhang

1. Einführung

Lawrence Kohlberg, US-amerikanischer Psychologe und Professor für Erziehungswissenschaften1, war, so kann man zu Beginn einmal festhalten, neben Baldwin, Mead, McDougall, Hobhouse und Piaget ein wichtiger Vertreter einer entwicklungsbezogenen Herangehensweise an die Moralpsychologie und hat mit seiner Theorie moralischen Urteilens entschieden zu der Untersuchung der Moralentwicklung beigetragen.2

A Wer war Lawrence Kohlberg?

A Was hat er entwickelt bzw. was genau beinhaltet eigentlich seine Theorie?

A Und was hat es dabei mit den Dilemmata auf sich?

In meinen nun folgenden Ausführungen über die Entwicklungsstufen moralischen Denkens und Handelns werde ich unter anderem anhand dieser Fragestellungen die Theorie Kohlbergs, welche auf einem Stufenmodell moralischen Urteilens basiert, das jeder Mensch im Laufe seines Lebens durchlaufen muss, erläutern.

Da diese Arbeit auf einem von mir bereits gehaltenen Referat zu demselben Thema beruht, werde ich ähnlich dem Aufbau des Referates verfahren und mit seiner Biografie beginnen, damit man zuerst einmal einen Eindruck über das Leben und den Lebensweg Lawrence Kohlbergs bekommen kann.

Anschließend werde ich kurz unter dem Punkt `Einordnung in die Theorielandschaft´ seine eigenen Einflüsse und Wertvorstellungen erläutern, die seine Denkweise und mithin seine Theorie geprägt haben, bevor es dann darum gehen wird, seine Stufentheorie vorzustellen, d.h. sein Stufenmodell und dessen charakteristische Eigenschaften und Merkmale. Dabei wird unter anderem auch der Einfluss verschiedener anderer Faktoren eine Rolle spielen, die die moralische Entwicklung nach Kohlberg begünstigen.

Zum Abschluss werde ich dann noch auf die Bedeutung der Dilemmata Kohlbergs in Bezug auf seine Theorie eingehen und anhand einiger Beispiele verdeutlichen, wie man sich die Struktur des Modells von Kohlberg konkret vorzustellen hat. Dabei wird auch sein berühmtes Heinz-Dilemma maßgeblich sein, welches ich kurz erläutern werde.

Bevor ich nun im Einzelnen auf die genannten Aspekte eingehen werde, kann man schon einmal festhalten, dass Kohlberg mit seiner Theorie den Versuch unternommen hat, die moralische Entwicklung im Menschen darzustellen und zu begründen.

2. Biografie

Lawrence Kohlberg wurde am 25. Oktober 1927 in Bronxville, New York, als jüngstes von vier Kindern einer jüdischen, angesehenen Familie geboren.

Seine Kindheit war durch die Trennung seiner Eltern nach zehnjähriger Ehe – Mutter und Chemikerin Charlotte Albrecht und Vater Alfred Kohlberg, Führer eines erfolgreichen Seidenund Taschentuchhandels –gekennzeichnet; zu dieser Zeit war Kohlberg erst fünf Jahre alt. Blieb auch vorerst das Sorgerecht bei beiden Elternteilen, sahen sich Kohlberg und seine Geschwister 1941 nach einer richterlichen Anordnung gezwungen, sich für ein Elternteil zu entscheiden und Kohlberg wuchs infolgedessen bei seinem Vater auf.

Seine Schulzeit verlebte Kohlberg in der Phillipps Academy in Andover, Massachusetts, einem der ältesten Internate der USA. Er war ein guter Schüler, der jedoch immer wieder durch Verstöße gegen die Schulordnung auffällig wurde. Des Weiteren wurde er als chaotisch, aber immer zugänglich, solidarisch und auch abenteuerlustig beschrieben. Nach seinem College-Abschluss 1945 verließ Kohlberg mit der amerikanischen Handelsmarine die USA und gelangte in das vom Zweiten Weltkrieg gezeichnete Europa. Diesen Wehrdiensteinsatz brach er schon nach wenigen Monaten ab und wurde stattdessen unbezahlter Ingenieur auf einem Frachtschiff, das jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa nach Palästina schmuggelte. Nach der Einnahme und Enterung des Schiffes durch britische Einheiten gerieten Kohlberg und die übrige Mannschaft und Passagiere in Gefangenschaft; sie wurden auf Zypern interniert.

Mit gefälschten Papieren und einem Umweg über Palästina gelang ihm schließlich die Rückkehr in die USA, wo er 1948 nach diversen Praktika in psychiatrischen Kliniken ein Psychologiestudium an der angesehenen University of Chicago begann. Trotz seines frühzeitigen Erwerbs des Titels Bachelor of Arts – nach einem Jahr statt nach vier Jahren – erlangte er erst 1958 nach neunjähriger Studiendauer seine Promotion. In diese Zeit fiel auch die Ausarbeitung seiner Entwicklungstheorie über das moralische Urteilen (Beginn: 1955) und die Veröffentlichung seiner Dissertation „Die moralische Entwicklung des Menschen“ 1958, mit der er die Theorie der kognitiven Entwicklung von Piaget erweiterte. Kohlberg wurde dabei von verschiedenen, renommierten Wissenschaftlern seiner Zeit geprägt, die er während seines Studiums kennen lernte, so Bruno Bettelheim, Carl Rogers, Robert Havighurst, Jacob Gewirtz und Anselm Strauss. Ebenso geprägt wurde er durch die Philosophie John Deweys, welcher von 1894 bis 1904 in Chicago gelehrt hatte und dessen Einfluss an der Universität immer noch spürbar war.

Nach seinem Studium folgten verschiedene Tätigkeiten Kohlbergs, die sein Leben kennzeichneten und insofern bereicherten. So war er 1958 im Children´s Hospital in Bosten angestellt, bis er 1959 eine Assistenzprofessur für Psychologie an der Yale University erhielt und sich anschließend von 1961 bis 1962 als Fellow am Institute for Advanced Study in the Behavioral Sciences in Palo Alto aufhielt. 1962 wurde er dann zunächst Assistenzprofessor und 1965 Associate Professor an der Psychologischen Fakultät der University of Chicago bis er schließlich 1968 eine ordentliche Professur für Erziehungswissenschaft und Sozialpsychologie an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts erhielt, wo er dann auch blieb.

1969 kann als ein entscheidendes Jahr Kohlbergs angesehen werden; ihm gelang der wissenschaftliche Durchbruch mit der Veröffentlichung seines Werkes „Stage and Sequences“, seiner in den 60er Jahren entwickelten kognitiven Entwicklungstheorie, woraufhin er auch das Zentrum für moralische Entwicklung und Erziehung an der Graduate School of Education der Harvard University gründete und bis zu seinem Tod leitete. Zudem wurde er während seiner Lehrtätigkeit an der Harvard University immer bekannter, was man zum einen auf seine Verdienste, zum anderen auf die zeitgeschichtlichen Ereignisse, so z.B. auf die Bürgerrechtsbewegung, den Vietnam-Krieg oder auch auf den Watergate-Skandal zurückführen kann, da diese in enger Verbindung zu seinem Forschungsgebiet, der Moral standen.

Bei einem zehntägigen Forschungsaufenthalt in Punta Gordon (Belize) Ende 1971 bis Anfang 1972 infizierte Kohlberg sich mit der Viruserkrankung Giardia lambia, die erst im Mai 1973 diagnostiziert wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Krankheit schon zu weit fortgeschritten und eine Heilung nicht mehr möglich. Trotzdem versuchte Kohlberg sich dadurch nicht einschränken zu lassen und arbeitete zunächst unermüdlich weiter, bis er am 17. Januar 1987 resignierte und sich im Atlantik in der Nähe von Boston ertränkte. Seine Leiche wurde erst am 6. April gefunden, als sie vom Meer ans Land gespült wurde.

3. Stufentheorie

3.1 Einordnung in die Theorielandschaft

Um nun die Entwicklung und auch Hintergründe seiner Theorie verstehen zu können, sollte man vorab erwähnen, dass Lawrence Kohlberg nicht der Erste war, der sich mit der moralischen Entwicklung beschäftigt hatte.

Die Untersuchung der Moralentwicklung – als ein zentraler Problembereich der Sozialwissenschaften betrachtet – stellt ein weites Feld dar, in dem lange und eingehend geforscht wurde und dessen Befunde bis in die Antike – so z.B. zu Platon – zurückreichen, wobei dies nur am Rande erwähnt bleiben soll, da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Entwicklungstheorie Kohlbergs liegen wird.

Es sei nur soviel gesagt, dass man „unter Moralentwicklung vornehmlich jene Aspekte der Sozialisation [verstanden hat], die am Prozeß der Internalisierung beteiligt sind, d.h. dazu führen, daß ein Individuum lernt, den Regeln auch in Situationen zu entsprechen, in denen es keine Überwachung und keine Sanktionen gibt – selbst wenn der Impuls geweckt wird, diese Regeln zu verletzen.“3 Moralische Entwicklung galt also als „zunehmende Internalisierung grundlegender kultureller Regeln“4, wobei man dieser unterschiedliche Schwerpunkte zuwies; so legten einige Theoretiker und Forscher ihren Schwerpunkt auf die Verhaltensdimension, andere auf die Gefühlsdimension und wieder andere auf die Urteilsdimension moralischer Handlungen.5 Letztere, die das Urteilen betreffende Seite der Moralentwicklung, stand im Mittelpunkt des Werkes von Piaget und der Forschungen Kohlbergs6, wobei es hier anzumerken gilt, dass nach Kohlberg moralische Entwicklung über die erste Stufe hinaus keine Internalisierung darstellt, sondern Rekonstruktion einer Rollenübernahme, welche zusammen mit weiteren Faktoren maßgeblich für die Entwicklung moralischen Urteilens ist, worauf ich aber im Folgenden noch einmal eingehen werde.7

Es war John Dewey, der als Erster kognitive Entwicklung und moralische Erziehung miteinander verbunden hat, beruhend auf der Annahme, „dass moralische Erziehung, wie auch die Entwicklung geistiger Fähigkeiten ihre Grundlage in dem Bemühen hat, das aktive Denken des Kindes mit Hilfe moralischer Probleme und Entscheidungen anzuregen“8, wobei diese Entwicklungen auf dem Durchlaufen einer Stufenabfolge basieren. Während Deweys Konzept auf reiner Theorie beruhte, war es Jean Piaget, der als Erster versuchte, auf Basis seiner vorherigen Untersuchungen der kognitiven Entwicklung die Stufen moralischen Urteilens bei Kindern empirisch durch Interviews und Beobachtungen zu bestimmen. Beide Theorien – die von Dewey und Piaget – nahm Lawrence Kohlberg dann ab 1955 zur Grundlage, um die Stufen der moralischen Entwicklung durch Panelstudien und interkulturelle Untersuchungen zu überprüfen und neu zu definieren.9 Dafür benutzte er Hypothetische Dilemmata – Geschichten, in denen sich mindestens zwei unvereinbare moralische Werte gegenüberstehen und jeder Lösungsweg gegen eine moralische Norm verstößt –, mit deren Hilfe er den Prozess moralischer Urteilsbildung untersuchen und durch die Einteilung der unterschiedlichen Begründungsformen in drei Niveaus mit je zwei Stufen eine feststehende Stufenstruktur, ein Sechs-Stufen-Modell, entwickeln konnte.

Es kann also festgehalten werden, dass Kohlbergs Theorie bzw. sein Modell der Entwicklung des moralischen Urteilens unweigerlich an die Erkenntnisse und Modelle von John Dewey und Jean Piaget anknüpfte.

Dem hinzufügend sollte man wissen, dass Kohlbergs Gedanke einer Moral keiner theologischen oder traditionsgeleiteten Werteorientierung entsprach, sondern einer deontologischen, d.h. einer nicht von einem ewigen Sein bestimmten Vorstellung in der Tradition Kants, in der moralisches Handeln als eine Sache von Vernunft und Übereinkunft angesehen wurde.10 Kohlberg berief sich neben der Moralpsychologie, die empirisch beschreibt, was moralische Entwicklung ist, auf eine liberale und rationale Tradition der Moralphilosophie, welche zum einen das Ziel moralischer Entwicklung darlegte, d.h. wie diese idealerweise sein sollte und zudem den Anspruch vertrat, „dass eine angemessene Moral prinzipiell zu sein habe, d.h. nach den Gesichtspunkten universaler, allen Menschen gültiger Prinzipien urteilt“11, und diese Prinzipien demnach, anders als Regeln, als „universale Hilfe für die moralische Entscheidungsfindung“12 verstanden werden.

3.2 Stufenmodell

Um nun den theoretischen Hintergrund zur Entwicklung der Theorie Kohlbergs verstehen und auf sein Modell beziehen zu können, sollen im Folgenden die sechs Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg erläutert werden, die in einer Übersichtsdarstellung im Anhang zu finden sind. Wie bereits erwähnt teilt Kohlberg sein Modell in drei Niveaus oder Ebenen ein. Dabei unterscheidet er das prämoralische Niveau bzw. die prä- konventionelle Ebene, die konventionelle Ebene bzw. die Moral der konventionellen Rollenkonformität und die postkonventionelle Ebene bzw. die Moral der selbst akzeptierten moralischen Prinzipien, die wiederum jeweils in zwei Stufen unterteilt werden.

[...]


1 Lawrence Kohlberg. http://de.wikipedia.org/wiki/Lawrence_Kohlberg. 16.04.2008.

2 Vgl. Kohlberg (1995): S.21.

3 Kohlberg (1995): S.7.

4 Kohlberg (1995): S.8.

5 Ebd.

6 Ebd.

7 Vgl. Büttner (2000): S.56.

8 Büttner (2000): S. 51.

9 Vgl. Lind (1987): S. 25-26.

10 Vgl. Büttner (2000): S.58.

11 Ebd.

12 Ebd.

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Lawrence Kohlberg
Sous-titre
Entwicklungsstufen moralischen Denkens und Handelns
Université
University of Osnabrück
Cours
Pädagogische Ethik
Note
1,3
Auteur
Année
2008
Pages
18
N° de catalogue
V120034
ISBN (ebook)
9783640234813
ISBN (Livre)
9783640235919
Taille d'un fichier
668 KB
Langue
allemand
Mots clés
Lawrence, Kohlberg, Pädagogische, Ethik
Citation du texte
Christina Busch (Auteur), 2008, Lawrence Kohlberg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120034

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