Geschlechtliche Grenzüberschreitungen in der Mythologie


Hausarbeit, 2021

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Geschlechtliche Grenzüberschreitungen in der Mythologie 2.1 Zur Beschaffenheit des Mythos 2.2 Vom Androgyn und Hermaphroditen 2.3 Bekleidung und Verkleidung

3 Androgynie in zeitgenössischer Mode 3.1 Mode als (queere) kulturelle Praxis 3.2 Androgynie als Form der Transgression 3.3 Erika Linder als Romeo

4 Fazit

Quellenverzeichnis

1 Einführung

„Durch eine plötzliche Metamorphose kann sich jedes Ding in jedes andere Ding verwandeln. Wenn es ein Merkmal, ein herausragendes Kennzeichen der mythischen Welt gibt, ein Gesetz, von dem sie regiert wird - dann dieses Gesetz der Metamorphose.“ (Cassirer 2007, S. 130)

Abgesehen von diesem Merkmal sei der Mythos jedoch „ohne Sinn und Verstand“, wie Ernst Cassirer in „Versuch über den Menschen“ feststellt (Cassirer 2007, S. 116). Dennoch sieht Cassirer in ihm das Ursprungsphänomen aller menschlichen Kultur, aus dem weitere symbolische Formen hervorgingen. Dazu gehören u.a. die Bereiche der Wissenschaft, der Sprache und der Kunst. Cassirer stellt damit eine Verbindung zwischen mythischer und rationaler (wissenschaftlicher) Wahrnehmungs- und Denkweise her. Diese Verbindung wird auch in dieser Arbeit von Bedeutung sein. Die genannte Metamorphose bezeichnet, im mythischen Sinne, den Wandel bzw. die Verwandlung eines Wesens in ein anderes Wesen oder ein anderes Ding. Dazu gehören auch der Geschlechtswandel und eine damit verbundene geschlechtliche Unbestimmtheit. Diese Unbestimmtheit von Geschlecht sowie geschlechtliche Transgression sind Phänomene, von denen bereits viele Mythen erzählten. Vor diesem Hintergrund soll das Phänomen der Androgynie näher beleuchtet werden. Als Form der geschlechtlichen Grenzüberschreitung irritiert sie die symbolische Grenze zwischen den Geschlechtern und durchkreuzt damit gängige Vorstellungen der binären Differenzierung von Mann und Frau. Im ersten Teil der Arbeit wird die Androgynie im Kontext antiker Mythologie betrachtet. Dabei wird sie mit einem weiteren Phänomen, dem Hermaphroditismus, in Zusammenhang gebracht. Anhand eines Beispiels soll dann verdeutlicht werden, was Androgynie in antiker mythischer Vorstellung eigentlich bedeutete. Des Weiteren wird in dieser exemplarischen Annäherung der nächste für diese Arbeit relevante Fokus aufgezeigt: Bekleidung bzw. Mode. Mode war und ist ein Ausdruck kultureller Dynamiken und kann als wichtiges soziales Zeichensystem verstanden werden, vor allem in Hinblick auf Identität und Geschlechtlichkeit. Im zweiten Teil der Arbeit wird die Androgynie daher als Phänomen zeitgenössischer Populärkultur, 1

insbesondere der Modewelt, betrachtet. Hier soll dargestellt werden, inwieweit Mode als materielle Kulturform an der performativen Hervorbringung geschlechtlicher Identitäten beteiligt ist. Auch hier finden Prozesse der Grenzüberschreitung statt. Mode wird als queere kulturelle Praxis ausgemacht, die sich in einem bestimmten gesellschaftlichen Diskurs entfaltet. Das Phänomen der Androgynie wird mit dem Begriff der Queerness in Zusammenhang gebracht, wobei sich die Frage stellt: Nähern sich heutige Auffassungen von Geschlecht und Identität, vor allem in einem poststrukturalistischen Sinne, der mythischen Wahrnehmungs- und Denkweise an? Angespielt wird dabei auf Eigenschaften der Fluidität, Heterogenität und Wandlungsfähigkeit. Auch wenn Cassirer feststellt, dass es einen starken Kontrast zwischen mythischer Welt und dem „von der Wissenschaft aufgerichteten Wahrheitsideal“ (Cassirer 2007, S. 123) gibt, lassen sich bestimmte gemeinsame Auffassungen jedoch nicht leugnen.

2 Geschlechtliche Grenzüberschreitungen in der Mythologie

2.1 Zur Beschaffenheit des Mythos

Der Versuch, eine allgemeingültige Definition des Mythos aufzustellen, erweist sich als ein schweres Unterfangen. Zudem gibt es den Mythos gar nicht, wie Katharina Waldner in ihrer Untersuchung von Mythos und Ritual in der griechischen Polis feststellt (Graf; Kippenberg; Sullivan 2000, S. 4). Sie spricht von mythischen Texten, die aus der „Kindheit des Menschen“ stammen (ebd.). Damit sind die, in ihren Worten, „zeitgenössischen Wilden“ gemeint (ebd.), Cassirer beschreibt diese Menschen als „Primitive“ (Cassirer 2007, S. 127). Christian Gottlob Heyne, Begründer der modernen Altertumswissenschaft, nahm sich dieser „absurd empfundenen Geschichten“ antiker griechischer und römischer Texte an und machte sie zum Gegenstand wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses (Graf; Kippenberg; Sullivan 2000, S. 4). Damit legte er den Grundbaustein für die Mythenforschung. Ein wichtiges Kennzeichen der mythischen Erzählung ist ihre Traditionalität (Graf; Kippenberg; Sullivan 2000, S. 6). Auch Cassirer schreibt dem Mythos Stabilität zu, für ihn ist er eine der konservativsten Kräfte im menschlichen Leben (Cassirer 2007, S. 340). Nichtsdestotrotz sieht er in ihm „schieres Chaos“ bzw. eine „formlose Anhäufung zusammenhangloser Ideen“ (Cassirer 2007, S. 116). Wenn der Mythos überhaupt eine Logik inne hat, dann die, dass er „nicht kommensurabel mit unseren Auffassungen von empirischer oder wissenschaftlicher Wahrheit“ ist (Cassirer 2007, S. 118).

„Die mythische Welt befindet sich in einem gleichsam flüssigeren, wandlungsfähigeren Zustand als unsere theoretische Welt [...] der Mythos nehme in erster Linie nicht objektive, sondern physiognomische Merkmale wahr.“ (Cassirer 2007, S. 123, Kursivsetzung durch Verfasser)

Um die Beschaffenheit des Mythos zu erklären, vergleicht ihn Cassirer mit der rationalen bzw. wissenschaftlichen Denkweise. Wissenschaft erklärt die Welt über Systematisierungen und Kategorisierungen und funktioniert so über Grenzziehung und Differenzierung. Die Welt und das Leben werden auf diese Art und Weise geordnet und eingeteilt. Mythische Wahrnehmung und mythisches Denken sind anders strukturiert. Die Lebensauffassung ist synthetisch, das Leben ist ein großes Ganzes, ohne eindeutige Unterscheidungen. Spezifische Differenzen und Grenzen gibt es nicht bzw. diese sind „flüchtig und fließend“ (Cassirer 2007, S. 130). Damit wirkt die mythische Welt in unseren Augen „instabil“ und ungeordnet (ebd.). Eine solche „Unordnung“ ist in vielen mythischen Texten zu finden, erzählen sie doch Geschichten von Wesen und Dingen, die sich aufgrund ihrer Unbestimmtheit einer rationalen wissenschaftlichen Denkweise entziehen.

2.2 Vom Androgyn und Hermaphroditen

Einer der ältesten Texte, in dem die Androgynie thematisiert wird, ist Platons „Symposium“, das Buch der Liebe (Fröhlich 2001, S. 34). Hier erzählt der Komödiendichter Aristophanes die Geschichte von kugelförmigen Wesen, welche die männliche Kraft der Sonne und die weibliche Kraft des Mondes in sich vereinen und damit zweigeschlechtlich sind (ebd.). Das Phänomen der Androgynie kann demnach erstmal im Bereich der Mythologie verortet werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Geschlechtliche Grenzüberschreitungen in der Mythologie
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
14
Katalognummer
V1215519
ISBN (eBook)
9783346643605
ISBN (Buch)
9783346643612
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Androgynie, Hermaphroditismus, Mythologie
Arbeit zitieren
Kristin Frohburg (Autor:in), 2021, Geschlechtliche Grenzüberschreitungen in der Mythologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1215519

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Geschlechtliche Grenzüberschreitungen in der Mythologie



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden