Die Masterarbeit analysiert die bestehenden Verlustnutzungsbeschränkungen des Gesetzgebers bei Unternehmensakquisitions- und Umstrukturierungsprozessen. Dabei ist es das Ziel der Arbeit, die Wirkungsweise der steuerlichen Vorschriften nachzuvollziehen, um auf dieser Grundlage Lösungsansätze und Gestaltungsmöglichkeiten zu erarbeiten, um einen drohenden Verlustuntergang abzumildern oder gar ganz zu umgehen.
Die Bedeutung ertragsteuerlicher Verlustvorträge ist aus fiskalpolitischer Sicht enorm. Aus der aktuellen Körperschaftsteuerstatistik des statistischen Bundesamts vom 27. April 2021 geht hervor, dass 47% aller steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften in der BRD zum 31. Dezember 2016 körperschaftsteuerliche Verlustvorträge ausweisen. Die Höhe dieser körperschaftsteuerlichen Verlustvorträge beläuft sich auf etwa 565 Mrd. €, während sich die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge mit 509 Mrd. € in einer ähnlichen Sphäre bewegen.
Im Hinblick auf statistische Daten und die angespannte wirtschaftliche Situation aufgrund der COVID-19-Pandemie geht das BMWK von keinem zukünftigen Abbau der ertragsteuerlichen Fehlbeträge aus. Gestützt wird diese Annahme durch eine Simulation der KU Eichstätt-Ingolstadt, die für das Jahr 2025 körperschaftsteuerliche Verlustvorträge in Höhe von 900 Mrd. € prognostiziert. Ein wichtiger Treiber für den fortwährenden Aufbau ertragsteuerlicher Fehlbeträge ist die steuerliche Verlustverrechnungssystematik bei deutschen Kapitalgesellschaften.
Grundsätzlich richtet sich diese nach dem objektiven Nettoprinzip als Ausfluss der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und knüpft an den Grundsatz der Personenidentität an. Derjenige, der Verluste wirtschaftlich erlitten hat, soll diese zukünftig für sich nutzbar machen können. Da die Besteuerung bei Kapitalgesellschaften als eigenständige Rechtssubjekte auf Grundlage des Trennungsprinzips erfolgt, ergibt sich für den Gesetzgeber die Schwierigkeit, dass vortragsfähige Verluste der Kapitalgesellschaft auf Dritte übertragen werden können, um von diesen genutzt zu werden.
Genau dieser Handel mit Verlusten ist dem Gesetzgeber – wohl aus haushaltspolitischen Gründen – seit jeher ein Dorn im Auge. Vor dem Hintergrund der angehäuften Fehlbeträge deutscher Kapitalgesellschaften überrascht es nicht, dass der Gesetzgeber bei der Verlustnutzung von Kapitalgesellschaften einen äußerst restriktiven Ansatz verfolgt und das objektive Nettoprinzip da einschränkt, wo missbräuchliche Gestaltungen zu erwarten sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Verlustnutzung bei Unternehmensakquisitionsprozessen
- Transaktionsformen beim Unternehmenskauf
- Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG
- Hintergrund und Bewertung der Rechtsentwicklung
- Eintritt eines schädlichen Beteiligungserwerbs
- Rechtsfolgen eines schädlichen Beteiligungserwerbs
- Verlustrettung nach Eintritt des schädlichen Beteiligungserwerbs
- Konzernklausel
- Stille-Reserven-Klausel
- Sanierungsklausel
- Anwendungsvoraussetzungen
- Erhaltung wesentlicher Betriebsstrukturen
- Fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d KStG
- Hintergrund und Voraussetzung
- Derselbe Geschäftsbetrieb und schädliche Ereignisse
- Rechtsfolgen
- Gestaltungsüberlegungen zur Abmilderung des Verlustuntergangs
- Verlustaufteilung bei unterjährigem Anteilserwerb
- Einräumung von Kaufoptionen
- Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft
- Grundlagen und zivilrechtliche Aspekte
- Steuerliche Besonderheiten der Kapitalgesellschaft & atypisch Still
- Einbringung des Betriebs in die atypisch stille Gesellschaft
- Verlusttreibende Tochtergesellschaften
- Bilanzmaßnahmen vor schädlichem Beteiligungserwerb
- Veräußerung von Wirtschaftsgütern mit stillen Reserven
- Abzinsung von Verbindlichkeiten
- Forderungsverzicht (mit Besserungsschein)
- Verlustnutzung bei Umstrukturierungsprozessen
- Formen der Umstrukturierung
- Umstrukturierungsmaßnahmen des Umwandlungssteuergesetzes
- Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften
- Zivil- und steuerrechtliche Grundlagen
- Verlustnutzungsmöglichkeiten
- Formwechsel hin zur Personengesellschaft
- Zivil- und steuerrechtliche Grundlagen
- Verlustnutzung durch Buchwertaufstockung
- Verschmelzungen zwischen Kapitalgesellschaften
- Sonstige Strukturmaßnahmen und Verlustnutzung
- Verlustimport einer EU/EWR Outbound-Investition
- Inländisches Stammhaus mit EU/EWR-Betriebsstätte
- Europäische Rechtsprechung zu finalen Verlusten
- Inländische Muttergesellschaft mit EU/EWR-Tochtergesellschaft
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit der steuerlichen Nutzung von Verlustvorträgen im Rahmen von Umstrukturierungs- und Unternehmensakquisitionsprozessen bei Kapitalgesellschaften. Ziel der Arbeit ist es, die verschiedenen Möglichkeiten und Grenzen der Verlustnutzung in diesen Prozessen zu untersuchen und aufzuzeigen, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich für Unternehmen bieten, um den Verlustabzug trotz der gesetzlichen Beschränkungen zu optimieren.
- Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG
- Verlustrettungsmöglichkeiten im Rahmen von Unternehmensakquisitionen
- Verlustnutzung bei Umstrukturierungsmaßnahmen
- Gestaltungsüberlegungen zur Abmilderung von Verlustuntergängen
- Europäische Rechtsprechung zur Verlustnutzung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einführung: Dieses Kapitel stellt das Thema der Arbeit, die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit vor.
- Kapitel 2: Verlustnutzung bei Unternehmensakquisitionsprozessen: Dieses Kapitel beleuchtet die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG und die verschiedenen Möglichkeiten der Verlustrettung nach Eintritt eines schädlichen Beteiligungserwerbs. Es werden die Konzernklausel, die Stille-Reserven-Klausel, die Sanierungsklausel und der fortführungsgebundene Verlustvortrag nach § 8d KStG detailliert dargestellt.
- Kapitel 3: Verlustnutzung bei Umstrukturierungsprozessen: Dieses Kapitel untersucht die Nutzung von Verlustvorträgen im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen, insbesondere Verschmelzungen und Formwechsel. Es werden die zivil- und steuerrechtlichen Grundlagen dieser Maßnahmen sowie die Verlustnutzungsmöglichkeiten im Detail analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Verlustnutzung, Unternehmensakquisitionen, Umstrukturierungen, § 8c KStG, § 8d KStG, schädlicher Beteiligungserwerb, Konzernklausel, Stille-Reserven-Klausel, Sanierungsklausel, fortführungsgebundener Verlustvortrag, Verschmelzung, Formwechsel, Buchwertaufstockung, EU/EWR Outbound-Investitionen und europäische Rechtsprechung.
- Quote paper
- Johannes Hegele (Author), 2022, Verlustvorträge bei Umstrukturierungen und Unternehmensakquisitionen. Steuerliche Nutzung durch Kapitalgesellschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1217269